Mittwoch, 20. Januar 2016

Vor dem Besuch in der Moschee, A.Socci zieht Bilanz nach dem Besuch in der Synagoge.

Nach dem Franziskus-Besuch in der großen Synagoge zu Rom hat A. Socci seine Eindrücke bei Lo Straniero in einem Kommentar zusammengefaßt. Hier geht´s zum Original:  klicken

        "DIE LEKTION DER JÜDISCHEN GEMEINDE FÜR PAPST FRANZISKUS"

Die Visite Papst Bergoglios bei der Jüdischen Gemeinde Roms war schön und bedeutend, konnte aber offensichtlich - aus historischen Gründen - nicht so bewegend sein wie die vorhergehenden Besuche Johannes Pauls II und Benedikts XVI.
Franziskus´ Rede bewegte sich auf dem Boden seiner Vorgänger, an die er auch mit einigen Redewendungen erinnerte. Klar war seine Verdammung "jeder Form von Antisemitismus" und die Verdammung "jeglicher Beleidigung, Diskriminierung und Verfolgung, die aus ihm entstehen."
Sakrosankte Worte, aber um die Begegnung aus einer gewissen offensichtlichen Ritualisierung herauszuführen, bedurfte es der leidenschaftlichen und berührenden Rede von Ruth Dureghello, der Präsidentin der Jüdischen Gemeinde Roms.

RUTHS WORTE
Sie sprach die Begrüßungsworte für den Papst und erinnerte an seine bedeutsame Erklärung: "Ein Christ kann kein Antisemit sein."
Aber vor allem hat sie daran erinnert, was er sagte - als er vor wenigen Wochen den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses traf, daß "Juden anzugreifen Antisemitismus ist, aber auch ein Angriff auf Israel ist Antisemitismus."
Schon lange versucht die jüdische Welt dieses Konzept der öffentlichen Meinung in der Welt der Intellektuellen, besonders der europäischen, begreiflich zu machen, die zwar die Shoah verurteilt, aber in vielen Fällen gegenüber Israel voreingenommen und ideologisch feindlich eingestellt ist.
Deshalb hat Dureghello mit großem Nachdruck betont, daß der Antizionismus die modernste Form des Antisemitismus ist."
Diese Erklärung ist die, die eine bestimmte Sorte Palästinensophile, Arabophile oder Islamophile aus Kultur und aus öffentlicher Meinung des westlichen Publikums irritiert, die sich nicht von den Schematismen der Ideologie befreien können,

Papst Bergoglio ist ein kalkulierender Mann und immer sehr politisch in der Kalibrierung von Zeitpunkt und Umständen seiner Reden.
Man weiß nicht, ob er vor einem großen Publikum die so bedeutsamen Worte wiederholen würde, die er zum Präsidenten des JWC sagte.
Aber mit dem gestrigen Besuch, sind sie - Dank Ruth Dureghello - de facto öffentliche und offizielle Äußerungen geworden.



PÄPSTLICHE VERLEGENHEIT
Jetzt muß man sie nur noch mit den anderen päpstlichen Worten und Gesten vereinbar machen, beginnend mit jenen während des Besuchs bei den Palästinensischen Regierungsvertretern, als er schweigend pilgernd zur von den Israelis zur Verteidigung gegen weitere Attentate gebauten Mauer ging, eine Mauer, die effektiv den Sprengstoffblutbädern ein Ende bereitete.
Auch wenn die Gewalt in diesen Wochen  erneut explodierte, und man Angriffe auf jüdische Zivilisten mit Messern und Autos sah.
Deshalb hat die Präsidentin der jüdischen Gemeinde Roms unterstrichen, daß man, um den Wunsch nach Frieden zu untermauern, den der Papst während seines Besuches in Israel und den palästinensischen Territorien fortwährend wiederholte, daß "wir daran erinnern müssen, daß der Frieden sich nicht durch Terror mit dem Messer in der Hand  und nicht dadurch daß man auf den Straßen Jerusalems, Tel Avivs, Ytamars, Beth Shemeshs  und Siderots  Blut vergißt, erreichen läßt.  Man gewinnt ihn nicht, indem man Tunnel gräbt und man gewinnt ihn nicht, indem man Raketen abfeuert. Können wir einen Friedensprozess beginnen, indem wir die Toten des Terrorismus zählen? Nein.
Wir alle müssen sagen, daß der Terrorismus aufhören muß. Nicht nur zum Terrorismus in Madrid, London, Brüssel und Paris, sondern auch zu dem, der fast jeden Tag in Israel zuschlägt. Für Terrorismus gibt es nie eine Rechtfertigung."
Worte, die besonders für die kritisch klingen, die angesichts von Terrorakten immer wirtschaftliche Erklärungen beschwören, oder angebliche Ungerechtigkeiten, oder andere Ursachen.
Aber es gibt auch Worte, die einladen, keine absurden Abmilderungen anzubieten.

