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Freitag, 10. Juni 2016

"Alice in Amoris Laetitia Land" Fortsetzung

In ihrem kritischen Kommentar zu "Amoris Laetitia", den man getrost als vernichtend bezeichnen kann, fährt Anna M. Silva mit der Beurteilung von Kapitel 8 der postsynodalen Apostolischen Exhortation fort.
Hier geht´s zum Original bei Sandro Magister : klicken


                                   Bei der Lektüre von Kapitel 8
"Und das alles war, bevor ich dazu kam, Kapitel 8 zu lesen. Ich habe mich gefragt, ob die außerordentliche Weitschweifigkeit der ersten sieben Kapitel vielleicht dazu gedacht war, uns zu ermüden, bevor wir dieses entscheidende Kapitel erreichen und um uns unaufmerksam vorzufinden. Für mich ist der gesamte Tenor dieses Kapitels problematisch, nicht nur Nr. 302 und die Fußnote 351.
Sobald ich damit fertig war, dachte ich: glockenklar: Papst Franziskus wollte eine bestimmte Form der Kasper-These von Anfang an. Hier ist sie- Kasper hat gewonnen.
Es erklärt die trockenen Kommentare des Papstes am Ende der 2015-Synode, als er die engstirnigen Pharisäer verurteilte, offensichtlich jene, die einen größeren Erfolg seiner Agenda verhindert hatten. "Pharisäer"?  Diese seine schlampige Sprache!
Sie waren auf ihre Weise die Modernisten des Judentums, die Meister der zehntausend Nuancen-und die, die am stursten an der Praxis der Scheidung und Wiederverheiratung festhielten. In dieser ganzen Angelegenheit sind Kasper und seine Verbündeten die Pharisäer.

Fahren wir fort. Die Worte in Nr. 295 zu den Kommentaren des Hl. Johannes zur Gradualität in "Familiaris Consortio" 34, erscheinen mir verräterisch und korrumpierend. Weil sie versuchen, Johannes Paul für die Unterstützung genau der "Situations-Ethik" zu gewinnen und zu korrumpieren, der der heilige Papst mit seiner ganzen liebenden, pastoralen Intelligenz und Energie entgegen trat. Hören wir, was der Hl. Johannes Paul wirklich über das Gesetz der Gradualität sagt:

"Verheiratete Menschen ....können jedoch das Gesetz nicht immer nur als Ideal, das man in Zukunft erreichen muß, betrachten: sie müssen es als Gebot Christi, des Herrn, ansehen, Schwierigkeiten durch Beständigkeit zu überwinden. Und so kann das, was wir als "Gesetz der Gradualität" oder als Schritt-für-Schritt-Vorangehen kennen, nicht als Gradualität des Gesetzes betrachtet werden, in den verschiedenen Graden oder Formen der Vorschrift des Gesetzes Gottes, die es für verschiedene Persönlichkeiten und Situationen gibt. In Gottes Plan sind alle Männer und Frauen in der Ehe zur Heiligkeit aufgerufen."

Fußnote 329 in "Amoris Laetitia" präsentiert ebenfalls eine andere, wiederholte verwendete Verfälschung. Sie zitiert eine Passage aus "Gaudium et Spes" 51, die die Intimität des ehelichen Lebens betrifft. Aber in einem unbemerkten Schrittwechsel wird sie statt dessen den wiederverheirateten Geschiedenen in den Mund gelegt. Solche Verfälschung beweist mit Sicherheit, daß die Bezugnahmen und Fußnoten, die in diesem Dokument die Hauptarbeit leisten, einer genauen Untersuchung unterzogen werden müssen.




Bereits in § 297, sehen wir, daß die Verantwortlichkeit für "irreguläre Situationen" auf die Beurteilung durch die Hirten verschoben wird. Schritt für vorsichtigen Schritt schreitet die Argumentation zur definitiven Agenda von Nr. 299 fort und fragt, wie "gegenwärtig praktizierte Formen der Exklusion" überwunden werden können und in Nr. 301 wird der Gedanke "eines Gespräches mit dem Priester in einem forum internum" eingeführt. Haben Sie nicht schon herausgefunden, wohin diese Argumentation führt?

So kommen wir also zu Nr. 301, die den geschützten Bereich verläßt und in den Mahlstrom der "abschwächenden Faktoren" führt. Hier sieht es so aus, als sei die "gemeine alte Kirche" von der "netten neuen Kirche" überwunden worden: in der Vergangenheit mögen wir gedacht haben, daß die, die reuelos in "irregulären Situationen" Lebenden im Stand der Todsünde seien, jetzt aber sind sie vielleicht dennoch nicht im Stand der Todsünde, und vielleicht arbeitet die Gnade in ihnen.

