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"KARDINAL EIJK: ZU EUTHANASIE, GENDERTHEORIE, HOMOSEXUALITÄT UND EHE"
Glaubenkrise- ein holländischer Bericht von Lorenzo Bertocchi
Kardinal Willem Eijk hat mit Il Timone über sein Land Holland gesprochen, eine Nation, die eine starke Säkularisierung durchgemacht hat, und so den Weg für alle sog. "neuen Rechte" von Empfängnisverhütung bis zu Euthanasie freigemacht hat,
Ein Land, wo sie mit eindrucksvoller Geschwindigkeit Kirchen schließen oder sie in Restaurants oder Tanzhallen verwandeln.; heute sagen weniger als 20% von sich, katholisch zu sein, wo es 1970 noch 40% waren.
Erzbischof von Utrecht, 65 Jahre alt, war Eijk bis 2016 Vorsitzender der Niederländischen Bischofskonferenz und wurde 2012 von Benedikt zum Kardinal kreiert.
Ein Gelehrter, Philosoph und Fachmann der Theologie der Bioethik, hat er die Einladung angenommen, Fragen zu vielen Themen der gegenwärtigen kirchlichen und sozialen Debatte zu beantworten.
"Beginnend mit der Zulassung von Euthanasie in bestimmten, gut-definierten Fällen" sagte er, indem er die dramatische Situation in Holland beschreibt" haben wir uns auf einen steilen Abwärtsweg begeben, den man englisch "slippery road" nennt, die zu einem verstörenden Endpunkt führt.
Die "unterschiedlichen Interpretationen" von Kapitel 8 von Amoris Laetitia, die wie man in der Katholischen Welt feststellt, "Verwirrung in der Kirche hervorrufen" - und er wäre erfreut, "wenn der Papst Klarheit in diese Sache bringen würde, am liebsten in einer Art lehramtlichen Dokument."
Der Zugang wiederverheirateter, geschiedener Paare zu Eucharistie - sagt er- kann es nicht ohne deren Verpflichtung, wie Bruder und Schwester zu leben, geben.
Eminenz, nachdem in Italien Gesetze in Kraft traten, die Scheidung, Abtreibung, in-vitro-Fertilisation, zivile HS-Ehen erlauben, wurde ein Gesetz erlassen, das mehr oder weniger direkt die Tür zur Euthanasie öffnet.Was halten Sie von diesem Gesetz?
"Menschliche Gesetze sollten auf dem natürlichen Moralgesetz basieren, das seine Wurzeln in der unveräußerlichen Würde der menschlichen Person hat, die Gott nach seinem Ebenbild geschaffen hat.
Sobald ein Menschengesetz eine Öffnung anbietet- wie klein auch immer-für Handlungen, die die Würde der menschlichen Person verletzen, besteht die Gefahr, jeden Respekt vor seiner Würde zu unterminieren."
In Holland gibt es diese Säkularisation schon seit einer Weile, wie hat das begonnen?
"Nach der Einführung der hormonellen Empfängnisverhütung 1964 entstand das Problem der ungewollten Schwangerschaften, für die als Heilmittel Abtreibung verschrieben wurde. Mitte der 60-er Jahre gab es die Idee, daß es sich dabei nur um wenige Fälle jährlich handeln würde, aber heute und das seit einiger Zeit werden mehr als 30.000 Abtreibungen /Jahr durchgeführt,
Selbst diese Zahl ist relativ niedrig, weil die Mehrheit der jungen Frauen die Pille nimmt, und im Alter von 13 oder 14 damit beginnt- auf Wunsch der Eltern, die Angst haben, daß ihre Tochter schwanger wird.
Deshalb bleibt Holland stolz darauf, relativ wenige Jugendschwangerschaften zu haben.
Diese Situation bringt ein Problem bei der Erziehung der Jugend mit sich, weil der weitgestreute Gebrauch der Pille in einem so jugendlichen Alter nicht bei der Erziehung zur Keuschheit hilft, das heißt, Impulse und sexuelle Gefühle in eine gegenseitige Gabe zu integrieren, wie es in der Ehe oder im zölibatären Leben geschieht.
