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Montag, 14. August 2017

Kardinal Parolin reist nach Moskau

A. Gagliarduccci  kommentiert bei Monday in the Vatican die bevorstehende Reise von Kardinalstaatssekretär Parolin nach Moskau und gibt seinen Lesern noch eine kleine Geschichtslektion.
Hier geht´s zum Original:  klicken

                  "EINE REISE NACH MOSKAU FÜR PAPST FRANZISKUS?"

Kardinal Pietro Parolin, Vaticanischer Staatssekretär wird vom 20.-24. August nach Moskau reisen und die Nachricht von seiner bevorstehenden Reise  hat die Diskussion über eine mögliche Reise von Papst Franziskus nach Rußland wieder eröffnet.

Kardinal Parolins offizieller Zeitplan für die Reise ist noch nicht veröffentlicht worden. Es erscheint sicher. daß der Kardinal sowohl Präsident Vladimir Putin als auch Patriarch Kyrill vom Moskauer Patriarchat der Russisch-Orthodoxen Kirche treffen wird.

Eine Papst-Reise nch Moskau ist ein langgehegter Traum. Der geht zurück auf die 90-er Jahre, als nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Besuch Präsident Michael Gorbaschows Besuch im Vatican- der Hl. Papst Johannes Paul II hoffte, er könne mit einer Reise nach Moskau sein Konzept eines Europas, das mit zwei Lungenflügeln atmet, endlich vollenden. klicken

Dieser langgehegte Reisetraum wurde nie Wirklichkeit. Joaquin Navarro Valls, Direktor des Vaticanischen Pressebüros, sagte einmal, diese Reise sei "eine solange eine offene Tür wie sie nicht geschlossen wird." So war es bis jetzt.

Die Reise wurde nicht wegen politischer Themen verhindert.
Der Papst ist mehrmals nach Mokau eingeladen worden. Die erste Einladung kam von Gorbaschow während seines Besuches im Vatican am 1. Dezember 1989.
Gorbaschows Nachfolger Boris Jeltsin lud den Papst ein, als er ihn zum erstenmal am 20. Dezember 1991 besuchte und  dann noch einmal nach seinem zweiten Besuch im Februar 1998.
Allerdings unterstrich ein Sprecher des Kremls am Ende dieses letzten Treffens, daß ein Papstbesuch in Moskau nur nach sorgfältiger Vorbereitung und Bereinigung der Beziehung zwischen Katholiken und Russisch-Orthodoxen stattfinden könne.

Thema hinter den Kulissen waren die Unierten, was sich nach Russisch Orthodoxer Lesart auf die Katholiken Byzantinischen Ritus in der West-Ukraine bezog, deren Kirchengüter der Orthodoxen Kirche übereignet worden waren, nachdem Stalin die Unierten zu Geächteten erklärt hatte. klicken




Das Thema wiegt schwer in den Katholisch- Russisch-Orthodoxen Beziehungen, besonders jetzt, wo die Ukraine einen fast vergessenen Konflikt durchleidet. Das Thema brennt so sehr, daß das Moskauer Patriarchat mehrmals Klage über die Situation in der Ukraine erhoben hat. Das passierte sogar 2014 während der Bischofssynode in Rom, deren Zweck eigentlich die Diskussion über Familienthemen war,  als Patriarch Hilarion  dass Thema während einer vor der Synode gehaltenen Rede ansprach.

Papst Franziskus ist sich dieser Thematik wohl bewußt. Während einer fliegenden Pressekonferenz betonte er "Wenn ich nach Moskau gehen sollte, müßte ich auch in die Ukraine gehen".

Dennoch sind die Beziehungen des Hl. Stuhls mit dem Russisch Orthodoxen Patriarchat sicher enger geworden.

Das erste historische Treffen zwischen einem Papst und dem Patriarchen von Moskau fand am 12. Februar 2016 in Havana, Kuba statt. Am Ende des Treffens haben die beiden eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, die der Papst als "pastorale Erklärung" zu beschreiben sich beeilte, "teilweise weil sie dem Moskauer Patriarchat auf diplomatischem Gebiet viele Zugeständnisse gemacht hat."
So wurde z.B. die Ukrainische Griechisch Katholische Kirchg als "uniert"  beschrieben, ein Terminus, der einem Dokument der 90-er Jahre, der Balamand-Erklärung , entnommen wurde.
Die Verwendung des Begriffs "Unierte" erzeugte bei der Ukrainisch Griechisch Katholischen Kirche einige Verbitterung.

