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Freitag, 20. Juli 2018

Roberto de Mattei zu "Humanae Vitae" und dem Buch Msgr. Marengos über ihre Entstehung

Auch Roberto de Mattei kommentiert das Buch von Msgr. Marengos über die Entstehung von  "Humanae Vitae". Das tut er bei Corrispondenza Romana. 
Hier geht´s um Original:  klicken

"DIE ENTSTEHUNG VON HUMANAE VITAE IM LICHT DER VATICANISCHEN ARCHIVE"

"Zu Beginn des Jahres 2017 hat Papst Franziskus eine "Studienkommission" zusammengestellt, um den 50. Jahrestag der Enzyklika Humanae Vitae (25. 7. 2018) vorzubereiten.

Die Existenz dieser "geheimen" Kommission wurde einige Monate später durch zwei katholische  Publikationen bekannt: Stilum Curiae  (http://www.marcotosatti.com/2017/05/11/humanae-vitae-voci-su-una-commissione-di-studio-vaticana-per-esaminare-lenciciclica-di-paolo-vi/
und Corrispondenza Romana  (https://www.corrispondenzaromana.it/il-piano-di
reinterpretazione-della-humanae-vitae/).

Die von Msgr. Gilfredo Marengo koordinierte Kommission hat die Aufgabe, in den Vaticanischen Archiven die Dokumentation zu den Vorbereitungsarbeiten für Humanae Vitae zu finden, die während und nach dem II.Vaticanischen Konzil stattfanden. 

Erste Frucht dieser Arbeit ist der Band von Msgr. Gilfredo Marengo "Die Entstehung einer Enzyklika. Humanae Vitae im Licht der Vaticanischen Archive"- herausgegeben von der Libreria Editrice Vaticana. Andere Veröffentlichungen folgen vielleicht und andere Dokumente werden Papst Franziskus wahrscheinlich auf privatem Wege vorgelegt werden. 


Vom geschichtlichen Standpunkt aus ist das Buch von Msgr. Marengo enttäuschend. Das beste Buch über die Entstehung und die Folgen von Humanae Vitae - eingebettet in den Kontext der kontrazeptiven Revolution- bleibt meiner Meinung nach das von Renzo Puccetti "Die Gifte der Empfängnisverhütung" (Ed, Studio Domenicano, Bologna 2013) 

Msgr. Marengos Studie enthält keinerlei Neuigkeiten. Die wichtigste Veröffentlichung eines Gesamttextes einer Enzyklika "De nascendi prolis" (Ss. 215- 238), den nach fünfjähriger qualvoller Arbeit Paul VI am 9. Mai 1968 approbierte, wobei er das Datum der Promulgierung auf das Himmelfahrtsfest (23. Mai) festelegte.





Die Enzyklika, die Msgr. Marengo als "Eine rigorose Verkündung der Morallehre" definiert, war schon in lateinischer Sprache gedruckt, als es zu einem Theaterdonner kam. Die beiden französischen Übersetzer Msgr. Jacques Martin und Msgr. Paul Poupard drückten schwere Bedenken über den zu traditionellen Angang des Dokumentes aus. Paul VI, der von den Kritiken beeindruckt war, arbeitete persönlich an zahlreichen Veränderungen des Textes, und wechselte vor allem den pastoralen Ton, der für die kulturellen und sozialen Anforderungen der zeitgenössischen Welt offen war.

Zwei Monate später hatte sich "De nascendi prolis" in "Humanae Vitae" verwandelt. Die Sorge des Papstes war, daß diese Enzyklika auf so unproblematische Weise wie möglich aufgenommen würde.  (S. 121) - dank nicht nur der sprachlichen Neuformlierung sondern auch der Abwertung ihres dogmatischen Charakters. (S. 103)

Msgr. Marengo erinnert daran, daß Paul VI die Einladung des Erzbischofs von Krakau, Karol Wojtyla, nicht annahm, eine "Pastorale Instruktion herauszugeben, um zweifelsfrei die doktrinale Wichtigkeit von Humanae Vitae angesichts der verschiedenen Widerstandsbewegungen (S.128) zu bestätigen.

Das Ziel oder eher das Resultat des Buches von Msgr. Marengo scheint zu sein, Pauls VI Enzyklika zu relativieren, die als die Phase in einer komplexen historischen Lage erscheint, die weder mit der Veröffentlichung von Humanae Vitae endete noch mit den Diskussionen, die ihr folgten,
Man kann nicht vorgeben, "ein definitives Wort zu sprechen und die jahrzehntelange Diskussion zu beenden, auch wenn das nötig wäre." (S. 11)

Auf Basis der geschichtlichen Rekonstruktion von Mgr. Marengo werden die neuen Theologen, die sich auf Amoris Laetitia beziehen, sagen, daß die Lehre von Humanae Vitae sich nicht geändert hat, sondern in ihrer Komplexität verstanden werden muß, ohne sich auf die Verdammung der Empfängnisverhütung zu konzentrieren, die nur einen Aspekt darstellt,
Die Pastoralität - wird hingefügt werden- ist das Kriterium zur Interpretation eines Dokumentes, das uns an die Lehre der Kirche zur Geburtenregelung erinnert, aber auch an die Notwendigkeit, sie mit einer weisen pastoralen Differenzierung anzuwenden. Es handelt sich- letzten Endes- darum, "Humanae Vitae" im Licht von "Amoris Laetitia" zu lesen.