Was Euthanasie angeht, ist Ihr Land wahrscheinlich eines der "fortschrittlichsten" Länder der Welt.
"In den späten 70-er und den frühen 80-er Jahren wurde die Holland die Anwendung von Euthanasie diskutiert (definiert als Beendigung des Lebens durch einen Arzt- auf Wunsch eines Patienten) - ebenso wie der assistierte Suizid, aber nur im Fall der Endphase einer unheilbaren körperlichen Krankheit,
Danach wurde die Beendigung des Lebens auch außerhalb der Endphase erwartet. Und so begannen sie in den 90-er Jahren über Euthanasie oder Hilfe zum Selbstmord- in Fällen, wo Patienten an psychiatrischen Erkrankungen oder Demenz leiden- zu sprechen.
Eine weitere Barriere fiel mit dem sog. "Groeningen-Protokoll" einer Übereinkunft zwischen Neonatologen und dem Staatsanwalt der Stadt Groeningen, nach der ein Arzt, der das Leben eines behinderten Neugeborenen beendet, nicht verfolgt wird, vorausgesetzt, er erfüllt eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen.
Von diesem örtlichen Protokoll ausgehend wurde eine Regulierung auf nationaler Ebene zur Tötung behinderter Neugeborener geschaffen. Im Oktober 2016 hat unsere Vorgängerregierung angekündigt, ein neues Gesetz formulieren zu wollen, nach dem der assististierte Selbstmord auch bei Menschen, die an keiner Krankheit- sei es somatisch sei es psychiatrisch- leiden, möglich zu machen, die aber - wegen Einsamkeit, hohen Alters, herabgesetzter Mobilität- der Meinung sind, daß ihr Leben vollendet sei, das heißt. das es keinen Sinn mehr hat, zu leben, und deshalb beendet werden kann.
In unserer gegenwärtigen Regierung sind jetzt zwei Christliche Parteien , die gegen ein solches Gesetz sind. Dennoch plant ein Parlamentsmitglied der linksgerichteten Liberalen Partei einen Gesetzesentwurf einzubringen, der die Hilfe zum Selbstmord nicht notwendigerweise von einem Arzt geleistet werden muß - im Falle, daß eine Person von mindestens 75 Jahren ihr Leben als "vollendet § ansieht.
Dieses kurze Beispiel zeigt, daß die Kriterien zum Töten immer breiter werden, und der Respekt für die Würde des Menschen immer kleiner.
Die einmal -zunächst nur für einen Spalt -geöffnete Tür ist dann weit und am Ende ganz offen. Wenn man anfängt, Euthanasie für wenige, gut definierte Fälle zuzulassen, setzt uns auf die schiefe Ebene , die man im englichen "slippery road" nennt.
Setzt man den Fuß einmal auf diese slippery road, rutscht man schneller, als man gedacht hätte."
Gibt es die selbe Art "slippery road" die zur Ehe für gleichgeschlechtliche Partner geführt hat?
"Holland war 2001 das erste Land, das die sog. homosexuelle Ehe legalisiert hat. Es ist wahr, daß wie ses auch hier mit einer Art slipper road zu tun haben. Die Legalisierung der hormonellen Kontrazeption in den frühen 60-er Jahren suggerierte, daß man den Sexualakt von der Procreation trennen kann. Als die Kultur sich einmal an diese Idee gewöhnt hatte, kamen wir zu dem Schluss, daß auch andere sexuelle Handlungen außer jener die auf die Procreation gerichtet war, moralisch akzeptabel seien, darunter auch homosexuelle Akte.
Es ist nötig, sich bewußt zu machen, daß diese Dinge miteinander verbunden sind: wenn wir ein Element der Sexualmoral ändern, laufen wir Gefahr das Ganze radikal zu ändern, vielleicht ohnr das zuvor realisiert zu haben."
Es scheint, daß viele in der Politik engagierte Katholiken vielleicht die sog. "nichtverhandelbaren Prinzipien" vergessen haben. ( Verteidigung des Lebens, der natürlichen Familie und der freien Erziehung).
