Kleines up-date: in Ankara zeigen sich erste Anzeichen von Schaum vor den Mündern- in verweifelten Rundumschlägen wird jetzt die ganz alte Mottenkiste geöffnet und der Papst des Rassismus bezichtigt. Gähn!
Papst Franziskus sagt:
"Unsere Menschheit hat im vergangenen Jahrhundert drei große, unerhörte Tragödien erlebt: die erste, die allgemein als «der erste Genozid des 20. Jarhunderts» angesehen wird (Johannes Paul II. und Karekin II., Gemeinsame Erklärung in der Kathedrale des heiligen Etschmiadzin, 27. September 2001). Diese hat euer armenisches Volk getroffen – die erste christliche Nation –, zusammen mit den katholischen und orthodoxen Syrern, den Assyrern, den Chaldäern und den Griechen. Bischöfe, Priester, Ordensleute, Frauen, Männer und alte Menschen bis hin zu wehrlosen Kindern und Kranken wurden getötet. Die anderen beiden wurden durch den Nationalsozialismus und den Stalinismus verübt. Und in jüngerer Zeit andere Massenvernichtungen wie in Kambodscha, in Ruanda, in Burundi, in Bosnien. ..:.."
der türkische Außenminister sagt:
"Der Papst schürt Hass"
Newspeak auf türkisch? Wahn? Beides?
Und die vielleicht absurdeste Negation von nichttürkischen Sympathisanten, kommt aus D, wo jemand sagt, es könne gar kein Völkermord gewesen sein, weil der erst 1955 als solcher justiziabel definiert worden sei...na dann! (Stimmt aber eh nicht, wie man im weiter unten übersetzten Artikel von M. Respinti lesen kann)
Den Teil des päpstlichen Satzes, in dem von den "christlichen Syrern, Assyrern, Chaldäern und Griechen" die Rede ist, haben auch unsere ÖRM vorsichtshalber weggelassen.
Bei La Nuova Bussola Quotidiana schreibt Marco Respinti: klicken
"Armenien war der erste Genozid des 20. Jahrhunderts."
Das Papst sagt das. Und die negationistische Türkei ist beleidigt" Die Worte, die Papst Franziskus zum Völkermord an den Armeniern gesprochen hat, haben eine harte Reaktion der türkischen Autoritäten hervorgerufen. Der Nuntius des Hl. Stuhls in Ankara, Antonio Lucibello wurde ins Außenministerium zitiert, um die Enttäuschung und die Proteste der Regierung entgegenzunehmen. Dann hat Ankara seinen Botschafter beim Vatican zurückgerufen.
Worte und Gesten eines Papstes, des Papstes, sind nie rein zufällig, besonders dann nicht, wenn die Umstände sie verlangen.
Aber die am 12. April von Papst Franziskus gesprochenen Worte und ausgeführten Gesten beim ersten Gruß während der Hl. Messe an die Gläubigen des armenischen Ritus sind von außerordentlicher Bedeutung.
Er hat den armenischen Heiligen Gregor von Narek (951-1003) in Anwesenheit des armenischen Präsidenten Serz Sargsyan, des Patriarchen und Katholikos aller Armenier, Karekin II, des Katholikos des Großen Hauses von Cílicien, Aram I und des Patriarchen von Cilicien der armenischen Katholiken Nerses Bedros XIX, zum Kirchenlehrer ernannt und dann feierlich an das "Metz Yeghern" das "Große Böse"-also den an den 1,4 Millionen christlichen Armeniern zwischen 1915 und 1923 vor 100 Jahren von den Jungtürken verübten Genozid, der in der Nacht vom 23. auf den 24. April begann, erinnert.
Er hat niemanden um Erlaubnis gefragt und ohne Umschweife diese Auslöschung als Genozid definiert. Er hat das in einer an sich kurzen Botschaft zweimal getan. Zuerst indem er diese "Art von Genozid, hervorgerufen durch die allgemeine und kollektive Indifferenz, dem Schweigen der Komplizen Kains" sprach, in der wir heute leben, in Zeiten kolossaler Lügen und beipielloser Christianophobie.