"Humanae Vitae" war eine erlittene Enzyklika (so hat Paul VI sie selber definiert)  und sicher mutig.
Die Essenz der Revolution der 68-er war ja in der Formel "es ist verboten, etwas zu verbieten" enthalten, einem Slogan, der im Namen der Befreiung der Instinkte und Begierden die Ablehnung jeglicher Autorität und jedes Gesetzes ausdrückte.

"Humanae Vitae"erinnerte- indem sie die Verurteilung von Abtreibung und Kontrazeption wieder aufnahm,- daran, daß nicht alles erlaubt ist, daß es ein Naturgesetz gibt und eine höchste Autorität, die Kirche, die das Recht und die Pflicht hat, es zu bewahren.
"Humanae Vitae" war aber dennoch keine "prophetische" Enzyklika. Sie wäre es gewesen, wenn  sie es gewagt hätte, den falschen Propheten des Malthusianismus die göttlichen Worte "seid fruchtbar und mehret euch" (Gen, 1,28; 9,27) entgegenzusetzen.

Das hat er nicht getan, weil Paul VI in seiner Angst, die Welt zu verletzen, den Mythos von der Bevölkerungsexplosion akzeptierte, der 1968 durch das Buch "Die Bevölkerungsbombe" von Paul Ehrlich in die Welt gesetzt wurde.
Eben dieser Paul Ehrlich ist 2017 von Msgr Marcelo Sánchez Sorondo dazu eingeladen, beim von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaft zum Thema "Biologisches Aussterben. Wie können wir die natürliche Welt retten, von der wir abhängen" veranstalteten Kongress (27.2. - 1. 3. 2017) an seine Theorien zur Überbevölkerung zu erinnern.

In diesem Band beschreibt der Autor die Katastrophen-Szenarien, die die Bewohner der Erde erwarten, wenn keine Vorkehrungen getroffen würden, das Bevölkerungswachstum zu stoppen.
Genau das, was die Enzyklika zu Recht verdammt, ist die künstliche Empfängnisverhütung, aber ohne das neue "Dogma" der Geburtenreduzierung zurückzuweisen.
Humanae Vitae ersetzt die Göttliche Vorsehung, die bis dahin die Geburten in den christlichen Famlien geregelt hatte durch die menschliche Kalkulation der "verantwortungsvollen Elternschaft".

Das Lehramt der Kirche besagt aber-auf doktrinale Weite- daß die Empfängnsiverhütung nicht nur deshalb verurteilt wird, weil die Methode in sich unnatürlich ist. sondern auch weil sie sich direkt dem primären Ziel der Ehe - der Procreation- entgegenstellt.
Wenn man nicht zustimmt, daß das Ziel der Procreation in dieser Vereinigung überwiegt, könnte man die These aufstellen, daß die Empfängnisverhütung legitim sein kann, wenn sie die "intima communitas" der Ehepartner beinflußt.

Johannes Paul II hat die Lehre von Humanae Vitae kraftvoll verteidigt, aber die während seines Pontifikates verbreitete Wahrnehmung der ehelichen Liebe steht am Ursprung vieler Mißverständnisse. Ich empfehle zu diesem Gesichtspunkt die genauen Beobachtungen von Pietro Leone. Pseudonym eines sehr guten zeitgenössischen Theologen, in seinem Buch "Angriff auf die Familie" (Solfanelli, 2017)

In den vergangenen 50 Jahren wurde -auch Dank einer irreführenden Vorstellung vom Zweck der Ehe- die päpstliche Ehe missachtet und die Praxis der Verhütung und Abtreibung, des unehelichen Zusammenlebens, der Homosexualität weit verbreitet. Das postsynodale Schreiben "Amoris Laetitia" ist das Ergebnis einer langen Reise.

Die Sätze, die Kardinal Leo-Joseph Suenens am 29. September 1964 in der Konzilsaula sprach, wurden fast wörtlich wiederholt: "Es könnte sein, daß wir die Worte der Schrift "seid fruchtbar und mehre euch" so betont haben, daß wir das andere göttliche Wort im Schatten haben stehen lassen: "Die beiden sollen ein Fleisch sein" , hat Papst Franziskus in Amoris Lastitia bekräftigt: "Oft haben wir die Ehe auf eine Weise dargestellt, daß ihr vereinigender Wert, die Einladung in der Liebe zu wachsen und das Ideal der gegenseitigen Hilfe im Schatten geblieben sind,  wegen einer fast ausschließlichen Betonung der Pflicht zur Procreation" (Nr.36)

Wenn wir diese Worte auf den Kopf stellen, können wir sagen, daß wir in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschließlich das Bibelwort "Die beiden sollen ein Fleisch sein" betont haben- bis zu dem Punkt, das andere Gotteswort "Seid fruchtbar und mehret euch" im Schatten zu lassen.
Und von diesem bedeutungsreichen Wort müssen wir zu einer nicht nur demographischen sondern auch spirituellen und moralischen Wiedergeburt Europas und des christlichen Westens ausgehen."
Roberto de Mattei

Quelle: Corrispondenza Romana, R.d.Mattei  

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