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Freitag, 10. Mai 2019

Magister: "Papst Benedikt XVI wird wie Papst Leo der Große wegen seiner Predigten in die Geschichte eingehen."

Sandro Magister kündigt bei Settimo Cielo die Veröffentlichung eines Bandes unveröffentlichter Predigten von Joseph Ratzinger an und läßt dann den Anfang der Osterpredigt von 1990 in Wigratzbad folgen.
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"AUFERSTANDEN NACH DER SCHRIFT". EINE UNVERÖFFENTLICHTE OSTERPREDIGT VON JOSEPH RATZINGER" 

Nach der aufsehenerregenden Veröffentlichung seiner Notizen zum sexuellen Mißbrauchsskandal in der Katholischen Kirche, nach dem Erscheinen seines Briefwechsels mit dem Wiener Ober-Rabbiner  jetzt in kurzem Abstand eine neue Veröffentlichung des Papa emeritus Benedikt XVI- die Publikation von 25 Predigten-fast alle zum ersten mal.

Die meisten von ihnen stammen aus den 70-er und 80-er Jahren, die jüngste von 2003. Sie sind nach der liturgischen Zeit geordnet: Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern und schließlich die gewöhnliche Zeit.

Die Herausgabe hat Pierluca Azzaro besorgt, der auch der italienische Übersetzer dieser und anderer Texte Joseph Ratzingers.

Die Ausgabe des Bandes in italienischer Sprache ist die erste, die seit dem 2. Mai in den Büchereien zur Verfügung stand, ist von Verleger Davide Cantagalli dem Papa emeritus gewidmet worden.

"Joseph Ratzinger/Benedetto XVI, “Per Amore”, a cura di Pierluca Azzaro, Edizioni Cantagalli, Siena, 2019."  ("Aus Liebe" -herausgegeben von Pierluca Azzaro, Cantagalli Siena 2019) 
Aber sehr bald werden die englische Ausgabe bei Ignatius-Press, die französische bei "Parole et Silence", die spanische bei Herder Spanien, die portugiesische bei Principia, die deutsche beim Johannes-Verlag, und dann noch in Kroatisch, Polnisch und Serbisch.

Nicht nur. Im September wird in Italien beginnend in den Buchhandlungen eine zweite Predigtsammlung Ratzingers herauskommen -mit dem Titel "Sakramente. Zeichen Gottes in der Welt"- dieses mal von Elio Guerriero herausgegeben.

Das Interesse des emeritierten Papstes Benedikt, diese Texte zu veröffentlichen, sollte nicht überraschen. In den vielen dicken Bände seiner "opera omnia" -in fortgeschrittenem Zustand der Veröffentlichung in mehreren Sprachen- fehlen in der Tat die Predigten, und dennoch haben sie eine absolut wichtige Stellung im Leben des Theologen, Kardinals und Papstes Ratzinger. 
Es ist nicht gewagt, zu sagen, daß wie Papst Leo der Große auch Papst Benedikt wegen seiner Predigten in die Geschichte eingehen wird. 

Die Predigten in seinem Pontifikat stehen alle in den Akten. Aber die der vorhergehenden Jahre sind bis heute nicht nur in nur kleiner Zahl sondern auch nur schwierig verfügbar- veröffentlicht worden. Ratzinger wollte deshalb, daß wenigstens ein Teil dem großen Publikum zugänglich werden solle. 

Der folgende Text ist ein Vorgeschmack darauf. Er ist der Anfangsteil einer Predigt, die am Ostersonntag,15. April 1990, in der bayrischen Stadt Wigratzbad gehalten wurde. 

Der Gesamttext der Predigt ist dreimal länger. Aber in diesem Beginn zeigt sich sein Stil schon ganz. 
Der immer von den liturgischen Texten des Tages ausgeht, in diesem Fall von den Psalmen und der Eingangsantiphon. 
Gute Lektüre! 

"ICH BIN AUFERSTANDEN UND JETZT BIN ICH IMMER BEI DIR" 
"Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat: freuen wir uns und jauchzen wir ihm zu" (Ps.118,24)
Diese leuchtenden österlichen Worte, mit denen die Kirche heute auf die freudige Verkündigung der Auferstehung antwortet, stammen aus einer alt-testamentarischen Dankesliturgie , die an der Pforte des Tempels gefeiert wurde und uns in einem völlig vom Mysterium Christi erleuchteten Psalm überliefert wurde.  Es ist der Psalm aus dem auch das "Benedictus" und das "Osanna" stammen, es ist auch der Psalm des "von den Bauleuten verworfenen Steins", der dann "zum Eckstein wurde". (Ps.116,22) 

Das Besondere dieses Psalms ist jedoch die Tatsache, daß die Rettung einer bekannten Person, die vom Tod erneut zum Leben erstanden ist, von Neuem die Tore für die Erlösung des Volkes öffnet; auf diese Weise wird die Rettung eines Einzelnen eine Dankliturgie, ein Neubeginn, eine neue Sammlung des Gottesvolkes zum Wohle aller. 

