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Mittwoch, 27. Februar 2019

Die Hexenjagd downunder geht weiter

Marco Tosatti analysiert und kommentiert bei La Nuova Bussola Quotidiana Prozess und  Urteil, das in Australien gegen Kardinal Pell gefällt wurde.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"DER SELTSAME FALL DER VERURTEILUNG KARDINAL PELLS"
Die Verurteilung ersten Grades Kardinal Pells in Australien verblüfft sehr. Sie bezieht sich auf eine Episode im Jahr 1996, als er zwei Chormitglieder der Melbourner Kathedrale belästigt haben soll. Aber die von der Anklage vorgebrachten Umstände sind schlicht unwahrscheinlich.  Es scheint sich eher um einen Fall von juristischer Verfolgung zu handeln, die durch ein durch die schweren Fälle von Priestern verübten sexuellen Mißbrauchs von Minderjährigen befeuertes stark antikatholisches Klima ermöglicht wurde. 

Gestern haben alle Zeitungen die Nachricht von der- allerdings bereits im vergangenen Dezember stattgefundenen Verurteilung Kardinal Pells veröffentlicht, der angeklagt war, sexuellen Mißbrauch begangen zu haben- wir werden das dann sehen- an einem unbestimmten Datum 1996 als er Erzbischof von Melbourne war und einmal in den 70-er Jahren als er Priester in Ballarat war. 
Diese zweite Anklage ist allerdings fallen gelassen worden. (wahrscheinlich wegen der Substanzlosigkeit der Beschuldigung) -weshalb es keinen zweiten Prozess geben wird. 

Aber auch zum ersten gibt es viel zu sagen: unser Eindruck-und nicht nur unserer- ist, daß es sich um eine Art juristische Verfolgung handelt, im heutigen Australien durch ein stark antikatholisches und antireligiöses Klima möglich gemacht und durch die begleitende Welle der öffentlichen Empörung über sexuellen Mißbrauch. Der -wie wir wissen- hauptsächlich in den Familien, in Schulen und im sportlichen Umfeld passiert, aber dank der naiven und absichtlichen Verzerrung durch die Medien nur in der Kirche vorzukommen scheint. 

Am 11. Dezember 2018 wurde Pell schuldig gesprochen, zwei frühere Chormitglieder der Kathedrale von Melbourne sexuell angegriffen zu haben. Das Urteil folgte einem fünfwöchigen Prozess. Einzigartig ist, daß der Amtsrichter ein anderes Urteil und eine andere Jury verlangte, nachdem die Jury in einem ersten Verfahren im Oktober 2018 zu keinem einstimmigen Urteil gekommen war. 
Verschiedene Quellen, die beim ersten Prozess anwesend waren, haben berichtet daß das Urteil der Geschworenen 10:2 zugunsten Pells ausgefallen war. Die zweite Jury hat drei Tage gebraucht, um Pell schuldig zu befinden, an einem unbestimmten Tag in der zweiten Hälfte von 1996 zwei Chormitglieder in der Sakristei der Kathedrale von Melbourne sexuelle mißbraucht zu haben. 

Der sexuelle Mißbrauch an zwei Chormitgliedern soll von Pell unmittelbar nach der Sonntagsmesse von 10:30 in der Melbourner Kathedrale begangen worden sein. Pell wurde beschuldigt beide Chormitgliedern bei diesem Vorfall mißbraucht zu haben und zu einer anderen Zeit, einen der Jungen in einem Korridor der Kathedrale angegriffen zu haben.
Der Amtsrichter  hat eine Verfahrensregel angewendet, um  zu verhindern, daß Einzelheiten der Anhörung und Einzelheiten des Verfahrens - die trotzdem durchsickerten- in der Öffentlichkeit bekannt wurden.




Was man wirklich sofort erfuhr, war daß das Urteil sich auf eine einziges Zeugenaussage stützt-und wie wir im Detail sehen werden.-zwar eine sehr umstrittene. In dem Augenblick wo der zweite Prozess aufgegeben wurde, fiel auch das Embargo. Eines der angeblichen Opfer hat durch seine Anwälte eine Erklärung veröffentlichen lassen. "Wie viele andere Opfer habe ich Jahre gebraucht, um die Auswirkungen auf mein Leben zu verstehen" sagte er " Zu einem gewissen Zeitpunkt  wird man sich bewußt, daß wir jemandem vertraut haben, den wir hätten fürchten müssen und wir fürchten  die echten Beziehungen, denen wir vertrauen sollten."

