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Samstag, 21. März 2020

Coronavirus: zwei Hirten, zwei Interviews

Sandro Magister stellt in Settimo Cielo zwei Interviews zum Thema Coronaviruskrise einander gegenüber, das von Papst Franziskus mit La Repubblica und das Kardinal Ruinis mit dem Fernsehsender TG2 und überläßt es den Lesern, sie zu vergleichen.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"CORONAVIRUS. ZWEI HIRTEN DER KIRCHE, ZWEI STILE. EIN VERGLEICH IHRER WORTE"  

"Am selben Tag - Mittwoch, dem 18. März haben Papst Franziskus und Kardinal Camillo Ruini Interviews zur Corona-Krise gegeben.

Der Papst Paolo Rodari für "La Repubblica", der von Eugenio Sclafari gegründeten Zeitung.

Kardinal Ruini "TG2 Post" in der von Manuela Moreno moderierten Talk-show, die den Abendnachrichten bei RAI 2 folgt.
Hier folgen die Transscripts der beiden Interviews. Wir lassen den Leser vergleichen.

PAPST FRANZISKUS :"VERSCHWENDEN SIE DIESE SCHWIERIGEN TAGE NICHT"
"Während dieser schwierigen Tage können wir kleine konkrete Gesten finden, die Nähe und guten Willen gegenüber den Menschen. die uns am nächsten stehen, ausdrücken, eine Zärtlichkeit für unsere Großeltern, ein Kuss für unsere Kinder, für die Menschen, die wir lieben. Wenn wir dieses Tage so leben, wären sie nicht verschwendet. "

Papst Franziskus verbringt seine Tage im Vatican und verfolgt aufmerksam die Nachrichten über die Coronavirus-Krise. Vor zwei Tagen ist er zu Santa Maria Maggiore und in die Kirche San Marcello al Corso gegangen, um zu beten. Er erzählt La Repubblica, was diese Tage ihn lehren.

Frage: "Hl. Vater, worum haben Sie gebeten, als sie in den beiden römischen Kirchen gebetet haben?"

Antwort: "Ich habe den Herrn gebeten, die Epidemie zu stoppen. Herr stoppe sie mit Deiner Hand. Dafür habe ich gebetet."

Frage: "Wie kann man diese Tage leben, damit sie nicht verschwendet sind?"

Antwort: "Wir müssen das Konkrete der kleinen Dinge wieder entdecken, kleine Gesten der Aufmerksamkeit, die wir denen, die uns nahe stehen, unserer Familie unseren Freunden bezeigen können. Wir müssen verstehen, daß in kleinen Dingen unser Schatz liegt. Diese Gesten der Zärtlichkeit, Liebe, des Mitgefühls sind klein und laufen Gefahr, in der täglichen Anonymität verloren zu gehen, aber sie sind dennoch entscheidend, wichtig. Z.B. eine warme Mahlzeit, eine Liebkosung, eine Umarmung, ein Telefonanruf. ...Das sind bekannte Gesten der Aufmerksamkeit gegenüber den Einzelheiten des täglichen Lebens, die das Leben bedeutungsvoll machen und Gemeinschaft und Kommunikation unter uns schaffen."





Frage: "Leben wir nicht immer so?

Antwort: "Manchmal erleben wir nur eine virtuelle Form von Kommunikation untereinander, statt dessen sollten wir eine neue Nähe entdecken,. Konkretere Beziehungen -aus Aufmerksamkeit und Geduld- in ihren Wohnungen essen Familien zusammen- oft in großem Schweigen, aber nicht als Resultat des einander Zuhörens, sondern eher weil die Eltern fernsehen, während sie essen und die Kinder an ihren Handys sind. Sie sehen aus wie Mönche, jeder getrennt vom anderen. Hier gibt es keine Kommunikation, wo das aufeinander hören wichtig ist, weil es das ist, wie wir die Nöte, Bemühungen und Wünsche der anderen verstehen. Diese Sprache aus konkreten Gesten, müssen bewahrt werden. Meiner Meinung nach sollte der Schmerz dieser Tage uns für diese Konkretheit öffnen."

Frage: "Viele Leute habe geliebte Menschen verloren, viele andere kämpfen an vorderster Linie, um
Leben zu retten. Was können Sie denen sagen?"

