Mittwoch, 7. November 2018

Sandro Magister erteilt Kardinal Brandmüller das Wort, Fortsetzung

Fortsetzung von hier und hier 


"Gegen alles das gab es die breite, "Pataria" genannte Volksbewegung, angeführt von Angehörigen des Mailänder Adels  und auch von einigen Mitgliedern des Klerus, aber unterstützt vom Volk.
Indem sie eng mit den Reformatoren, die Pier Damiani nahestanden, zusammen arbeiteten und dann mit Gregor II und anderen, erbaten die Patarini -auch unter Anwendung von Gewalt- die Realisierung der Reform, die Gregor VII später die "gregorianische" nannte, durchzusetzen: für einen Zölibat des Klerus, der treu gelebt hatte und gegen die Besetzung der Diözesen durch Laienmächte und gegen die Simonie.

Der interessante Aspekt dabei ist, daß die Reformationsbewegung sich fast gleichzeitig in den höchsten Ebenen der Hierarchie in Rom und in der weiten lombardischen Laien-Bevölkerung ausbreitete- als Antwort auf eine Situation, die als unerträglich betrachtet wurde.

Diese Interessenvereinigung hielt nicht lange. Als sich verschiedene Zweige der Armutsbewegung ausbildeten- ohne aber den kirchlichen und hierarchischen Impuls der ersten Franziskaner aufzunehmen, sich dafür aber spontanen, nicht autorisierten Predigten einer Hierarchie anzuvertrauten, die die Zeichen der Zeit nicht verstand, flüchteten sich nicht wenige der "Armen Christi" mit ihrer Ablehnung des auf das Sakrament gegründeten Hierarchie in Häresie und Ungehorsam. So entstanden die verzweigten Pauperistischen Bewegungen, die nur Dank des weitsichtigen pastoralen Handelns von Innonzenz III größtenteils wieder in die Kirche integriert werden konnten.

Heute wie damals entstanden daraus Konflikte zwischen einem in die Institutionen und die Bürokratie verwickelten Episkopat -einschließlich der römischen Kurie und den Laienbewegungen, die sich von den Hirten, den Kirchenlehrern und den Nachfolgern der Apostel verlassen- wenn nicht sogar verraten fühlten.
Um den Vertrauensverlust zu überwinden, der bei den Gläubigen entstanden ist, würde eine nicht unerhebliche Kraftanstrengung der Hierarchie und des Klerus helfen. 
Sicher, die Glaubenskongregation hat moraltheologische Dokumente veröffentlicht, wie z.B. "Person humana"(1975). Außerdem ist 1972 und 1986 zwei Professoren die Lehrerlaubnis wegen theologischer Irrtümer entzogen worden-wie dem Jesuiten Josef Fuchs, der von 1954 - 1982 Dozent an der Gregoriana war und Bernhard Häring, der am Institut der Redemptoristen in Rom lehrte.
Neben dem einflußreichen Bonner Moraltehologen Franz Böckle oder dem Tübinger Alfons Auer war es ihnen gelungen, die Saat des Irrtums unter den Augen Roms und der Bischöfe ungestört u verbreiten. Die Einstellung der Kongregation der Glaubenslehre und der Bischöfe in diesen Fällen ist im Nachhinein einfach unverständlich. Wir sahen den Wolf kommen und haben zugeschaut, wie er in die Herde einbrach. Die Enzyklika "Veritatis Splendor" deren Beitrag Joseph Ratzingers zu ihr ist noch nicht gebührend gewürdigt worden ist, hat uns mit großer Klarheit die Grundlagen der Morallehre der Kirche gezeigt, wurde aber von zahlreichen Theologen abgelehnt. Vielleicht weil sie erst veröffentlicht wurde, als der Zerfall der Moraltheologie schon zu weit fortgeschritten war.


Obwohl einerseits das Scheitern der Hierarchie unverständlich und beklagenswert und andererseits das Engagement der Laien in der aktuellen Lage lobenswert sind, kann man in diesen Einstellungen und Verhaltensweisen bemerkenswerte Risiken sehen. Wenn das zuvor illustrierte Verhalten der "Institutionalisierten Kirche", sich mehr um Finanzen und Verwaltung zu kümmern, dazu führt, daß Teile des Volkes, die früher katholisch waren, die Kirche zunehmend verlassen, dann droht ein Laientum, das sich am Ende seiner selbst zu sicher ist und in Gefahr gerät, die auf der Hl. Ordnung begründete Natur der Kirche nicht mehr anzuerkennen und beim Protest gegen die  Hierarchie in ein Christentum der Evangelikalen Gemeinschaft abzurutschen.

Obwohl das selbstbewußte Katholische Laientum, das sich besonders im nordamerikanischen Katholizismus herausbildet, nicht nur verstanden sondern auch anerkannt und ermutig werden muß, gegen die sexuelle  Degeneration unter den Priestern, Bischöfen und sogar Kardinälen vorzugehen, darf man das bedeutende Konstitutive des Priester- und Hirtenamtes nicht aus den Augen verlieren, das auf das Sakrament der Weihe gegründet ist, umso weniger die Tatsache, daß der größte Teil der Priester seiner eigenen Berufung treu lebt.

So könnte die zwischen den beiden Polen bestehende Spannung nützlich werden, um die aktuelle Krise zu überwinden.

Es ist jedoch nötig vorsichtig zu sein und die Neuauflage des Konfliktes zwischen den Bischöfen und den Laien-Treuhändern in den USA bzgl. der finanziellen Souveränität der Kirche zu vermeiden- wie er Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam und die der Folge noch virulent geblieben ist.

Es wäre deshalb besser, an den seligen John Henry Newman zu erinnern, der auf wunderbare Weise die wichtige Rolle des Zeugnisses der Gläubigen "in Sachen der Lehre" gewürdigt hat. Was er 1859 geschrieben hat, sollte auch heute auf wirtschaftlichen und moralische Fragen angewendet werden, gerade jetzt, wo wie in den christologischen Kämpfen des 4. Jahrhunderts - der Episkopat über weite Strecken inaktiv bleibt. Die Tatsache, daß man das auch in der aktuellen Mißbrauchskrise feststellen kann, mag davon abhängen, daß die Eigeninitiative des Hirten und des einzelnen Bischofs durch die Strukturen und den Apparat der Bischofskonferenzen unter dem Vorwand der Kollegialität und Synodalität erschwert wird.

Je mehr sich die Bischöfe jedoch vom festen Willen der Gläubigen unterstützt fühlen, die Kirche zu erneuern und wiederzubeleben, desto leichter wird es für sie werden, Hand an eine authentische Reform der Kirche anzulegen.

In der Zusammenarbeit von Bischöfen, Priestern und Gläubigen-mit der Kraft des Hl.Geistes kann und muß die gegenwärtige Krise zum Ausgangspunkt für eine geistige Erneuerung und damit auch der Neuevangelisierung einer nach-christlichen Gesellschaft werden.

Quelle:












  

   

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