"Die Paragraphen 73-74 in Johannes Pauls II Enzyklika von 1995 "Evangelium Vítae" erlauben, daß Katholische Politiker unter bestimmten Bedingungen- d.h. unter Respektierung der Bedingungen der Zusammenarbeit mit dem Bösen- für ein Gesetz stimmen darf, z.B. ein restriktiveres Gesetz zur Abtreibung- selbst wenn es sich um ein in sich unrechtes Gesetz handelt, in einem Versuch, der Verabschiedung eines schlechteren Gesetzes zuvorzukommen.
Politiker, die so die Zahl der durchgeführten Abtreibungen begrenzen, können diese Aktionen als Beitrag zum Allgemeinwohl ansehen.
Viele katholische Politiker haben so ihre Stimme zugunsten eines Gesetzes zugunsten von Abtreibung oder Euthanasie verteidigt, auch wenn man fragen kann, ob sie wirklich allen in Evangelium Vitae erwähnten Bedingungen gefolgt sind, sodaß man ihre Stimme als Beitrag zum Allgemeinwohl bewerten könnte.
Jetzt, abgesehen von der Tatsache , daß viele katholische Politiker heute weniger gut auf einen Dialog über nichtverhandelbare Prinzipien vorbereitet sind, um zu einem zu rechtfertigenden Kompromiss zu kommen, fürchte ich, daß viele von ihnen diese Dinge nicht länger als nicht verhandelbar ansehen."
Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für diese Situation?
"Die Krise des Glaubens betrifft immer auch moralische Überzeugungen, die ein innerer Teil des Glaubens sind. Die gegenwärtige Krise des Glaubens an Christus hat zu einer Krise des Glaubens an absolute Normen geführt hat, an die Existenz in sich böser Taten und so an die Tatsache, daß bestimmte Prinzipien nicht verhandelbar sind, Aber wir "müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Acta, 5:29) . Menschliche Gesetze müssen mit dem natürlichen Moralgesetz übereinstimmen, das die Würde der Person schützt, die aus der Ordnung kommt, die Gott seiner Schöpfung gegeben hat."
Eminenz, Sie haben gesagt, daß es ein Dokument der Kirche über das Thema Gender nötig ist. Wie ist die gegenwärtige Lage in Holland? Was werden die zukünftigen Folgen sein?
"Die UN andere internationale Institutionen und einzelne Nationen stimulieren die Verbreitung der Gender-Theorie im sozialen Leben und vor allem in der Welt der Erziehung. Aus diesem Grund gibt es die dringende Notwendigkeit für ein lehramtliches Dokument,das die Lehre der Kirche zu den essentiellen Verbindungen zwischen den Geschlechtern , die soziale Rolle von Mann und Frau und das biologische Geschlecht erklärt, die auf der Christlichen Anthropologie beruhen, für die der Körper- einschließlich Sexualität-eine innere Dimension der Person sind.
Die biologische Unterscheidung zwischen Mann und Frau ist auch Teil des Schöpfungssplanes Gottes: "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn. er schuf ihn als Mann und Frau" (Gen. 1:27) .
Das bedeutet, daß der geschlechtliche Unterschied etwas damit zu tun hat, nach dem Bilde Gottes geschaffen zu sein, was deshalb in sich selbst etwas von den Dreieinigen Gott reflektiert, der in sich selbst eine Einheit von drei Personen ist, die sich in ihrer gegenseitigen Beziehung voneinander unterscheiden.
Seit 1985 kann man in Holland bei Gericht beantragen, Geschlecht und Namen auf der Geburtsurkunde zu ändern. Seit 2014 kann jemand, der mindestens 16 Jahre alt ist, die Erklärung eines Experten in einem Zentrum für Gender- Dysphorie vorlegen, und damit fordern, das Geschlecht auf der Geburtsurkunde durch einen Zivilangestellten ändern zu lassen und dann in ihrem Pass, ohne Zustimmung eines Richters, oder medizinische Erklärung und auch ohne Zustimmung der Eltern.
