Montag, 23. Dezember 2019

In Erwartung der postsynodalen Exhortation

In seiner heutigen, montäglichen Kolumne in "Monday in the Vatican" befaßt sich A. Gagliarducci mit der kommenden postsynodalen apostolischen Exhortation zur Amazonas-Synode und den hinter dem gesamten Komplex stehenden Idee von Lateinamerika als einem "großen Heimatland" Lateinamerika.
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" PAPST FRANZISKUS - UNTERWEGS ZUR POSTSYNODALEN EXHORTATION"

"Einige dachten, daß die postsynodale Exhortation zur Pan-Amazonas-Synode vor Weihnachten veröffentlicht würde. Es gab ein Gerücht über das Datgum: 18. Dezember. Das wäre eine Überraschung gewesen, weil am Ende der Synode spekuliert wurde, daß der Papst die Exhortation ziwschen März und April veröffentlichen würde. Jetzt halten sich die Gerüchte, daß die Exhortation im Januar oder späatestens im Februar publiziert wird. Es sieht so aus, als sei Papst Franziskus in Eile die Amazonas- Synode zu beenden. Dafür gibt es eine fundierte Begründung.

Letzte Woche jährte sich der Tod des Philosophen Methol Ferré zum zehnten mal. Papst franziskus hat selbst gesagt, daß Ferré ihn das Denken gelehrt hat. Ferré hatte eine kontinentale Vision von Latein-Amerika. Er wollte ein globales aber kein liberales Amerika, fähig die Kräfte des Kontinents zu vereinen, sodaß der Kontinent eine führende Rolle in der Geschichte einnehmen könnte.

Z.B: startete laut des Philosophen die Globalisierung mit dem Beginn der Menschheit, als der homo sapiens von Afrika in den Mittleren Osten übersiedelte.

Diese Ansicht spiegelt sich in Papst Franziskus´ Ansicht wieder, daß die Welt immer aus Migranten und Menschen auf der Wanderschaft bestand und am Ende sich alles vermischte und nichts gleich bleibt.

Dann ist da das Thema des Wirtschaftsliberalismus. Methol Ferré erklärte, daß die Globalisierung nach dem Fall der Sowjetunion in einem Zusammenrücken um eine unipolare Welt vollendet wurde. Das Washingtoner Abkommen sichert den Trend der neuen Globalisierung ab und benutzt die Globalisierung dazu, um den Liberalismus auf die gesamte Welt zu projizieren. Liberalismus und Neoliberalismus sind nicht das selbe, obwohl viele- wie die Antiglobalisierungs-Organisationen- sie als zwei Seiten derselben Medaille definieren. In Laudato Si´ greift Papst Franziskus den wirtschaftlichen Neoliberalismus an und untersucht die positiven Auswirkungen der Globalisierung.



Papst Franziskus 'positiver Blick auf die Globalisierung kommt aus der Lateinamerikanischen Kirche.. Die Kirche in Lateinamerika hat in mehreren kontinentalen Treffen ihre Sicht auf die Globalisierung entwickelt. Die 19 Kommissionen der zweiten Generalkonferenz der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen (Medellin 1968) waren sich des Endes einer Ära bewusst. Das alte Modell blieb jedoch bestehen, und das Abschlussdokument des Treffens sprach vom "internationalen Imperialismus des Geldes".

In der Puebla-Konferenz von 1979 wird der Begriff Globalisierung angemessener angesprochen. Die Bischöfe sprechen von einer "globalen Herausforderung", die sich auf eine neue Ära der Menschheitsgeschichte bezieht. Im "Puebla-Wörterbuch" wird Globalisierung mit Begriffen wie "neue Universalität" oder "universelle Kultur" assoziiert. Die allgemeine Wahrnehmung ist immer noch, daß Globalisierung eine Bedrohung ist, etwas, das sich unaufhaltsam weiterentwickelt und alles, was sich auf seinem Weg befindet, vereinheitlicht. Papst Franziskus widerspricht dieser Auffassung häufig mit dem Bild der Welt als Polyeder.

Der Hl.Johannes Paul II nahm 1992 an der Santo Domingo-Konferenz teil und forderte alle Bischöfe auf, "das Zeichen der Zeit in den Blick zu nehmen". Die Bischöfe begrüßen die Ansprache des Papstes und beschreiben die "planetarische Wechselbeziehung" als eines der Hauptmerkmale Lateinamerikas, um so den positiven Wert der Integration des Kontinents zu unterstreichen. Die Santo Domingo-Konferenz feierte jedoch hauptsächlich den 500. Jahrestag der Entdeckung und Evangelisierung Lateinamerikas und konnte nicht vorhersehen, wie die neue "unipolare" Ordnung entstehen würde. Zu dieser Zeit war die Globalisierung für die Kirche in Lateinamerika noch ein neuer Begriff.
All diese Nuancen finden sich in den Ansichten von Papst Franziskus wieder. Die Kirche in Lateinamerika sucht jetzt ihren Platz in der Welt. Methol Ferré pflegte zu sagen, der einzige Weg, dies zu tun, bestehe darin, eine Verbindung mit dem Papst zu haben, da man "wenn man auf das Globale schaut, das Besondere sieht. Um "alles in einem seiner Bestandteile zu sehen", könnte man ein berühmtes Werk von Balthasars zitierend sagen "

