Montag, 27. November 2017

A. Gagliarducci analysiert die laufende Kurienreform

Das tut er in seiner wöchentlichen Kolumne in "Monday in the Vatican".
Hier geht´s zum Original: klicken

"WARUM EINE DRITTE SEKTION FÜR DAS STAATSSEKRETARIAT ?"

"Die Einrichtung einer dritten Sektion im Vaticanischen Staatssekretariat wirft ein Licht auf die drei Themen des Pontifikates von Papst Franziskus,
Zum ersten: die Tatsache, daß Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär, schrittweise eine immer zentralere Rolle einnimmt.
Zweitens: daß Papst Franziskus weiterhin Reformen und Veränderungen "en passant" durchführt und sie erst nach ihrer Inkraftsetzung offiziell bekannt und somit definitiv macht.
Drittens: Diplomaten spielen in diesem Pontifikat eine immer wichtigere Rolle und diese Betomung zeigt eine Verschiebung im Verhältnis des Vaticans zu doktrinalen Themen, alldieweil Diplomaten denen gegenüber eine pragmatischere und weniger theologische Haltung haben.

Ein Detail bringt diese angestrebte Rolle des Staatssekretariates zu Tage: der Papst hat die dritte Sektion des Staatssekretariates durch einen Brief etabliert, den er an Kardinal Pietro Parolin schickte, den der dann an die Nuntien weitergab. Dieser Brief war kein motu proprio, ein formelles Dokument, das normalerweises zur Umgestaltung des Staatssekretariates benötigt wird, weil die Apostolische Konstitution "Pastor Bonus", die die Römische Kurie reguliert, klar feststellt, daß das Staatssekretariat aus zwei Sektionen besteht.

Die Tatsache, daß Papst Franziskus die Reformen en passant durchführen will, kann man anhand der Art und Weise sehen, mit der die Einrichtung der Dritten Sektion kommuniziert worden ist. Mancher im Vatican erfuhr von der Veränderung erst aus den Zeitungen. Außerdem erhielten einige der apostolischen Nuntien die Nachricht nicht pünktlich, obwohl die Entscheidung des Papstes schon vor Langem getroffen und sein Brief mit dem 18.Oktober datiert worden war.

Der Inhalt des Briedes- der von denVaticanischen Medien nicht bekannt gemacht wurde, die lediglich das Komuniqué des Staatssekretariates weitergaben-liefert uns weitere Details über Papst Franziskus´ Pontifikat.



Die Dritte Sektion nennt sich "Sektion für den Diplomatischen Stab des Heiligen Stuhls" und ihre Rolle ist es, die "Aufmerksamkeit und Nähe des Heiligen Vaters und der leitenden Mitarbeiter des Staatssekretariates zum diplomatischen Stab" zu zeigen.

Der Brief beginnt mit einer Reihe von Ehrungen des diplomatischen Personals. Papst Franziskus erinnert daran, daß "ich seit Beginn des Pontifikates denen, die das Römische Amt unterstützen und denen, die in den Institutionen des Hl. Stuhls im Vatican-Staat und für den Hl. Stuhl arbeiten, große Aufmerksamkeit gewidmet habe". Der Papst ruft auch seine erste Weihnachtsansprache an die Kurienmitarbeiter in Erinnerung, in der er sie drängte, den Wegen der "Professionalität", des "Dienens" und der "Heiligkeit des Lebens" zu folgen.

Dann betont der Papst, daß er viele male seine "lebhafte Wertschätzung" der päpstlichen Repräsentanten zum Ausdruck gebracht habe, weil sie eine "mehr als wichtige Arbeit machen und dazu eine, die besondere Schwierigkeiten mit sich bringt". Der Papst fuhr dann fort, an seine häufigen Treffen mit den Nuntien zu erinnern, die ihm helfen, ihre Herausforderungen und Probleme besser zu verstehen und die ihn von der Notwendigkeit überzeugten, diejenigen, die in den Diplomatischen Dienst des Hl. Stuhls eintreten, "menschlicher, priesterlicher, spiritueller und professioneller zu begleiten".

Diese Worte drücken eine offensichtliche captatio benevolentiae gegnüber dieser diplomatischen Welt aus, die 2013 während des Konklaves mit Sympathie auf Kardinal Bergoglio geblickt hatten.

Die Generalkongregationen, die Treffen der Kardinäle im Präkonkave, zeichneten sich durch die Klagen der Diplomaten aus, die sich während des Pontifkates Benedikts XVI marginalisiert fühlten.
Diese Marginalisierung fühlten sie hauptsächlich aus zwei Gründen.
Der erste war die Entscheidung Benedikts, Kardinal Tarcisio Bertone, einen Nicht-Diplomaten- an die Spitze des Staatssekretariates zu berufen. Der zweite war Benedikts Entscheidung, die periodischen Treffen der Nuntien ins Staatssekretriat zu verlagern, anstatt sie selber zu treffen.

Während der Treffen des Präkonklaves hat -wie berichtet wurde- Kardinal Bergoglio in seiner Rede die Arbeit der Päpstlichen Botschafter verteidigt. Wenn das Gerücht stimmt, war es wahrscheinlich eher diese Rede als sein Worte über die existentiellen Ränder, die viele der Langzeit-Diplomaten unter den Kardinälen überzeugte, ihn zu wählen.

Die Dritte Sektion wird der Stellung der "Päpstlichen Botschafter" mehr Aufmerksamkeit widmen. Diese Verschiebung wird durch eine Aufwertung des Amtes für Päpstliche Repräsentationen erreicht, das schon zuvor als eine Art "Amt für menschlichen Nachschub" diente und traditionell von einem Nuntius geleitet wurde. Seit 2015 hatte Erzbischof Jan Romeo Pawlowski diesen Posten inne.

