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Donnerstag, 26. Oktober 2017

Kann Scalfari den Papst dazu überreden, Blaise Pascal selig zu sprechen?

Darüber denkt Sandro Magister bei Settimo Cielo nach und läßt den großen französischen Philosophen und Mathematiker zum Thema Jesuiten & Kasuistik selbst zu Wort kommen,
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"DER WENDEPUNKT FÜR EINEN JESUITEN-PAPST: PASCAL DEN ERZFEIND, SELIG SPRECHEN"

"Im Vorwort für ein Buch, das acht seiner Interviews präsentiert und gerade in den Buchläden erhältlich ist, hat Franziskus den Schleier von einigen ziemlich interessanten Dingen gelüftet.

An einem bestimmte Punkt schreibt der Papst:
"Manchmal habe ich in meinen Interviews selbst bei denen, die sagen, sie seien sehr weit vom Glauben entfernt- große Intelligenz und Bildung festgestellt. Und manchmal sogar- in bestimmten Fällen- die Fähigkeit, sich selbst durch die "Berührung" Pascals berühren zu lassen. das bewegt mich und ich schätze das sehr.

Das erste ist in Wirklichkeit eher eine Bestätigung als eine Offenbarung- Es ist die liebevolle Wertschätzung für Eugenio Scalfari, Gründer der "Repubblicca". Er ist in der Tat der Interviewer, der sehr weit vom Gauben entfernt ist- auf den sich Franziskus bezieht.

Die beiden Männer treffen sich zweimal jährlich in Santa Marta und es ist fast immer der Papst, der seinen Freund einlädt. Die Unterhaltung findet statt, ohne daß Scalfari irgendetwas davon aufnimmt. Und in den folgenden Tagen veröffentlicht er einen Bericht und hält sich dabei an die folgenden Kriterien-wie er einmal vor der ausländischen Presse in Rom erklärte, als er die Worte wiedergab, die er am Ende ihres ersten Gesprächs dem Papst gesagt hatte:

    "Ich werde einen Bericht vom Dialog so rekonstruieren, daß alle ihn verstehen können. Einige
    Dinge, die Sie zu mir zu gesagt haben, werde ich nicht wiedergeben. Und einige der Dinge, die ich
    Ihnen zuschreibe, haben Sie nicht gesagt, aber ich werde sie so darstellen, daß der Leser verstehen
    kann, wer Sie sind."

Folge dieser Freiheit bei der Transskription ist, daß Scalfari Franziskus nicht wenige
"Revolutionen" selbstsicher zugeschrieben hat, wie die letzte -die Abschaffung von Hölle,
Fegefeuer und Himmel, Ohne daß der Papst je gefühlt hätte, es sei seine Pflicht irgendetwar zu
korrigieren oder zu dementieren.

Das Zweite von dem Franziskus den Schleier gelüftet hat, betrifft den Französischen Mathematiker,
Philosophen und Mann des Glaubens aus dem 17. Jahrhundert - Blaise Pascal.
Der Papst schreibt, daß ihm gefällt, wie Scalfari sich von der "Berührung" Pascals hat berühren
lassen".

Tatsächlich hat Scalfari während ihres letzten Gesprächs im vergangenen Sommer den Papst gebeten, Pascal selig zu sprechen und außerdem die Exkommunikation des anderen großen Philosophen des 17. Jahrhunderts, Baruch Spinozas, aufzuheben und leidenschaftlich für diese Bitte argumentiert.

Während Franziskus die Spinoza-Idee fallen gelassen hat, stimmte er bei Pascal zu- wie Scalfari berichtet, mit diesen Worten:

    "Lieber Freund, in diesem Fall haben Sie völlig Recht.: ich denke auch, daß er die Seligsprechung
    verdient. Ich plane, herauszufinden, was da getan werden muß und die Mitglieder der Vatican-
    Ämter, die für diese Fragen zuständig sind, nach ihrer Meinung fragen - zusammen mit meiner
    persönlichen und positiven Überzeugung."

Ob diesen Worten Taten folgen werden, wird man sehen. Aber es würde schon Aufsehen erregen, wenn der, der Pascal, der dieses Meisterwerk gegen die Jesuiten "Les Provinciales" geschrieben hat, selig spricht, kein anderer sein sollte als der erste Jesuiten-Papst in der Geschichte.

"Les Provenciales" sind tatsächlich Briefe, die Pascal an einen Freund schrieb, um ihm über die Unterhaltungen mit Jesuiten-Patres zu berichten, deren Kasuistik und Laschheit in Moraltheologie er
unter vernichtendes Feuer nahm.

Hier folgt eine Passage aus dem sechsten, am 10. April 1656 datierten Brief.
Er ist Jahrhunderte alt aber immer noch aktuell.

"Menschen die vorher gesündigt haben, sündigen jetzt nicht mehr"
von Blaise Pascal

"Wie nützlich diese Möglichkeiten sind! Ich wußte nicht, warum Sie soviel Mühe darauf verwendet haben, um festzustellen, daß ein einzelner Doktor- wenn auch ein ernsthafter- eine Meinung glaubhaft machen kann, und auch, daß das Gegenteil wahr sein kann, und daß man deshalb entscheiden kann, was das pro und was das contra ist, wie es einem gefällt, auch noch wenn man nicht glaubt, daß es wahr ist und das mit soviel Sicherheit des Gewissens, daß ein Beichtvater, der sich weigert, dem Glauben dieser Kasuistiker die Absolution zu erteilen, im Stand der Verdammung wäre: wie soll man verstehen, daß ein einzelner Kasuistiker nach Belieben neue Moralregeln aufstellen kann und alles abschaffen kann, was nach seiner Phantasie das Moralverhalten betrifft?

