Dienstag, 21. Juli 2015

De Mattei: Vaticanum II und die Entstehung der Kasper-Kontroverse bei der Synode, Fortsetzung

Fortsetzung des Vortrages von Roberto de Mattei zur "Kasperkontroverse"

"Das rief große Verwunderung hervor, aber die Grundarbeit für dieses Konzil wurde sorgfältig und umsichtig über einen Zeitraum von insgesamt 3 Jahren getan. 
Im Frühjahr 1960 wurden die "consilia et vota" eingesammelt, die 2150 Antworten der Bischöfe aus aller Welt, die die von der kommenden Versammlung zu besprechenden Themen enthielten.
Dieses Material wurde 10 vom Papst ernannten Komitees übergeben, die unter der Leitung Kardinal Ottavianis, dem Präfekten des Sant´Ufficio, arbeiteten.
1962 wurde die ersten 7 Schemata der Konzilskonstitution dem Papst übergeben.
Diese Dokumente, an denen 10 Komitees 3 Jahre lang gearbeitet hatten, faßten das Beste der Theologie des 20. Jahrhunderts zusammen.
Es waren Texte, die ins Zentrum der Zeit führten und sie taten das in einer klaren und überzeugenden Sprache.
Johannes XXIII studierte sie aufmerksam und macht eigenhändige Anmerkungen, oft wiederholt sich "gut, exzellent"
Der Papst stimmte diesen Entwürfen zu und am 13. Juli, 3 Monate vor Eröffnung des Konzils,  veranlaßte er, daß sie allen Konzilsvätern als Diskussionsbasis der Generalversammlung zugeschickt wurden.

Eines der wichtigsten Schemata nannte sich "Skizze zu einer Dogmatischen Konstitition zu Keuschheit, Ehe, Familie und Jungfräulichkeit"
Die Autoren glaubten zu Recht, daß man über die Ehe nicht diskutieren könne, ohne die Keuschheit einzubeziehen.
Die Skizze bestätigte nicht nur das Prinzip der Einmaligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe, sondern auch eine Hierarchie der Ziele der Ehe.
Der Text sagte, daß "das primäre Ziel der Ehe nur die Procreation und Erziehung von Kindern ist, sogar wenn eine spezielle Ehe unfruchtbar bleibt." (Sektion 11)
Das andere Ziel der Ehe, das aus ihrer Natur kommt, selbst aber sekundär ist, sind gegenseitige Hilfe und Trost der Gatten im gemeinsamen häuslichen Leben und was Concupiszenz (Begehren) genannt wird"

Unter den Irrtümern, die im Dokument (Sektion 14) verurteilt werden, sind "die Theorien, in denen durch eine Umkehr der natürlichen Ordnung der Werte, behauptet wird, daß diese primären Hauptziele der Ehe weniger wert sind und die biologischen, persönlichen Werte und die eheliche Liebe zum primären Zweck erklärt werden."

Im zweiten Kapitel, das den rechten Pflichten und Tugenden der christlichen Ehe gewidmet ist, wird im Entwurf - in einer Linie mit der traditionellen Lehre Augustinus´ von den 3 Gütern-zwischen dem bonum prolis ( dem Gut Kinder) dem bonum fidei ( dem Gut der Treue) und dem bonum sacramenti - unterschieden. Aus dem bonum proli leiten sich das Recht und die Pflicht der Gatten zur Procreation ab, künstliche Befruchtung ist ebenso verboten wie Empfängnisverhütung, therapeutische Abtreibung und viele andere Arten, eine Schwangerschaft zu beenden. 
Aus dem bonum sacramenti kommt die Unauflöslichkeit der Ehe. Wie das Dokument betont: "jene, die entgegen dem Gesetz der Kirche unter falschen Voraussetzungen und ungültig verheiratet sind, werden zu Recht als öffentliche Sünder betrachtet und die Kirche hat das Recht, sie offen des öffentlichen Sündigens zu bezichtigen und ihnen kanonische Strafen aufzuerlegen." (Sektion19)
Die zivile Scheidung wird verurteilt (Sektion 20), ebenso freie Liebe (Sektion 22) und der Standpunkt, "der behauptet, daß eine Ehe nur aus dem Grund mangelnder Liebe als ungültig oder aufgelöst erklärt werden kann" wird als falsch erklärt. 



Im dritten Teil  wird dann die heilige Jungfräulichkeit gepriesen. Das Dokument erinnert an die Verdammung "jener, die wagen zu behaupten, die Ehe sei dem Status der Jungfräulichkeit oder des Zoelibats vorzuziehen" ( Sektion 38). Christliche Eltern werden eingeladen, heilige Berufungen durch Gebet, Reinheit des Lebens und Bewunderung für ein  priesterliches oder religiöses Leben zu fördern."

Die zurückgewiesenen Entwürfe
Johannes XXIII war überzeugt, daß das Konzil- weil es pastoral war- sehr schnell beendet sein würde. Als Msgr. Pericle Felice, der Konzilssekretär, ihm die Vorbereitungsdokumente für das Konzil überreichte, kommentierte Papst Roncalli sie enthusiastisch: "Das Konzil ist vollendet, wir können es Weihnachten beenden!"
In der Realität waren dann Weihnachten jenes Jahre alle Entwürfe, denen Johannes XXIII zugestimmt hatte, von der Generalversammlung abgelehnt worden. Das II. Vaticanische Konzil sollte nicht 3 Monate sondern 3 Jahre dauern.
Was war passiert?
Eine Gruppe von Konzilsvätern aus Zentraleuropa und Lateinamerika, deren Experten die Hauptrepräsentanten der "nouvelle théologie" waren, hatten beschlossen, die von den römischen Kommissionen vorbereiteten Schemata abzulehnen, weil sie sie für zu traditionell hielten.

