Montag, 10. Februar 2020

7 Jahre später....

A. Gagliarducci befaßt sich in seiner heutige Kolumne bei"Monday in the Vatican" mit dem Brief, den der Papa emeritus anläßlich ihres 50-jährigen Bestehens an die Internationale Theologen-Kommission geschickt hat. Dieser Text hat nach Meinung des Vaticanisten sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient., weil er die Wurzeln der aktuellen Kirchenkrise freilegt.
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         "BENEDIKT XVI,  SIEBEN JAHRE SPÄTER"

Ein Text Benedikts XVI der -anders als das Buch über den priesterlichen Zölibat, das er mit Kardinal Robert Sarah gemeinsam geschrieben hat- fast unbemerkt blieb, ist der Brief, den der Papa emeritus im vergangenen November zur Feier des 50. Jahrestages der Gründung der Internationalen Theologenkommission verfaßt hat. 
Der Text Benedikts XVI ist von großer Wichtigkeit, um die heutigen Herausforderungen zu verstehen und wie Benedikt XVI versucht hat, ihnen zu begegnen.

Sieben Jahre nachdem Benedikt XVI auf das Pontifikat verzichtete, liefern seine Ansichten immer noch die Schlüssel zum Verständnis der heutigen Kirchenkrise. Diese Schlüssel werden ignoriert, of absichtlich, weil Benedikt XVI sie einem Katholizismus im Übergang in einer neuheidnischen und säkularisierten Welt zuschreibt.

Was steht im Brief des Papa emeritus? Es gibt viele interessante Passagen, und es lohnt sich, sie in ihrer Gesamtheit zu lesen. Benedikt XVI baut ein Narrativ auf wie andere eine gotische Kathedrale: Alles ist so gut miteinander verbunden, dasß es schwer zusammenzufassen ist


Eine Passage widmet Benedikt XVI den Themen, die die Kommission zu Beginn untersuchte: erst das Verhältnis zwischen Lehramt und Kirche und später das Thema Moraltheologie, das in jenen  Jahren bei der Debatte und der Medienkampagne gegen Pauls VI  Enzyklíka Humanae Vitae im Vordergrund stand.

Benedikt XVI merkt an, daß „es vielleicht wichtig ist“, daß Exegetiker und Dogmatiker das Thema Moraltheologie aufgegriffen haben. “ Das Thema führte zu einer Diskussion über das Sakrament der Ehe.

Benedikt XVI schreibt: „Die gegensätzlichen Blickwinkel und das Fehlen einer gemeinsamen Ausrichtung, die wir heute noch ertragen müssen, sind für mich auf eine Weise klar geworden, wie ich sie noch nie erlebt habe.“ Benedikt XVI erklärt, daß die traditionelle Sicht auf die Ehe oft abgelehnt, obwohl sie immer auf neue Weise formuliert worden ist. 

Die Diskussion der Moraltheologie veranlaßte Johannes Paul II dazu, die endgültige Herausgabe der Enzyklika Veritatis Splendor bis nach der Veröffentlichung des Katechismus der katholischen Kirche zu verschieben

Benedikt XVI betont, daß die Theologische Kommission das Problem beharrlich angehen und "die Bemühungen um einen Konsens vorantreiben" muss.

Ein weiteres Thema ist das der jungen Kirchen. Benedikt XVI fragt: "Inwieweit sind die jungen Kirchen an die westliche Tradition gebunden und inwieweit können andere Kulturen eine neue theologische Kultur bestimmen?"





Benedikt XVI erwähnt unter den zukünftigen Themen auch den „Dialog mit den großen Religionen der Welt“.

Das sind aktuelle Themen, die immer noch diskutiert werden. Benedikt XVI stellt fest, daß "die Internationale Theologen-Kommission trotz aller Bemühungen in der Theologie und unter den Theologen der Welt keine moralische Einigkeit erzielen konnte.

Benedikt XVI mahnt, daß die Versuche fortgesetzt werden müssen,.weil  "nur die Demut die Wahrheit finden  kann, und die Wahrheit wiederum das Fundament der Liebe ist, von der letztendlich alles abhängt."

Dieser letzte Satz ist der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Situation der Kirche. Die Diskussion in der Internationalen Theologischen Kommission bildete die Debatte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ab.

Die Methodologie hob ab und die Exegese der Bibel und des Neuen Testamentes wurden zu Spiegelbildern der anthropologischen Soziologie. 