Aus diesem Treffen entstand diese ganz besondere "Diplomatie der Reliquien". Auf Bitten des Moskauer Patriarchen verließ ein kleiner Teil der Reliquien des Hl. Nikolaus, die sicher in Bari aufbewahrt werden, die Italienische Stadt und reisten nach Moskau und St. Petersburg, um von den russischen Gläubigen verehrt zu werden- einer Verehrung gemäß, die auf Zeiten der ungeteilten Kirche zurückgeht.

Diese "Ökumene der Völker" geht über die offenen theologischen Themen hinaus, wird eines der Themen im Zentrum des Treffens zwischen Kardinal Parolin und Patiarch Kyrill stehen.

Das Moskauer Patriarchat verfolgt einen pragmatischen Ökumenismus, der durch ein Bündnis der Kirchen gegen die Säkularisierung und zur Verteidigung der verfolgten Christen als auch eines Bündnisses zu Leben-und Familienthemen vorangetrieben werden soll.
Aber andere theologische Themen sind immer noch kontrovers.
Thema des nächsten Treffens der gemischten Internationalen Katholisch-Orthodoxen zum theologischen Dialog hat viele Diskussionen ausgelöst, weil Moskau nicht über die Kirche des ersten Jahrtausends sprechen will, weil es zu der Zeit das Moskauer Patriarchat noch nicht gab.
Das selbe Patriarchat leidet darunter, nur das fünfte in der Synaxis der Orthodoxen Kirche zu sein. obwohl es zahlenmäßig das Größte ist.

Patriarch Kyrill hat Schritte auf die Katholische Kirche zu gemacht, und ist dadurch gegen die extremistischsten Teile der Orthodoxen Welt vorgegangen. Der Dialog mit dem Hl. Stuhl geht weiter, und das Treffen mit Kardinal Parolin wird helfen, ihn zu fördern.

Kardinal Parolin und Patriarch Kyrill haben sich bereits am 12. Februar 2016 in Moskau getroffen -zur Zeit des Treffens von Papst Franziskus mit dem Patriarchen in Kuba. Nach der gemeinsamen Erklärung  wurden die Wunden der Griechisch Katholischen Kirche durch Kardinal Parolins  Reise in die Ukraine  und durch die Außerordentliche Kollekte für die Ukraine, die der Papst am 24. April 2016 startete sowie durch die jüngste Reise Kardinal Leonardo Sandris, Präfekt der Kongregation für die Ostkirchen in die Ukraine, gesalbt.

Kardinal Parolin hat sich zweimal mit Präsident Putin getroffen: am 25. November 2013 und am 10. Juni 2015, während der beiden Besuche des Kreml-Chefs im Vatican. In beiden Fällen stand die geopolitische Situation im Mittelpunkt der Gespräche, mit speziellem Focus auf Ukraine und Mittlerer Osten.

Als er mit IlRegno sprach, hat Parolin daran erinnert, daß die Beziehungen zu Rußland Jahrhunderte alt sind. Er rief auch in Erinnerung, daß Zar Nikolaus I 1845 Papst Gregor XIV besuchte und daß daraus das Konkordat resultierte, das von Papst Pius IX für den Hl. Stuhl unterzeichnet wurde.

Das Treffen zwischen Parolin und Kyrill wird am Abend des 8. Jahrestages der Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen dem Hl. Stuhl und der Russischen Föderation stattfinden. Die vollen diplomatischen Beziehungen wurden am 3. Dezember 2009 verkündet, nach dem Treffen zwischen dem damaligen Präsidenten Dimitri Medvedev und Papst Benedikt XVI.

Wendepunkt in den Beziehungen zwischen dem Hl. Stuhl und Russland war das Treffen zwischen Gorbaschow und Johannes Paul II, das 3 Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer stattfand. Nach diesem Treffen wurde eine erste Übereinkunft getroffen, wieder diplomatische Beziehungen aufzunehmen, die während der Sowjet-Ära unterbrochen worden waren.

