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Donnerstag, 12. Dezember 2019

S. Magister : Wer ist "frontrunner" beim nächsten Konklave?

Sandro Magister stellt bei Settimo Cielo die Kardinäle vor, die derzeit als Kandidaten für das nächste Konklave betrachtet werden.
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"PROBE FÜR DAS KONKLAVE. DER NÄCHSTE PAPST WIRD VON SANT´  EGIDIO BENANNT WERDEN"
Zwei kürzliche Aktionen von Papst Franziskus haben die Aufmerksamkeit auf das Konklave gelenkt, das seinen Nachfolger wählen wird und auf die Namen der Kandidaten
Der erste Akt, der am 25. November vom Direktor der vatikanischen Pressestelle bekannt gegeben wurde, ist die Zustimmung des Papstes zum Rücktritt seines persönlichen Sekretärs, des Argentiniers Fabián Pedacchio Leániz, 55, der seit 2007 Mitarbeiter der Bischofskongregation ist.

Pedacchio, seit 2013 Franziskus´ persönlicher Sekretär, wird wieder hauptberuflich in der Kongregation tätig sein, in der er gerade wegen seiner Nähe zum Papst eine herausragende Rolle gespielt hat. Es ist absehbar, daß er dort in naher Zukunft auf eine höhere Ebene aufsteigen wird, verbunden mit der Ordination zum Bischof.

Dass ein Papst seinen persönlichen Sekretär präventiv vor Vergeltungsmaßnahmen in der Nachfolge schützen würde, ist ein Klassiker der vatikanischen Chroniken, an dem festzuhalten sich Jorge Mario Bergoglio ohne zu zögern, entschlossen hat.
Der zweite Akt, der am Sonntag, dem 8. Dezember, veröffentlicht wurde, ist die Berufung des philippinischen Kardinals Luis Antonio Gokim Tagle, 62, als neuer Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker - seit 2011 Erzbischof von Manila und seit 2015 Präsident von Caritas Internationalis.

Um an der Spitze von „Propaganda Fide“ Platz für ihn zu machen, zog Francis seinen Vorgänger, Kardinal Fernando Filoni brüsk aus seinem Amt zurück, trotz der Tatsache, dass er weder in Bezug auf sein Alter mit 73 oder auf die Dauer seiner Amtszeit, die 2021 enden sollte, seine Zeit überschritten hatte.

Zum Ausgleich hat der Papst Filoni die mehr ehrenvolle als wichtige Position eines Großmeisters der Ritter vom Heiligen Grab von Jerusalem übertragen. Die mangelnde Wertschätzung ist sowohl auf die Nähe des Kardinals zum neokatechumenalen Weg zurückzuführen, auf den der Papst sichtlich allergisch reagiert, als auch auf die Vorbehalte, die Filoni in zwei Interviews mit dem „L'Osservatore Romano“ und den Vatican-News gegen das am 22. September 2018 ratifizierte Geheimabkommen zwischen dem Hl. Stuhl und China zum Ausdruck brachte, das vom Papst stark befürwortet wird.




Zu diesen Aktionen muß - immer vor dem Hintergrund eines zukünftigen Konklaves - auch die zunehmende Verärgerung des Papstes über den Widerstand des derzeitigen Präsidenten der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, gegen die vom Papst geschätzte Idee der Einberufung einer Synode für die Kirche von Italien gesehen werden.

Das jüngste Zeichen für seinen Ärger findet man in den Worten, die Franziskus aus dem Stegreif am 6. Dezember gegenüber dem Jesuiten-Magazin "Aggiornamenti Sociali" sprach. Indem er besonders dem älteren Fr. Bartolomeo Sorge dankte. sagte der Papst. daß er "vor kurzem etwas von solcher Klarheit gelesen habe, die einen erzittern ließ, ich sage nicht über die Italienische Politik - aber sicher zumindest über die Italienische Kirche,"

Worauf sich der Papst da bezog, war nicht sofort klar. Aber zur Lösung des Rätsels kam wenige Minuten später ein Tweet von Fr. Antonio Spadaro, dem Bergoglio nahestehenden Direktor von "La Civiltá Cattolica", mit Bezug auf den Leitartikel der Ausgabe vom 21. September 2019 - unter dem Titel: "Ist eine Synode für die Italienische Kirche wahrscheinlich? Von der ersten Kirchenkonferenz 1976 bis heute".

