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Freitag, 10. April 2015

Zur Authentizität des Turiner Grabtuchs und des Evangeliums. Bittere Medizin für die Apokryphiker & Dan Browns dieser Welt


Francesco Agnoli schreibt bei La Nuova Bussola Quotidiana über zwei in Italien neu erschienene Bücher- das eine über die Authentizität der Evangelien und das andere über die Authentizität des Turiner Grabtuches . Hier geht´ s zum Original:  klicken

"DIE EVANGELIEN UND DAS GRABTUCH, EIN AUSSERORDENLTICHES ZUSAMMENTREFFEN"

Der Veroneser Professor für Geschichte und Philosophie, Marco Fasol, arbeitet seit Jahren über der Frage der Authentizität der kanonischen Evangelien im Licht modernster philologischer und dokumentarischer Erkenntnisse. Eine Nischenbeschäftigung, die zur Zeit des Da-Vinci-Codes von D.Brown explodierte, als Millionen von Menschen zum ersten mal von sogenannten apokryphen Evangelien erfuhren und sich, mit der Lust am Verbotenen, von einem amerikanischen Erzähler auf einen romanhaften und immaginierten Pfad führen ließen, der mit den Tatsachen nicht das Geringeste gemein hat.

Der Gedanke, daß die wahren Evangelien jene apokryphen (oder einige von ihnen) seien, war nicht neu.: Dan Brown, bekanntermaßen esoterischen Kreisen sehr nahe stehend, konnten Spuren auch in anderen Geschichtsepochen finden.
So waren beispielsweise einige Naziführer von der Existenz eines ., von der Kirche versteckten, Evangeliums überzeugt, dessen Inhalt mit der nationalsozialistischen Ideologie übereinstimme und im Gegensatz zur katholischen Lehre stehe.
Gerade um vielen Lesern die wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Evangelien -kanonisch oder apokryph- nahe zu bringe, hat Fasol das Büchlein " Der enthüllte Code" geschrieben, das ein echter Bestseller wurde.

Heute kehrt er in einem ganz anderen Kontext zu seiner Argumentation zurück:  und in der Tat erschien seine in "Fede & Cultura" veröffentlichte Studie über die Authentizität der Evangelien mit der der Wissenschaftlerin Emanuela Marinelli über das Grabtuch von Turin in einem gemeinsamen Buch,Titel:
 " Licht aus dem Grab.Irrtümer über die Echtheit des Grabtuches und der Evangelien"
Marinelli und Fasol bieten den Lesern ein komplettes Panorama der Studien zu den Evangelien -und den seit Jahrzehnten laufenden wissenschaftlichen Untersuchungen des Grabtuches an.

Wir haben Marco Fasol interviewt, um besser zu verstehen, was hinter seiner Arbeit steckt.

Frage:"Professor Fasol, vor allem anderen -bitte etwas über die Sprache der Evangelien"

"Die jüngsten Untersuchungen der Evangelien haben den Beweis erbracht, daß die griechische Sprache, in der das neue Testament geschrieben wurde, äußerst klare Bezüge zu den ursprünglichen Predigten in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu,  aufweisen.
Bis zu 26 Worte der Evangelien sind aramäisch geblieben, weil die Evangelisten sie nicht ins Griechische übersetzen wollten. Sie wollten den Lesern die Stimme des Meisters möglich authentisch wiedergeben.
Unter diesen Worten erinnern wir uns an das wichtigste aramäische Wort "abba" , ein einzigartiger Vocativ, mit dem der Meister sich an den Vater wendet- in dem er ihn "Papa" nennt (eben abba)-mit maximalem Vertrauen und kindlicher Familiarität.
Dann denken wir daran, daß an die 50 mal das hebräische "amen" wiederholt wird, das  "in Wahrheit" (eher "glaube das!" )bedeutete, ein anderes nur vom Meister gebrauchtes Wort, mit dem er -es wiederholend- gewöhnlich seine Reden beginnt. Andere Beispiele sind das berühmteste unter ihnen-das "Eli Eli lama asabthani?" am Kreuz, Takita qum, rabbi und efattà.  Alles Hinweise auf größte historische Treue."

"Wann hat man begonnen, philologische Prinzipien  auf den Heiligen Text anzuwenden?"

Das war vor allem im 19./20. Jahrhundert und hat sich dann in Forschungen zu linguistischen Formen, literarischen Besonderheiten und dem historischen Kontext erweitert und vertieft, die den evangeischen Texten zugrunde liegen
Wenn wir genau sein wollen, können wir an das Dokument "De historica Evangelicorum veritate" ( LEV, Vatican 1964) der Päpstlichen Bibelkommission erinnern.In diesem Text wird die Legitimität der historisch-kritischen Methode zum Studium der Evangelien anerkannt.
Auch das II.Vaticanischen Konzil bestätigt in "Dei Verbum" die ausnahmslose Geschichtlichkeit der 4 Evangelien anhand philologischer Studien zur historischen Texttreue.

