Montag, 17. Februar 2020

Wird Querida Amazonia für Papst Franziskus zu einer Art Humanae Vitae 2.0 ?

In seiner heutigen Kolumne für "Monday in the Vatican" untersucht A. Gagliarducci, ob und inwiefern "Querida Amazonia" eine Art Humanae Vitae 2.0 für Papst Franziskus werden kann.
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"PAPST FRANZISKUS, IST QUERIDA AMAZONIA HUMANAE VITAE 2.0?"

"Die postsynodale Exhortation Querida Amazonia hat die Möglichkeit in Ausnahmefällen verheiratete Priester zu weihen nicht einmal erwähnt. Ebenso wenig schlägt sie die Möglichkeit vor Diakonissen zu haben oder die Einführung eines "Amazonischen Ritus"
Zum Abschluss der Amazonas-Synode hat Papst Franziskus statt dessen seine Träume für Amazonien beschrieben, die in der Tat Träume für den gesamten Lateinamerikanischen Kontinent.
Er ruft dazu auf, für Berufungen zu beten. Er fordert mehr Missionare. Es gab- nebenbei-nicht den Bruch mit der Tradition der Kirche des Lateinischen Ritus.

Es gibt nur eine Frage: waren die Erfahrungen berechtigt? Papst Franziskus hat den priesterlichen Zölibat in vielen Erklärungen unterstützt und er hat auch klar erklärt, daß er nicht die Absicht habe die Disziplin des Zölibats zu ändern. Im Schlußdokument der Synode ist versucht worden, den Papst in diese Richtung zu drängen: das war das Ziel des Paragraphen, der feststellt, daß der Zölibat keine notwendige Voraussetzung für das Priesteramt ist. Papst Franziskus hat dieses Thema jedoch nicht einmal in Betracht gezogen.

Seit Beginn des Pontifikates hat die Entourage von Papst Franziskus zu einer Änderung der Kirchenlehre gedrängt. Leute in klar definiertem Schwebeflug über dem Papst. Die Agenda war die des sogenannten progressiven Flügels der 1970-er Jahre. Eine alte, größtenteils von der Geschichte überholte Agenda, die ein Echo in den Medien fand und neue Erwartungen schuf.

Benedikt XVI hat diese theologische Agenda klar erklärt, als er sich mit den Schweizer Bischöfen bei ihrem ad-limina-Besuch im November 2006 traf und sagte: "Ich erinnere mich, daß wenn ich in den 80-er und 90-er Jahren nach Deutschland fuhr. und um ein Interview gebeten wurde, ich die Fragen immer schon vorher wußte. Sie betrafen die Ordination von Frauen, Empfängnisverhütung, Abtreibung und andere derartige immer wiederkehrende Probleme."

Als Papst Franziskus gewählt wurde, gab es viele Erwartungen an eine neue lehramtliche Welle. Diese Erwartungen wurden größer als er über "eine arme Kirche für die Armen" sprach und eines der Schlagworte der Befreiungstheologie benutzte. Seither ist jede Entscheidung, die Papst Franziskus getroffen hat, als Beginn einer Revolution in der Kirche beschrieben. Diese Revolution hat niemals stattgefunden.

Einige Beispiele.

Die beiden Kommissionen für Finanzen und das IOR haben im Wesentlichen zur Bestätigung 
des vaticanischen Rahmenwerkes geführt. Die jüngsten Entwicklungen hatten sogar eine
privilegierte beiderseitige Beziehung mit Italien zur Folge.





Die so viel diskutierte Kurienreform zeigt sich am Ende eher in den Dicasterien als in einem Wechsel der Philosophie. Das Staatssekretariat, das am Anfang abgebaut werden sollte, um die sogenannte "Römische Zentralmacht" zu brechen. Jetzt ist das Staatssekretariat zentraler denn je. 

Sogar die Diskussion zu Amoris Laetitia und die Betreuung der wiederverheirateten geschiedenen Katholiken hat einen Mittelweg eines von Fall-zu-Fall-Zugangs produziert.
Beim Thema der Ehe-Annullierungserklärungen war Papst Franziskus pragmatisch und hat betont. daß die Bischöfe oberste Richter sind.
Papst Franziskus´ Dokument "Magnum Principium"  zur Zustimmung zur Übersetzung des Missales und kirchlicher Texte hat einige der Kompetenzen delegiert, während er selber die zentrale Kontrolle behielt.

Am Ende waren das eher up-dates als eine Revolution- basierend auf der Erfahrung und der Sensibilität von Papst Franziskus. Die Kirche in Argentinien und die argentinische Theologie war nie anti-römisch. Sie waren aber anti-institutional. Und ebenso ist Papst Franziskus antiinstitutional. 

Die Anti-Institutionalität von Papst Franziskus stammt von einer speziellen lateinamerikanischen Rationale: daß der Regierende die Institution formt und nicht umgekehrt. 

