Montag, 11. Juli 2016

"Gott wieder in den Mittelpunkt der Liturgie stellen" oder "die Reform der Reform".

Lorenzo Bertocchi interviewt bei La Nuova Bussola Quotidiana Don Nicola Bux  anläßlich der Veröffentlichung seines Buches "Mit den Sakramenten scherzt man nicht", das-wie man wohl sagen kann, für die Liturgie zur Reform der Reform aufruft. Hier geht´s zum Original: klicken

      "BUX: GOTT WIEDER IN DEN MITTELPUNKT DER LITURGIE STELLEN"

"Er hat vor kurzem ein Buch in Druck gegeben mit Batman und Wonder Woman auf dem Umschlag, auch wenn der Titel etwas anderes auszusagen scheint: "Mit den Sakrmenten scherzt man nicht"(Cantagalli) -Don Nicola Bux , der schon Berater im Uffizio delle Celebrazioni liturgiche unter Benedikt XVI war und auch immer noch Berater der Liturgiekongregation ist, Professor für Orientalische Liturgie und Sakramentale Theologie an der Theologischen Fakultät in Apulien, er kann als Kenner der "Reform der liturgischen Reform" angesehen werden.über die Kardinal Sarah beim Hl.-Liturgie-Konvent in London bei seinem letzten Interview in gesprochen hat.
Der Präfekt der vatikanischen Liturgiekongregation hat bestätigt, daß schnellst möglich zu einer gemeinsamen Wendung des Priesters und der Gläubigen bei der Feier der Liturgie zurück gekehrt werden solle, und er sagte dann, daß Papst Franziskus ihn gebeten habe, die von Benedikt XVI eingeleitete Reform der Reform zu studieren.

Frage:
"Don Bux, was ist diese Aufforderung von Kardinal Sarah, daß sich alle ad orientem orientieren sollen?"

Antwort Don N.Bux: 
"Das Messale Romano sieht in Nr. 262 des Ordinamento Generale vor, daß die Zelebrierung "versus populo" möglich ist, aber nicht ausschließt, daß man versus Deum oder ad Orientem zelebrieren kann.
Oriente ist vor allem Jesus Christus, nach der Hymne des Benedictus, außerdem ist es der Hauptpunkt, an dem die Kirche sich orientieren soll, jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert im Westen und heute noch im Osten: seit den Anfängen wurde diese Orientierung durch das in der Apsis postierte Kruzifix angezeigt, zu dem sich der Priester wandte.
Während die Liturgie versus populo- die Zentralität der Person des Zelebranten bevorzugt und aus der Versammlung einen geschlossenen Kreis macht, öffnet der Blick ad Deum die Versammlung, die das II. Vaticanische Konzil als die eschatologische Dimension der Liturgie definiert hat, der in die Mitte seines Volkes kommt. Die Liturgie in ihrem reichen Symbolgehalt ist nie zufällig: die Orientierung versus Deum per Iesum Christum will daran erinnern, daß wir "auf  Gott hingewendet sind". Um das zu vertiefen, rate ich das Buch "Rivolti al Signore" von U.M.Lange zu studieren, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde."

"Aber repräsentiert der Priester nicht selber schon Christus ?"
"Sicher  repräsentiert auch der Priester Christus, aber er ist nicht Jesus Christus, der real präsent ist, real in der Substanz nur im Eucharistischen Sakrament, deshalb muß im Zentrum der Hl. Liturgie Jesus Christus stehen und besonders das Sakrament. Und auf besondere Weise das Kreuz, das seit immer -um es so zu  sagen- den Kardinalspunkt anzeigt, an den sich das Gebet wenden muß. Kardinal Sarah -lädt in einem Augenblick, wo die anthropozentrische Deformation der Liturgie groß ist, dazu ein, der Göttlichen Gegenwart ihre Zentralität wiederzugeben, symbolisiert in der gemeinsamen Orientierung des Priesters und des Volkes auf das Kreuz hin."
"Der Kardinal hat gesagt, daß Papst Franziskus darum gebeten hat, die sogenannte Reform der Reform der Liturgie, die sein Vorgänger versprochen und gefördert hatte, zu vertiefen. Worum handelt es sich?""Benedikt XVI hatte beobachtet, daß es bei der Liturgiereform nach dem II.Vaticanischen Konzil war, als stehe man vor einem großen Fresko stehe, das restauriert werden müsse. Diese Restaurierung wird hastig  und auf aggressive Weise durchgeführt, bis zu dem Punkt, daß man den Verlust des gesamten Freskos riskiert. Deshalb ist es wichtig, die "Reform der Reform" genau zu studieren, Mehrere Liturgiespezialisten wie Klaus Gamber und Louis Bouver hatten sogar das Ende des römischen Ritus befürchtet, den eine Art moderner Ritus ersetzt hatte, Mit der "Reform der Reform" hat Ratzinger vorgeschlagen, noch einmal Hand an die Restaurierung zu legen. um die Integrität des Freskos zu sichern.""Einverstanden, aber welche anderen Aspekte außer der Frage der Zelebrationsrichtung bietet diese Reform der Reform?""Es gibt noch diverse, ich kann einige herausheben. Zur Desakralisierung der Liturgie hat auch die Aufgabe des Lateins beigetragen, auch wenn die Liturgische Konstitutiondazu aufforderte, es im lateinischen Ritus weiter zu verwenden, Die lateinische Sprache ist- u.a. Zeichen der Universalität der Kirche. Dann ist da die Frage des Opfercharakters der Messe: die eucharistische Theologie des 20. Jahrhunderts hat die Betonung auf das letzte Abendmahl gelegt, um daraus zu schließen, daß es der Eucharistie die Grundform gegeben hat, die eines Mahles oder einer Mahlzeit und hat sie so von ihrem kosmischen, erlösenden und Opfercharakter der Messe getrennt. 