Der Artikel plädierte dafür, gerade wegen der Dringlichkeit in Italien die 1976 unterbrochene Reise wieder aufzunehmen und endlich eine nationale Synode einzuberufen, die Papst Franziskus - im Gegensatz zu seinen Vorgängern - um jeden Preis will - die aber bei der Italienischen Bischofskonferenz auf taube Ohren stößt.

Das Resultat ist, daß die Präsidentschaft (auf Betreiben des Papstes) Kardinal Bassettis immer mehr gefährdet ist. Seine 5-jährige Amtszeit endet 2022. Aber der Kardinal wird bald 78 - hat dann die 75-Jahresschwelle um 3 Jahre überschritten, über die hinaus jeder Bischof nur mit Genehmigung des Papstes im Amt bleiben kann.

Und wen wird Franziskus an die Spitze der CEI setzen, wenn Bassetti zurücktritt? Es ist leicht vorher zu sehen, daß das der aktuelle Erzbischof von Bologna, Kardinal Matteo Zuppi sein wird. 
Und die Gedanken gehen wieder zum zukünftigen Konklave. Für das man zur Zeit mindestens 6 Kandidaten im Rennen sehen kann, von denen aber nur einer eine gewisse Chance hat, gewählt zu werden.

MARC OUELLET, CHRISTOPH SCHÖNBORN
Zwei der sechs Kandidaten sind Veteranen, die schon beim vorigen Konklave im Rennen waren. Marc Ouellet, 75, Kanadier, Präfekt der Bischofskongregation, gehörte zu denen mit den meisten Stimmen in den ersten beiden Wahlgängen im Konklave von 2013, bevor er von Bergoglio überholt wurde und steht heute im Ruf dem amtierenden Papst gegenüber loyal aber auch ein Verteidiger der Rechtgläubigkeit zu sein.
Christoph Schönborn, 74, Österreicher. bekam dagegen mehr Stimmen von den Medien als in der Sixtinischen Kapelle, aber auch er hat sich während dieses Pontifikates das Profil eines geschickten Herstellers von Einigungen zwischen Gemäßigten und Progressiven erworben, besonders zwischen den beiden Familien-Synoden.

Für beide könnte also von einer relativ großen Gruppe von Kardinal-Wählern gestimmt werden.

Beide - der eine wie der andere - scheinen jedoch weit davon entfernt zu sein, dem größeren Konsens - also die für die Wahl nötigen 2/3 der Stimmen zu sammeln. Beide gehören zu einer Aristokratie der Kardinäle, die sich heute durch die Mehrzahl - jetzt eine Mehrheit - derer verdrängt fühlt - die den Purpur von Papst Franziskus empfangen haben, größtenteils Männer aus der Peripherie, die sich nicht kennen, von bescheidener Bildung und begrenzter Erfahrung, aus zweitrangigen Diözesen, die leichter von zusammengestückelten kleinen Lobbys zu beeinflussen sind, als durch erhabene Reden von Kardinälen einer vergangenen Generation, vielleicht sogar nicht wirklich gläubige Schüler von Joseph Ratzinger, als der noch Theologieprofessor war - wie der junge Schönborn.

ROBERT SARAH

Das Profil von Kardinal Robert Sarah, 74, aus Guinea, ist differenzierter, seit 2014 Präfekt der Liturgiekongregation. Mit ihm gibt es zum ersten mal in der Kirchengeschichte einen wirklichen Kandidaten für das Papstamt, der aus Schwarz-Afrika kommt.

Seine Biographie ist bemerkenswert. Ein unerschrockener Zeuge für den Katholischen Glauben während des blutigen marxistischen Regimes von Sekou Touré, als er nur wegen des plötzlichen Todes des Tyrannen 1984 nicht hingerichtet wurde. Aufgewachsen in der Savanne - aber mit Studium in Frankreich und Jerusalem wurde er von Paul VI im Alter von 33 zum Bischof ernannt, von Johannes Paul II nach Rom berufen und von Benedikt XVI dort behalten - mit dem er bis heute in gutem Einvernehmen steht.

Sarah wurde der Welt durch drei Bücher, die in viele Sprachen übersetzt wurden, bekannt: "Gott oder nichts" von 2015, "Die Macht des Schweigens" von 2017, und "Der Tag ist fast vergangen" von 2019 . Es gibt eine Kluft zwischen seiner Vision von der Mission der Kirche und der des Jesuiten-Papstes - sowohl in Inhalt als auch Stil. Sowohl für Sarah als auch für Ratzinger ist die absolute Priorität Gott in die Herzen der Gesellschaft zu bringen. besonders dort, wo seine Gegenwart verdunkelt worden ist.

