Sonntag, 12. Februar 2017

Beim Thema Populismus widerspricht La Civiltá Cattolica dem Papst

Sandro Magister berichtet in Settimo Cielo über einen Artikel in der mittlerweile berüchtigten Civltá Cattolica über die katastrophalen populistischen Regime in Südamerika. Autor ist der Jesuit Arturo Peraza, der in der Einschätzung dieser Regime dem Pontifex klar widerspricht. Man kann nur hoffen, daß dem neu zum General-Superior Argentiniens gewählte Peraza dieser öffentliche Widerspruch nicht zum Verhängnis wird und er sich nicht in die ständig wachsende, große Schar der zu personae non gratae Erklärten, die Opfer der päpstlichen Barmherzigkeit wurden, einreihen muß.
Hier geht´s um Original:  klicken 

      "DIESES MAL WIDERSPRICHT LA CIVILTÁ CATTOLICA DEM PAPST"

In der letzten Ausgabe der Civiltá Cattolica - der jenigen, die der fatalen Ausgabe Nr4000 , die am 11. Februar unter Fanfarenklängen herauskommen wird, -mit päpstlicher Widmung und seinem zigsten Interview- findet sich ein unleugbar interessanter, Venezuela betreffender Artikel mit dem Titel "Die Misere von König Midas"  (klicken)

Der Autor, Arturo Peraza, 52, ist der Jesuit, der den Platz seines Landsmannes Arturo Sosa Abascal als neuer Provinzial Venezuelas eingenommen hat, der zum General-Superior der Gesellschaft Jesu gewählt wurde,
Und er zeichnet ein alarmierendes Bild von der Katastrophe, in die sein Land durch die von Präsident Hugo Chavez und seinem Nachfolger Nicolás Maduro gemachte bolivianische Revolution gestürzt wurde.

Also nennt Fr. Peraza das aktuelle Regime in Venezuela "populistisch" wie auch . wie er hinzufügt- die Regimes von Juan und Evita Perón in Argentinien, von Getulio Vargas in Brasilien und in jüngerer Zeit das von Alberto Fujimori in Peru.

Eine Defintion, die für ihn sicher nicht positiv ist, wie man in dieser Passage aus dem Artikel in "La Civiltá Cattolica" sehen kann:

"In Venezuela wurde die Revolution begonnen, um einen neuen institutionellen Rahmen -der als sozialistisch bezeichnet wird- zu schaffen. Aber (...) in Wirklichkeit ist das chavistische Projet ein Modell, das man besser als "politischen Populismus oder Personalismus" bezeichnen kann und das in Südamerika z.B. von Perón (und Evita) und Vargas verkörpert wurde.
Heute spricht man von "Neo-Populismus" und bezieht sich auf Fujimori oder Chávez.
Hier ist der fundamentale Interpretationsschlüssel  die Tatsache, daß anstelle eines institutionellen Rahmenwerkes (aus Parteien und Strukturen bestehend) ein Führer asugewählt wird, der auf gewisse Weise die Volksmassen repräsentiert.
Dieser Führer nimmt die Stellung eines "Halb-Souveräns" ein, in dem Sinn, daß die Souveränität beim Volk liegt, das sie durch Wahlen an den gewählten Präsidenten delegiert. Er- obwohl er vom formellen Standpunkt aus gesehen den Strukturen des liberalen Staates unterworfen ist, entfernt sich in der Realität weit davon und macht eine soziale Umwandlung nötig, die er selber repräsentiert, übernimmt, fördert und in Bewegung setzt. Deshalb sind die anderen Kräfte des Staates nur noch ein Bandleader für den einen, der die Exekutivgewalt ausübt."

Aber wenn wir das am 21. Januar veröffentlichte Interview mit der Spanischen Zeitung "El Pias" nehmen, sehen wir, daß der Papst tatsächlich ein negatives Urteil über die Populismusformen in Europa und Nord-Amerika fällt und sie sogar mit Hitler vergleicht, aber sich sehr zugunsten der Formen von Populismus und der "Volksbewegungen" in Latein-Amerika ausspricht.