Antwort: "Ich danke denen, die sich auf diese Weise den anderen geben. Sie sind ein Beispiel für diese Konkretheit. Und ich bitte jeden, denen nahe zu bleiben, die geliebte Personen verloren haben, ihnen auf jede erdenkliche Weise nahe zu bleiben. Trost muß in dieser Hinsicht jedermanns Bemühen sein. Ich war sehr beeindruckt von einem Artikel. den Fabio Fazio für die Repubblica geschrieben hat, über das, was er in diesen Tagen lernt."

Frage:"Was besonders? "

Antwort:"Mehrere Passagen, aber besonders die Tatsache, daß unser Verhalten immer das Leben anderer beeinflußt. Er hat z.B. Recht, wenn er sagt:"Es ist offensichtlich geworden, daß die, die keine Steuern zahlen, nicht nur eine Straftat sondern ein Verbrechen begehen, wenn es nicht genügend Krankenhausbetten und Beatmungsgeräte gibt, ist das auch deren Schuld," Ich war davon sehr beeindruckt" 

Frage:"Wie können die, die keinen Glauben haben, in diesen Tagen Hoffnung haben? "

Antwort: "Sie sind alle Gottes Kinder und er schaut nach ihnen. Sogar die, die Gott noch nicht begegnet sind, jene, die die Gabe des Glaubens nicht haben, können ihren Weg durch diese Tage in den guten Dingen, an die sie glauben, finden, sie können Stärke in der Liebe zu ihren Kindern, für ihre Familien, ihre Brüder und Schwestern finden. Man kann sagen "ich kann nicht beten, weil ich nicht glaube." Aber zur gleichen Zeit kann man an die Liebe der Menschen um sich herum glauben und so Hoffnung finden." 
                                                     *   *   *    *

RUINI: "DER AUFERSTANDENE CHRISTUS IST UNSERE GROSSE HOFFNUNG"

Frage: "Herr Kardinal, in dieser Krise hat Italien vielleicht auch die kleinen Schätze wiederentdeckt, die in unseren Häusern verborgen sind?"

Antwort "Ja. Ich glaube, daß dieser wirklich tragische Augenblick uns dazu bringt, die Wichtigkeit der Beziehung zu Gott wieder zu entdecken und deshalb des Gebetes. So lebe ich zumindest in einem Augenblick, in dem ich mich mit ganzem Herzen dem Herrn und seine Barmherzigkeit anvertraue."

Frage: "Aber wie können wir diesen dramatischen Moment in einen Ausweg, in die Wiederentdeckung unserer Menschlichkeit und auch unserer Gefühle und gegenseitiger Hilfe verwandeln?"

Antwort: "Ich glaube, daß dieser Moment uns zur Solidarität führt. Wir verstehen alle, daß wir im selben Boot sitzen, daß wir einander helfen müssen, weil es eine Sache von Leben und Tod ist.
Und hier kann wieder der Glaube eine große Hilfe sein, weil der Glaube uns genau das sagt, daß wir alle Brüder und Schwestern, Kinder eines Vaters sind, der über uns wacht. Und wir müssen daran glauben, glauben, daß wir nicht allein sind, nicht nur, weil da andere Menschen um uns sind, sondern auch, weil der  Christ angesichts des Todes weiß, daß der Tod nicht das letzte Wort hat.
Das muß gesagt werden, weil- wenn man von Hunderten von Toten spricht und natürlich von vielen Menschen, die die verlieren, die sie lieben, diese Frage sich unausweichlich stellt- endet alles mit dem Tod?  Oder ist der Tod ein Übergang - der traurig ist, dramatisch aber zum Leben führt?
Das ist es, weshalb der auferstandene Christus unsere große Hoffnung ist, er ist der Bezugspunkt. Laßt uns an ihm festhalten! Laßt uns an ihn glauben! "

Frage: "Viele der Gläubigen sind gerade jetzt auch ein wenig desorientiert, weil sie -um Ansteckung zu vermeiden- Gott nicht in der Kirche begegnen können. Welchen Trost können wir denen geben, die zur Zeit ihre Religiosität, ihren Glauben nicht in der Kirche leben können?"