"Zu welchem Resulta sind Sie gekommen?"

"Die Philologie hat ihre Studien zu linguistischen Besonderheiten anhand einiger typischer Strukturen des Aramäischen ( mündliche Sprache, Galiläischer Dialekt) und des Hebräischen ( Schriftsprache, von den Schreibern in Judäa benutzt), den von Jesus gesprochenen Sprachen, vertieft.
Diese Strukturen sind dem Griechischen fremd, sie sind ein Beweis für den semitischen Ursprung der Evangelien. Wir können sagen, daß die Evangelien in aramäisch erdacht und ins Griechische übersetzt wurden: der Körper ist griechisch, aber die Seele semitisch.
Im Text von "Licht aus dem Grab" werden beispielsweise die Parallelismen erwähnt, Doppelungen des Satzes- weil der sich so besser ins Gedächtnis einprägt, eine Technik die besonders von den Rabbinern in den Schulen des antiken Israels genutzt wurde.
Die vier Evangelien haben uns mehr als 100 solcher Parallelismen überliefert. Wir unterscheiden entgegengesetzte Parallelismen -bei denen die Verdoppelung eine einmal positive und eine einmal negative Aussage betrifft ( ich bin nicht gekommen, um mir dienen zu lassen, ich bin gekommen um zu dienen. "Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen".)
Und dann gibt es die zustimmenden Parallelismen, wo die Verdoppelung der Worte gleichsinnig ist "gebt die Perlen nicht den Schweinen, gebt das Helilige nicht den Hunden".
Eine anderes semitisches Stilelement ist die Wiederholung ähnlicher Worte, auch um es dem Gedächntis zu erleichtern : "vergib uns unsere Schukld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern". "Der Sämann geht hinaus um den Samen auszusäen, einen Teil des Samens"
Eine andere linguistische Neuheit ist der systematischen Gebrauch von Gleichnissen und konkreten Erzählungen, die aus dem täglichen Leben genommen sind, einzigartig in der gesamten antiken Literatur, äußerst effektiv, um eine moralische Botschaft zu kommunizieren: die barmherzige Liebe, das Verzeihen, die Versorgung der Schwachen und Kranken, die Hilfe für die Armen.
Insgesamt hat man Dank der Philologie gesehen, daß die Evangelien sicher keine Schriften der hellenistischen Gemeinde des 2. Jahrhunderts sind, wie Bultmann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dachte, sondern getreue mündliche Überlieferung der Originalpredigten des Meisters." "Was sind die apokryphen Evangelien?"
"Apokryph bedeutet im Griechischen  "versteckt" und es gibt tatsächlich inzwischen an die 20 "apokryphe" Evangelien, die bis ins 19. Jahrhundert verborgen blieben. Weder die Kirche noch der Vatican hatten irgend etwas mit irgendwelchen angenommen Aktionen der Verleumdung oder Zensur dieser Texte zu tun.
Die meisten der äußerst seltenen apokryphen Manuskripte sind  besonders in isolierten Dörfern in Ägypten vergraben worden, wo sie seit Beginn des 3. Jahrhunderts die Gnostik verbreiteten, eine neuplatonische Philosophie mit koptisch christlichen und persischen Einsprengseln.
Zu bemerken ist, daß diese Apokryphen die Hauptereignisse aus dem Leben Jesu nicht leugnen, so beschreibt z.B. das apokryphe Petrus-Evangelium mit spektakulären Worten die Auferstehung. Andere apokryphe Evangelien erzählen von besonderen Wundern."

"Wie können wir die authentischen Evangelien von den apokryphen unterscheiden?"