Ein zweites mal, als er die Worte aus der Erklärung des Hl. Johannes Pauls II und des Patriarchen und Katholikos aller Armenier, Karekin II, in der Kathedrale von Etchmiadzin vom 27. September 2001, dem 1700. Jahrestag der Erklärung des Christentums zur Religion der Armenier, wiederholte: "der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts"
Indem er die Streitereien der Historiker und die Kontroversen der Philologen umging, hat Franziskus sich der kulturelen Verantwortung ( und als Papst nicht nur der kulturellen) angenommen, so das Massaker an den armenischen Christen zu definieren, und dazu das Zeugnis und die Bindung an das unveränderliche Lehramt der Kirche-in Gestalt der Worte des Hl. Johannes Pauls II, anzurufen
Genozid ist ein schwerwiegender Terminus, unbequem, fast tabu. Mit der Pipette und gerecht zu benutzen. Weil er kein bloßes Synonym für "Massaker" ist, sondern eine andere Qualität hat.
Genozid ist ein Neologismus, ad hoc geprägt um die Zurückhaltung der Sprache angesichts dessen, was die Nationalsozialisten den Juden antaten, zu überwinden: was eben nicht nur ein Gemetzel war, wie so viele andere, von denen uns die Geschichte leider berichtet, sondern das bewußte und präzise Projekt ein ganze Gruppe der Gattung Mensch für immer auszulöschen und seine Realisierung.
Es gab kein Vokabular dafür und der polnische Rechtsanwalt Raphael Lemkin (1900- 1959) schuf ihn 1944, in dem er mit dem griechischen Substantiv "genos" -lateinisch "genus" arbeitete (Volk, Familie, Verwandtschaft)
Genozid hat also einen präzisen juristischen Wert- durch ein objektives Kriterium definiert, das im Gegensatz zu Massaker oder Gemetzel -so schlimm sie auch sind- etwas aufweist, was sie nicht haben: das dokumentiert Carmelo Domenico Leotta akribisch in "Der Genozid im internationalen Strafrecht. Von den Schriften Raphael Lemkins zum Statut von Rom" (Turin 2013).
Damit etwas Genozid sei, genügt eine große Zahl von Opfern und eine besondere Grausamkeit nicht, die Opfer müssen objektiv identifizierbar sein, außerdem als ausreichend homogene "menschliche Gruppe" mit gemeinsamer ethnischer, kultureller oder religiöser Identität erkennbar sein, und dass man ihnen gegenüber eine vorbedachte und gezielte völlige Auslöschung geplant und zu realisieren versuchte-ausdrücklich aus Hass auf diese ihre homogene Identität.
Dank dessen konnte die Geschichte die Nazis wegen des Genozids an den Juden vor Gericht stellen und kann die Türken des Völkermordes an den Armeniern anklagen. Die Definition Lemkins hat in der Tat den Vorteil, retroaktiv zu sein. Geschaffen, um das Dritte Reich für ein als neu erachtetes Verbrechen zu bestrafen, ist es auch unverzichtbar, um ältere Verbrechen zu verfolgen.
Vorausgesetzt, daß der Fall der Armenier die Bedingungen erfüllt und "Metz Yeghern" das Attribut "Genozid" zuerkannt wurde, hat es vor ihm schon den Völkermord in der Vendée gegeben, einer von der Identität her katholischen Region im Westen Frankreichs, auf den sich, wie deren gesegneter Starrsinn zusammen mit dem mit großem historischen Wissen begabten Spezialisten Reynold Secher (nicht ohne Schwierigkeiten und Nichtverstehen etc) gemeinsam gezeigt hat, die von Lemkin geforderten unerläßlichen juristischen Bedingungen anwenden lassen, wie "Der Genozid der Vendée" ( mit einem Vorwort von Pierre Chaunu), Mailand 1991 und "Der Krieg in der Vendée und das System der Entvölkerung" von Jean-Noel Babeuf (1760-1797), das von Secher gemeinsam mit Jean-Joel Brégeon betreut wurde, zeigen.