Schon in den 190-er Jahren wurde das erste Zentrum für "Gender-Dysphorie" am Universitätkrankenhaus der Freien Universität von Amsterdam gegründet, dessen Chefarzt 1988 der erste Professor für "Transsexualität" der Welt wurde.
Die medizinisch-hormonelle Behandlung für einen Geschlechtswechsel sowie die notwendigen chirurgischen Prozeduren wurden größtenteils von der allgemeinen Krankenversicherung getragen, die für jeden vorgeschrieben ist.
In nicht allzuferner Zukunft werden die jungen Menschen überall nicht länger den inneren Wert des biologischen Geschlechts verstehen und Gender als Objekt der freien Wahl betrachten, unabhängig vom biologischen Geschlecht. Das hat bereits -und wird es noch mehr tun - zu tiefgreifenden Auswirkungen auf die Art Familie, Ehe und Sexualität zu sehen geführt, was das größte Gebiet der Schwierigkeiten für die Katholische Kirche, ihre Lehre zu verkünden, ist. Und das gilt nicht nur für das Feld von Ehe und Sexualmoral sondern auch für die Sakramententheologie der Hl. Gebote: ohne ein Erkennen oder Verständnis der essentiellen Bedeutung des biologischen Unterschiedes zwischen Mann und Frau kann man die Analogie des Verhältnisses zwischen Christus und der Kirche zu dem zwischen einem Mann und seiner Frau (Eph. 5:21-23) nicht verstehen und kann so auch nicht verstehen, warum nur ein Mann zum Priester geweiht werden kann."
Im Januar haben Sie der niederländischen Tageszeitung "Trouw" ein Interview gegeben, in dem sie die kontroverse Frage der Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene angesprochen haben, ein Thema. das die Frucht des synodalen Prozesses ist. Können Sie ihre Gedanken zu diesem Vorschlag wiederholen?
"Die Frage ob es möglich ist, dem zuzustimmen, daß die sog. wiederverheirateten Geschiedenen die sakramentale Absolution erhalten und somit dei Eucharistie zerbricht die Kirche. Wir erleben eine zeitweilig auf jeder Ebene sehr vehemente Debatte zwischen Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Laien.
Die Quelle der Verwirrung ist die postsynodale Exhortation "Amoris Laetitia" die Papst Franziskus am Ende der Familiensynode 2014 und 2015 geschrieben hat. Diese Verwirrung begriff besonders den § 305 der Exhortation. Wir sehen, daß einige Bischofskonferenzen pastorale Richtlinien eingeführt haben, die vorsehen, daß wiederverheiratete Geschiedene unter einer Reihe von Bedingungen zur Kommunion zugelassen werden können, nach eine Zeit der Unterscheidung seitens des Priesters, der sie begleitet. Im Gegensatz dazu, schließen andere Bischofskonferenzen diese Möglichkeit aus. Was in Platz A wahr ist, kann in Platz B nicht falsch sein. Diese verschiedenen Interpretationen der Exhortation, die Fragen der Doktrin betrifft, verursachen Verwirrung unter den Gläubigen.
Deshalb wäre ich glücklich, wenn der Papst in dieser Sache Klarheit schaffen würde vorzugsweise mit einer Art lehramtlichen Dokument. Ich selber habe an beiden Familiensynoden teilgenommen und habe argumentiert, daß wir dem Empfang der Kommunion durch wiederverheiratete Geschiedene nicht zustimmen können, das habe ich auch in einem Artikel, geschrieben, der in einem Buch veröffentlicht wurde, der die Reden von 11 Kardinälen enthält, (Elf Kardinäle sprechen über Ehe und Familie, Ignatius Press, 2015) "
Können Sie Ihren Standpunkt kurz erklären?
"Jesus selbst sagte, daß die Ehe unauflöslich ist (Mt.5:32; 19:9: Mk 10: 11-12, Lk 16:18). Im Matthäusevangelium (19:9, cfr 5:32) scheint Jesus eine Ausnahme zuzulassen, und die ist, daß man seine Frau "im Fall des Ehebruchs" verstoßen kann.