Antwort: "Ich glaube, daß wir Gott in unserem Gewissen finden können. Jesus sagte, wenn du betest, schließe dich in deinem Zimmer ein und bete. Äußere Umstände sind natürlich wichtig, in die Kirche zu gehen, ist wichtig, aber vor allem die innere Beziehung zu Gott ist wichtig.
Ich würde gern die Wichtigkeit des Vertrauens betonen. Wir dürfen das Vertrauen nicht verlieren. Es ist wahr, daß dieses Coronavirus uns irgendwie besiegt hat, jetzt, Aber es ist auch wahr, daß der Mensch in der Lage sein werden, zu siegen. Er wird natürlich durch gegenseitige Solidarität aber auch durch seinen Einfallsreichtum siegen, den Einfallsreichtum, der von Gott kommt und der uns Medikamente gegen das Coronavirus finden lassen wird. Ob das die Behandlung mit einem Impfstoff oder was immer sein wird und wann das passieren wird, weiß ich nicht, aber ich bin überzeugt, daß wir auch das Coronavirus überwinden werden und deshalb müssen wir Vertrauen haben und den Herrn bitten, uns den besten Gebrauch von den Fähigkeiten machen zu lassen, die er uns gegeben hat."

Frage:" Wir haben am vergangenen Sonntag Bilder von Papst Franziskus in den verlassenen Straßen Roms gesehen, wir habe ihn vor dem Kruzifix in St. Marcello und in Santa Maria Maggiore beten sehen. Und heute veröffentlicht er ein Interview mit "Repubblica", in dem er von der Konkretheit der kleinen Dinge spricht, davon die Isolation in die Entdeckung eines Schatzes zu verwandeln. Die Empfehlung war im Titel "Verschwendet diese schwierigen Tage nicht" Wie macht man das, Herr Kardinal? "

Antwort: "Diese Tage bieten uns neue Räume. Während wir zu Hause festsitzen, während wir unsere üblichen Aktivitäten aufgeben müssen. haben wir mehr Zeit uns anderen Dingen zu widmen.Und eines dieser Dinge ist sicherlich die Wiederentdeckung gegenseitiger Beziehungen, die Wiederentdeckung unserer Gefühle, unserer Freundschaften, der Werte, die uns vereinen.
Und wie ich schon sagte, die Wiederentdeckung unserer Beziehung mit dem Herrn gehört auch in diese Reihe. So können wir sogar diese Dinge, die wir im Respekt vor den Regeln  und im Kampf gegen das Coronavirus befolgen müssen, in etwas Gutes, Wertvolles verwandeln.
Ich würde auch gern sagen, daß es sehr wichtig ist- wie der Papst sagte- daß jeder von uns versucht, alles mögliche zu tun, damit jeder von uns weiß, daß das auch seine Verantwortung ist.
Jeder Mensch ist frei, jeder Mensch ist verantwortlich. Wir müssen uns dessen bewußt sein und uns nie gehen lassen, Unglücklicherweise gibt es auch unter diesen Umständen sehr negative Beispiele- wie wir sagen müssen- von Menschen, die versuchen, einige schäbige, persönliche wirtschaftliche Vorteile aus der Katastrophe zu ziehen. Aber angesichts dessen gibt es auch viel positive Zeugnisse, denken wir an die Ärzte, Krankenschwestern -aber nicht nur an sie.
Gut, unsere Freiheit ist zum Teil dafür verantwortlich. Wir sind freie Personen, wir können bewußt entscheiden, unsere Möglichkeiten, die wir haben, gut zu nutzen, auch im Sinne der Solidarität und Hilfe für die, die uns am meisten brauchen,"

Frage: "Herr Kardinal, viele Menschen verlassen uns wegen dieses verdammten Virus und das Traurigste ist, daß sie in Einsamkeit gehen. Oft gibt es nicht einmal die Möglichkeit für ein Begräbnis."

Antwort: "Es ist wirklich sehr traurig, nicht in der Lage zu sein, den Lieben nahe zu sein, die uns verlassen. Wir hoffen, daß die Menschen, die da sind, die Ärzte, die Krankenschwestern, ihnen ein gutes Wort sagen, so daß sie fühlen, daß sie nicht verlassen sind. Und vor allem möchte ich zum Herrn beten, sie fühlen zu lassen, daß er nahe ist und auf sie wartet- wie ein Vater auf seinen heimkehrenden Sohn wartet, wie der Vater im Gleichnis, der auf den verlorenen Sohn wartet, wie Abraham auf dem armen sterbenden Lazarus wartete."

Quelle: Settimo Cielo, S.Magister

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