Samstag, 18. Juli 2015

Sandro Magister über die päpstliche Kommunikation. Man kann es auch Hermeneutik nennen.

Sandro Magister befaßt sich im L´Espresso mit der Kommunikationspraxis des Papstes und der Aufgabe, des neu geschaffenen Sekretariates für Kommunikation, die Zweideutigkeiten und Unklarheiten in päpstlichen Wortmeldungen zu glätten und zu erklären-. Er tut das anhand des aktuellen Artikels des Präfekten dieses Sekretariates im Osservatore Romano.
Dabei vergißt Präfekt Viganó, den peinlichen Fehler des Papstes zu erwähnen oder zu erklären, der den Präsidenten Paraguays fälschlicherweise und öffentlich beschuldigte,  einen Andersdenkenden gefangen zu halten, der aber seit über einem Jahr Gefangener einer linksextremen Terrororganisation ist, und um dessen Freilassung sich zu bemühen, die Menschen den Papst gebeten hatten.
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"VIGANO MACHT DIE HERMENEUTIK DES PAPSTES, VERGISST ABER DEN KOLOSSALEN PATZER"

Bei der Pressekonferenz auf dem Rückflug von Equador benutzte Franziskus ein für ihn ungewohntes Wort: "Hermeneutik".
Innerhalb einiger Minuten hat er es 11-mal wiederholt und aufgefordert, es auch auf ihn selbst anzuwenden und auf seine Worte, die häufig zu zwei-oder vieldeutigen Interpretationen Anlass geben.

                                     FRANZISKUS IM GLOBALEN DORF
Und siehe da- pünktlich, zwei Tage später-, erscheint im Osservatore Romano die erste öffentliche Erklärung von Msgr. Dario Viganó in seiner neuen Rolle als Präfekt des neuen Vaticansekretariates für Kommunikation, das zur Gänze mit dem "Kommunikationsstil Bergoglios zwischen Oralität und Konkretisierung" betraut ist.
Als Grundlage seiner Etüde zum Kommunikationsstil von Franziskus  nimmt er die Rede, die der Papst am Abend des 12. Juli vor der Jugend Paraguays gehalten hat: eine Stegreifrede- nachdem er den vorbereiteten Text verlassen hatte.

Viganó schreibt
"Ich glaube, dass der Schlüssel zum Verständnis der Kommunikationspraxis von Papst Franziskus im klassischen Studium der Beziehung von Oralität zum Geschriebenen zu finden ist.



Eine vorbereitete Rede ist langweilig, weil sie in der Form eines Schriftstückes konzipiert wurde.
Wir wissen natürlich, wie sehr die schriftliche Kultur im Vergleich zu der der Oralität, das Synthetische, Analytische, die Objektivität, den abstrakten Gedanken bevorzugt hat.
Der Stil des Pontifex ist dagegen ein redundanter, fähig die detereminierende Kraft der Kontextualität zu verstehen- die Forderung nach Hermeneutik bei der Pressekonferenz während der Rückreise  aus Südamerika war genau das: das Konkrete.
Alles andere, das Negative, die Redundanz erscheinen eher als persönliche Eigenheit dessen, der sich der mündlichen Kommunikation bedient, von dem man erwartet, das er sich mit der Geschwindigkeit eines Fußgängers und in Zickzacklinien vorwärts bewegt- mit häufigen Wiederholungen dessen, was er bereits gesagt hat.
Und er schließt:
"Das Sprechen des Papstes folgt der antiken Praxis von Sprechen und Hören, einer Kommunikation, die auf ihre Weise eine Wiedererkannbarkeit und Stabilität zwischen den Gesprächspartnern aufbaut- und eine wahre und eigene Gemeinschaft, die eine Vernetzung schafft, die auf der wiedergefundenen Umarmung der Menschheit mit dem Evangelium basiert.

Redundanz, Wiederholung, Zickzackkurs. Wenn aber Msgr. Viganó nicht die Rede Franziskus´ an die Jugend zum Üben benutzt hätte, sondern die am Vorabend-vor den Repräsentanten der Zivilgesellschaft in Asuncion gehaltene, hätte er nicht nur die Wohltaten sondern auch die ernsten Grenzen eines zu leichtsinnigen mündlichen Kommunizierens -enthüllen können.

Da hatte Papst Franziskus zu einem bestimmten Zeitpunk-aus dem Stegreif sprechend- gesagt:
"Es gibt Dinge, bevor ich schließe, auf die ich eingehen möchte. Und dabei- weil hier Politiker anwesend sind- auch der Präsident der Republik, sage ich es brüderlich:
Jemand sagte mir "Ein Mann wird von der Armee gefangen gehalten, tun Sie etwas"
Ich weiß nicht, ob das wahr ist oder nicht, ob das gerecht ist oder nicht, aber eine der Methoden, die die Diktaturen im vergangenen Jahrhundert anwandten, war es, Menschen zu entfernen, sie ins Exil oder ins Gefängnis zu schícken oder in Vernichtungslager wie die der Nazis oder Stalins, sie grenzten sie durch den Tod aus.
Damit es eine wirkliche Kultur in einem Volk gibt, eine politische Kultur und Gemeinwohl, bedarf es schneller Prozesse und Urteile, klarer Urteile. Und es braucht keine anderen Tricks.
Die und eine klare Justiz. Das wird uns allen helfen. Ich weiß nicht, ob es das hier gibt oder nicht, ich sage das in allem Respekt. man hat es mir gesagt, als ich hereinkam und ich weiß nicht....ich habe den Namen nicht richtig verstanden."

Der Name, den Franziskus nicht richtig verstanden hatte, war der von Edelio Murinigo, eines Offiziers, der seit über einem Jahr- nicht wie der Papst es verstanden hatte-von der regulären Armee gefangen gehalten wird, sondern von einer selbsternannten sog.Volksmiliz, "Ejercito del pueblo papaguayo", einer etwa 600 Mitglieder umfassenden marxistisch-leninistischen Terrororganisation, die seit 2008 im Land aktiv ist.

Trotz seines betonten Nichtwissens in dieser Angelegenheit,  hatte der Papst keine Bedenken, die wenigen bekannten und konfusen Einzelheiten zu benutzen, um den unschuldigen Präsidenten brüderlich eines den schlimmsten Verbrechen der Nazis und Stalins gleichen Vergehens zu beschuldigen.
Es ehrt den Präsidenten, wie er diese beeindruckende Beleidigung wie ein gentleman ins Leere laufen ließ.
(Anscheinend mußte der unglückliche Präsident bei dieser Begegnung noch einen weiteren Schlag mit dem Holzhammer durch Papst Franziskus ertragen)

Quelle: L´Epresso. Sandro Magister

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