Hier sind die die Frage und die Antwort zu diesem speziellen Punkt:

Frage:
"Sowohl in Europa als auch in Amerika ebnen die Auswirkungen der nie endenden Krise, die wachsenden Ungleichheiten, die Abwesenheit einer starken Führung politischen Gruppen, die die Malaise der Bürger reflektieren,  den Weg, um die eine Botschaft voller Xenophobie und Fremdenhaß zu formulieren. Der Fall Trump ist besonders bemerkenswert, aber es gibt noch andere in Österreich oder der Schweiz. Sind Sie über diesen Trend besorgt?"

Antwort:
"Das nennen sie hier Populismus. Es ist ein zweideutiger Terminus, weil Populismus in Latein-Amerika eine andere Bedeutung hat- dort sind z.B. die Volksbewegungen ihre Vorreiter. Sie haben sich selbst organisiert. Als ich zuerst vom Populismus in Europa gehört habe, wußte ich nicht, was ich davon halten sollte, bis ich realisierte, daß das etwas anderes bedeutet.  Krisen provozieren Angst, Alarm. Meiner Meinung nach ist das offensichtlichste Beispiel für Populismus im europäischen Sinn des Wortes Deutschland 1933.
Nach Hindenburg, nach der Krise der 30-er, ist Deutschland pleite, es muß aufstehen, um eine Identität zu finden, es braucht einen Führer, jemanden der fähig ist, seinen Charakter wieder herzustellen und da ist ein junger Mann namens Adolf Hitler, der sagt "ich kann das, ich kann das". Und Deutschland stimmt für Hitler. Hitler hat die Macht nicht gestohlen, sein Volk hat für ihn gestimmt und dann hat er es zerstört. Das ist die Gefahr."

Und das ist der erste Widerspruch zwischen Jorge Mario Bergoglios positivem Urteil über die lateinamerikanischen Formen des Populismus und dem simultanen negativen Urteil des Provinzials der Jesuiten in Venezuela in "La Civiltá Cattolica".

Aber es gibt noch einen anderen Widerspruch, wieder im Urteil über die lateinamerikanischen Formen des Populismus-zwischen dem Bergoglio, der heute Papst ist und dem Bergoglio der 2007 der Hauptautor des Abschlußdokuments der Konferenz der Bischöfe des Kontinents war.

In diesem Dokument auf das Papst Franziskus sich oft bezieht, wird der Lateinamerikanische Populismus nur einmal erwähnt, in § 74. Und mit Urteilen, die ganz und gar und ausschließlich negativ sind.
"Wir bemerken ein gewissen demokratischen Fortschritt, der sich bei verschiedenen Wahlen gezeigt hat. Aber wir blicken mit Sorge auf die rapide Ausbreitung verschiedener Arten autoritärer Regression im demokratischen Sinne, was manchmal zu Regimes neo-populistischer Art führt.
Das zeigt, daß eine nur formale Demokratie, die sich auf faire Wahlbedingungen gründet, nicht genug ist, sondern daß vielmehr eine demokratische Teilnahme auf der Basis der Förderung und der Respektierung der Menschenrechte erforderlich ist. Eine Demokratie ohne Werte, wie die gerade erwähnten, wird leicht zu einer Diktatur und betrügt letztlich das Volk."
Welcher ist der wirkliche Bergoglio? Der von Aparecida 2007 oder der von heute?
Darüber kann es keinen Zweifel geben. Sein authentisches Denken über den Lateinamerikanischen Populismus ist  positiv, sogar enthusisastisch und er hat es verschwenderisch in all jenen politischen "manifestos" ausgebreitet hat, die diese drei umfangreichen Reden an die Volksbewegungen sind, die er zuerst 2014 in Rom zusammengerufen hat und dann in Santa Crux de la Sierra, Bolivien 2015 und wieder in Rom 2016.

