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Freitag, 27. März 2020

Kardinal Willem J. Eijk zur Situation und zur Zukunft der Kirche in den Niederlanden

Kardinal Willem J. Eijk, der Erzbischof von Utrecht, hat der Vereinigung zur Förderung der Lateinischen Liturgie "La Paix Liturgique" ein Interview zur Lage der Kirche in den Niederlanden gegeben. Life Site News hat es veröffentlicht.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"NIEDERLÄNDISCHER KARDINAL: NUR EINE ORTHODOXE LEHRE UND WÜRDIGE LITURGIE WIRD KATHOLIKEN ANZIEHEN"  

Allgemeiner sagte Kardinal Willem Eijk "Gemeinden mir einer starken Identität und einer würdigen Sonntagsliturgie sind am attraktivsten, Da sehen wir Familien und junge Leute."

Die Frankreich beheimatete Vereinigung zur Förderung der traditionellen Liturgie in der Lateinischen Kirche "Paix liturgique"  hat vor kurzem ein Interview mit Kardinal Willem Eijk , Erzbischof von Utrecht in den Niederlanden zur Zukunftsperspektive der Kirche in dem stark säkularisierten Land veröffentlicht.

Kardinal Eijk hat über den Niedergang der Katholischen Praxis in den liberalen Niederlanden Klartext  gesprochen, eine Tatsache, die er mit dem ständig zunehmenden Individualismus und dem Mangel an Gebeten und wirklich "gelebten" Glauben sogar schon vor dem II.Vaticanischen Konzil  in Zusammenhang bringt.

Er stellte auch fest, daß nur eine wirklich orthodoxe Kirchenlehre und eine "würdige" Liturgie die Gläubigen anziehen kann- insbesondere die traditionelle Liturgie , die zuallererst und besonders die Jungen anspricht,

In der Einleitung zum Interview erinnert Paix Liturgique daran , daß der Niederländische Katholizismus vor dem II. Vaticanischen Konzil blühte- trotz Anzeichen von Schwäche:

" Wie an vielen anderen Orten, wo der Anschein von Christentum wiederhergestellt worden war (Bretagne, Kanada, Irland usw.), führten der Umbruch, der das II.Vaticanische Konzil begleitete und seine Folgen zu einem äußerst dramatischen Zusammenbruch. Dort wie auch anderswo war der sozialen Krise, die 1968 ihren Höhepunkt fand, eine kirchliche Revolution vorausgegangen, unter anderem die des dominikanischen Theologen Edward Schillebeeckx. 
Ein emblematisches Ereignis war die Veröffentlichung des berühmten niederländischen Katechismus im Jahr 1966, der der Orthodoxie große Freiheiten einräumte. Der Metropolitan-Sitz von Utrecht wurde von Kardinal Willebrands besetzt, der gleichzeitig Präsident des Sekretariats für die Einheit der Christen war und den fortschrittlichsten ökumenischen Geist verkörperte ("Wir dürfen nicht von einer 'Rückkehr' für getrennte Christen sprechen", sagte er)."

Paix Liturgique erinnert auch daran, wie in den frühen 80-ern der holländische Katholizismus ein "Ruinenfeld" war. Johannes Paul II unternahm jede Anstrengung- durch eine Politik systematischer "klassischer " Ernennungen, den Versuch zu einer Renaissance der Restauration in mitten dieser Ruinen. Der für diese konservative Kehrtwende dieses Restes der Holländischen Kirche verantwortliche Mann war Kardinal Simonis, der Willebrands in Utrecht folgte" schreibt die Vereinigung. 

Willem Jacobus Eijk, der eine Doktorarbeit über Euthanasie  schrieb und einen Essay über genetische Manipulationen und der Spezialist für Medizin-Ethik ist, wurde von Simonis gefördert. Eijk wurde 1953 geboren, 1999 zum Bischof geweiht 2007 von Benedikt XVI zum Erzbischof von Utrecht ernannt, wo er Kardinal Simonis nachfolgte. 2012 wurde er (in extremis- wie manche sagen) 2012 zum Kardinal gemacht. Bis 2016 war er der Vorsitzende der Bischofskonferenz"  schreibt Paix Liturgique.

Die Vereinigung  stellt fest, daß Eijk "diskret" in die aktuellen Diskussionen eingriff und die "Dubia" bzgl. der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene unterstützte und das Schweigen des Lehramtes zur Kommunion für Lutheraner in Frage stellte.

Ergebnis war, daß in den Niederlanden- wo in Zeiten des Konzils das Progressive triumphiert hatte, ein Stern der Hoffnung aufgeht.

Hier folgt die komplette Übersetzung des Interviews von LifeSiteNews.

                                                                  *   *   *  




Paix Liturgique:  

"Eminenz, zur Zeit des Konzils war die Kirche in den Niederlanden an der Front der revolutionären Agitation (der holländische Katechismus , verrückte liturgische Initiativen, das "Lehramt" des Domenikaner Theologen Edward Schillebeeckx).
Papst Johannes Paul II hat versucht, dagegen zu kämpfen. Wie sehen sie-zurückblickend- diese Momente?" 