Das bringt uns ins Herz der von Ratzinger angestellten  theologischen Überlegung über die Bedeutung der Messe. Das Fehlen von Klarheit, hervorgerufen durch durch die augenscheinlich Trennung des dogmatischen Inhalts von der liturgischen Struktur, scheint Ratzinger "das zentrale Problem der liturgischen Reform zu sein. Die "Reform der Reform"muß die Anomie (als ob keine Normen existierten) und die Anarchie der Liturgie heilen- und die Rechte Gottes über sie wieder herstellen. Das impliziert nicht weniger sowohl eine Restaurierung der Disziplin der sakralen Musik als auch der Regeln der sakralen Kunst -zwei Bereiche, die eng mit der Liturgie verbunden sind."
"Von wo beginnen?"

"Z.B hatte Benedikt XVI vorgeschlagen und eingeführt, dort wo der Priester nicht physisch ad orientem zelebrieren kann, das Kruzifix auf den Altar zu stellen "verso populo" so daß der Zelebrant und die Gläubigen einen Punkt haben, auf den hin sie sich gemeinsam orientieren. Das Kreuz und darüber hinaus der Tabernakel sollen die Anwesenheit des gekreuzigten und auferstandenen Herrn anzeigen, was umso heiliger ist, als es die Liturgie heiligt -wie sie die liturgische Konstitution rezitiert. Mit wenigen Worten: die Reform der Reform nach dem was Benedikt XVI, wie mir scheint, im Sinn hatte erfordert die Wiedergeburt des Heiligen in den Herzen, Dort wo in den Einzelnen der Sinn für das Heilige wieder entsteht, dort beginnt und verwirklicht sich die Reform der Reform."

"Gehen wir also mitten ins Herz: was soll die Präsenz des Herrn in der Liturgie bedeuten?"

"Wir können sagen, daß wäre der Herr nicht präsent, die christliche Liturgie keinerlei Sinn hätte. Es wäre eine menschengemachte Selbstdarstellung: nur die Präsenz macht die Liturgie heilig.
Heilig ist etwas, dem man sich mit Ehrfurcht und Furcht nähern kann, das quasi unberührbar ist: das ist die Göttliche Gegenwart.
"Noli me tangere" sagt der auferstandene Herr zu Maria Magdalena. Und Petrus zu IHM auf dem See; "Entferne dich von mir, ich bin ein Sünder."
Es gibt auch nichtsakrale Liturgien, wie z.B. die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele. Die Liturgie ist heilig, weil der Herr anwesend ist, und wenn die Präsenz Realität ist, kann ich nicht machen, was ich will, sondern muß sie anerkennen und sie verehren und muß mich IHM mit der erforderlichen Einstellung und Ausstattung nähern. Deshalb sind die Deformationen und Mißbräuche in der heutigen Liturgie so gravierend.

"Erinnert Kardinal Sarah deshalb z-.B, an die Geste des Niederkniens?"

"Sicher, der Grund aus dem wir knien, ist ja die Präsenz des Herrn in der Liturgie. es handelt sich um Zeichen, die diese Präsenz anzeigen. Und es handelt sich nicht um eine "chronologische" Präsenz, räumlich-zeitlich-sondern sie ist ganz spirituell, sowohl in mir als auch außerhalb von mir, während alle Zeichen immer durch die Gläubigen erkannt werden sollen. Für einige Liturgiker bedeutet, den Tabernakel in einer Seitenkapelle oder einer 20 Meter weit vom Altar, an dem üblicherweise zelebriert wird. entfernten Säule unterzubringen, einen Konflikt der Zeichen zu vermeiden: als ob man ihn dann weniger präsent machen könne. Genügen aber 20 Meter um die Präsenz zu abzuschwächen? Und an diesem Punkt, was soll man unter Konflikt der Zeichen verstehen?"

