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Montag, 1. Juli 2019

A. Gagliarducci: Bei der Kurienreform sprechen wir von alten und überholten Diskussionen...

In seiner montägliche Kolumne befaßt sich A. Gagliarducci  im Licht der kommenden Amazonas-Synode auch heute mit der Kurienreform -wobei er zu dem Schluss gelangt, daß die letztendlich zum Scheitern verurteilt ist, weil nur die Diskussionen von vor 50 Jahren geführt werden. Wie immer kann man seinen Beitrag bei Monday in the Vatican lesen,
Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS, DER DIE KIRCHE VERÄNDERN WILL?"
Sogar das letzte Treffen des Kardinalsrates ging zuende, ohne daß eine Entscheidung getroffen wurde. Eine Entscheidung zur Kurienreform war erwartet worden, zumindest war erwartet worden, daß einige ihrer Konturen offenbart werden würden. Die Tatsache, daß der Sekretär des Rates der Kardinäle. Bischof Marcello Semeraro, am Briefing im Pressebrüo des Hl. Stuhls teilnahm, wies darauf hin, daß eine Erklärung gemacht werden sollte.

Wenn es um die Kurienreform geht, ist alles noch in Arbeit. Vorgeschlagene Anpassungen an die neue Konstitution füllen 200 Seiten eines Aktenordners: der Papst will, daß alle Veränderungen mit den Kardinälen abgesprochen werden. Außerdem haben nicht alle der am meisten Betroffenen ihr Feedback geschickt -ebenso wie sie den Entwirf nicht gelesen  haben. 
Der Entwurf wird dem Papst hoffentlich im September übergeben. Papst Franziskus selbst könnte ihn verändern.  Er wird den Entwurf auch dem Päpstlichen Rat für legislative Texte und der Glaubenskongregation vorlegen. Das braucht Zeit..

Die neue Konstitution trägt den Namen "Praedicate Evangelium". Man dachte, daß die Konstitution am 29. Juni veröffentlicht und später angepaßt werden würde- wie es zuvor mit den Statuten für das Dicasterium für die Laien, Familie und das Leben und einige andere nicht unwichtige Aspekte der Finanzreform geschah. 

Die Reform wird als synodal beschrieben, aber Papst Franziskus behält eine zentrale Rolle. Wenn es um die Neustrukturierung der Kurie geht, hat der Papst immer seine Entscheidung vor den Treffen mit dem Rat der Kardinäle kommuniziert. 





Es liegen immer noch einige Themen auf dem Tisch, Der Rat der Kardinäle ist eines der Produkte der Treffen im Präkonklave, die sich hauptsächlich auf organisatorische und politische Themen fokussiert haben, Die Kurie hat eine theologische Bedeutung, aber ihre interne Organisation ist für die Gläubigen von geringem Interesse. Für ein Pontifikat, das missionarisch sein will, ist es verblüffend, daß -verglichen mit der Evangelisierung- Randthemen solche Medienaufmerksamkeit geschenkt wird.

Warum dann also so große Medienerwartungen in die Kurienreform? Weil das -wie bei jeder Reform- die Idee einer Veränderung der Katholischen Kirche eingibt. Von einem strikt journalistischen Gesichtspunkt aus, ist Veränderung eine Nachricht, Druck, die Kirche zu verändern, hat es immer gegeben. 

Dieser jüngste Druck wurde durch die Medienberichterstattung vom II.Vaticanischen Konzil ausgelöst und wurde mit der Zunahme der medialen Allgegenwart größer. Es gibt den Wunsch nach einer Kirche, die der säkularen Welt gleicht, ihrer prophetischen Wirkung beraubt und unfähig ist, weltliche Strömungen vorherzusehen. Über die Kirche wird fast nur in politischer Ausdrucksweise gesprochen.

Dennoch ist der steigende Druck der Welt auf die Kirche nicht das wirkliche Problem. Die wahre Frage besteht darin, daß die Menschen innerhalb der Kirche die Kirche immer mehr als ein politisches Organ wahrnehmen. Das entzündet die Diskussion.

Das Arbeitsdokument der Spezialsynode der Bischöfe zur Amazonas-Region ist eine der Konsequenzen dieses Trends in der Kirche, über sich selbst in politischen Begriffen zu denken, Der Text ist voller Punkte, die Druck gegen Regierungen, einen ökologischen und sozialen Aktivismus und soziologische Analysen hervorrufen,. Das Dokument spricht auch von integraler ökologischer Umkehr und rühmt die örtliche Kultur. Der Gesamteindruck entsteht, daß die kommende Synode ein Vorwand sein wird, über andere Dinge zu sprechen als den Glauben- wie ökologisches und politisches Engagement.