Aber die genaue Bedeutung des griechischen Worte "porneia" hier als Ehebruch übersetzt, ist unsicher und bedeutet höchst wahrscheinlich eine inzestuöse Beziehung -durch die Ehe zwischen Verwandten (Leviticus 18: 6-18 und Acta 15: 18-28). Das schwerwiegendste Argument , weshalb man nicht zustimmen kann, daß wiederverheiratete geschiedene die Kommunion empfangen, liegt in der Analogie der Beziehung zwischen Ehemann und -frau, die wie die von Christus zur Kirche ist (Eph. 5:23-32) . Die Beziehung zwischen Christus und der Kirche ist die totale gegenseitige Hingabe.
Die totale Hingabe Christi an die Kirche verwirklicht sich in der Hingabe seines Lebens am Kreuz.
Die totale Hingabe, wird im Sakrament der Eucharistie gegenwärtig gemacht,
Wer immer an der Eucharistie teilnimmt, sollte aus sich selbst eine totale Gabe machen, die an der totalen Gabe Christi an die Kirche teilhat. Wer immer sich scheiden läßt und in einer zivilen Zeremonie wieder heiratet, während die erste Ehe nicht annulliert wurde, verletzt die totale gegenseitige Hingabe, die die erste Ehe bedeutet.
Die zweite Ehe in einer zivilen Zeremonie ist keine wahre und richtige Ehe. Die Verletzung der totalen Hingabe in der ersten Ehe, die noch als gültig angesehen wird, und das Nichtvorhandensein des Willens die Bedingungen für diese totale Gabe einzuhalten, macht die in die zweite Ehe verwickelte Person unwürdig, an der Eucharistie teilzunehmen, die die totale Hingabe Christi an die Kirche darstellt. Das ändert jedoch nichts daran, daß der geschiedene und wiederverheiratete trotzdem an der liturgischen Feier , einschließlich der Eucharistiefeier teilnehmen, ohne die Hl. Kommunion zu empfangen und daß der Priester sie pastoral begleiten kann.
Im Fall, daß die wiederverheirateten Geschiedenen sich nicht trennen können, z.B: wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber gemeinsamen Kindern, können sie zur Hl. Kommunion oder zum Sakrament der Buße nur zugelassen werden, wenn sie den in § 84 von Familiaris Consortio und in § 29 von Sacramentum Caritatis erwähnten Bedingungen entsprechen. Eine dieser Bedingungen ist, daß sie sich selbst verpflichten müssen, wie Bruder und Schwester zu leben, also nicht weiter eine sexuelle Beziehung zu unterhalten.
Quelle: OnePeterFive, M.Hickson, Kardinal W.Eijk, Il Timon
"Die Krise des Glaubens betrifft immer auch moralische Überzeugungen, die ein innerer Teil des Glaubens sind. Die gegenwärtige Krise des Glaubens an Christus hat zu einer Krise des Glaubens an absolute Normen geführt hat, an die Existenz in sich böser Taten und so an die Tatsache, daß bestimmte Prinzipien nicht verhandelbar sind, Aber wir "müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Acta, 5:29) . Menschliche Gesetze müssen mit dem natürlichen Moralgesetz übereinstimmen, das die Würde der Person schützt, die aus der Ordnung kommt, die Gott seiner Schöpfung gegeben hat."
Eminenz, Sie haben gesagt, daß es ein Dokument der Kirche über das Thema Gender nötig ist. Wie ist die gegenwärtige Lage in Holland? Was werden die zukünftigen Folgen sein?
"Die UN andere internationale Institutionen und einzelne Nationen stimulieren die Verbreitung der Gender-Theorie im sozialen Leben und vor allem in der Welt der Erziehung. Aus diesem Grund gibt es die dringende Notwendigkeit für ein lehramtliches Dokument,das die Lehre der Kirche zu den essentiellen Verbindungen zwischen den Geschlechtern , die soziale Rolle von Mann und Frau und das biologische Geschlecht erklärt, die auf der Christlichen Anthropologie beruhen, für die der Körper- einschließlich Sexualität-eine innere Dimension der Person sind.
