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Samstag, 8. Juni 2019

Marco Tosatti über das Revisionsverfahren von Kardinal Pell

Marco Tosatti berichtet in La Nuova Bussola Quotidiana über den Verlauf des Revisionsverfahrens von Kardinal Pell und kommentiert das zu erwartende Urteil.
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"KARDINAL PELL BEIM REVISIONSPROZESS, PUNKTE FÜR DIE VERTEIDIGUNG"

"Nach der erstinstanzlichen Verurteilung wegen angeblichen Mißbrauchs Minderjähriger untersucht der Appellationsgerichtshof den Revisionsantrag von George Pell. Die Staatsanwaltschaft ist in Schwierigkeiten. Einer der drei Richter stellt fest, daß das einzige (mehrfach geänderte) Zeugnis des Beschuldigers nicht ausreichend ist; und ein weiterer Richter bezweifelt die Glaubwürdigkeit des Berichtes über die Mißbräuche die in der überfüllten Kathedrale unmittelbar nach der Sonntagsmesse stattgefunden haben sollen. 

In den kommenden Tagen - wann genau ist nicht bekannt- werden die drei Richter ihre Entscheidung bekannt geben; ob das erste Urteil, in dem Kardinal George Pell wegen angeblichen Mißbrauchs Minderjähriger bestätigt oder aufgehoben wird. In letzterem Fall würde der Kardinal, der im Gefängnis lebt, das er einen Rückzugsort nennt, frei werden, Aber es ist sehr wahrscheinlich, fast sicher, daß im einen wie im anderen Ausgang die Rechtsschlacht dem Obersten Gerichtshof Australiens für ein endgültiges Urteil übertragen wird.

Das ist die Situation. nach zwei tagen in denen Anklage und Verteidigung ihre Schlacht geschlagen haben- in Gegenwart des Kardinals, der mit einem schwarzen Clergyman und Hemd mit römischem Kragen bekleidet, alles mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und sich Notizen gemacht hat, hat die Richter aufmerksam betrachtet und Blicke mit Mitgliedern seiner Familie, darunter seinem Bruder, ausgetauscht.

Die Anwälte Pells ( der das Verteidigerteam komplett ausgetauscht hat, nach dem Mißerfolg beim ersten Urteil und der morgen, am 8. Juni 78 Jahre alt wird) haben einen brillante Kampagne organisiert, mit einem schriftlichen Memorandum. in dem sie 13 größere "Hindernisse" aufzählen, die eine Verurteilung hätten verhindern müssen. Der Leiter des Teams, Rechtsanwalt Walker, sagt u.a. daß "der Punkt des Schuldspruchs, der in sich am unbefriedigendsten ist, der Mangel an Zeugen für das angebliche Verbrechen ist.

Man muß daran erinnern, daß die erste Jury das Zeugnis eines Priesters der Kathedrale, Pater Charles Portelli, komplett ignoriert hat, laut dessen Aussage es für Pell einfach unmöglich gewesen wäre, das auszuführen, dessen er beschuldigt wird und der erklärt hat, daß er an jenem Morgen die ganze Zeit bei ihm gewesen wäre. Einer der beiden Jungen - der angeblichen Opfer- ist vor einiger Zeit an einer Überdosis gestorben. Der andere, der jetzt zwischen dreißig und vierzig Jahre alt ist, ist laut Walker ein Lügner und Phantast.




Laut der Anklage soll Pell nach einer der ersten Messen, die er als Erzbischof von Melbourne zelebrierte, bekleidet mit den hl. Paramenten die Chorknaben in der Sakristei zu oralem Sexualverkehr gezwungen haben. Das soll sich u.a. in wenigen Minuten abgespielt haben, an einem Ort, in dem ein ständiges Kommen und Gehen von Personen herrscht, besonders am Sonntagmorgen. Im ersten Prozess wurde der Verteidigung u.a. nicht gestattet, ein Video zu zeigen, das vorbereitet wurde um die physische Unmöglichkeit der Anschuldigung zu beweisen. Und man mußte feststellen, das der Beschuldiger mehrmals die Details seiner Geschichte geändert hat. als offensichtlich wurde, daß das eine oder andere Element nicht glaubwürdig war.

In diesem Revisionprozess ist die Anklage in Schwierigkeiten; sie mußte erklären, warum das angebliche Opfer viele Jahre lang niemandem von diesem Vorfall berichtete. Und -natürlich- ist die Tatsache, daß es keinen Beweis gibt, den die Anklage vorbringen kann, ein großer Schwachpunkt.
Es ist kein Zufall. daß einer der drei Richter, Mark Weinberg, sagte, daß sich einfach nur auf die Aussage des Klägers zu verlassen, nicht genüge: "Die Anklage muß bewiesen werden"
"Was wir uns fragen, ist, ob wir über jeden vernünftigen Zweifel des Anklägers hinaus zufrieden sind und ob das, was er sagt, über einen vernünftigen Zweifel hinausgeht."
Und was den zweiten Vorfall angeht, bei dem der Kardinal beschuldigt wird, den Jungen gegen die Mauer gedrückt habe, um seine Genitalien zu streicheln, deute Richter Chris Maxwell an , daß es "in hohem Grade unwahrscheinlich sei, daß de Erzbischof dabei nicht gesehen wurde."

Aber über die schwachen Beweise der Erklärungen des angeblichen Opfers hat die Verteidigung Pells am ersten Prozesstag festgestellt,- was im Übrigen von Vielen bestätigt wurde- daß es physisch unmöglich gewesen wäre, diese Verbrechen in einer überfüllten Kathedrale nach der Sonntagsmesse zu begehen. Laut Walker "stellt das Urteil ein beunruhigendes Versagen unserer Rechtssystems dar und das Urteil sollte annulliert werden."

Jetzt muß die Entscheidung des Appellationsgerichtes abgewartet werden. Und das allgemeine Klima- sei es der Zeitungen sei es der Öffentlichen Meinung ist stark antikatholisch. Jeremy Gans, ein Rechtsexperte der Universität von Melbourne, hat erklärt, daß die Sitzung am Donnerstag und die Flut von Fragen der Richter an die Ankläger haben die Erwartung verstärkt, das die Revision Erfolg haben wird. Und das weil die Beweislast bei denen liegt, die die Anklage erheben und das bloße Zeugnis des mutmaßlichen Opfers wahrscheinlich nicht ausreicht. Aber -wie wir bereits sagten- ist es so gut wie sicher, daß die Schlacht auf höchster Ebene, dem Obersten Gerichtshof, fortgesetzt werden wird.

Quelle: M. Tosatti, LNBQ 

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