Tatsächlich gibt es den allgemeinen Gedanken, die Synode praktisch dazu zu benutzen um einige der bereits diskutierten und beschlossenen Themen aufzuwärmen, wie die Diskussion über die viri probati, also verheiratete Männer, die in ihrer Gemeinde respektiert werden, zu Priestern zu weihen.
Ist das die Aufgabe einer Synode?

Ebenso ist die Kurienreform ein Vorwand, um über die Kirche als ein Unternehmen zu denken (die erste Phase der Vatican-Reform  beweist diese Ausrichtung) oder als eine typische Regierung, die Frauenquoten für hohe Posten haben sollte, In dieser neuen Kirche würde das Bischofsamt weniger zählen und damit die Kollegialität mit dem Papst. Ist die Kurienrefform Ausruck einer ideologischen Agenda?

Die Kirche hat sich immer dem Druck ihre Identität zu verändern, gegenüber gesehen. Konkrete Situationen dienen generell dazu, Veränderungen zu rechtfertigen. Die Diskussion der Kurien-Reform begann sich als Antwort auf eine durch die ersten Wellen des Vatileaks-Skandals enthüllte, angenommene Korruption zu entwickeln. Vatileaks wurde benutzt, um Druck auf die Kirche auszuüben. Die Diskussion über die viri probati entstand als Antwort auf den Priestermangel, ohne auch nur an die Wurzel der Sache zu gehen.

Papst Franziskus ist nicht der erste, der das erfährt. Deutsche Theologen haben sich während des Pontifikates Benedikts XVI in der sogenannten Pfarrer-Initiative mobilisiert, während Johannes Paul II großem Druck, die Lehre zu ändern, widerstehen mußte, Paul VI war das Ziele von Kampagnen, die immer noch Wirkung zeigen- z.B. die Schlacht gegen Humanae Vitae. 

Es ist also nicht überraschend, daß die Kurien-Reform und die Amazonas-Synode instrumentalisiert werden. Es ist keine Überraschung, daß REPAM (das Pan-Amazonas-Netzwerk) ein Symposium über das Thema Synode organisiert hat, weil den Vertretern von REPAM die Vorbereitung der Synode anvertraut worden war.

Am als "Geheim" ausgegebene Treffen haben Theologen teilgenommen, die seit Jahren darum kämpfen, die Doktrin zu ändern- einschließlich des inzwischen 86 Jahre alten Kardinals Walter Kasper: er war einer der Hauptakteure bei der sogenannten "Revolution" von Papst Franziskus, war aber de facto seit der Familiensynode 2015 kaum noch in den Schlagzeilen.

Diese Treffen und die ihnen gewidmete Medienaufmerksamkeit bestätigen, daß es innerhalb der Kirche eine Agenda gibt- so wie es sie außerhalb der Kirche gibt. das ist menschlich.

Diese Treffen und Diskussionen offenbaren jedoch auch zwei Dinge.

Erstens: Wir sprechen von alten und überholten Diskussionen, während es ein wichtigeres Thema gibt: das Verschwinden Gottes aus der Geschichte. Dieses Verschwinden des Glaubens wird nicht durch neue Strukturen behoben. Die Debatte über die Medienreform betont oft die Notwendigkeit einer Umkehr der Herzen. Diese Formulierung wird nicht durch eine erneuerte Verbreitung des Evangeliums begleitet, sondern eher durch soziologische dokumente, wie das Arbeitsdokument für die Konstitution zur Kurien-Reform.

Zweitens: das vorgeschlagene zukünftige Gesicht der Kirche ist -de facto-so alt wie die Diskussion darüber und benutzt ein Vokabular, das nicht mehr länger in Gebrauch ist. Kardinal Carlo Maria Martini pflegte zu sagen, daß die Kirche 200 Jahre hinter Zeit zurück ist. Wahrscheinlich ist die Kirche nur 50 Jahre hinter der Zeit zurück. Nicht in dem Sinn, daß die Kirche der Moderne nicht folgen kann. Sie ist hinter der Zeit zurück, weil sie zu den Diskussionen des II. Vaticanischen Konzils zurückgeht. Die sind überholt, weil sie die Herausforderung der Evangelisierung nicht verstanden haben, Diese Herausforderung verrlnagt eher radikale Entscheidungen als Pragmatismus."

Quelle: Monday in the Vatican


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