Dienstag, 17. November 2015

Pelagianer, Gnostizismus, Laien gegen Bischöfe, Demagogie und Zentralkomitees.

Sandro Magister greift bei www.chiesa noch einmal die Rede auf, die Papst Franziskus vor den italienischen Bischöfen in Florenz gehalten hat und veröffentlicht die Kritik von Prof. Marco an dieser Rede auf. Hier geht´s zum Original:   klicken


                "VON DER MÜHSAL PRIMAS VON ITALIEN ZU SEIN"
"Eine beißende Kritik an der Rede von Papst Franziskus, mit der er der Italienischen Kirche die Marschrichtung vorgegeben hat : das Volk gegen die Bischöfe ." Autor Prof. Pietro De Marco


Sandro Magister:

"Es war zu erwarten, daß die Rede, die Papst Franziskus am 10. November vor den Führern der
Italienischen Kirche in Florenz gehalten hat, eine lebhafte Debatte auslösen würde.
Es war eine der Gelegenheiten, die die Geschichte der Italienischen Kirche, deren Primas der Bischof von Rom ist, markieren. Es sind Treffen, die ungefähr alle 10 Jahre stattfinden, bei denen jedes mal der anschließende Kurs festgelegt wird.

Besonders erinnerungswürdig war die Konferenz von 1985 in Loreto, bei er Johannes Paul II den damaligen Kurs der Italienischen Kirche entscheidend veränderte, indem er ihr auftrug, in der öffentlichen Sphäre als Triebkraft präsent zu sein und ihre Führungsriege ersetzte.

Die intellektuelle Führungsrolle, die von Kardinal Carlo M. Martini und dem Theologen Bruno Forte, der die Eröffnungsrede in Loreto hielt, ausgeübt worden war, wurde von der langen Periode abgelöst, die ihren Führer in Camillo Ruini hatte, zuerst als Sekretär und dann als Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz, in voller Harmonie mit Johannes Paul II und seinem Nachfolger, Benedikt XVI.

Aber die Geschichte hat Drehungen und Wendungen. Jetzt hat Ruini die Bühne verlassen. Bruno Forte ist Erzbischof geworden und ist in die überragende Rolle des Spezialsekretärs der zweigeteilten Familien-Synode befördert worden. Und Kardinal Martini hat in seinem Jesuiten-Mitbruder Jorge Mario Bergoglio den Papst gefunden, der sein Erbe fortführt.

Mit der Rede von Florenz hat Papst Franziskus der Italienischen Kirche in der Tat eine neue Marschrichtung vorgegeben, die in großen Teilen denen ähnelt, die Johannes Paul II in Loreto vor genau  30 Jahren abgeschafft hatte.
Es ist ein Richtungswechsel, der auch durch eine Reihe von gezielten Ernennungen für die wichtigsten Bischofssitze verwirklicht wird.

In Florenz wurde die Rede von Papst Franziskus häufig von Beifall unterbrochen, der umso donnernder war, je mehr nach dem Einvernehmen mit dem Volk gerufen wurde, um die Bischöfe herunter zu machen.

Die folgende kritische Analyse der Papstrede- und seines Pontifikates- stammt von einem Florentiner Katholiken mit langer Kirchenerfahrung, einem Experten für Theologie und Kirchengeschichte, Pietro De Marco, Professor em. für Religionssoziologie an der Universität von Florenz und an der Theologischen Fakultät Zentralitaliens. (....)

Hier folgt der Text von Prof. De Marco.




"PAPST BERGOGLIO IN FLORENZ . MIT DEM VOLK GEGEN DIE STRUKTUREN"
von Pietro De Marco

"In der Rede, die Papst Franziskus am vergangenen 10. November in der Kathedrale Santa Maria del Fiore in Florenz vor den Teilnehmern der Nationalen Kirchenkonferenz hielt, finden wir 3 Wesensmerkmale seiner Kommunikationsstrategie: die theologisch-spirituelle, die innerkirchliche und den ausdrücklichen, verbindlichen pastoralen Focus.

Der Papst deckte alle drei pflichtgemäß ab-unter wiederholtem Beifall- dessen Intensität interssanterweise von der jeweiligen Tonart und dem jeweiligen Redeinhalt abhing. Ich erlaube mir, zu bemerken, weil es mit dem, was ich sagen werde, zusammenhängt, daß der Papst den Applaus eher hätte vermeiden als ermutigen können, der auf seine Art politisch war.

Einem Katholische TV-Sender gegenüber, der nach meinen Eindrücken fragte- habe ich den missionarischen Appell Bergoglios gepriesen, das große Geschenk, das dieses Pontifikat der Universalen Kirche macht- soll heißen- der Welt und der Geschichte- wenn man bedenkt, daß das Hinausgehen und Suchen nach den anderen, dem Geschmack vieler postkonziliarer Kirchen und Gemeinschaften fremd geworden ist.

Aber ich hatte auch auf die Zwiespältigkeit der Passage seiner Rede hingewiesen über die "Versuchungen" der Kirche oder den "Pelagianismus" (die antike Häresie, nach der es möglich ist, durch die richtigen menschlichen Bemühungen, die verschiedenen Stufen der Erlösung zu erreichen, unabhängig von göttlicher Gnade) und den Gnostizismus, mit denen Papst Jorge Mario Bergoglio seinen innerkirchlichen Kampf verschärft hat.