Pell hat die Vorwürfe von Anfang an geleugnet und sich für "nicht schuldig" erklärt. und behauptet immer noch seine Unschuld. Pell war im Vatican als die Sache begann und hat den Pontifex um Erlaubnis gebeten, nach Australien zurück zu kehren, um sich zu verteidigen.
Er sagte: " Das war ein unbarmherziger Rufmord, ich kann kaum erwarten, vor Gericht zu gehen, ich bin in den Anklagepunkten unschuldig." Sein Anwalt hat bestätigt, daß der Anklage "einfach absurd" seien und "letztendlich auf einer Art Phantasie, oder Fiktion oder Erfindung beruhen" und er fügte hinzu,, daß Pell Widerspruch gegen das Urteil eingelegt hat.

Ein kurioser Gesichtspunkt: diese schwerwiegenden Beschuldigungen wurden erst dann erhoben nachdem Pell von Papst Franziskus 2014 auf eine Schlüsselstellung im Vaticanischen Finanzsystem in Rom ernannt wurde.  Der Pontifex hatte Pell damit beauftragt, das Finanz-und Wirtschaftssystem des Vaticans komplett zu reformieren  und dem Sekretariat wir Wirtschaftsbelange praktisch absolute Macht über praktisch alles verliehen, beginnend mit den persönlichen Gehältern.
Das hat Widerstand hervorgerufen- siegreich- sehr stark vom Staatssekretariat und den lebenswichtigen Finanzgruppen in den Händen von mit Kardinal Bertone verbundenen Männern. Während dieses Prozesses gab Pell öffentlich bekannt, er habe 1 Million Euro auf  Konten entdeckt habe, die in keinem Budget aufgeführt wurden. Pell hat versprochen, einen vollständigen Bericht über diese Konten zu verfassen, aber inzwischen wurden in Australien die Vorwürfe erhoben.

Es ist interessant, festzustellen, in welchen Punkten sich Anklage und Verteidigung unterscheiden. Pell wurde im Dezember schuldig gesprochen,zwei Jungen von 13 Jahren in der Sakristei der Kathedrale sexuelle mißbraucht  (indem er ihnen seinen Penis zeigte) und sich einige Wochen später einige Wochen später in einem Korridor der Kathedrale einem anderen Chorjungen auf unanständige Weise genähert zu haben.
Die Anklage sagte, daß Pell die die Gelegenheit hatte, diese Verbrechen zu begehen. Die Verteidigung sagte, daß das unmöglich war, daß diese Taten in der Kathedrale voller Menschen wenige Minuten nach der Messe unbeobachtet geblieben wären.

Die Episode in der Sakristei
Die Verteidigung hat gesagt, daß das Beschuldigte- Pell habe zwei Jungen aus dem Chor in einen als Sakristei bekannten Raum der Priester im hinteren Teil der Kathedrale mitgenommen und sie sexuell mißbraucht habe- mindestens sechs Minuten gedauert haben würde und nicht unbeobachtet hätte bleiben können. Die Verteidigung sagt auch, daß die Sakristei nach der Messe ein Bienenstock an Geschäftigkeit sei und ein Ministrant bezeugte, daß keine 30 Sekunden vergingen, ohne daß ein Priester, Ministrant oder Kirchenfunktionäre in diesen Raum eintritt und Kelche und Missale vom Altar zurückbringen oder dem Erzbischof helfen, sich der Paramente zu entledigen oder sich selbst umzukleiden.

Außerdem hat die Verteidigung auch gesagt, daß Pell die Gewohnheit hatte, auf den Treppen der Kathedrale stehen zu bleiben und sich mit den Gläubigen zu unterhalten, nach den beiden ersten Sonntagsmessen, die er als Erzbischof in der Kathedrale zelebrierte, und genau zu diesem Zeitpunkt behauptet der Kläger belästigt worden zu sein.  Die Aussagen zeigen, daß die Episode in der Sakristei nur am 15. oder 22. Dezember 1996 stattgefunden haben können.
Die Verteidigung hat daran erinnert, daß die aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kirchenprotokolle  verlangen, daß ein Bischof nie allein sein soll, wenn er sich für die Messe ankleidet und Pell sei mit den Paramenten des Erzbischofs bekleidet gewesen - mit Hirtenstab und Mitra- als sich die TAt ereignet haben soll.

Der Zeremonienmeister der Kathedrale. Msgr. Portelli, hat bezeugt, sich zu erinnern, Pell begleitet und dem Erzbischof während der ersten beiden Sonntagsmessen Pells in der Kathedrale sich an-und umzukleiden. Die Anklage sagte, daß Portelli, der 20 Zigaretten am Tag raucht, angedeutet habe, er habe Pell an der Tür der Sakristei allein gelassen zu haben, um eine Zigarette rauch zu gehen. Aber Portelli leugnet, den Erzbischof verlassen zu haben und die Anklage hat die Jury angewiesen, das als reine Hypothese fallen zu lassen.

