Sonntag, 1. November 2015

Rechtsgelehrte, Pharisäer und der Geist des ein oder anderen Konzils

Pater R. Blake fragt sich in seinem marymagdalen-blog,  wer eigentlich diese Rechtsgelehrten sind..... und geht auf die Douthat-Kontroverse bei der NYT ein.
Hier geht´s zum Original:   klicken

                 "RECHTSGELEHRTE UND DER GEIST VON TRIENT"
Als ich über den Gebrauch des Terminus Rechtsgelehrte ("doctors of the law") durch den Hl. Vater nachdachte, habe ich mich gefragt, wer sie sind.
Das ist nicht ohne Zusammenhang zu dem Gedanken, der immer mehr Form annimmt, daß eine der signifikantesten Veränderungen nach Vatican II die Entziehung der Glaubensbelehrung der Kinder durch ihre Eltern oder die größere Familie ist. Das geht auf eine Erfahrung zurück, die ich vor mehr als 30 Jahren machte. Als ich ein junger Diakon war, wurde mir die Aufgabe übertragen, eine Gruppe von Kindern irischer "Traveller" auf die Hl. Erstkommunion vorzubereiten.

Die Kinder kamen manchmal zur Schule- wobei da dann ein Dutzend Schulen innerhalb eines Jahres zusammen kommen konnten, ihre Eltern waren mehr oder weniger Analphabeten und unter den Kindern konnten die Mädchen meistens besser lesen als die Jungen, die, sobald sie stark genug waren, mit ihren Vätern zusammen arbeiteten. Die Religion schien matriarchal zu sein, er gab den Familienrosenkranz, an dem die Männer sich beteiligten, aber er wurde von der Großmutter vorgebetet.
Die Großmutter war auch die Chef-Katechetin, sie hatte sich selbst das Lesen beigebracht, konnte aber den größten Teil des Penny-Katechismus auswendig. Die Kinder, die sie unterrichtete, kannten den Katechismus oder hatten ihn eher auswendig gelernt. Ihre Katechese-Methode war einfach, die Kinder saßen um sie herum und wurden gefragt.
"Wer hat dich gemacht?",  war die Antwort richtig, bekam das Kind eine Süßigkeit aus der Schüssel auf ihrem Schoß, war die Antwort falsch gab es einen leichten Schlag auf den Arm mit dem hölzernen Löffel- den sie auch auf ihrem Schoß bereit hielt.


Meine Aufgabe war nicht so sehr, den Glauben zu unterrichten sondern, wie man sich in der Kirche beträgt. Obwohl sie verstanden, wie wichtig es ist die Messe zu besuchen, was es langweilig und ihr umherfahrender Lebensstil machte den wöchentlichen Besuch schwierig und Vorurteile ließen sie sich unwillkommen fühlen.
Sie waren gut im Beten aber furchtbar schlecht im Stillsitzen und Zuhören. Ich habe diese Familie seither gelegentlich wiedergetroffen - das letzte mal vor einigen Monaten, als einige von ihnen in der Messe auftauchten, anläßlich des 20. Jahrestages des Todes  ihres Großvaters.
Da war eine andere Matriarchin, die frühere Großmutter war- wie ich annahm- gestorben und die neue kam mit einer Horde Söhne und einigen Töchtern, keiner empfing die Hl. Kommunion, alle entündeten während der Kommunionsausteilung Kerzen und nach der Messe warteten alle vor dem Beichtstuhl.

Die Art, wie sie den Glauben lebten und verstanden, scheint die zu sein, nach der die Katholiken den Glauben über die Jahrhunderte weitergegeben haben. Er war Teil einer mündlichen Tradition -weitergegeben in einer analphabetischen matriarchalischen Gesellschaft. Kirchengebäude waren wichtige Plätze, um zu beten, Priester waren wichtig als Vermittler der Gnade, aber es war die Familie, die der wichtigste Faktor sowohl für die Anbetung als auch in der Katechese war. Irgendwie denke ich, daß ihnen viel erspart blieb, weil sie unwissend waren, und wenig Kontakt zu Schulen und Kirchen hatten.