Die anti-Pelagianische Polemik gegen das Vertrauen in Strukturen- welche genau?- und ezzessive Organisationen war schon in der Nachkriegs- und der präkonziliaren Zeit in der Katholischen Kirche bekannt. Wir wissen, welcher Art das Ziel ungerechtfertigten Vertrauens in Regeln für Franziskus ist, aber wenn er bekräftigt, daß es Regeln waren, die den "Pelagianern das Gefühl von Überlegenheit gaben, eine präzise Orientierung zu haben" und daß diese Art der Deviation einen "Stil von Kontrolle, Härte und Formalismus mit sich bringt, wie im Fundamentalismus und Konservativismus", sehen wir besser, an wen seine Worte gerichtet sind, aber wir sehen nicht länger den wahren Pelagianismus, sondern eher einige Spuren eines seiner Feinde-des Jansenismus.

Pelagius hat nichts mit der großen Kirche Pius XII zu tun, ebenso wenig mit dem bißchen an Organisation, Institution und Form,die noch heute lebendig sind. Die Kirche sollte sich eher um den theologischen und pastoralen Pelagianismus derer sorgen, die Sünde und Gnade ignorieren und im Wesentlichen eliminieren. Aber wenn- für den aktuellen Papst, der Pelagianer der ist, der das Gegenteil tut, verlieren wir die Unterscheidungsfähigkeit für das, was wirklich schwerwiegend ist.

Ebenso beunruhigend ist die Bezugnahme von Papst Franziskus auf den Gnostizismus, er hat uns erzählt, daß der dazu führe, in klares vernünftiges Argumentieren zu vertrauen.  Auch das, um einen Teil aus der Kirche auszusondern, der- zum Abscheu der Menschen- als schuldig betrachtet wird, Intellekt und Doktrin zu kultivieren, ein bißchen wie der Hl. Thomas von Aquin und zahllose andere, die am Ende " ausgeschlossen bleiben von der Immanenz."

Die antiken und modernen Gnostischen Spiritualitätem sind -das ist offensichtlich, nicht im geringsten so. In einer brillanten, weitergehenden Stellungnahme hat Eric Voegelin gezeigt,- daß diese die revolutionäre Aktivität betrifft, die im Namen einer Sache- mit einer vereinfachenden Doktrin und Rhetorik auf den Lippen- eine Realität hinter der Realität verfolgt.
Einiges davon- aber post-ideologisch- könnte Papst Franziskus in diesen Tagen da finden, wo er es am wenigsten erwartet.

Ich habe bereits darüber geschrieben, wie desorientierend dieser willkürliche Gebrauch theologisch heikler Begriffe ist. Ein falscher, nach Belieben ausgeweiteter Gebrauch, mit keinem anderen Kriterium außer dem, Ziele zu markieren, entspricht nicht der richtigen Ausübung von Gerechtigkeit in der Kirche. Darüber hinaus erzeugt es Zweifel, wenn dieser Stil vom Papst als akzeptabel betrachtet wird.
An die Zustimmung des Volkes zu appellieren- in einer Kathedrale- um die Bischöfe zu  strafen- so haben die einfachen Leute es verstanden,  wäre in sich selbst -für einen Politwissenschaftler- eine "demagogische " Legitimationsbemühung.

Der Begriff "Demagoge" muß nicht verletzen. Max Weber benutzte ihn für die Propheten des Alten Israels- in ihrer Mobilisierungsbemühung als Privatperson außerhalb des Tempels,. Aber-und das ist der Punkt- Jorge Mario Bergoglio ist kein privater Prediger oder Charismatiker, er predigt nicht seine privaten Offenbarungen, er ist Papst.
Er füllt jedoch eine zweifache Rolle aus- jetzt die eines institutionellen Führers- dann die des anti-institutionellen Charismatikers, der gegen einen "Teil" der Kirche.....
Hat er als Oberhaupt der Kirche alle Macht zur Verfügung, handelt er als Charismatiker- egal welches seine Ziele sein mögen- objektiv gegen die institutionellen Kreise.

Der Gelehrte würde sagen, daß er als Fraktionsführer "für die Vorherrschaft" seiner Partei operiert, die gleichzeitig die dominierende Partei ist,dabei die alten Führer abzusetzen- ohne sich um die Opfer zu kümmern.
Das ist der Grund, weshalb die Rede von Santa Maria del Fiore den Aspekt einer Rede vor politischen Versammlungen hat, wie wir sie aus der Geschichte und der jüngeren Vergangenheit erinnern .

In der Politik viel bewundert und benutzt- gehört diese Praxis nicht in die Kirche, in der der Beifall der Glaübigen nichts legitimiert, er fügt der Macht des Papstes und dem Wert seiner Entscheidungen kein Iota hinzu, in der Kirche, in der Sanktionen gegen Irrtümer in Orthodoxie und Praxis nicht durch Slogans verhängt werden sondern unter dem Banner der Doktrin und des Gesetzes, wo die Bischöfe nicht Mitlgieder eines Zentralkomitees sind oder Direktoren eines Apparates - der Gnade eines "demokratischen" politischen Führers ausgeliefert.

Die kürzlich in Florenz abgehaltene Nationale Kirchenkonferenz hat die ernsthaften Bemühungen der Italienischen Kirche gezeigt, den Stil dieses Pontifikates -mit seinen schweren Auswirkungen anzunehmen.
Es sollte genügen, zu bedenken, daß in der Formulierung der "5 Wege", pastoral bis an die Hutkrempe, die die Konferenz annahm ( Geh´ hinaus, verkünde, verweile, lehre, verwandle) kein Platz für Thomas ist aber reichlich für Papst Franziskus.
In der Kirchensprache würde ich von einem " glücklichen, freudvollen, dankbaren Bemühen" der italienischen Kirche sprechen. Aber es ist nicht sicher, daß das jeder auf diese Weise sieht."

Quelle: www. chiesa, Sandro Magister, Prof. Pietro De Marco, Corriere Fiorentino


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