Man muß dem, was Sie sagen, sagte mir der Pater, eine kleine Änderung hinzufügen. Merken Sie sich das gut. Dieses ist unsere Methode, in der Sie den Fortschritt einer neuen Meinung sehen werden, von ihrem Anfang bis zu ihrer Reife. 
Zunächst präsentiert der ernsthafte Doktor, der sie erfunden hat, sie der Welt und streut sie wie Samen aus, damit sie Wurzeln bildet. Noch ist sie schwach in diesem Zustand, aber die Zeit muß sie Stück für Stück reifen lassen. Und deshalb sagt Diana,die mehrere eingeführt hat, an einer Stelle: "Ich unterstütze diese Meinung, aber weil sie neu ist, lasse ich ihr Zeit zu reifen "relinquo tempori maturandum". In wenigen Jahren- sieht man deshalb, wie sie unmerklich stärker wird; und nach einer erheblichen Zeit erweist sie sich als durch die schweigende Approbation durch die Kirche autorisiert- nach dieser großen Maxime von Père Bauny: "wenn eine Ansicht von einigen Kasuistikern vorgeschlagen wird und die Kirche ihr kaum widerspricht, ist das ein Zeugnis dafür, daß sie ihr zustimmt."

Und mein Vater- schrie ich- wird die Kirche in dieser Beziehung allen Mißbräuchen, die sie erleidet, allen Irrtümern in den Bücher, die sie kaum zensiert, zustimmen?

Streiten Sie gegen Père Bauny -sagte er mit. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte und Sie fordern mich heraus. Man darf nie eine Tatsache bestreiten. Ich sagte Ihnen also, daß wenn die Zeit eine Meinung so hat reifen lassen, dann ist sie ganz und gar wahrscheinlich und sicher. Und daher kommt es, daß der gelehrte Caramuel in dem Brief, in dem er Diana seine Fundamentaltheologie schickt, sagt, daß dieser große Diana mehrere Meinungen wahrscheinlich gemacht hat, die es vorher nicht waren- quae antea non erant: und das man deshalb nicht mehr sündigt, wenn man ihnen folgt, während man vorher sündigte: iam non peccant licet ante peccaverint."

In Wahrheit, mein Vater, sagte ich ihm, kann man gut von Ihren Doktoren profitieren.Was!
Von zwei Personen, die die selben Dinge tun, sündigt der, der ihre Doktrin nicht kennt, und der, der sie kennt, sündigt nicht! Sie ist also sowohl Instruktion als auch Rechtfertigung? 
Das Gesetz Gottes machte die Frevler- sagt der Hl. Paulus; dieses hier macht, daß es fast nur Unschuldige gibt. Ich flehe Sie an, mein Vater, mich gut zu belehren; ich werde nicht gehen, bevor Sie mir nicht die Hauptmaximen erklärt haben, die Ihre Kasuistiker festgelegt haben.

"Leider ! sagt mir der Pater, es wäre unser Hauptziel gewesen, keine neuen Maximen zu etablieren außer denen des Evangeliums in ihrer ganzen Ernsthaftigkeit; und man sieht das zur Genüge  an den Regeln für unsere Sitten, daß wenn wir einige Lockerungen bei den anderen erleiden, das eher durch Herablassung als durch einen Plan geschieht.  Wir werden dazu gezwungen. Die Menschen sind heute so korrumpiert, daß wenn wir sie nicht dazu bringen können, zu uns zu kommen, wir zu ihnen gehen müssen, sonst würden sie uns verlassen, und sie würden Schlimmeres tun, sie würden sich ganz und gar aufgeben.
Und um sie zurückzuhalten, haben wir Kasuistiker die Laster überdacht, denen man unter allen Bedingungen am ehesten zuneigt, um dann weiche Maximen zu etablieren, ohne die Wahrheit zu verlassen, so daß es schwierig würde, mit ihnen nicht zufrieden zu sein.;
weil das Hauptziel unserer Gesellschaft das Wohl der Religion ist und niemanden zurückzuweisen, wer es auch sei, um die Welt nicht verzweifeln zu lassen. Wir haben also Maximen für alle Arten von Menschen erstellt,  für die Wohltäter. die Priester, die Geweihten, für die Adeligen, die Diener, die Reichen, für die, die Erfolg haben, die, deren Geschäft schlecht geht, für die, die in Armut leben, für die geweihten Frauen, für die, die es nicht sind, für die Verheirateten, die Irregulären. Schließlich ist nichts ihrer Aufmerksamkeit entgangen."

Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister



1 Kommentar:

  1. Also das mit Spinoza ist doch wohl Quatsch; da man einen Juden nicht kath. Exkommunizieren kann, kann man diese Exkommunikation auch nicht aufheben. Und einen חרם kann der Papst jawohl nicht lösen.

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