Freitag, 17. April 2020

Pater Lombardi erinnert sich ....

anläßlich des 93. Geburtstages in einem Interview mit Giacomo Galeazzi für VaticanInsider/La Stampa an seine Zeit als Pressesprecher und enger Mitarbeiter des Papa emeritus.
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"DIE 93 JAHRE BENEDIKTS XVI. PATER LOMBARDI: KÖRPERLICH ZU SCHWACH UM PAPST ZU SEIN"

"Nein, er hat den Verzicht auf das Papsttum nie bereut. Er war sich bewußt, nicht länger die körperlichen Kräfte zu besitzen, um Entscheidungen zu treffen und seine Aufgaben weiterhin zu erfüllen" stellt Pater Federico Lombardi am Tag des 93. Geburtstages des Pontifex, der vom Papstthron herabstieg, fest. "Seine Überlegungen zu Europa sind von stringenter Aktualität" bemerkt der Präsident der Vaticanischen Joseph-Ratzinger-Benedikt XVI-Stiftung, der viele Jahre lang Direktor der Sala Stampa des Hl. Stuhls war.

Wie geht es dem Papa emeritus? 
"Seine körperliche Gebrechlichkeit schreitet mit dem Alter voran, ohne seine intellektuelle Brillanz zu beeinträchtigen. Das hat man schon am Ende seines Pontifikates gut sehen könne.. Bei den großen Zeremonien im Petersdom hatte er begonnen, die "Pedana" zu benutzen, die auch in der letzten Phase von Johannes Paul II in Gebrauch war. 
Seine Kräfte reichten nicht mehr aus, Entscheidungsprozesse anzugehen, an Versammlungen teilzunehmen und die vielen Anforderungen der Regierung der universalen Kirche zu erfüllen- insbesondere im Hinblick auf die Internationalen Reisen.
Das war keine Schwächung der intellektuellen Fähigkeiten sondern die Hellsichtigkeit, die Dinge real zu erkennen. Wer körperlich schwach ist, kann weniger Kraft, Entscheidungen zu treffen. Eine Situation, die mit einer fortschreitenden Schwäche - nicht intellektuellen Charakters, aber unverzichtbar für das Treffen von Entscheidungen und das Ergreifen von Initiativen. Es war seine objektive Feststellung, daß seine physischen Kräfte, die nötig sind, um eine so wichtige und einflußreiche Rolle wie die des Papstes auszufüllen, weniger wurden."

Heute scheint die Pandemie die Europäische Union in Richtung Auflösung zu drängen. welches ist die Lektion Benedikts XVI für den "alten Kontinent"? 

"Ich erinnere besonders seine Reden während der Apostolischen Reise in die Tschechisch Republik. Es wurde der 20. Jahrestag der Samtenen Revolution und des Falls der Berliner Mauer gefeiert. Joseph Ratzinger hat von Europa als einem Haus gesprochen, mehr als von einer Organisation von Staaten oder eine Interessengemeinschaft. Der Ausdruck "Haus" drückt gut den Zweck der Gemeinschaft aus, Aus den Worten des Papstes ergab sich eine sehr dichte Wahrnehmung Europas, besonders im Hinblick auf den kulturellen Reichtum, inspiriert von der Schönheit der Prager Denkmäler- als Hinweis auf die transzendentale Dimension der menschlichen Seele. Eine Perspektive, die heute mehr denn je nützlich ist, um uns herum zu schauen und und unsere Welt aufzubauen, genau wie ein Haus, das auf tiefen spirituellen Wurzeln und nicht nur auf materiellen Grundlagen ruht."


Das Papsttum und das Leben Joseph Ratzingers, Papst Benedikt XVI
Das lange Leben Joseph Ratzingers, wo soll man den fundamentalen Augenblick suchen? 
"Das ist das II. Vaticanische Konzil von 1962 bis 1965, wo sein Horizont universal geworden ist. Vorher war er das junge und brillante Wunderkind der Theologie, aber seine Studien und seine Erfahrungen betrafen die Kirche in der deutschen Universität, Und beim Konzil begegnete er den großen Theologen der Zeit, wie Yves Congar und Henri de Lubac, Und in diesen Jahren der Arbeit in Rom ist er gereift und sein Denken und seine Erfahrung von Kirche sind universal geworden. Auf dem Konzil fand der entscheidende Schritt nach vorne in seinem Leben statt, der sowohl in der theologischen Reflexion als auch in der schrittweisen Ausweitung seiner Zuständigkeiten erhalten blieb, zunächst als Erzbischof und Kardinal in Deutschland, dann als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan und schließlich als Papst . Ein sich vertiefendes und fortschreitendes Wachstum, das seinen Ursprung im Konzil hatte."
Wie kam es zum sensationellen Verzicht auf das Papsttum?
"Aus einer verantwortungsvollen Freiheit, die weiß, wie man seine Pflichten und Verantwortlichkeiten vor Gott und der Kirche betrachtet. Die Entsagung war ein charakteristischer Akt seines Gewissens. Er hat sich immer seiner Berufung voll bewusst gezeigt, die er von Gott mit dem Ruf erhalten hat, anderen zu dienen. Es war eine Geste die völlig frei von Zwängen war."
Es wurde von äußeren Einflüssen gesprochen...
"Ich habe die Versuche den Amtsverzicht Benedikts XVI als Folge von Druck, Entmutigung oder Enttäuschung zu interpretieren, immer abgelehnt. Um gültig zu sein, muß der Amtsverzicht des Papstes folgende Charakteristik erfüllen: es muß frei gewählt werden. Und die Entscheidung Joseph Ratzingers muß seiner Fähigkeit zugesprochen werden, mit große Hellsichtigkeit und einem tiefen Verantwortungsgefühl das zunehmende Ungleichgewicht zwischen den eigenen Kräften und mit den Anforderungen des Papstamtes zu erkennen. Eine Wahl in Freiheit und Verantwortlichkeit, die er nie bereut hat." 
Sie waren viele Jahre sein enger Mitarbeiter und Freund. Wer ist Joseph Ratzinger? "Er ist absolut frei von persönlichen Motivationen und persönlichen Interessen und Berechnung, was Image, Macht, Karriere angeht. Er ist wirklich ein integrer Mensch. Grundsätzlich dachten wir alle, daß einer der Gründe, die zu seiner Wahl als Nachfolger Petri führten, genau seine überparteiliche Stellung war. Niemand dachte, daß er berechnend sei oder Papst werden wollte. Seine moralischen und intellektuellen Fähigkeiten waren allgemein bekannt. Das Bild, das ich am besten finde, ist das einer außergewöhnlichen Synthese von Denken und Spiritualität. In seinen Predigten war ich besonders berührt von der Darstellung des christlichen Mysteriums und unseres Glaubens als etwas Faszinierendem und als Antwort auf die tiefsten Fragen des Menschen. Und man kann sehen, daß das eine Antwort ist, in der Joseph Ratzinger voll aufgeht. Seine Lehre stammt aus einem sehr tiefen kulturellen  Leben mit einem klar spirituellen inneren Licht ».
Warum scheitert jede Klassifizierung als Konservativer oder Progressist? 
"Wirklich tiefe und freie Menschen suchen die Wahrheit und können nicht in vorher festgelegten Positionen in eine Schublade gesteckt werden. Es ist das Thema der Freiheit, das eng mit der Suche nach der Wahrheit verbunden ist. "Die Wahrheit macht dich frei", sagt das Evangelium."
Quelle: P. F.Lombardi, VaticanInsider/LaStampa, G. Galeazzi

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