Samstag, 5. Oktober 2013

Das Gewissen

und was der selige Papst Johannes Paul II  1993 den Gläubigen darüber in seiner Enzyklika Veritatis Splendor sagte:

2. So ist man in manchen modernen Denkströmungen so weit gegangen, die Freiheit derart zu verherrlichen, daß man sie zu einem Absolutum machte, das die Quelle aller Werte wäre. In diese Richtung bewegen sich Lehren, die jeden Sinn für die Transzendenz verloren haben oder aber ausdrücklich atheistisch sind. Dem Gewissen des einzelnen werden die Vorrechte einer obersten Instanz des sittlichen Urteils zugeschrieben, die kategorisch und unfehlbar über Gut und Böse entscheidet. Zu der Aussage von der Verpflichtung, dem eigenen Gewissen zu folgen, tritt unberechtigterweise jene andere, das moralische Urteil sei allein deshalb wahr, weil es dem Gewissen entspringt. Auf diese Weise ist aber der unabdingbare Wahrheitsanspruch zugunsten von Kriterien wie Aufrichtigkeit, Authentizität, „Übereinstimmung mit sich selbst“ abhanden gekommen, so daß man zu einer radikal subjektivistischen Konzeption des sittlichen Urteils gelangt.
Wie man sogleich erkennen kann, gehört zu dieser Entwicklung die Krise um die Wahrheit. Nachdem die Idee von einer für die menschliche Vernunft erkennbaren universalen Wahrheit über das Gute verloren gegangen war, hat sich unvermeidlich auch der Begriff des Gewissens gewandelt; das Gewissen wird nicht mehr in seiner ursprünglichen Wirklichkeit gesehen, das heißt als ein Akt der Einsicht der Person, der es obliegt, die allgemeine Erkenntnis des Guten auf eine bestimmte Situation anzuwenden und so ein Urteil über das richtige zu wählende Verhalten zu fällen; man stellte sich darauf ein, dem Gewissen des Einzelnen das Vorrecht zuzugestehen, die Kriterien für Gut und Böse autonom festzulegen und dementsprechend zu handeln. Diese Sicht ist nichts anderes als eine individualistische Ethik, aufgrund welcher sich jeder mit seiner Wahrheit, die von der Wahrheit der anderen verschieden ist, konfrontiert sieht. In seinen äußersten Konsequenzen mündet der Individualismus in die Verneinung sogar der Idee einer menschlichen Natur.
Diese unterschiedlichen Auffassungen bilden den Ausgangspunkt jener Denkrichtungen, die eine Antinomie zwischen Sittengesetz und Gewissen, zwischen Natur und Freiheit behaupten.
(farbliche Hervorhebung durch uns)




10 Kommentare:

  1. Enzykliken sind zwar lehramtliche Akte, aber nicht so verbindlich, daß sie unfehlbar wären. Will sagen: Aussagen in Enzykliken können durchaus in Gegensatz zueinander stehen. Päpste können sich durchaus an bestimmten Punkten widersprechen. Die berühmte Antimodernisten-Enzyklika "Pascendi dominici gregis" von Pius X. z.B. "gilt" längst auch nicht mehr, sonst sähe die Kirche ganz anders aus und es gäbe keine Piusbrüder. .

    Also: man hat natürlich das Recht, den Gewissensbegriff von Papst Franziskus fragwürdig zu finden. Aber er als Papst hat natürlich das Recht, andere Akzente zu setzen, auch lehramtlich, als seine Vorgänger. "Dramatisch" ist das gar nicht.

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    1. Steht irgendwo dass es dramatisch ist? Liest man allerdings, wie Papst JP II die Gewissensauffassung die Papst Franziskus jetzt per Interview- natürlich ganz und gar unverbindlich- der Welt verkündet, beurteilt, muß man sich schon fragen, was noch alles zur Disposition steht.
      Kein Wunder dagegen ist, daß die Sala Stampa rührende Zurückruderversuche unternahm- angefangen damit, daß gesagt wurde, es gäbe gar keinen Mitschnitt des Gespräches und der Papst habe das vielleicht gar nicht gesagt..... wenn also alles so unproblematisch wäre- eine völlig überflüssige Aktion, no?
      Und interessant die Hypersensibilität gegen potentielle, nicht einmal ausgesprochene Kritik am populärsten Pontifex ever.

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  2. Naja wenn schon Enzykliken unwichtig sind,(was ich durchaus anders gelernt habe und auch beim 1ten Vatikanum anders gesehen wurde) dann sind Interviews erst recht unerheblich, oder?
    Klar widersprechen sich Päpste vordergründig, widersprechen sie sich aber bei lehramtlichen Akten hintergründig, so existiert doch schon ein Problem, oder?

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  3. Es ist schon ebenso erstaunlich wie bezeichnend, daß zwecks Schönreden nun schon pontifikale Dampfplaudereien mit päpstlichen Enzykliken gleichgesetzt werden, um am Ende nach bester Relativistenart sagen zu können: beides nicht so wichtig,bzw. "dramatisch", beides muß man nicht so ernst nehmen, beides kann wahr sein oder nur eines davon. Und welches kann man sich je nach eigener Vorliebe aussuchen. Der Relativismus von "jeder hat seine eigene Wahrheit" hat sich ja bemerkenswert schnell in der Kirche ausgebreitet. Viel schneller als man es noch vor Monaten für möglich gehalten hätte.