Im Alten Testament findet sich keine Antwort auf die Frage, wer diese Person sei. Nur wenn man vom Herrn, von Jesus Christus ausgeht, gewinnt der gesamte Psalm seine Logik, seinen klaren Sinn. 

Und er- der tatsächlich in die Nacht des Todes herabgestiegen ist, ist es, der von all der Drangsal der Sünde und des Todes eingehüllt und vernichtet wurde. Und er, der indem er auferstand- die Pforten der Erlösung aufgerissen hat und uns jetzt einlädt, die Pforten er Erlösung zu durchqueren und zusammen mit Ihm zu danken. Und er- er selber -persönlich- ist der neue Tag, den Gott für uns gemacht hat; durch Ihn erleuchtet der Tag Gottes die Nacht dieser Welt. Am Ostertag und an jedem Sonntag wird dieser Tag gegenwärtig es ist die Begegnung mit dem lebendigen Auferstandenen, der als Tag Gottes in unsere Mitte kommt und uns sammelt. 

Aber schauen wir jetzt , wie der Evangelist, dessen Verkündigung wird gerade gehört haben, das Kommen und den Anfang dieses neuen Tages beschreibt. (Mk, 16,1-7) 

Da sind die Frauen, die zum Grab gehen, die Einzigen, die- auch über den Tod hinaus- den Mut der Treue haben: einfache Seelen und Demütige, die keinen Namen haben, den sie verteidigen müssen, keine Karriere erwarten, keine Besitztümer, die geschützt werden müssen; und deshalb haben sie den Mut der Liebe, noch einmal zu dem zu gehen, der empörte und jetzt gescheitert ist, um ihm einen letzten Liebesdienst zu erweisen. 

In der Eile Pessach-Tages, in der Vorbereitung des Festtages hatte sie nur die ersten und notwendigsten Dinge des Begräbnisses tun können, aber sie hatten die Riten nicht beenden können, die sie jetzt zuende führen wollen: die Totenklage, die während des Festes nicht erklingen lassen durften und die sie jetzt-in dieser liebenden Begleitung- für den Unbekannten durchführen, die sie als Kraft des Guten beschützen müssen;  und dann die Salbung, die wie eine vergebliche Geste der Liebe Unsterblichkeit verleihen soll (die Salbung zielt tatsächlich darauf ab, vor dem Tod zu schützen, vor der Verwesung zu bewahren, als ob man den Toten mit der ganzen Hilflosigkeit der Liebe am Leben erhalten möchte, es aber nicht kann). Die Frauen sind also gekommen, um ihm noch einmal eine Liebe zu zeigen, die nicht schwindet und ihm andererseits einen Abschiedsgruß zu sagen - vor dem Land aus dem es keine Rückkehr gibt, vor der Nacht des Todes, aus der man nicht zurück kommt. 

Aber als sie ankommen, entdecken sie, daß eine Andere, eine andere und stärkere Liebe ihn gesalbt hat, für den sich die Worte des Psalms bewahrheitet haben: "Ich lasse meinen Heiligen die Verwesung nicht schauen" (Ps. 16, 10) Angesichts dessen, daß er selbst im Kreis der trinitarischen Liebe ist- wurde er mit ewiger Liebe gesalbt und konnte deshalb nicht im Tod bleiben. Tatsächlich ist nur er die Kraft, die das Leben sit und gibt Leben für die Ewigkeit.

Und so erfüllen sich für ihn auch die anderen Worte des Psalms, den die Kirch immer als Antiphon an den Eingang der Messe des Ostertages setzt; "Resurrexi et adhuc tecum sum"... "Ich bin auferstanden und bin immer noch mit dir [...] legen deine Hand auf mich [...] Du siehst mich an und erkennst mich" (Ps. 139, 18b, 5.1)

Im Alten Testament ist das das Gebet eines halb verängstigen und halb erstaunten Beters, der sich in seiner Konfrontation mit Gott bewußt wird, daß er der Gegenwart Gottes nirgendwo entkommen kann. Wenn er bis ans Ende des Meeres führe und es ihm gelänge, in die Unterwelt hinabzusteigen- im Glauben, daß er endlich weit genug von Gott entfernt sei, wäre er um so mehr in der Gegenwart Gottes, der alles umarmt und vor dem er nirgendwohin fliehen kann.

Aber dieses, das halb im Dunkeln bleibt,  halb Angst und halb Freude war, ist jetzt in der großen Gnade der göttlichen Liebe vollbracht, weil Jesus das Unmögliche vermochte: mit seiner Liebe hat er die Grenzen der Erde erreicht. Er ist ins Reich des Todes hinabgestiegen. Und weil er selbst der Sohn ist, ist mit ihm zusammen die Liebe Gottes hinabgestiegen und überall gegenwärtig geworden. 
Aus genau diesem Grund kann er im Hinabsteigen, er, der hinabstieg und der auferstanden ist, jetzt sagen: "Resurrexi, et adhuc tecum sum" ... "Ich bin auferstanden und bin immer bei dir, für immer".
[…]

Quelle : Settimo Cielo, S. Magister 

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