Unausweichlich gehen die Gedanken zum 16. Januar 2015, als nach dem Blutbad in Paris in der Redaktion von Charlie Hebdo - Papst Franziskus nach den Grenzen der Meinungsfreiheit (in Bezug auf die Karikaturen über den Islam), zur Religionsfreiheit antwortete: "Ich glaube, daß beides fundamentale Menschenrechte sind. Man kann nicht im Namen Gottes töten, das ist eine Aberration, aber man muß die Meinungsfreiheit gebrauchen, ohne zu verletzen. Weil es wahr ist, daß man nicht mit Gewalt reagieren darf.
Aber wenn Dr. Gasbarri, ein Freund, ein Wort gegen meine Mamma sagt, erwartet ihn ein Faustschlag, man darf nicht provozieren, man darf nicht den Glauben der anderen beleidigen."

Worte die vom Papst sicher in guter Absicht ausgeprochen wurden, um alle zum Respekt für den anderen aufzurufen, die aber objektiv gesehen einen faux-pas darstellten.
Weil ein Papst über eine gewaltsame Antwort auf eine eventuelle verbale Attacke nicht einmal theoretisieren darf. Und dann, weil seine Worte mit einer Rechtfertigung (das passierte dann auch  bei einigen islamischen Gruppen) einer gewaltsamen Reaktion verwechselt werden konnten. Für die es aber keinerlei Rechtfertigung gibt.
Außerdem brauchen die Terroristen weder Karikaturen noch Beleidigungen der Mamma, um den als Feind zu betrachten und zu ermorden, der anders denkt oder lebt als sie, oder sich ihnen nicht unterwirft.
Die Dureghello - noch immer an Papstworte erinnernd, fügte hinzu: "Die Lektion des Hasses bringt nur Tod vor aller Augen. Das lehrt die jüngste Geschichte ebenso wie die ältere. Sie haben es mit eigenen Augen in Buenos Aires gesehen, das am 18. Juli 1994 antisemitischen Terror kennen lernte, 85 Tote und 200 Verletzte. Viel haben gefragt, ob der islamische Terror je in Rom zuschlagen werde.
Meine Herren, Rom wurde schon geschlagen. Eine einziger Name: Stefano Gai Taché , 2 Jahre alt, am 9. Oktober 1982. Der Hass, der aus dem Rassismus entsteht, und seine Grundlage im Vorurteil oder schlimmer, der die Worte und den Namen Gottes nutzt. um zu morden, verdient immer unsere Empörung."

SCHLUSS MIT DEM SCHWEIGEN
An diesem Punkt wurde die Rede der Präsidentin der Jüdischen Gemeinde noch ernster und dramatischer:
"Papst Franziskus, heute haben wir eine große Verantwortung gegenüber der Welt, angesichts des durch den Terrorismus in Europa und im Mittleren Osten vergossenen Blutes, angesichts des Blutes der verfolgten Christen und der Attentate gegen zivile Einrichtungen auch innerhalb der arabischen Welt, angesichts der furchtbaren Verbrechen an den Frauen. Wir können keine Zuschauer sein. Wir können nicht indifferent bleiben. Wir können nicht in die selben Fehler verfallen wie in der Vergangenheit, aus betäubendem Schweigen und verbogenen Texten, Männder und Fauen die unbewegt bleiben angesichts mit Juden vollgestopfter Waggons, die in die Öfen der Krematorien geschickt wurden."
Das ist ein wahrer Appell der Jüdischen Gemeinde Roms, noch dramatischer durch die Mitwirkung vieler Terrorakte, die zu gleichen Zeit in verschiedenen Ländern verübt wurden.
Es handelt sich darum zu verstehen, ob Franzikus, der in den vergangenen Monaten ziemlich passiv blieb angesichts der Tragödie der verfolgten und massakrierten Christen und der von dieser eindruckvollen Rede berührt war, dazu gebracht wird, nachzudenken, weniger sanft  in der Konfrontation mit der islamischen Welt zu sein und auch in der Verteidigung der verfolgten Christen und der Verteidigung des immer von Terror bedrohten Israels. 

Das enorme gegenwärtige Mißtrauen - das  nicht zu einer Konfrontation der Zivilisationen werden soll und darf, erfordert starke und gehobene Antworten, und Führer die fähig sind, alle Verhandelnden und die verschiedenen Völker  auf neue Straßen zu führen.
Johannes Paul II war sicher so ein Mann, wie aber auch Benedikt XVI mit seiner meisterlichen und prophetischen Regensburger Rede.
Wahrscheinlich war es kein Zufall, daß Ruth Dureghello mit besonderer Liebe an Johannes Paul II und Elio Toaff erinnert hat und Applaus für Benedikt XVI erntete ("einen herzlichen Gruß möchte ich an den Papa emeritus, Benedikt XVI richten") .

Von Papst Bergoglio wird der Mut zu einer fundamentalen Änderung gefordert: die Wahrheit dem Erfolg in den Medien vorzuziehen."

Quelle: A. Socci, Libero,




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