Das II. Vaticanische Konzil begann offiziell am 11. Oktober 1962. Am 13. Oktober wurde die erste Generalversammlung eröffnet. Aber bei dieser Eröffnung kam es zu einer unerwarteten und dramatischen Entwicklung der Dinge.
Die Rolle der Bischofskonferenzen, die in den Durchführungsregeln des Konzils nicht vorgesehen waren, wurde offiziell approbiert.
Die Bischofskonferenzen wurden aber nicht so sehr von den Bischöfen, die ihnen angehörten, geleitet als vielmehr von deren Experten, Theologen, von denen viele von Pius XII verurteilt worden waren und die sich vorbereiteten, eine entscheidende Rolle beim Konzil zu spielen.

Die von Johannes XXIII approbierten Schemata waren ausgezeichnete Arbeitsentwürfe. Sie hätten sicher verbessert werden können, aber sie hatten es nicht verdient, auf den Kopf gestellt und neu formuliert zu werden. 
Und dennoch ist das passiert. Die Entwürfe wurden auf den Müll geworfen, und in einem gänzlich anderen Geist und in anderer Länge neu verfaßt..
Der Originalentwurf zu Ehe und Familie wurde in einen Text aufgenommen, der bevor er "Gaudium et Spes" genannt wurde, zunächst unter Schema 17 später Schema 13 firmierte.
Pater Bernard Häring, der zunächst Konzilsexperte war und dann zum Sekretär der "Kommission für die moderne Welt" bestimmt wurde, war einer der Hauptarchitekten dieses Dokuments.
Pater Häring und die anderen Autoren von Gaudium et Spes waren vor allem am Problem der Geburtenkontrolle interessiert.

Ein Pinkus-Kollege, der Arzt John Rock, schrieb später in seinem vieldiskutierten Buch "Die Zeit ist gekommen" daß die Katholische Kirche die neuen Wege der Geburtenkontrolle akzeptieren müsse.
Diese Argumente fanden bei den neuen Moraltheologen und bei den Konzilsvätern der progressiven Minorität Anklang .
Sie verwarfen die Lehre der Kirche, nach der der Gebrauch von Kontrazeptiva als schwere Sünde bezeichnet wurde und sie riefen statt dessen die Kirche auf, die Pille zu akzeptieren.
In der Konzilasaula wurde zwischen den progressiven und traditionellen Minderheiten eine entscheidende Schlacht ausgetragen.
Thema diese Auseinandersetzung war das Naturrecht selbst.
Die Rede, die die größte Sensation hervorrief, war die von Kardinal Leo Suenens, Erzbischöf von Brüssel, am 29.Oktober 1964, der sich mit diesen vehementen Worten zur Geburtenkontrolle äußerte.
"Es könnte sein, daß wir die Worte der Heiligen Schrift " gehet hin und vermehret euch" so sehr akzentuiert haben, daß das andere göttliche Wort "und die beiden werden ein Fleisch sein" überschattet wurde.
Lasst uns dem Fortschritt der Wissenschaft folgen, ich flehe Euch an, Brüder: laßt uns einen neuen Galileo-Prozess vermeiden. Einer ist genug für die Kirche."

Diese Worte lösten Verärgerung bei den Konzilsvätern aus, die der Lehre der Kirche treu blieben. Sie beunruhigten Paul VI, der entschieden hatte, das Thema Geburtenkontrolle aus "Gaudium et Spes" zu entfernen, und die Diskussion darüber dem Komitee zu überlassen, das Johannes XXIII 1963 auf den Rat von Suenens hin kreiert hatte.
Nach langen Diskussionen wurde die Pastoralkonstitution "Gaudium et Spes" am 7. Dezember 1965 mit 2309 Stimmen gegen 75  angenommen. Nur die §47 und §52 handeln von Ehe und Familie, denen hier gegenüber dem Originalentwurf viel weniger Platz eingeräumt wurde.

Der überraschendste Aspekt von "Gaudium et Spes" aber ist das Fehlen jeglicher Erwähnung der Ziele der Ehe, der primären und der sekundären. In § 48 wird gesagt, daß die Ehe eine "intima communitas vitae et amoris coniugalis" ist, die zwischen zwei Gatten besteht. Die Institution Ehe  wird deshalb also ohne jede Bezugnahme auf Kinder definiert und nur als "intimes gemeinschaftliches Leben". 
Überdies wird in den folgenden Paragraphen zuerst die eheliche Liebe (§49) und dann erst die Procreation (§ 50) diskutiert.
Das Dolument vermeidet es, die Hierarchie der Ziele der Ehe zu bestätigen. Wie viele andere Texte, ist es ein zwiespältiges Dokument, weil es sich weigert, die hierarchischen Ziele zu definieren und deshalb läßt die Möglichkeit offen läßt, daß die Doktrin verändert werden könne. 
Darüberhinaus lehrt die Logik. daß zwei verschiedene Werte einander nicht absolut gleichwertig sein können.
Im Falle eins Konflikts wird der eine oder andere der zuvor gleichgesetzten Werte überwiegen.

Die Mehrheit der Konzislväter stimmte für das Dokument, weil sie wollten, daß das Primärziel der Ehe die auf der objektiven Natur der Institution Ehe basierende Procreation bleiben solle.
Die progressiven Väter auf der anderen Seite verstanden es so, daß die Gleichsetzung der beiden Ziele bedeutete, den Primat der Procreation zu leugnen.
Sie verstanden auch die Forderung, dass die eheliche Liebe - die nicht auf der Natur beruht sondern auf der Person-. primär sei.
Eine Interpretation überwog dann in der postkonziliären Periode.

Fortsetzung folgt
  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.