Und dann ist da das Problem der Bekleidung. Die Verteidigung hat behauptet, daß Pell seine Kleidung nicht hätte öffnen können, um seinen Penis zu zeigen, wie der KLäger gegenüber der Polizei behauptet hatte, Der Verteidiger Robert Richter hat ein solches Szenario als "lächerlich" bezeichnet , eine wahre "Absurdität".Außerdem hat die Verteidigung den Kläger seine Aussagen in einem folgenden Zeugnis geändert zu haben, nachdem er bemerkte, daß die von Pell getragenen Kleidungstücke keine Öffnung in der Mitte hatten. Der Jury wurden die unhandlichen Kleidungsstücke im Geschworenenzimmer gezeigt, um sie während ihrer Diskussion zu untersuchen. Die Anklage hat behauptet, daß das lange als Alba bekannte Gewand keine Rüstung sei und daß es nur wenige Unterschiede zwischen den beiden vom Kläger vorgebrachten Versionen gäbe.

Die Korridor-Episode ist- wen dass möglich sein sollte- noch umstrittener. Die Verteidigung hat behauptet, daß Pell nach der Messe vom 23. Februar 1997 einen Chorjungen nicht gegen eine Mauer des Korridors hätte drücken können, um auf schmerzhafte Weise seine Genitalien zu pressen, ohne bemerkt zu werden, auch wenn es dort einen Mittelpfeiler gibt, "Es ist nicht wichtig, ob dieser Herr, George Pell, der 1,93 m groß ist, sich hinter einem Pfeiler versteckte oder nicht, er hätte sich nicht hinter einem Pfeiler verstecken können. Er wäre von jedem im Korridor gesehen worden, wenn er jemanden gegen eine Mauer gedrückt hätte, um seine Genitalien zu berühren. Und deshlab sagen wir, daß das pure "Dummheit" ist, argumentierte die Verteidung.
Die Anklage sagte, daß der unanständige Übergrif nur kurz gedauert habe und daß er vielleicht nicht stehen gebleiebn sei, um mit sonst mit den Gläubigen zu sprechen, weil er in einem Vorort von Melbourne eine weitere Messe zelebrieren mußte.

Eines der zahlreichen Probleme in diesem Prozess ist die Glaubwürdigkeit des Klägers. Die
Verteidigung hat festgestellt, daß der 34-jährige Kläger keinen weiteren Zeugen gefunden hat, um seine Anschuldigungen zu erhärten. Und das andere angebliche Opfer hatte bevor es 2014 an einer
Überdosis starb, zu seinen Eltern gesagt, niemals belästigt worden zu sein während er als Junge Chormitglied war.

Die Verteidigung hat erklärt, daß die Version des Klägers voll von "Unwahrscheinlichem und Unmöglichen" war. "Seine Erzählung basiert im Grunde auf irgendwelchen Phantasien , auf Fiktion oder Erfindung. Ich ziehe es vor, zu denken, daß es sich nicht um eine reine Erfindung handelt
sondern auf irgendwelchen Phantasien, die ihn im Laufe der Jahre dazu brachten, zu denken, er sei angegriffen worden." Außerdem waren andere Diskrepanzen in der Erzählung ofensichtlich- wie zwei Jungen sich aus der Prozession entfernt haben und wie Pell das hätte tun können. Um nicht vom Wein zu sprechen, der Kläger sagte, daß der Wein, den er trank als Pell ihn überraschte und der angebliche Mißbrauch stattfand, Rotwein gewesen sei- während dagegen in der Kathedrale immer Weißwein benutzt wurde, der außerdem in der Sakristei verschlossen aufbewahrt wurde.

Wir  werden sehen, ob - ein wahrscheinliches - Revisionsverfahren, das in den nächsten Wochen stattfinden könnte- diesen beeindruckenden Widersprüchen gerecht wird. Die einen schweren Schatten auf das Urteil werfen. Der Verzicht, einen weiteren Prozess zu führen- jenen über Ballarat- ist außerdem ebenso wackelig wie der Verdacht und die Beweise- und rechtfertig den Verdacht, daß in Australien der Verdacht genügt, um um jeden Preis - auch gegen den normalen Menschenverstand-. einen hochrangigen katholischen Schuldigen zu suchen,

Quelle: LNBQ, M. Tosatti 

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