Dann wird in einem Exzess von reinem Subjektivismus erklärt, daß eine "Person wohl die Regeln kennen und dennoch große Schwierigkeiten beim  Verstehen ihrer innewohnenden Werte haben kann" Das ist der abschwächende Faktor, der alle anderen abschwächenden Faktoren schlägt.
Entschuldigen wir dann also mit diesem Argument den ursprünglichen Neid Luzifers, weil er große Schwierigkeiten hatte, die transzendente, innewohnende Majestät Gottes zu verstehen? 
An diesem Punkt fühle ich, daß wir jeden Halt verloren haben und wie Alice in ein Paralleluniversum gefallen sind, wo nichts ganz so ist, wie es zu sein scheint.

Eine Serie von Zitaten des Hl. Thomas von Aquin wird zum Tragen gebracht, über die zu urteilen, ich nicht qualifiziert bin, außer um zu sagen, daß offensichtlich eine ordnungsgemäße Überprüfung und Kontextualisierung dringend angezeigt sind.
Nr. 304 ist eine hochtechnische Apologie für die kasuistischen Moral, die ohne jeden Hinweis auf Christus oder den Glauben mit ausschließlich philosophischen Argumenten begründet wird. Man kann nicht umhin, zu denken, daß die von anderer Hand geliefert wurden. 
Es ist nicht Franziskus´ Stil, auch wenn es sein Glaube sein sollte.

letzt kommen wir endlich zur entscheidenden Nr. 305. Sie beginnt mit einer Art von zwei "Wegwerf"karikaturen, die immer wieder im Dokument auftauchen. Die neue Doktrin, die Papst Franziskus vor kurzem geflaggt hat, wiederholter nun und versichert : ein Mensch, kann in einer objektiven Situation der Todsünde sein, weil es das ist, worüber er spricht- und dennoch in Gottes Gnade leben und wachsen, während er die Hilfe der Kirche erhält", was, wie Fußnote 351 erklärt, auch in bestimmten Fällen "sowohl Beichte als auch die Hl. Kommunion einschließen kann." 
Ich bin sicher, daß es jetzt viele fleißige Versuche geben wird, alles das gemäß einer "Hermeneutik der Kontinuität"zu erklären, um-nehme ich an- die Harmonie mit der Tradition zu zeigen.
Papst Franziskus zitiert sich selbst viermal. Tatsächlich scheint es so, als ob Papst Franziskus in "Amoris Laetitia" am häufigsten auf sich selbst Bezug nimmt und das ist in sich selbst interessant.

Im Rest des Kapitels wechselt Papst Franziskus die Zugehensweise. Er macht das umgekehrte Zugeständnis, daß dieser Zugang "Raum für Verwirrung" (Nr. 308) hinterlassen könne. Darauf antwortet er mit einer Diskussion der "Barmherzigkeit". Ganz zu Anfang von Nr. 7 erklärte er, daß "jeder sich durch Kapitel 8 herausgefordert fühlen sollte" . Ja das tun wir, aber nicht ganz im heuristischen Sinn, wie er es gemeint hatte. Papst Franziskus hat in der Vergangenheit freimütig zugegeben, daß er die Art Mensch ist, die gern Chaos verursachen? Nun gut. Ich denke, wir können zugeben, daß er das hier sicher geschafft hat.

Lassen sie mich von einem eher schweigsamen und vorsichtigen Freund berichten, einem verheirateten Mann, der mir vor der Veröffentlichung der Apostolischen Exhortation sagte:"Oh, ich hoffe sehr, daß er Zweideutigkeiten vermeidet." 
Also ich denke, daß auch das frömmste Lesen von "Amoris Laetitia" nicht behaupten kann, daß er Zweideutigkeiten vermieden hat. 
Um Papst Franziskus´ eigene Worte zu gebrauchen: "breitgefächerte Unsicherheit und Zweideutigkeit" (Nr. 33) kann sicher auf dieses Dokument angewendet werden und- ich traue mich zu sagen- auf sein gesamtes Pontifikat.
Wenn wir in die unmögliche Situation geraten, ein Dokument des ordentlichen Lehramtes zu kritisieren, bedenken Sie, ob Papst Franziskus nicht selbst in "Amoris Laetitia" die Autorität des Lehramtes relativiert, indem er das Lehramt Johannes Pauls abändert, besonders "Familiaris Consortio" und "Veritatis Splendor".
Ich fordere jeden von Ihnen heraus, ernsthaft die Enzyklika "Veritatis Splendor, sagen wir die Nummern 95-105, noch einmal zu lesen und nicht zu dem Schluss zu kommen, daß es eine tiefe Dissonanz zwischen jener Enzyklika und dieser Apostolischen Exhortation gibt. In meinen jüngeren Jahren habe ich das Problem gefürchtet, wie man dem Ungehorsamen gehorsam sein könne? Weil auch ein Papst zum Gehorsam aufgerufen ist- und in der Tat ganz besonders er.

Fortsetzung folgt.....    

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