Ferré fügte hinzu, daß "die lateinamerikanische katholische Basis immer" römisch "gewesen sei. Es gab in Lateinamerika keinen antirömischen Komplex. Der Katholizismus in diesen Ländern war und ist apostolisch und römisch."

Die aktuelle Herausforderung besteht darin, dem lateinamerikanischen Kontinent eine neue Dimension zu verleihen. Lateinamerika muss eine Quelle werden; Es muss ein eigenständiges Zentrum sein. Papst Franziskus machte diese Ansicht zu seiner eigenen.
Der Papst sprach oft von der Notwendigkeit, dass Lateinamerika eine theologische "Quelle" und keine von anderen abgeleitete Theologie sei. Der Kontinentalismus von Papst Franziskus ist der Kontinentalismus von Methol Ferré. Der kontinentale Weg von Papst Franziskus ist nicht von der Kirche losgelöst, ist aber gleichzeitig bereit, Unterschiede zu erkennen, global zu sein, ohne globalisiert zu werden.Für Papst Franziskus ist dies die eigentliche Herausforderung der panamazonischen Synode. 
Das ökologische Thema wurde größtenteils als Anlass für politisch motivierte Diskussionen bei der Synode genutzt. Dies ist jedoch eher eine kulturelle als eine politische oder religiöse Angelegenheit.

Die sogenannte Amazonas-Ausnahme wurde in den Vordergrund gerückt, da sie die Möglichkeit bot, einen bestimmten amazonischen Ritus mit einem spezifischen rechtlichen Rahmen zu etablieren, um ihn zu regulieren. Dies ist jedoch keine theologische Frage; sie wurde nicht mit der Idee geboren, ein Schisma zu schaffen. Dies ist vor allem auf die Notwendigkeit zurückzuführen, dem lateinamerikanischen Kontinent Zusammenhalt zu verschaffen. Dieser Zusammenhalt ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Würde der amerikanischen Ureinwohner anzuerkennen und sie von der Kolonisationsmentalität zu befreien. Die panamazonische Synode zielt darauf ab, eine neue Welt mit Kraft und Bodenhaftung zu schaffen.

Die Schaffung einer neuen Welt birgt das Risiko einer theologischen und ideologischen Verschiebung. Jede Ausnahme birgt Risiken. Papst Franziskus jedoch vertraut der Volksfrömmigkeit. In dieser Hinsicht ist er ein echter Anhänger der Theologie des Volkes, die eine starke Alternative zur Befreiungstheologie in Lateinamerika darstellte.

Das Vermächtnis von Papst Franziskus ist das einer erneuerten Würde der Kirche in Lateinamerika. Die postsynodale Exhortation muss durch diese Brille gelesen werden. Im Wesentlichen teilt Papst Franziskus Simón Bolívars Traum - aus einer katholischer Sicht.

Während seiner Reise nach Panama im letzten Januar erinnerte Papst Franziskus daran, dass "vor fast 200 Jahren der Libertador Simón Bolívar die Vision eines vereinten Kontinents hatte und Panama die Rolle des Zentrums der Welt spielen würde" und dass die Vision " gestärkt durch die Anwesenheit des Papstes und hunderttausender junger Menschen. “

Die Synode für die gesamte Amazonasregion ist untrennbar mit dem Panama-Weltjugendtag verbunden, der ein Weltjugendtag für Lateinamerika war. Papst Franziskus wollte ihn in Panama, weil Bolívar dort einen Kongress einrichtete, um zu versuchen, die Republiken des hispanischen Raums Lateinamerikas zu vereinen.

Panama wurde ausgewählt, weil es ein Durchgangsland war, und Bolívar es für den Hauptort hielt.  Der Kongress hieß "Amphictyonic Congress" und war von der Idee der Brüderlichkeit durchdrungen, die viele der Reden von Papst Franziskus so sehr ausfüllt, daß sie das zentrale Thema der Botschaft von Urbi et Orbi im Jahr 2018 war.

So wird die postsynodale Exhortation wahrscheinlich von der bolivarischen Idee eines „großen Heimatlandes“ durchdrungen sein. Diese Idee wird über allem anderen stehen."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

1 Kommentar:

  1. Merkwürdig, dass einem da unwillkürlich die Geschichte um den Turmbau von Babylon in den Sinn kommt...

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