Mittwoch, 12. August 2015

Ehe und Scheidung, warum die Kirche zwischen wahr und falsch unterscheiden kann

Das ist eines der Themen, die in einem lebhaften präsynodalen Meinungsaustausch von Theologen, Kirchenhistorikern und Priestern auf Settimo Cielo, dem blog von Sandro Magister diskutiert werden. Dabei fallen manche Antworten so ausführlich aus, daß sie als Buch erscheinen müssen.
Hier geht´s zum Original:    klicken
Hier einer der vorhergehenden Kommentare zum Thema- auf den von einigen Briefautoren verwiesen wird.
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"EHE UND SCHEIDUNG, WARUM DIE KIRCHE DAS FALSCHE VOM WAHREN UNTERSCHEIDEN KANN."

                                                   
"Nachdem Professor Antonio Emanuele in einem Rückgriff auf das Gödel-Theorem behauptet hatte, man könne die Wahrheit des Dogmas von der Unauflöslichkeit der Ehe nicht logisch beweisen, antwortet ihm heute Silvio Bracchetta.
Brachetta hat sich nach seinem Diplom am Institut der Religionswissenschaft in Triest besonders dem Studium der Theologie Bonaventuras gewidmet und schreibt für die Wochenzeitschrift "Vita Nuova"
Am Anfang der Debatte stand die Exegese des Matthäusevanageliums furch Pater Innocenzo Gargano, nach der Jesus die mosaische Erlaubnis eine Möglichkeit sich scheiden zu lassen, nicht widerrufen habe, eine Interpretation, die bereits vorher von Brachetta hier kritisiert worden war.
  
ANTWORT AUF ANTONIO EMANUELE

"Es zeigt sich immer mehr, wie vorausschauend die Initiative Sandro Magisters war, den exegetischen Thesen Pater Guido I. Garganos Raum zu geben.
Diese haben die zahlreichen und schwerwiegenden Irrtümer, die sich rund um das Christentum und die Theologie in unserer Epoche multipliziert haben, bloßgelegt.
Die letzten Aussagen, die nun Probleme bereiten, sind die von A. Emanuele, der den Bibelspezialisten Gonzalo Freites, Autor eines Antwortbuches auf die Thesen Pater Garganos, kritisiert.

Insbesondere in diesem Satz Freites findet der Professor einen großen logischen Fehler
"Die Wahrheit ist per definitionem objektiv. Die subjektive Wahrheit kann, muß aber nicht mit der Wahrheit übereinstimmen. Im letzteren Fall handelt es sich nicht um eine subjektive Wahrheit sondern um einen Irrtum und es ist ein Werk der Barmherzigkeit, den zu korrigieren, der irrt."

Pater Gonzalo Ruiz Freites gibt eigentlich mehr oder weniger nur die Definition der Wahrheit des Heiligen Thomas von Aquin als "adaequatio rei et intellectus" wieder.

Emanuele begeht dann den gleichen Leichtsinnig wie Pater Gargano: den Text das aussagen zu lassen, was er nicht aussagt.
Im Text von Gonzalo R.Freites gibt es in der Tat kein logisches oder grammatikalisches Element, das Anlass bietet, zu denken, es ginge ihm nur um irgendeinen Beweis. In der Realität ist es wahr, wie Emanuele denkt- daß auch die Theologie eine Art Beweis ist, es scheint aber die Zeit gekommen zu sein, nachdrücklich zu bekräftigen, daß theologische Spekulationen nicht auf eine simple Übung des Theoretischen reduziert werden dürfen, als sei ihr Ziel vom Unbekannten zum Bekannten zu kommen, wie es in den Naturwissenschaften ist.