Kardinal Sarah hat von der Notwendigkeit gesprochen, Hand an die liturgische Ausbildung der Priester zu legen, in der Hoffnung, daß auch die Zelebrierung der Messe in der außerordentlichen (allgemein auch tridentinischer Ritus genannt) gelehrt wird. Weshalb?"

"Aus einem ganz einfachen Grund, weil auch Paul VI, als er das neue Missale Romanum promulgierte, es in Kontinuität mit der tridentinischen Messe der vorangegangenen 400 Jahre tat, er wollte die Kontinuität der beiden Missale zeigen. Soviel zu dieser Frage. Also den vorhergehenden Ritus, der aus der Antike stammt, nicht zu kennen; oder schlimmer noch, ihn zu dämonisieren steht auch in Gegensatz zur Anordnung Pauls VI. Auch in diesem Sinn ist es sehr wichtig, daß Papst Franziskus den Kardinal gebeten hat, die Reform der Reform zu studieren."

"Besonders in der innerkirchlichen Debatte werden die, die auf die liturgische Feier Wert legen, als "Konservative "katalogisiert oder schlimmer als ultrakonservativ, als Personen, die an die Formen der Vergangenheit gebunden sind, fixiert. Was sollen wir sagen?"


"Man muß differenzieren: wenn die Ultrakonservativen dämonisiert werden müssen, dann sind vielleicht Konservative eine akzeptable Spezies? Jedenfalls enthüllt diese Katalogisierung eine politische Wahrnehmung der Kirche. Die Kirche in Konservative und -ins angenommene Gegenteil- Progressisten zu teilen, oder in "Verschlossene" gegen "Offene", bedeutet eine politische Reduzierung, die nicht zum menschlich-göttlichen Geheimnis der Kirche gehört: Leib Christi und Volk Gottes. Es ist ein Konzept, das dazu dient, zu trennen und Verwirrung zu stiften, das aber der gesamten katholischen Tradition fremd ist,
1995 hat Joseph Ratzinger im berühmten Interviewbuch mit Vittorio Messori "Bericht über den Glauben" bekräftigt, daß die Idee von Kirche in der Krise ist. Meiner Meinung nach hatte er da Weitblick, und die Krise hat sich verstärkt; wenn die Kirche eine und unzerstörbare bleibt, wie Lumen Gentium sagt, kann sie nur katholisch sein- ein Wort, das die Totalität der Wahrheit evoziert (verständlich aus 2000 Jahren Apostolischer, patristischer und theologischer Tradition), die sie lebendig und heute aktuell machen, 
Alle anderen, die außerhalb sind, oder in ihr ordiniert sind, sind sich dessen mehr oder weniger bewußt, oder sie sind gegen sie sind, weil sei denken, daß die Kirche in eine Art Museum verbannt werden sollte oder sie halten sie für eine Realität die der Mentalität der Welt folgen sollte, in Übereinstimmung mit der Gegenwart.
Aber Vorsicht: wer die heutige Mode heiratet, bleibt morgen als Witwer zurück.
Der Hl.Paulus hat in seinem Brief an die Römer (12,2) besonders die Christen Roms eingeladen, sich nicht anzupassen. Deshalb denke ich, daß es für uns Katholiken gut wäre, den Gebrauch der antiken Termini von orthodox und heterodox wieder aufzunehmen- der Hl. Basilius unterteilte die Heterodoxen in Ketzer und Schismatiker -oder für die jüngere Geschichte Katholiken und Modernisten,"

"In welchem Sinn Modernisten?"

"Ich bevorzuge diese letzte Kategorie. Modernist kommt von Mode- weil ich glaube, daß heute in der Kirche auf der einen Seite die Gläubigen sind, die katholisch denken, um einen Ausdruck Pauls VI zu benutzen- das heißt ein Denken, das die ganze große apostolische Tradition bis heute zusammenhält und die jede Erneuerung vorsichtig angehen, auf der andere Seite die Ungläubigen die dagegen aus diesem großen depositum fidei nur das auswählen. was an die Launen und Wünsche (mit Rechten verwechselt) der zeitgenössischen Männer und Frauen angepaßt ist. Es sind genau die Modernisten wie schon Pius X  begriffen hatte, Aber wer sich so der Welt folgend verhält, endet damit, die Kirche zu teilen, wenn er die Katholizität und Universalität abschafft, die darin besteht, Altes und Neues zusammenzuhalten, wie der von Jesus im Evangelium gepriesene Weise."

Quelle: L.Bertocchi, La Nuova Bussola Quotidiana  














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