Der Leiter des früheren Amtes führt jetzt die neue Sektion und wartet darauf, daß sein neues Amt mit "einer angemessenen Anzahl von Mitarbeitern" -wie der Papst es in seinem Brief ausdrückte- ausgestattet wird.

Am Ende wird Erzbischof Pawlowski den Job weitermachen, den er auch vorher hatte, aber zusätzlich dazu mit der Ersten und Zweiten Sektion arbeiten und an den periodischen Treffen innerhalb des Staatssekretariates mit dem Vaticanischen Minister für die Beziehungen zu den Staaten teilnehmen.

Letzteres wir keine leichte Aufgabe werden, weil die neue Sektion noch keine klaren Umrisse zeigt, obwohl klar ist, daß sie sich um die Nuntien kümmern wird. Das bedeutet, daß der Rest des diplomatischen Stabes der Ersten Sektion für Allgemeine Belange unterstehen wird, während die Zweite Sektion ihre diplomatische Rolle durch die Schaffung eines Amtes für Päpstliche Mediation gestärkt sieht, das Kardinal Parolin vor langer Zeit als Teil der Reform vorgeschlagen hatte.

Die Einrichtung einer Dritten Sektion stärkt das vaticanische Staatssekretariat weiter, das einzige Kurienamt, das unangetastet bleibt und sogar gestärkt wird- mitten in der Kurienreform, die die Kardinäle in den Treffen des Präkonklaves so dringend verlangten und die Papst Franziskus durch die Ernennung des Kardinalsrates auf den Weg brachte.

Der Gedanke, eine Dritte Sektion einzurichten, entstand bei den periodischen Treffen des Kardinalsrates. Während dieser Treffen war die Rolle und die Ausbildung der Apostolischen  Nuntien ein häufiges Diskussionsthema.

Mit dieser Entscheidung wollte der Papst einerseits eine erneuerte Aufmerksamkeit gegenüber der diplomatischen Welt des Vaticans demonstrieren und andererseits den Fokus darauf legen. den zukünftigen Diplomaten eine anhaltende, auch pastorale Ausbildung zu garantieren, auf einer Linie mit der "pastoralen Umkehr", die Franziskus dauernd fordert.

Das gilt als im Grunde keine große Veränderung, weil wir nur über die Verstärkung eines zuvor bestehenden Amtes sprechen, des Amtes des Delegaten für die Päpstlichen Repräsentationen zu garantieren. Dennoch darf man den Perspektivwechsel nicht unterschätzen.

Die diplomatische Welt ist zurück, um den Vatican zu regieren, nach Jahren einer gefühlten Marginalisierung. Diese Verschiebung fing zu Beginn des Pontifikates an, als man eine Rückkehr der alten Männer der Kurie zusammen mit der Ernennung von Langzeitdiplomaten auf Schlüsselpositionen beobachten konnte:
Kardinal Beniamino Stella als Präfekt der Kleruskongregation, der die Auswahl der Kandidatem zum Priestertum überwacht, um die sich Papst Franziskus sehr sorgt; und Kardinal Lorenzo Baldisseri an der Spitze des Generalsekretariates der Synode, ein Posten, der zu Beginn des Pontifikates als zentral angesehen wurde. So zentral, daß Kardinal Baldisseri vom Papst berufen wurde, einige der ersten Treffen der Leiter der Dikasterien zu koordinieren.

Man wird noch sehen müssen, wie diese radikale Veränderung die Entscheidungen dieses Pontifikates beeinflussen wird und wie großen Einfluss sie bereits hatte. Diplomatie als solche bringt Kompromisse mit sich, sogar bei theologischen Themen.

Man sollte nicht unterschätzen, wie das jüngste Treffen der Leiter der Dikasterien am 12. November sich auf die Ausbildung des Klerus auf der Basis von der im Dezember 2016 von der Kleruskongregation formulierten "Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis" konzentriert hat.
Berichten zufolge. haben die Chefs der Dikasterien eher den "menschlichen" als den akademischen Aspekt der priesterlichen Ausbildung diskutiert.
Es wurde berichtet, daß diese Angehensweise eine neue Art der Ausbildung darstellt, die effektiver den pastoralen Herausforderungen der zeitgenössischen Welt, besonder bei Familienbelangen, begegnen könnte.

Einige interne Beobachter notierten, daß diese veränderte Zugang eine zukünftige Öffnung für die Institution der "viri probati" , die dem Gerücht zufolge, eines der Hauptthemen von Kardinal Stella sind. "Viri probati" sind Männer von erwiesener Vertrauenswürdigkeit, gerufen, in Abwesenheit des Priesters die Eucharistie und Wortgottesdienste zu feiern. Das wird eines der heißen Themen bei der Spezialsynode für die Pan-Amazonas-Region sein, die der Papst für 2019 festgelegt hat.

Am Ende könnte der pragmatische Zugang der Nuntien- kombiniert mit dem Wunsch von Papst Franziskus, den Ortskirchen mehr Gewicht zu verleihen, das Risiko mit sich bringen, Schritt für Schritt die Lehre zu untergraben, während eine neuen Praxis institutionalisiert wird.
Inzwischen hat das Staatssekretariat alle Macht gewonnen, von der zu Beginn dieses Pontifikates angenommen wurde, daß sie auf andere Dikasterien übergehen würde.
Die Kurienreform ist am Ende konservativer als gedacht. Inzwischen schreitet die Reform der Herzen des Papstes schnell voran, weil er Schritt für Schritt die Amtsinhaber austauscht und sie durch Leute ersetzt, die besser zu seine, Gedanken von Kirche passen.

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci

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