Für die Gegner von Papst Franziskus ist er dafür im Namen der großen Kirchentradition der ideale Kandidat. Aber in einem Kardinalskollegium, in dem mehr als die Hälfte von Bergoglio ernannt wurde, ist es undenkbar, daß er die 2/3-Mehrheit der nötigen Stimmen erreichen könnte. Er würde höchstens im ersten Wahlgang einigen Dutzend Stimmen - demonstrativen Charakters bekommen.

PIETRO PAROLIN

Nicht symbolisch sondern real ist dagegen die Kandidatur von Pietro Parolin, 64, Italiener, aus der Diözese Vincenza, seit 2013 Staatssekretär.

Man muß zum Konklave von 1963 zurückgehen um mit Paul VI einen Kirchenmann zum Papst gewählt zu sehen, der im Herzen der vaticanischen Kurie reifte - mit anerkannten Management-Fähigkeiten - nach einem Pontifikat, dem von Johannes XXIII, in dem ein Konzil angestoßen wurde, das im Herzen des Sturms stand, und noch keinerlei Dokument produziert hatte. Paul VI war in dem Bemühen erfolgreich, obwohl er unverdienterweise in den Schwarzen Büchern jener endete, die beschuldigt wurden die Revolutionen verraten zu haben.

Das Bemühen, das eine bestimmte Zahl von Kardinälen Parolin anvertrauen würden, wäre das Schiff der Kirche in dem von Papst Franziskus geschaffenen Sturm auf den richtigen Kurz zurück zu bringen und sein Abdriften zu korrigieren, ohne den Geist zu verleugnen. In ihm sehen manche die Eigenschaften des Diplomaten - vereint mit dem Profil des Hirten, die Parolin selber zu bestätigen versucht, in dem er zwischen den Aufgaben des Staatssekretärs und des Seelsorgers wechselt- in einem atemberaubenden Zeitplan - gepackt voll mit Messen, Predigten, Konferenzen, Reisen, Besuchen. Treffen.

Es muß aber gesagt werden, daß seit mindestens einem Jahr die Unterstützung für eine Kandidatur Parolins nicht größer geworden ist- sondern weniger wird. Im Licht der Tatsachen, wurden seine Fähigkeit den Zustand der durch Franziskus hervorgerufenen Konfusion zu stemmen und auszubalancieren für zu leicht befunden. Und auch als Diplomat werden ihm mehr Fehlschläge als Erfolge zugerechnet. China spielt jetzt gegen ihn, als einen Wettverlierer.

LUIS ANTONIO GOKIM TAGLE
Im Aufwind sind die Chancen von Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle, von den Philippinen mit einer Chinesischen Mutter, der Theologie und Kirchengeschichte in den USA studierte.

Tagle ist der Kronprinz von Papst Franziskus, sein Nachfolger "in pectore". Indem er ihn zum Leiter von Propaganda Fide berufen hat, hat er ihm die Führung eines Teils von Latein-Amerika, fast ganz Afrika und fast ganz Asien - außer den Philippinen und Ozeanien mit Ausnahme Australiens anvertraut, genau diese immense Peripherie der Kirche, die Bergoglio so liebt.

Aber Franziskus hat schon vorher agiert, um die internationale Statur seines Favoriten zu stärken. Er berief ihn, um der Familien-Synode vorzusitzen. Und im April 2016 - kurz nach der Veröffentlichung der Exhortation von "Amoris Laetitia", in der der Papst den Weg zur Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene öffnete, war Tagle der Erste der Bischöfe aus aller Welt, der dem die breiteste Interpretation gab.
Jenen, die entgegneten daß das "flüssige" Lehramt von Papst Franziskus mehr Zweifel als Gewißheiten hervorgerufen hat, hat er geantwortet, das "es gut sei, ab und zu verwirrt zu sein. Wenn die Dinge immer klar sind, wären wir vielleicht nicht mehr im wirklichen Leben."

Vom Weg der Kirche in der Gegenwart hat Tagle jedoch eine sehr klare Vorstellung: mit dem II. Vaticanischen Konzil hat die Kirche mit der Vergangenheit gebrochen und einen Neubeginn markiert. Das ist die historiographische These dessen, was man "Schule von Bologna" nennt. gegründet von Fr. Giuseppe Dossetti, heute geleitet von Professor Alberto Melloni, und zu der Tagle gehört.