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  4. Ich habe ja nicht gesagt, dass Enzykliken unwichtig seien. Sie sind sehr wichtig in ihrer jeweiligen Zeit, weil sie eine Art "katholischer Zeitansage" des jeweilgen Papstes sind. Aber wenn Sie Widersprüche bei lehramtlichen Akten für problematisch halten - wie gehen Sie dann damit um, dass die o.g. Antimodernisten-Enzyklika Pius X. längst "historisch" ist und heute keinerlei Verbindlichkeit hat. Oder muss ein Priester heute noch den "Antimodernisten-Eid" schwören? Oder nehmen Sie den berühmten "Syllabus". Benedikt XVI. hat in einer Rückschau auf das Vatikanum II. das Dekret "Dignitatis humanae" als "eine Art Anti-Syllabus" bezeichnet. Was er wohlgemerkt positiv meinte, nicht kritisch.

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    1. Daß Sie sich jetzt am Antimodernisteneid festbeißen, um ohne es zu sagen, damit auch die Enzyklika Veritatis Splendor als nur noch Historisch zu entwerten, um das zu relativieren (paßt ja bestens), was der Papst im Interview mit dem Atheisten Scalfari, der sich übrigens bestens in der Katholischen Lehre auskennt (deshalb ja auch seine präzisen Nachfragen) über das Gewissen des Einzelnen aussagte, spricht Bände.
      Das ist eine rhetorische Finte, ein Entlastungsangriff, um nur ja nicht zugeben zu müssen, daß die Aussage, jeder könne und müsse die Wahrheit, die für ihn gilt ( "es gibt keine universal gültige Wahrheit" da kann Christus noch so oft sagen ich bin die Wahrheit und das Licht- sic !) nach seinem eigenen Gewissen entscheiden, eine ehr problematische ist- wenn sie denn je so gemacht wurde, was z.B. der Vaticanist Tornielli bezweifelt.
      Ich stelle mir gerade vor, er habe es wirklich nicht gesagt und alle Pollyannas dieses Pontifikates und geradezu obsessiven "Was-der-Papst-eigentlich-meinte"-Erklärer hätten ihre ganze Rabulistik und Wortklauberei ganz umsonst verschwendet.
      Im Übrigen könnten Sie auch noch auf mittelalterliche Bullen längst verstorbener Päpste zurückgreifen, um sie gegen die Gültigkeit von Veritatis Splendor ( natürlich jedem Relativisten ein Dorn im Auge) ins Feld zu führen,.

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  5. Lieber Georg man kann sehr wohl feststellen, das zwischen der Welt eines Pius X und der unseren Welten liegen, gerade was die allgemeine Rezeption von Werten angeht.
    Nur zwischen JPII und Franziskus liegen keine Welten, und es hat auch kein technisch wissenschaftlicher Quantensprung stattgefunden.
    Im übrigen glaube ich nicht, dass die von Pius verurteilten Lehren mittlerweile zum Lehrgut der Kirche gehören, und weil Sie das wahrscheinlich als nächstes aufs Tapet bringen, auch so Begriffe wie Religionsfreiheit hat man zu Pius' X Zeiten anders verstanden als heute.
    So versteht Pius unter Religionsfreiheit die Freiheit von jeder Religion und das ist was anderes als die Freiheit sich zum Katholizismus bekehren zu können, ohne, wie z.,B in islamischen Ländern üblich, dafür umgebracht zu werden.

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  6. Liebe Ester, zwischen JP2 und Franziskus liegen keine Welten?? Sind Sie mal in Krakau und mal in Buenos Aires gewesen? Ich hatte das Glück, beide Länder bereisen zu können. Das sind mehr als bloss "Welten", die zwischen Polen und Argentinien liegen, und auch zwischen den Herausforderungen, mit denen ein polnischer und ein argentinischer Bischof konfrontiert sind. Dass ein lateinamerikanischer Papst wenige im Dogmatischen als vielmehr im Sozialethischen Akzente setzen würde, war nun wirklich keine grosse Überraschung.

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    1. Ach nee, ich höre seit ich denken kann immer nur vom globalen Dorf und um was es mir ging, ist, ich weiß von keinem gesellschaftlichen Großereignis das alles durcheinanderwarf, was man "immer" sicher wusste wie den Übergang von den Monarchien zu den Demokratien die zwingen die gesellschaftspolitischen Äußerungen diverser Päpste steng im jeweils angsagten gesellschaftlichen Kontext zu lesen.
      Gerade bei der Lehre vom Gewissen handelt es sich ja um was,. was dem aktuellen Tagesgeschehen enthoben ist und überzeitliche Gültigkeit hat.
      Siehe Chesterton der seinen Pater Brown zu dem (noch Meisterdieb) Flambeau sagen lässt "selbst in einer Welt mit Seen aus Opal und Bergen aus Diamanten, steht da ein unsichtbares Schild "Du sollst nicht stehlen!"

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  7. Was Johannes Paul in Veritatis Splendor referiert ist die bewähre und traditionelle Lehre der Kirche zum Gewissen und zum irrenden Gewissen. Sie findet sich in der Form schon in der Scholastik.
    Und auch wenn die Lehre schon alt ist, ist sie nicht veraltet und sie ist auch kein historisch bedingtes Konstrukt, sondern eine (vermutlich unveränderbare, dogmatisch(?)) moralische Grundlage.

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