"Die ersten Gemeinden hatten einige anerkannte Kriterien für die Authentizität auch in den Erzählungen der Laien, die mündliche Überlieferung. Besondern zählte auch das Alter der Texte.
Wir sind heute sicher, daß die 4 Evangelien während des 1. Jahrhunderts geschrieben wurden, die neuesten papyrologischen Funde  ( Papyrus Rylands, Papiri Bodmer) sichern das.
Im Gegensatz dazu sind die Apokryphen alles spätere Schriften.
Ein anderes Kriterium ist die Katholizität, weil glasklar feststeht, daß die kanonischen Evangelien in der gesamten antiken Welt verbreitet waren- also in den Gemeinden von Rom, Athen, Antiochia, Damaskus, Jerusalem, Alexandria, Ephesus etc,
Die Apokryphen dagegen waren nur in lokalem Gebrauch, begrenz auf die elitäre Suche einiger gnostischer Philosophen. Ein weiteres Kriterium ist die Apostolizität, das heißt die Lehre, die zu den Originalpredigten der Apostel konform sein muß.
Bei der Anwendung  dieser Kriterein wird dann am Ende die linguistische Analyse entscheidend. Während die authentischen-also kanonischen- Evangelien dauernden und sichtbaren Bezug zum Aramäischen und Hebräischen haben, besitzen die Apokryphen den nicht.
Auch präsentieren sie einen Wortschatz, der typisch für die neuplatonische und gnostische hellenistische Philosophie ist und der nichts mit dem Hebräischen zu tun hat.
Das Judas-Evangelium z.B.  verwendet Worte wie "Barbelo, Saklas, arconti, sizigie etc" eine gnostische Terminologie, die der hebräischen Kultur absolut fremd ist,"

"Können Sie ein anderes Beispiel nennen?"

"Während die apostolischen Evangelien sich kontinuierlich auf die Schriften des Alten Testamentes beziehen, die für jeden Juden einen fundamentalen Wert hatten, findet man in den Apokryphen keinerlei Verbindung zum AT.
Um eine konkrete Zahl zu nennen: in den kanonischen Evangelien wird der Patriarch Abraham 33 mal genannt, Moses 37 mal, David 28 mal,. In den Apokryphen finden wir keine einzige Erwähnung dieser für jeden Israeliten äußerst wichtigen Patriarchen.
Außerdem stehen sie unter dem Einfluss der dualistischen platonischen Philosophie, die die Materie entwertet und deshalb auch die Körperlichkeit. Deshalb wird auch das Weibliche herabgesetzt und eine Erlösung gibt es nur für wenige Privilegierte- für die werden die Weísen , im Gegensatz zu den Nichtwissenden, ausgewählt,
Im Prinzip sind die Apokryphen dazu nützlich, die gnostische Philosophie des 2. und 3. Jahrhunderts kennen zu lernen, aber ganz sicher nicht die ursprüngliche Botschaft von Jesus von Nazareth, die die Welt verändert hat. Diese Botschaft hat zur größten ethischen Revolution der Geschichte geführt, jedem menschlichen Wesen Würde gegeben, in einer Welt, in der es Millionen von Sklaven gab, in der Frauen und Kinder diskriminiert wurden, in der die Kranken nicht in brüderlicher Liebe gepflegt wurden."

"Warum eine philologische Studie zu den Evangelien, zusammen mit einer Untersuchung des Grabtuches?"


"Emanuela Marinelli und ich hatten die Idee, anläßlich der Ausstellung des Sindone in Turin vom 19. April bis zum 24. Juni, jedem ehrlich nach der historischen Wahrheit Suchenden in einem gemeinsamen Buch die wichtigsten historischen Erkenntnisse über Jesus von Nazareth anzubieten. Es ist klar, daß das Grabtuch ohne die Evangelien ein unlösbares Rätsel bleibt. Nur die Berichte der Evangelien besitzen den Schlüssel, mit dem man das Grabtuch entziffern und interpretieren kann. Deshalb ist also nicht nur eine wissenschaftliche und dokumentierte Untersuchung des Grabtuches unerläßlich, sondern auch eine über die Authentizität der Evangelien.
Mit anderen Worten: mit diesem Text wollten wir auf die Bedürfnisse des modernen Menschen- besonders aber der Jugendlichen- antworten, die in einer wisschenschaftlichen und aufklärerischen Zeit heranwachsen.
Eine Geschichtsdozentin der römischen Universität Sapienza , Lucetta Scaraffia, sagte, daß zwei Drittel ihrer Studenten glauben, daß es -was die historische Dokumentation angeht-keinen Unterschied zwischen Jesus und Zeus gibt.
Es wird also unausweichlich, in der zeitgenössischen Welt dem Leser eine auf den neuesten Stand gebrachte Dokumentation zu den Evangelien, die die am besten dokumentierten Texte der antiken Wekt waren-sowohl was die Zahl an Manuskripten angeht, als auch ihr Alter- anzubieten.
Man denkt, dass es mehr als 15.000 Manuskripte des Neuen Testaments gibt, während es bei den berühmtesten klassischen Autoren wie Caesar, Plato, Tacitus  zahlenmäßig im zweistelligen Bereich bleibt.
Wenn aber die historische Kompetenz fehlt, ist die junge Generation in Gefahr hinsichtlich der wichtisgtesn Themen, die unserem Leben einen Sinn geben, Analphabeten zu bleiben."

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana,  Francesco Agnoli

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