Während dieser sieben Jahre des Pontifikates haben die Medien das Publikum mit dem Mythos des revolutionären Papstes gefüttert, trotz Papst Franziskus´ pragmatischer und nicht dogmatischer Handhabung der Themen.

Der Pragmatismus von Papst Franziskus ist in vielen Fällen als Bruch mit der traditionellen Lehre fehlinterpretiert worden. Es war in der Tat ein pragmatischer Zugang zu einem praktischen Problem,.
Wenn der Papst einen pragmatischen Zugang wählt, besteht das Risiko, daß das als institutioneller Zug wahrgenommen wird- und deshalb als Änderung der Katholischen Lehre.

Papst Franziskus´ Endziel scheint nicht die Veränderung der Doktrin zu sein. Papst franziskus will stattdessen den äußeren Grenzen  mehr Würde und außerdem Latein-Amerika eine neuen Stolz geben. In der Vision der uruguayischen Philosophen Methol Ferrés ist Lateinamerika berufen, ein Kontinent zu werden, der eine Quelle des Denkens ist, fähig ein großer intellektueller Mitspieler in der Welt zu sein. Das ist auch die Sicht von Papst Franziskus, der das Narrativ dieses Traums in der Exhortation Querida Amazonia niedergeschrieben hat,

Das Dokument von Papst Franziskus kann nur eine Enttäuschung für jene zu sein, die eine Änderung der Disziplin des Zölibats erwarteten, weil die Exhortation das Wort"Zölibat " nicht einmal erwähnt. In den Tagen vor der Veröffentlichung haben einige der progressiveren Meiden - die vielleicht den Text kannten, der veröffentlicht werden würde, stellten fest, daß Papst Franziskius vielleicht auf dem Weg der Reformen durch die Partei der Konservativen gebremst wurde. Das war wahrscheinlich der Weg, um das Narrativ des Pontifikates zu bewahren. 

Die Wahrheit ist, daß der Text der Exhortation am 27. Dezember 2019 fertiggestellt und am 2. Februar 2020 unterzeichnet wurde. Das bedeutet, daß nicht einmal das Buch von Kardinal Robert Sarah und Benedikt XVI zum Zölibat einen Einfluss auf den Standpunkt von Papst Franziskus hatte, 
Papst Franziskus hat entschieden und er hat so entschieden, unabhängig von der Mehrheit derer, von denen er sich zum Thema beraten ließ und auch von der Pan-Amazonas-Synode.

Papst Franziskus hat sich so verhalten wie Paul VI beim Entwurf von Humanae Vitae. Dennoch gibt es einige essentielle Unterschiede. Es ist bewiesen, daß Paul VI nicht allein gegen die Mehrheitsmeinung gehandelt hat. Statt dessen hat er alle Gesichtspunkte erwogen und einen starken Rückhalt, weil er die traditionelle Lehre der Kirche unterstützte, Die Kampagne gegen Humanae Vitae wurde geführt, um Paul VI daran zu hindern, en Standpunkt einzunehmen, den er dann am Ende bezog.

Auf der anderen Seite hat Papst Franziskus die Diskussion offen gelassen und zu ihr ermutigt, weil er glaubt, daß "die Zeit größer ist als der Raum" und daß es notwendig ist, "Prozesse anzustoßen": Viele haben sich durch diese Öffnung und dieses Denken dazu inspiriert worden, zu denken, daß der Papst ihre Ideen ganz teile.

Am Ende hat Papst Franziskus seine eigenen Entscheidungen getroffen, die zu seinen Ideen paasen. Die Exhortation ist gefüllt mit Papst Franzisjus´lateinamerikanischen Traum, durchdrungen vom Traum Simón Bolivars. Papst Franziskus ist diesem Narrativ seit der Panama-Reise zum Weltjugendtag von 2019 gefolgt. 

Es genügte dann dem Papst zuzuhören, um seinen Zugang zu verstehen. Wahr. Das kann man im Rückblick leicht sagen. Sicher, die Enttäuschung der progressivsten Kreise ist enorm und man wird noch sehen müssen, ob Papst Franziskus dieses Gefühl ändern kann oder nicht.

Indem er das Schlußdlokument der Synode (das zugunsten verheirateter Priester argumentiert) in §3  der Exhortation erwähnt und ihm einen offiziellen Status gibt, mag Papst Franziskus eine Tür offen gelassen haben, ohne sie wirklich zu öffnen. Im Augenblick gibt es große Desillusionierung bei denen, die eine liberalere Exhortation warteten, die ihre theologischen Ansichten voranbringen würden.

Nach sieben Jahren könnte Papst Franziskus dann die bedingungslose Unterstützung eines besonderen Teiles der Kirche, der ihn unterstützt hat, verlieren. Die Zeit wird zeigen, ob dieser Verlust an Unterstützung in offenen Widerspruch übergehen wird. Wenn das passieren sollte, könnte man "Querida Amazonia" zu Recht als Humane Vitae 2.0 beschreiben.

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