Die biologische Unterscheidung zwischen Mann und Frau ist auch Teil des Schöpfungssplanes Gottes: "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn. er schuf ihn als Mann und Frau" (Gen. 1:27) .
Das bedeutet, daß der geschlechtliche Unterschied etwas damit zu tun hat, nach dem Bilde Gottes geschaffen zu sein, was deshalb in sich selbst etwas von den Dreieinigen Gott reflektiert, der in sich selbst eine Einheit von drei Personen ist, die sich in ihrer gegenseitigen Beziehung voneinander unterscheiden.
Seit 1985 kann man in Holland bei Gericht beantragen, Geschlecht und Namen auf der Geburtsurkunde zu ändern. Seit 2014 kann jemand, der mindestens 16 Jahre alt ist, die Erklärung eines Experten in einem Zentrum für Gender- Dysphorie vorlegen, und damit fordern, das Geschlecht auf der Geburtsurkunde durch einen Zivilangestellten ändern zu lassen und dann in ihrem Pass, ohne Zustimmung eines Richters, oder medizinische Erklärung und auch ohne Zustimmung der Eltern.
Schon in den 190-er Jahren wurde das erste Zentrum für "Gender-Dysphorie" am Universitätkrankenhaus der Freien Universität von Amsterdam gegründet, dessen Chefarzt 1988 der erste Professor für "Transsexualität" der Welt wurde.
Die medizinisch-hormonelle Behandlung für einen Geschlechtswechsel sowie die notwendigen chirurgischen Prozeduren wurden größtenteils von der allgemeinen Krankenversicherung getragen, die für jeden vorgeschrieben ist.
In nicht allzuferner Zukunft werden die jungen Menschen überall nicht länger den inneren Wert des biologischen Geschlechts verstehen und Gender als Objekt der freien Wahl betrachten, unabhängig vom biologischen Geschlecht. Das hat bereits -und wird es noch mehr tun - zu tiefgreifenden Auswirkungen auf die Art Familie, Ehe und Sexualität zu sehen geführt, was das größte Gebiet der Schwierigkeiten für die Katholische Kirche, ihre Lehre zu verkünden, ist. Und das gilt nicht nur für das Feld von Ehe und Sexualmoral sondern auch für die Sakramententheologie der Hl. Gebote: ohne ein Erkennen oder Verständnis der essentiellen Bedeutung des biologischen Unterschiedes zwischen Mann und Frau kann man die Analogie des Verhältnisses zwischen Christus und der Kirche zu dem zwischen einem Mann und seiner Frau (Eph. 5:21-23) nicht verstehen und kann so auch nicht verstehen, warum nur ein Mann zum Priester geweiht werden kann."
Im Januar haben Sie der niederländischen Tageszeitung "Trouw" ein Interview gegeben, in dem sie die kontroverse Frage der Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene angesprochen haben, ein Thema. das die Frucht des synodalen Prozesses ist. Können Sie ihre Gedanken zu diesem Vorschlag wiederholen?
"Die Frage ob es möglich ist, dem zuzustimmen, daß die sog. wiederverheirateten Geschiedenen die sakramentale Absolution erhalten und somit dei Eucharistie zerbricht die Kirche. Wir erleben eine zeitweilig auf jeder Ebene sehr vehemente Debatte zwischen Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Laien.
Die Quelle der Verwirrung ist die postsynodale Exhortation "Amoris Laetitia" die Papst Franziskus am Ende der Familiensynode 2014 und 2015 geschrieben hat. Diese Verwirrung begriff besonders den § 305 der Exhortation. Wir sehen, daß einige Bischofskonferenzen pastorale Richtlinien eingeführt haben, die vorsehen, daß wiederverheiratete Geschiedene unter einer Reihe von Bedingungen zur Kommunion zugelassen werden können, nach eine Zeit der Unterscheidung seitens des Priesters, der sie begleitet. Im Gegensatz dazu, schließen andere Bischofskonferenzen diese Möglichkeit aus. Was in Platz A wahr ist, kann in Platz B nicht falsch sein. Diese verschiedenen Interpretationen der Exhortation, die Fragen der Doktrin betrifft, verursachen Verwirrung unter den Gläubigen.
