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Mittwoch, 4. Dezember 2019

10 Jahre "Veritas in Caritate"

Stefana Montana widmet sich in La Nuova Bussola Quotidiana anläßlich des 10. Jahrestages ihrer Veröffentlichung der Enzyklika Caritas in Veritate von Papst Benedikt XVI.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"CARITAS IN VERITATE" , WAS MAN GERN VERGISST"
Bei einer Veranstaltung im Vatican wurde der 10. Jahrestag der Enzyklika "Caritas in veritate"  von Benedikt XVI gefeiert.Eine Gelegenheit um an einige grundlegenden Beiträge dieser Enzyklika zu erinnern, die heutige Kirche vergißt. Angefangen von der engen Verbindung zwischen Caritas in Veritate und Humanae Vitae.

Vor 10 Jahren hat Benedikt XVI die Enzyklika Caritas in Veritate veröffentlicht, die die Tradition der Soziale-Enzykliken bereicherte und  "Populorum Progressio" von Paul VI in Erinnerung ruft.
Am 7. Juli 2009 wurde die Enzyklika in der Sala Stampa des Vaticans von den Kardinälen Martino und Cordes, Erzbischof Crepaldi und Professor Zamagni vorgestellt.

Gestern hat ein Internationale Kongress im Vatican diese Wiederkehr gefeiert und die Professoren Zamagni und Becchetti  haben vor allem vom Gesichtspunkt der in ihr enthaltenen Vorschläge zur Wirtschaft und des aktuellen Statements der Päpstlichen Akademie für Soziale Wissenschaften, deren Vorsitzender eben Zamagni ist, einige Charakteristika der Enzyklika herausgearbeitet.
Es ist anzumerken, daß die Enzyklika den Begriff des Unternehmers über die sogenannte öffentliche und die sogenannte private Version hinaus artikuliert und ihn auch auf die Zivilgesellschaft ausdehnt. Es ist auch richtig, an den Verweis der Enzyklika auf die "Ökonomie des Schenkens" oder an die Warnung vor der Gefahr zu erinnern, die sich aus neuen Ideologien so wie der Technologie ergibt.
Ich glaube jedoch, dass wichtige strukturelle Beiträge, die die Enzyklika zur Struktur der Soziallehre der Kirche lieferte, nicht vernachlässigt werden sollten, damit keine Hinweise vergessen werden. 

Einer dieser Beiträge ist der Zusammenhang zwischen der sozialen Frage und  der Enzyklika "Humanae Vitae" von Paul VI. Es ist gut darauf hinzuweisen, wie sehr das Erbe dieser Enzyklika über die menschliche Liebe in Gefahr zu sein scheint. Benedikt XVI betrachtete sie als eine "soziale" Enzyklika, in der es um den Ursprung der Gesellschaft selbst geht, d.h. die gegenseitige und fruchtbare Liebe zwischen Braut und Bräutigam.




Ausgehend von dieser Verbindung mit der heute eher umstrittenen paulinischen Enzyklika taucht das für die gesamte gesellschaftliche Frage so zentrale Thema des Lebens in "Caritas in Veritate" in aller Deutlichkeit auf. Paragraph 28 bezieht sich auf die Akzeptanz von Leben und Entwicklung und fordert uns auf, das Phänomen zu untersuchen, bei dem es um die Abnahme der Geburten und nicht um die Geburtenzahlen geht, die Armut hervorruft.
Eine These, mit der heute nicht alle Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften einig sind. Benedikt XVI stellt fest, daß internationale NGOs häufig auch gegen das Leben vorgehen und diese die Entwicklungshilfe von Geburtenkontrollmaßnahmen abhängig machen. Wenn ein neues menschliches Leben nicht vom Augenblick seiner Geburt an akzeptiert wird, wie dann in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft?

Das Thema des Rechts auf Leben wird von Benedikt XVI mit der Humanökologie in Verbindung gebracht, so daß wir niemals über Umweltschutz sprechen sollten, ohne überhaupt über Humanökologie zu sprechen. Die Verantwortung der Kirche gegenüber der Schöpfung - nicht Mutter Erde, ein Ausdruck, den die Enzyklika nie benutzt hat - betrifft in erster Linie den Menschen, um ihn vor der Zerstörung seiner selbst zu bewahren. Es ist nicht möglich, mit Organisationen zusammen zu arbeiten, die dem Schutz der biologischen Vielfalt verpflichtet sind, wenn die sich gleichzeitig für der Sterilisierung von Frauen in armen Ländern engagieren. Heute, zehn Jahre nach der Enzyklika, sind diese strategischen Konzepte nicht immer klar.

Der bedeutendste Beitrag der Enzyklika ist jedoch ihr Titel: Caritas in Veritate, der zum Ausdruck bringt, dass die Liebe ohne Wahrheit leer und blind ist, also nicht einmal Nächstenliebe. Erzbischof Crepaldi hat in seiner Präsentation der Enzyklika, die 2009 von Cantagalli herausgegeben wurde, den Titel von der Idee abhängig gemacht, daß das  "Empfangen dem Geben vorausgeht".
Es war eine Aufforderung, nicht ohne die Lehre zur Praxis überzugehen, wie es oft getan wurde und wird. Aus diesem Grund geht die Enzyklika davon aus, daß den Rechten Pflichten (Nr. 43), also Gesetze und Gerechtigkeit vorausgehen, und sie erinnert häufig an das natürliche Sittengesetz (Nr. 59, 68, 75), wobei implizit bekräftigt wird, daß es eine der Grundlagen der Soziallehre der Kirche bleibt, auch wenn viele das heute leugnen, und tatsächlich ist dieser Ausdruck fast aus dem kirchlichen Gebrauch verschwunden. Auch das ist eine interessante Provokation für heute, wenn es darum geht, die katholische Moraltheologie in etwas zu verwandeln, das auch diesen Punkt nicht mehr betrifft.

Wenn das Empfangen dem Tun vorausgeht, bedeutet das, daß es eine geschaffene zielgerichtete Gesellschaftsordnung gibt, die dem sozialen Handeln vorausgeht und ihm Sinn verleiht, und daß diese Ordnung nicht ohne Gott entsteht. In den letzten Zeilen der Enzyklika heißt es: "Ohne Gott  weiß der Mensch nicht, wohin er gehen soll und kann nicht einmal verstehen, wer er ist. “
Sie fordert daher einen Platz für Gott in der Welt und nimmt dabei das Thema der Präsenz Gottes in der Öffentlichkeit und das "Bürgerrecht" der katholischen Religion auf. Es stimmt, daß Caritas in Veritate sagt, daß die soziale Frage jetzt zur anthropologischen Frage geworden ist (Nr. 75), aber von diesen Prämissen aus kann man auch sagen, daß sie zur theologischen Frage geworden ist, wie es vielleicht schon immer war. Nur daß das einmal bekannt war und es mehr gesagt wurde.

Zum Schluss eine letzte Bemerkung, die erwähnenswert ist,  das ist die Bestätigung einer Kontinuität zwischen der vorkonziliaren und der postkonziliaren Soziallehre (Nr. 12). Eine Beobachtung und eine Aufforderung zu Studium und Praxis, die nicht mit der heutigen kirchlichen Mentalität übereinstimmt, aber maßgeblich und vor allem theologisch unumstößlich ist.
Nicht zu vergessen.

Quelle: S. Montana, LNBQ

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