Auf der praktischen Seite manifestiert  sich diese Vorliebe von Papst Franziskus für den Lateinamerikanischen Populismus selbst in der Zuneigung, die er dessen Champions wie den Castrobrüdern in Cuba, Evo Morales in Bolivien , Rafael Correa in Equador, José Muijca in Uruguay gegenüber gezeigt hat- ebenso wie die Kälte gegenüber den Gegnern von Chavez und Maduro in Venezuela und dem regierenden Präsidenten von Argentinien, dem "liberalen" Mauricio Macri. 

Aber es gibt auch einen theoretischen und theologischen Hintergrund für diese Vorliebe.

In mehreren Interviews hat Papst Franziskus nicht gezögert, dieWahrnehmung der Meschen als "mystisch" und "legendär" zu definieren. 

Aber es gab eine Gelegenheit, bei der er seine Gedanken vollständiger ausgedrückt hat. Und das war die Rede, die er am 13. November 2015 bei einer Konferenz der Romano-Guardini-Stiftung gehalten hat.

Guardini ist der italienisch-deutsche Philosoph und Theologe, auf dem Bergoglio die These seiner unvollendeten Promotion in Theologie aufbaute, und als Papst sagt er, habe er sich bei ihm Inspirationen für ein "Konzept des Volkes" geholt, das gut zur Theologie des Volkes" seines argentinischen Lehrers, des Jesuiten Juan Carlos Scannone, paßt.

"Das Volk" sagte Franziskus in dieser Rede vor der Romano-Guardini-Stiftung "bedeutet die Zusammenfassung dessen, was ursprünglich, tief  und wichtig ist im Menschen". Im Volk muß man das "Kraftfeld des Göttlichen Handelns" erkennen. Und aus diesem Grund, fügte der Papst hinzu, "ziehe ich es vor zu sagen- da bin ich mir sicher- daß "Volk" keine logische Kategorie ist sondern eine mystische."

Die Konzepte sind hoch, turmhoch. Aber Bergoglio ist ein praktischer Mann. Und vom Volk zum Populismus ist für ein ein kleiner Schritt.

postscriptum:
Die oben beschriebene Divergenz zwischen dem Denken von Franziskus und der Civiltá Cattolica beim Thema Populismus ist die klassische Ausnahme, die die Regel bestätigt, Und die Regel ist die sehr enge Verbindung zwischen dem Papst und der Zeitschrift.

Es ist die Verbindung, die Franziskus in der Rede, von Donnerstag, 9. Februar, selbst bestätigt und bekräftigt hat, die er vor der Redaktion von "La Civiltá Cattolica" hielt, die er anläßlich der Veröffentlichung der Nummer 4000 des Magazins im Vatican empfangen hat.
"In meiner Arbeit sehe ich Sie, folge Ihnen, begleite Sie mit Zuneigung. Ihr Magazin ist oft auf meinem Schreibtisch. Und ich weiß, daß Sie mich bei Ihrer Arbeit nie aus den Augen verlieren. Sie haben alle fundamentalen Phasen meines Pontifikates treu begleitet, die Veröffentlichung der Enzykliken und der Apostolischen Exhortation, und den Gläubigen eine Interpretation geliefert."

Daraus kann man schließen, daß z.B. das schon vor der Veröffentlichung der postsynodalen Exhortartion "Amoris Laetitia" von Civiltá Cattolica gegebene "vorwärts" zur Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen eine "treue Interpretation" der Gedanken des Papstes war und ist.
Franziskus schweigt. Aber ein anderer Jesuit spricht für ihn. (7.11.2015)

In der selben Rede vom Freitag, 9. Februar, sagte Franziskus auch, daß " das Staatssekretariat lange Zeit "La Civiltá Cattolica" an alle Nuntiaturen in der Welt geschickt hat" und hat seine Freude über die kommenden Ausgaben des Magazins in Spanisch, Englisch, Französisch und Koreanisch ausgedrückt. Ein weiterer Weg, um sein Denken- und das mit Autorität-  überall zu verbreiten."

Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister

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