Es ist wahr, daß- wie Emanuele schreibt, "es logisch falsch ist zu sagen, daß alles, was falsch ist, nicht als wahr bewiesen wurde", aber in der Theologie gibt es nichts, was unbedingt bewiesen werden muß, wie es dagegen für die Geisteswissenschaften der Fall ist.
Ich sage "unbedingt", weil der Theologe doch noch an den Beweis gebunden ist. In der Theologie aber beweist man nicht etwas, worüber man nichts weiß, sondern etwas, worüber der Mensch des Glaubens alles weiß. Er weiß es einfach, weil Gott es-indem er sich offenbarte-gesagt hat.

Die Theologie hat, kurz gesagt, nichts mit der Konstruktion eines "rationalen System" zu tun, wie Emanuele annimmt. Es besteht keinerlei Notwendigkeit, irgendein System zu konstruieren: für den, der glaubt, ist es bereits da. Der Theologe kann im besten Fall rationale Argumente, die den Glauben unterstützen, vorschlagen. Wir könnten sie auch Beweise nennen, wobei der freiwillige, nicht geschuldete Charakter solcher rationalen Bemühungen zu berücksichtigen sind. Es ist daher ganz offensichtlich, daß der Versuch Kurt Gödels gescheitert ist.


Umgekehrt hat die Kirche das Recht und die Pflicht, sich gegen fehlerhafte Thesen auszusprechen, weil sie nicht in der Situation ist, die Wahrheit herausfinden zu müssen, wie zum Beispiel Mathematiker oder Physiker es sind. Sie ist bereits in der Wahrheit was das Heil betrifft. Folglich erkennt sie unfehlbar das Falsche, benennt es und trennt es vom Wahren. Sie kann sich nicht aus der Entscheidung über den Glauben zurückziehen. Dieses nun ist eine absurde Logik: die Kirche des Fundamentalismus zu beschuldigen, weil sie über den Glauben urteilt."Triest
11. August 2015

POSTSCRIPTUM
Auf den Kommentar Brachettas hat Professor Emanuele wie folgt geantwortet:


"Lieber Magister,
Ich danke Silvio Barachettas für seine Anmerkungen.
Ich stimme mit den meisten von ihnen überein, weil sie explizit die andere Ebene erklären, auf der mein Text aufgebaut ist. Ich habe in der Tat nie die Absicht gehabt, Theologie in dem von Brachetta beschrieben Sinne zu betreiben und es tut mir leid, wenn ich so interpretiert wurde.

Nur einige Bemerkungen:
1. Die Theoreme von Gödel und Tarski zeigen (die mitlesenden Mathematiker mögen mir verzeihen), daß die "adaequatio rei et intellectus" -nach der aristotelischen Logik konzipiert- immer unvollständig ist (das konnte der Hl. Thomas nicht wissen). Wenn sie hätte bewiesen werden können, hätten wir- unglücklicherweise- viel mögliche Formen eines rationalitischen Fundamentalismus gehabt. Sie haben nichts zur Existenz der Adaequatio oder über die Möglichkeit sie auf andere Weise zu erlangen, behauptet, etwas was die Kirche mit der Göttlichen Offenbarung tun kann- wie Brachetta gut erklärt hat.

2. Diese beiden Theoreme haben die positivistische Illusion des späten neunzehnten Jahrhunderts entlarvt, - wenn aber-falsch verstanden-die Nichtexistenz der Wahrheit mit ihrer unvollkommenen Beweisbarkeit und Kommunizierbarkeit verwechselt wurden, (begrenzt durch den Gebrauch der aristotelischen Logik) haben sie eine Vielzahl von Reaktionen"geistiger Verzweiflung" auf dem Gebiet der Philosophie und Ethik hervorgerufen. Dieses sollte berücksichtigt werden, und deshalb danke ich Benedikt XVI sehr- für sein Werk des Zuhörens und des Dialogs mit der westlichen Kultur -auch nach seinem Amtsverzicht.

3. In der Mathematik gehen wir mit den Beweisen vom Bekannten zum Unbekannten und nicht umgekehrt, wenn wir die Ausgangshypothese als wahr und bekannt voraussetzen.

Mit freundlichen Grüßen,
Antonio Emanuele“


Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister, L´Espresso

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