Seither- ist die Wissenschaft des Genozids in der Vendée, trotz unausgesetzter Polemiken ( unter ihnen einige mit wenig Tiefgang, vielleicht auch von den "Guten", von denen man sich nicht ablenken zu lassen braucht) fast eine exakte Wissenschaft geworden, dotiert mit formidablen Mitteln wie dem 1994 gegründeten "Centre Vendéen de Recherches Historiques" in La-Roche-sur Yon und so starken Meilensteinen wie den 700 Seiten von "Vendée" und "Die Archive der Vernichtung" (Edition 2013) von ihrem Gründer, dem Historiker Alain Gérard , Professor an der Sorbonne.
Und der Bezug auf die Vendée ist obligat, weil nicht nur ein sondern zwei Päpste, der Hl. Johannes Paul II und Franziskus jenen der Armenier hellsichtig als " den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" definieren. Es ist es wert zu sagen, daß das 20. Jahrhundert danach andere Völkermorde kannte, z.B. den an den Juden, aber nicht nur, und der an den Armeniern ist zwar der erste des 20.Jahrhunderts, aber nicht der absolut erste der Geschichte, das war dagegen (und das ist Teil der oben erwähnten "exakten Wissenschaft") der in der Vendée. Papst Franziskus weiß das gut und sagt es der Welt. Das 20. Jahrhundert hat mit dem an den Armeniern begonnen, mit dem an den Juden fortgefahren und ungestört "in Kambodscha, Ruanda, Burundi und in Bosnien weitergemacht." Der Pontifex hatte außerdem die tiefe historische Finesse, zu präzisieren, daß zusammen mit den Armeniern, der "ersten christlichen Nation", der türkische Genozidwahn auch die syrischen Katholiken und Orthodoxen, die Assyrer, Chaldäer und jene Griechen, die sich immer noch "Antiochier" zu nennen lieben, massakriert, das wissen nicht alle und nicht alle wollen es wissen.
Aber der Papst hat da noch nicht aufgehört. Er hat es sogar gewagt, auf politisch unkorrekte Weise, die konzeptionell äußerst präzise Planung der Völkermorde von Nazitum und Stalinismus- als beiden Eltern- auf eine Stufe zu stellen. Für den Stalinismus denken wir da sofort an den "Holodomor", den Völkernmord an den Ukrainern durch die (durch Enteignung und Kollektivierung der Bauern und Konfiszierung aller ihrer Vorräte ausgelösten) Hungersnot zwischen 1929 und 1933.
Es ist die besondere, anerkannte Superiorität des Papstes gegenüber irgendeinem (böswilligen ) Verdacht, die den Rest jeder eventuellen bösartigen Kritik schwinden läßt: die Retroaktivität des Terminus
"Genozid" relativiert weder die Schwere der jüdischen Shoah noch hat sie das Ziel, diese zu tilgen. Also. Wenn jeder Genozid sicher einzigartig ist, kann man verstehen und sollte man verstehen machen, daß sich dieses Verbrechen leider mehrmals in der Geschichte wiederholt hat- in der Geschichte der als säkularisiert und ideologisch definierten Neuzeit- und nun dazu dienen sollte, die Wachsamkeit zu verstärken.
Indem man die Vendée vergaß, hat man Armenien und die Shoah zugelassen, sagt Secher in einem seiner Bücher, dem 1991 erschienenen "Juden und Vendéaner, von einem Völkermord zum nächsten. Die Manipulation des Gedächtnisses" (Olivier Orban, Paris) richtig.
Das selbe sagt heute Armeniens Präsident Sargsyan "Der Hl. Vater hat eine starke Botschaft an die internationale Gemeinschaft gesandt", daß "ein nicht verurteilter Genozid eine Gefahr für die gesamte Menschheit darstellt."
Offensichtlich schwankt die Türkei von ihrem Standpunkt aus- zwischen dem Rückzug auf den laizistischen Nationalismus und der Öffnung zum Islamismus, beginnend mit dem Ausweichen in Wut.
Aber sie haben völlig Unrecht, wie alle Ideologen des Genozids."
Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana, Marco Respinti
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