Dennoch- wie Kardinal Parolin beteuert- gab es bereits seit dem 14. Jahrhundert Beziehungen zwischen den Rus Moskaus und dem Hl. Stuhl. 1472 segnete Papst Paul II die Heirat zwischen dem Großfürsten von Moskau, Iwan III und der Byzantinischen Prinzessin Sophia.
Die Botschafter  Papst Pius´ V und Gregor XIII besuchten Moskau regelmäßig und der Hl. Stuhl wirkte auch als Vermittler im Livländischen Krieg, der von 1582-1583 stattfand und in den Rußland, Polen und Schweden verwickelt waren (als Vermittler wirkte der Jesuit Fr.Antonio Possevino).

Seit dem 16. Jahrhundert waren die Beziehungen Rußland-Hl.Stuhl stark und gleichzeitig wechselhaft. Der Hl. Stuhl und Rußland haben 1816 volle diplomatische Beziehungen aufgenommen, obwohl der Russische Repräsentant im Vatican keinen vaticanischen Gegenpart in St. Petersburg hatte, Aber die päpstlichen Gesandten haben immer an den Zarenkrönungen in Rußland teilgenommen.

Aber nach dem Besuch Zar Nikolaus I und der folgenden Unterzeichung des Konkordates kam es bei den Beziehungen zu einem Stillstand. Als Konsequenz der Polnischen Revolution wurde das Konkordat aufgehoben und die diplomatischen Beziehungen erst 1894 wieder aufgenommen. Die Russische Revolution von 1917 hat alles verändert: ohne diplomatische Beziehungen konnte es nur zu inoffiziellen Kontakten kommen.

1960 nahm der Hl. Stuhl wieder regelmäßige Kontakte zur Sowjet-Union auf. 1967 wurden diese Kontakte auf eine stabile Arbeitsebene gehoben und der sowjetische Außenminister Andrej Gromyko hat sich oft mit den Päpsten Paul VI und Johannes Paul II getroffen. Im Februar 1971 reiste Erzbischof Agostino Casaroli, Sekretär des Rates für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche, nach Moskau um die Zustimmung der Hl. Stuhls zum Vertrag für Nonproliferation von Kernwaffen zu ratifizieren.

Während der 1980-er führte die Perestroika zum Austausch offizieller Repräsentanten zwischen dem Vatican und Moskau. Der erste offizielle Repräsentant des Hl. Stuhls in der UdSSR und dann in der Russischen Föderation war Erzbischof Franzcesco Colasuonno.

Nach Gorbaschow besuchte Präsident Jeltsin 1991 und 1997 den Vatican. Präsident Putin besuchte den Vatican erstmals am 5. Juni 2000 und kehrte am 5. November 2003 zurück.
Zwischen den 1990-ern und 2000 schwankten die Beziehungen Hl. Stuhl-Rußland wegen der Diskussion über das Russische Gesetz zur Religionsfreiheit, aber auch wegen der gespannten Beziehungen zum Moskauer Patriarchat.

Putin besuchte den Vatican noch einmal am 13. März 2007 und das Pressebüro des Hl. Stuhls veröffentlichte daß beide der Hl. Stuhl und Rußland weiterhin bilaterale Beziehungen unterhalten wollten. 2009 wurden die bilateralen Beziehungen auf die Ebene voller diplomatischer Beziehungen gehoben.

Jetzt, wo der Dialog mit der Russisch Orthodoxen Kirche einen historischen Höhepunkt erreicht hat, kann Kardinal Parolins Reise nach Moskau als zusätzlicher Schritt im Dialog angesehen werden.
Außer die geopolitischen Beziehungen zu fördern, arbeitet Erzbischof Antonio Mennini, einer der wichtigsten früheren Repräsentanten des Hl. Stuhls in Moskau, jetzt im Staatssekretariat . Ziel ist es, den Dialog mir dem Moskauer Patriarchat zu fördern. Um die Reliquien  des Hl. Nikolaus zu begrüßen sagte Patriarch Kyrill daß das Treffen mit dem Papst keine "einzigartige Chance" sei.

Alles scheint zusammen zu passen um die Möglichkeit einer Papstreise nach Moskau zu ermöglichen. Wird das das erste konkrete Resultat der neuen Vatican-Ostpolitik?

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci
  

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