Das interessante Phänomen, daß sich amerikanische Akademiker in einem Brief an die New York Times über Ross Douthat beklagen, der über theologische und ekklesiologische Themen schreibt, scheint mir typisch für ein Kirchenleben, das - zunehmend - auf den Kopf gestellt geworden zu sein scheint. Es ist ein Glaube, der von Experten und Spezialisten weitergegeben wird - anstatt aufzusprudeln - was ich als zutiefst unkatholisch betrachten würde. Das ist so weit davon entfernt, wie der Hl. Vincent von Lerrins den Katholischen Glauben verstand, wie er überall, immer und von allen geglaubt worden ist. Es ist elitär - aber nicht so wie die auf den Kopf gestellt Pyramide, die der Papst berschrieben hat.

Gerade so, wie wir alle einen Schutzengel haben - vielleicht aber auch einen "Schutz-Teufel" scheint auch jedes Konzil einen zu haben,
Vatican II den Geist des Relativismus, Vatican I den Geist des Ultramontanismus, vielleicht hatte Trient den Geist des Didaktizismus. Einige haben gemeint, daß Konzile mehr Schaden als Nutzen angerichtet  haben, es scheint sicher so, daß ein Konzil versucht, das Haus aufzuräumen und den Dämon, der es besetzte, auszutreiben, nur um zu entdecken, daß der Dämon mit 7 anderen zurückkommt.

Bedeutet es etwas, daß der Anti-Douthat-Brief von einer bedeutenden Zahl von Jesuiten unterschrieben wurde? Waren es nicht die Jesuiten, die die Kirche von einem Platz der Anbetung in einen Schulraum verwandelten?
Ich würde niemals argumentieren, daß Katholiken den Glauben nicht kennen sollen, aber bei der  Begegnung mit Gott - obwohl es die Person betriftt - geht es hauptsächlich um eine von-Herz-zu-Herz-Begegnung, die Erfahrung der Barmherzigkeit, bei der Gott selbst der beste Lehrer ist.
Trient war die Antwort auf die Polemiken der Protestantischen Reformer und bei der Reformation selbst ging es darum, daß der Glaube aus den Häusern und Pfarrkirchen genommen und in die Hände von Spezialisten gelegt wurde, den Rechtsgelehrten so wie Luther, Calvin, Zwingli und Cranmer,
Er bewegte sich aus den Herzen auf die bedruckten Seiten, zu etwas aus Büchern Erlerntem anstatt als etwas innerhalb der Kultur selbst weitergereichtem.

Ich frage mich, wann die Definition eines Theologen von der der patristischen: "einer der betet, ist ein Theologe, ein Theologe ist einer, der betet"  zu "ein Theologe ist einer mit einem akademischen Grad in Theologie an der Wand" wechselte.
Das markiert einen radikalen Wechsel - die Bewegung von der Theologie als Frucht der Beziehung - zu einer, in der Gott etwas wurde, worüber man eher spricht, als mit dem man spricht, ein bloßes Phänomen, eine akademische Disziplin, freigeschnitten aus einer persönlichen Beziehung,
Jesuitismus hatte immer wenig Achtung für die Liturgie - von der Gründung an - der erste Orden, der das Offizium nicht im Chor zelebrierte.
Unter dem großen Einfluss der Jesuiten wurde das Chorgestühl aus den Kirchen entfernt und durch Pulte ersetzt, Im Focus stand nicht das Gebet der Brüder sondern die Worte der Spezialisten, der ausgebildeten Prediger. So nötig das gewesen sein mag - es war die Ausgrenzung der einfachen Katholiken.

Der weise Fr. Mark Kirba illustriert die Entwicklung von diesem Didaktizismus in seinem Artikel über den Rosenkranz. Hier ("Rosary facing the People")
Ich war amüsiert, als mir neulich ein Laie das Fragment eines sächsischen Altars zeigte und etwas über einen Heiligen sagte, der von diesem Altar aus predigte."
Die Wahrheit ist, daß während dieser Periode selten gepredigt wurde und weniger wahrscheinlich während der Liturgie als eher im Kapitelhaus oder im Rückraum der Kirche oder auf dem Marktplatz- aber niemals vom Altar aus.
Der Satz zeigt, wohin wir gekommen sind - niemand kann mehr beten ohne die Intervention eines Rechtsgelehrten, die Liturgie selbst hat keinen Wert für ihr wahres Ziel: anzubeten, aber als Dekor für das Lehren.

Quelle: Father Raymond Blake, marymagdalenblog  

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