Deshalb wäre ich glücklich, wenn der Papst in dieser Sache Klarheit schaffen würde vorzugsweise mit einer Art lehramtlichen Dokument. Ich selber habe an beiden Familiensynoden teilgenommen und habe argumentiert, daß wir dem Empfang der Kommunion durch wiederverheiratete Geschiedene nicht zustimmen können, das habe ich auch in einem Artikel, geschrieben, der in einem Buch veröffentlicht wurde, der die Reden von 11 Kardinälen enthält, (Elf Kardinäle sprechen über Ehe und Familie, Ignatius Press, 2015) "
Können Sie Ihren Standpunkt kurz erklären?
"Jesus selbst sagte, daß die Ehe unauflöslich ist (Mt.5:32; 19:9: Mk 10: 11-12, Lk 16:18). Im Matthäusevangelium (19:9, cfr 5:32) scheint Jesus eine Ausnahme zuzulassen, und die ist, daß man seine Frau "im Fall des Ehebruchs" verstoßen kann.
Aber die genaue Bedeutung des griechischen Worte "porneia" hier als Ehebruch übersetzt, ist unsicher und bedeutet höchst wahrscheinlich eine inzestuöse Beziehung -durch die Ehe zwischen Verwandten (Leviticus 18: 6-18 und Acta 15: 18-28). Das schwerwiegendste Argument , weshalb man nicht zustimmen kann, daß wiederverheiratete geschiedene die Kommunion empfangen, liegt in der Analogie der Beziehung zwischen Ehemann und -frau, die wie die von Christus zur Kirche ist (Eph. 5:23-32) . Die Beziehung zwischen Christus und der Kirche ist die totale gegenseitige Hingabe.
Die totale Hingabe Christi an die Kirche verwirklicht sich in der Hingabe seines Lebens am Kreuz.
Die totale Hingabe, wird im Sakrament der Eucharistie gegenwärtig gemacht,
Wer immer an der Eucharistie teilnimmt, sollte aus sich selbst eine totale Gabe machen, die an der totalen Gabe Christi an die Kirche teilhat. Wer immer sich scheiden läßt und in einer zivilen Zeremonie wieder heiratet, während die erste Ehe nicht annulliert wurde, verletzt die totale gegenseitige Hingabe, die die erste Ehe bedeutet.
Die zweite Ehe in einer zivilen Zeremonie ist keine wahre und richtige Ehe. Die Verletzung der totalen Hingabe in der ersten Ehe, die noch als gültig angesehen wird, und das Nichtvorhandensein des Willens die Bedingungen für diese totale Gabe einzuhalten, macht die in die zweite Ehe verwickelte Person unwürdig, an der Eucharistie teilzunehmen, die die totale Hingabe Christi an die Kirche darstellt. Das ändert jedoch nichts daran, daß der geschiedene und wiederverheiratete trotzdem an der liturgischen Feier , einschließlich der Eucharistiefeier teilnehmen, ohne die Hl. Kommunion zu empfangen und daß der Priester sie pastoral begleiten kann.
Im Fall, daß die wiederverheirateten Geschiedenen sich nicht trennen können, z.B: wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber gemeinsamen Kindern, können sie zur Hl. Kommunion oder zum Sakrament der Buße nur zugelassen werden, wenn sie den in § 84 von Familiaris Consortio und in § 29 von Sacramentum Caritatis erwähnten Bedingungen entsprechen. Eine dieser Bedingungen ist, daß sie sich selbst verpflichten müssen, wie Bruder und Schwester zu leben, also nicht weiter eine sexuelle Beziehung zu unterhalten.
Quelle: OnePeterFive, M.Hickson, Kardinal W.Eijk, Il Timon
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