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Montag, 2. März 2020

Fr. Hunwicke spricht,,,

bei liturgicalnotes über die "organische Entwicklung" der Liturgie anhand des Beispiels der Einführung des "filioque"  ins Credo.
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"STOWE, FILIOQUE UND DIE ORGANISCHE ENTWICKLUNG" 
"Gelegentlich lesen wir die Behauptung, daß die Veränderungen, die Papst Paul VI. am römischen Messbuch vorgenommen hat, nicht bedeutender gewesen wären als die von früheren Päpsten – das ist reichlich weit hergeholt. Man hat mir gegenüber sogar schon behauptet, die anmaßende päpstliche Einfügung des filioque in das Credo sei eine ähnlich revolutionäre Neuerung gewesen – nun ja.
Wo soll man da überhaupt anfangen? Zuerst und vor allem: Die Einführung des Credo in die hl. Messe geht nicht auf die Päpste zurück; nach Jungmann ist es in den 90er Jahren des 8. Jahrhunderts im Frankenreich in den westlichen Ritus gekommen (Missarum Sollemnia Deutsche Ausgabe Bd1 S. 579). Es gibt auch Anzeichen dafür, daß die geheimnisvollen Mozaraber das schon ein paar Jahrhunderte früher so handhabten. Die Einführung mag eine Reaktion auf den Adoptianismus einiger spanischer Bischöfe gewesen sein. Rom selbst folgte dem Vorstoß Karls des Großen erst ein paar Jahrhunderte später nur zögerlich.
Und wie hat sich das filioque nun verbreitet? Jedenfalls nicht auf päpstliche Initiative. Es gibt einen interessanten Aufsatz von A. Breen (Proceedings of the Royal Irish Academy 90c, 107-21) über den Text des Credo in einem irischen Messbuch, dem sogenannten Stowe Missal (es gehörte einst den Herzögen von Buckingham zu Stowe). Dieses Buch dürfte in den 790er-Jahren geschrieben worden sein und enthielt ursprünglich einen Text des Credo ohne das filioque. Was dieses Buch so faszinierend macht ist die Art, in der es späterhin von verschiedenen anderen Schreibern erweitert und verändert wurde.. Manchmal nahm einer vo ihnen sogar ein Messer zur Hand und schabte ein Stück des Textes vom Pergament weg, um dann das soeben weggeschabte in kleinerer Schrift und mit einer Erweiterung wieder herein zu schreiben – und wenn er dann feststellte, daß da weniger Platz war, als er benötigte, band er noch ein kleines Blatt Pergament zusätzlich ein. (Im ersten Jahrtausend begannen liturgische Manipulaten womöglich damit, daß man sich zuerst ein Kalb fangen mußte). So sah das also aus, als das filioque in die Messe eines irischen Klosters kam.



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Im Missale von Stowe haben wir die organische Entwicklung der Liturgie gleichsam physisch vor unseren Augen – wenn man es schafft, sich das in Dublin anzuschauen *). In den Händen der Priester der feiernden Gemeinde, die dieses Buch tatsächlich benutzte, passte es sich allmählich den veränderten Bedürfnissen ihres Ortes oder den Wandlungen der Mode in der allgemeinen Kirche an. Niemand hat über Nacht größere Änderungen vorgenommen, weder von sich aus noch auf Geheiß einer übergeordneten Autorität. Nichts könnte weiter von dem entfernt sein, was dann ein vatikanische Komitee in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts gemacht hat.
Wie schon bemerkt, enthielt das Missale von Stowe bereits das Credo, jedoch noch ohne das filioque. Aber wie Breen nachgewiesen hat, nahm einige Jahre später jemand einige Änderungen am Text dieses Credos vor, und eine davon bestand darin, das filioque zwischen den Zeilen einzufügen Zur Grundlage seiner Änderung nahm dieser Korrektor einen Text, der gerade kurz zuvor auf dem Konzil von Foroiulianum (in Norditalien) 796/7 verkündet worden war. Dieser Text war von Patriarch Paulinus II. von Aquilea zusammengestellt worden – das war ein einflußreicher Bischofssitz, der so mächtig war, daß er sich nicht immer damit zufrieden gab, gehorsam die Einheit mit Rom zu wahren. Hier gibt es also nicht die Spur der Einflußnahme eines Papstes oder überhaupt einer auswärtigen Autorität. Als der Schreiber von Stowe das filioque in seinem Messbuch hinzufügte, hatten tatsächlich weder Patriarch Paulinus noch sein Konzil oder sein Kaiser irgendeine Jurisdiktion über Irland. In den Jahrhunderten vor dem Buchdruck bestand liturgische Autorität in einer Kombination von Tradition, Sensus Fidelium und Eigenverantwortung – wobei der Akzent ganz stark auf dem ersten Element dieser Dreiergruppe lag.
Nach unseren Überlegungen zur Geschichte des Missale von Stowe möchte ich also folgende Daumenregel vorschlagen, um festzustellen, ob eine liturgische Veränderung „organisch“ (wie es die Konstitution Sacrosanctum Concilium ders Zweiten Vatikanums vorschreibt) ist, oder nicht: Wenn man sein altes Messbuch weiter verwenden kann und von Zeit zu Zeit hier ein neues Messformular oder eine neue Präfation einklebt oder dort eine unbedeutende Änderung vornimmt, bei der man etwas wegstreicht oder anmerkt, etwas ein wenig anders zu tun, dann findet wahrscheinlich organische Entwicklung statt. Wenn man dagegen keine andere Wahl hast, als das alte Buch ganz aufzugeben, damit es nutzlos auf dem obersten Regal in der Sakristei liegt und Staub ansetzt – und dann ins Geschäft geht und einen stolzen Preis für das neue Buch bezahlt – dann sind die Veränderungen ganz sicher nicht organisch. Dann ist das, was man in der Hand hast, nicht Ergebnis einer Entwicklung, sonder eines Umsturzes.
Ich nenne das den Stowe-Test.
Die Heilige Woche nach Pius XII. und Bugnini scheint mir diesen Test nicht zu bestehen. Der Psalter des Hl. Pius X. kommt vielleicht gerade noch so durch, weil die Verlage kleine und schmale Bändchen mit dem Psalter herausgaben, so daß man kein komplett neues Brevier kaufen mußte. Sie sind anderer Meinung? Wahrscheinlich haben Sie recht. Aber sie sehen, was ich meine.

Quelle: liturgicalnotes, Fr.J.Hunwicke

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