Er ist Co-Autor eines des Schlüsselkapitel der in der Welt meistgelesenen Geschichte des Konzils- herausgegeben von keiner anderen als der Schule von Bologna - des Kapitels über die "Schwarze Woche" im Herbst 1964. Ein absoluter Gegenpol zur Interpretation des Konzils durch Benedikt XVI, der 2012 Tagle großherzig zum Kardinal kreierte.

Am Ende der Jugend-Synode 2018 wurde Tagle für Asien als Erster für den Vorbereitungsrat der nächsten Synode gewählt. Ein Zeichen für die weitgehende Übereinstimmung, die er bereits gewonnen hat. Danach wiederum hat Franziskus ihm die Eröffnungsrede beim Gipfeltreffen zum sexuellen Mißbrauch im Januar 2019 im Vatican anvertraut, einem weiteren Ereignis mit weltweiter Resonanz.
Daß Tagle morgen auch zum Papst gewählt würde, ist jedoch alles andere als vorherbestimmt. Zu nah bei Bergoglio, um nicht durch den großen Verdruß über das aktuelle Pontifikat zermalmt zu werden. Und dann ist da das Altershindernis. Tagle ist 62 und er könnte sehr lange regieren, zu lange, um auf ihn wetten zu können.

MATTEO ZUPPI
Auch Matteo Zuppi wurde in den postsynodalen Rat von 2018 gewählt. Zeichen für eine bereits gefestigte internationale Statur, obwohl er erst seit 3 Jahren Erzbischof von Bologna war und den Purpur noch nicht erhalten hatte, den ihm Papst Franziskus am 5. Oktober 2019 verlieh.

Ein bestimmter Aspekt seiner Biographie hat ihm schon vorher Bekanntschaft und Prestige eingebracht. Nicht so sehr daß er ein Großneffe eines Kardinals, Carlo Confalieri (1898-1986) ist, der Sekretär von Papst Pius XI war, sondern eher dafür, daß er Mitbegründer der Communità di Sant´Egidio war - unbezweifelbar die mächtigste, einflußreichste und omnipräsente katholische Lobby der letzten Jahrzehnte weltweit.

Als kirchlicher Generalassistent der Communitá di Sant´Egidio und bis 2010 Pastor der römischen Basilika Santa Maria in Trastevere, danach Weihbischof von Rom - befindet sich Zuppi im Zentrum eines unvergleichlichen Netzes von Personen und Ereignissen auf planetarischer Ebene - seien sie religiöser oder geopolitischer Art - vom Friedensabkommen in Mozambique in den Jahren 1990-92 bis zur heutigen Unterstützung des Geheimabkommens zwischen dem Hl.Stuhl und China, von den interreligiösen Begegnungen in Assisi bis zum "humanitären Korridor" für die Immigranten aus Afrika und Asien in Europa.

Es ist der Gemeinschaft Sant'Egidio auch gelungen, sich perfekt an die Regierungsgewohnheiten der jüngsten Pontifikate anzupassen, von Johannes Paul II über Benedikt XVI bis zu Franziskus. Vor allem aber hat sie mit Vincenzo Paglia an der Spitze der vatikanischen Institute für Leben und Familie, mit Matteo Bruni an der Spitze der Pressestelle und vor allem mit Kardinal Zuppi als Erzbischof von Bologna und auf dem Weg zum Präsidenten der italienischen Bischofskonferenz einen Höhepunkt erreicht 
Von hier bis zu seiner Wahl zum Papst ist der Weg nach vorne nicht garantiert, aber im Ernst der Dinge. Umso mehr mit einem desorganisierten Kardinalskollegium, dessen Einstellung unsicher und das leicht zu leiten ist, das diesmal von einer Lobby geleitet wird, die nicht aus Kardinälen besteht - wie die legendäre „Mafia“ von St. Gallen, die die Wahl von Bergoglio gefördert hat - aber sicherlich einflussreicher und entschlossener ist und die mit Sicherheit den Namen der Gemeinschaft Sant' Egidio trägt.
Es gibt bereits einen Dokumentarfilm über ihn mit dem Titel: „Das Evangelium nach Matteo Z.“ Und hier ist sein Trailer über denjenigen, der der nächste Papst sein könnte:

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister

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