Besonders der berühmte deutsche Theologe Karl Rahner gründetet seine Studien auf einem von den Humanwissenschaften  beschriebenen Menschenbild. Auf diese Weise wird Theologie zu Anthropologie. Die dogmatische und moralische Erosion der Kirche ging von da aus. Rahner sollte Paul VI bitten, die Enzyklika Humanae Vitae zurückzuziehen und kritisierte die Überlegungen des I. Vaticanischen Konzils.

Die Botschaft Benedikts XVI zum 50. Jahrestag der Internationalen Theologen-Kommission ist keine Festschrift. Sie beschreibt statt dessen einen dramatischen und herausfordernden Weg gegensätzlicher theologischer Trends und- vor allem- die Relativierung der Wahrheit.

Wahrheit ist das zentrale Thema Papst Benedikts XVI. Die sogenannte Modernisierung der Kirche führte zu einem anonymen Christentum.  Jedoch müssen Themen wie Gender-Kultur, Zölibat, das Lebensende und Abtreibung auf einer universalen Sicherheit beruhen, die nicht konstruiert und nicht Teil der Diskussion sind. Diese Wahrheit betrifft das menschliche Sein. Nur der Glaube kann dabei helfen, sie zu verstehen. 

Am Ende braucht das Gottesvolk keine Spezialisten, die über für die neue Zeit notwendige neue Paradigmen sprechen. Das Gottesvolk braucht glaubwürdige Glaubenszeugen. 

Das Werk Benedikts XVI muß in dieser Lesart gelesen werden. Sein letztes Vermächtnis war das Jahr des Glaubens, daß die defintive Notwendigkeit zu den Ursprüngen zurück zu kehren unterstrich. Das Priesterjahr stellte eines der einflußreichsten Abschnitte des Pontifkates dar: es war kein Zufall, daß es mit einer der schwersten Kirchenkrisen, -dem sexuellen Mißbrauch Minderjähriger durch Priester- zusammentraf. 
In Benedikts XVI Büchern über Jesus von Nazareth wird die historisch-kritische Methode zurückgewiesen, die den Glauben an den Rand drängt. 

Die heutigen Herausforderungen sind immer noch die selben. Die Theologen scheinen die Diskussion über die Wahrheit aufgegeben zu haben, während die großen Themen der 70-er  Jahre zurückgekehrt sind. Die Kirche scheint über essentielle Themen solange  nicht mit einer, unverwechselbaren Stimme zu sprechen, bis der Papst das aktiv tut. 
Der Papst tut das- zumindest bei Themen wie Abtreibung - er hat keine Angst davor zu sagen, daß Abtreibung ist wie einen Berufskiller anzuheuern. Das eigentliche Problem ist, daß die Kirche diese Stimme nicht konkretisieren kann. Menschen nicht formen kann, die gemäß ihrem Glauben in der Welt leben, um die Welt besser zu machen. 

Heute nimmt sich die Kirche selbst in soziologischen Begriffen wahr anstatt mit Begriffen des Glaubens. Das scheint im gerade begonnenen "Synodalen Weg der deutschen Kirche" offenbar zu werden,.
Die Diskussion über die beiden Familiensynoden verlief ähnlich. Die Amazonas-Synode hängt zwischen der Forderung nach einem soziologischen Perspektivwechsel und Veränderungen der Lehre und der Förderung eines neuen Lateinamerikanischen Protagonismus´. 

Es ist paradox, daß während eines Pontifikates, das behauptet an die Ränder zu gehen, das Thema Mission als soziale Aufgabe interpretiert wird und nicht als Mission zur Bekehrung -weil die Weitergabe des Glaubens als Proselytismus interpretiert werden kann. 

Sieben Jahre nach dem Rücktritt Benedikts XVI halten wir an seiner hervorragenden Lehre fest, daß der Glaube durch Vernunft durchdrungen werden kann. Es gibt einen absolut vernünftigen- und deshalb gültigen- Glauben. Ohne Glauben ist der Mensch allein, abhängig von der Gnade starker Mächte. Ohne die Vision der Transzendenz hat die Kirche keine Daseinsberechtigung. 

Aus diesem Grund ist der Text, den Benedikt XVI an die Internationale Theologen-Kommission geschickt hat machtvoll und wichtig: er legt die Betonung auf die aktuelle Diskussion. Vielleicht wollte deshalb ihm deshalb keiner folgen oder sich engagieren. Benedikt XVI ist immer noch ein Prophet für unsere Zeit. So sehr ein Orakel, daß er mißverstanden wird. "


Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican


  
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