Kardinal Willem Jacobus Eijk:

"Nach dem II. Vaticanischen Konzil gingen in den Niederlanden viele viel zu schnell voran. Die Leute dachten u.a., daß der priesterliche Zölibat bald abgeschafft würde und viele Priester übernahmen dabei die Führung. Als sich herausstellte, daß das nicht passieren würde. haben viel resigniert. Beim berühmten Pastoral-Konzil in Noordwijkershout (1968-1970) war jeder eingeladen an den Diskussionen über die Zukunft der Holländischen Kirche teilzunehmen, was zu einem großen Chaos führte. 
Es gab auch viele liturgische Experimente mit dem Ziel die Jungen Menschen in der Kirche zu halten. Das war alles vergebens, weil die jungen Leute nicht in die Kirche kommen, um die Gitarre zu hören; sie kommen wegen Christus, Wenn sie.Gitarren wollen, gehen sie in ein Gitarrenkonzert.
Die Kirche in den Niederlanden polarisierte sich dann in dieser Richtung.
Papst Johannes Paul II war sehr besorgt über diese Situation und berief eine Sonderversammlung der Bischofssynode -gemeinsam mit den Bischöfen der Niederlande nach Rom ein.
Papst Johannes Paul II kannte die Niederlande persönlich: als Student des Angelicum in Rom hatte er bereits 1947 die Niederlande besucht. Wir haben einen Brief von ihm, in dem er schrieb, daß er die machtvolle Organisation der Holländische Kirche bewundere. Er bemerkte aber auch den Mangel an Spiritualität, einem gelebten Glauben und an persönlichen Gebetsleben bei den Holländischen Katholiken. 

PL:

Der gesamte Westen wurde von der Krise der Säkularisation betroffen,.Wie erklären Sie diese Entchristlichung? 

Kard. Eijk:

"Das erste Zeichen des Niedergangs der Katholischen Kirche in den Niederlanden gab es unmittelbar nach dem letzten Krieg. Die katholische Kirche in den Niederlanden war eine Organisation, die mehr auf sozialen Bindungen als auf dem Inhalt des Glaubens ihrer Mitglieder beruhte. Dies galt auch für andere westeuropäische Länder, aber vielleicht etwas weniger. Viele Gläubige hatten nicht genug persönliche Beziehungen zu Christus. Tatsächlich war das halbkirchliche Leben, das rund um die Kirche organisiert war (insbesondere mit katholischen Schulen und katholischen Sport- und Pfadfinderclubs), oft die einzige Verbindung, die Katholiken mit der Kirche hatten - eine soziale Verbindung.
Das ist das, was verschwunden ist. Und das ist es genau, warum die Kirche dem Aufkommen der Kultur des Individualismus in den 60-ern nicht widerstehen konnte, die den starken gegenseitigen Zusammenhalt, den es bis dahin in der niederländischen Gesellschaft gab reduzierte- der an manchen Orten sogar ganz verschwand. 
Der Individualismus, der von da an vorherrschte, hatte seinen direkten Grund im rapiden Anwachsen des Reichtums in den 60-ern, der es den Leuten ermöglichte im Wesentlichen unabhängig voneinander zu leben. Diese Kultur ist seither- Dank der Einführung der sozialen Medien um 2005 -zu einer hyper-individualistischen Kultur geworden."   

PL
"Diese De-Christianisierung ist in den protestantischen Gemeinden sehr sichtbar. In den Niederlanden gab es in den letzten paar Jahrhunderten einen starken protestantischen Einfluß, aber die jüngsten Studien zeigen, daß nur 17%  sich als zur Protestgantischen Gemeinsschaft gehörend definieren- hauptsächlich zur Niederländischen Protestantischen Kirche. Wie sehen Sie die Situation der Protestantischen Gemeinschaften in den Niederlanden heute? "

Kardinal Eijk:
"Die protestantischen Gemeinschaften in den Niederlanden sind in den vergangenen  Jahrzehnten tatsächlich beträchtlich geschrumpft. Die Holländische Reformierte Kirche hat im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts fast ihre gesamte Elite und Mitarbeiter verloren und leerte sich nach dem I. Weltkrieg immer weiter. Nur die sehr orthodoxen protestantischen Konfessionen waren stabil oder sind sogar leicht angewachsen. Das ist ein Beweis dafür, daß Orthodoxie eine Zunkunft hat. Religionen, die sich an die Kultur und die Gegenwart anpassen verlieren sich selbst und verlieren dann ihre Gläubigen. 

P.L:
"Während die Protestanten weniger werden, sind die Katholiken die größte religiöse Gemeinschaft im Land geworden (21%). Wie sehen Sie die Situation der Kirche in Ihrer Diözese und in Ihrem Land?" 

Kardinal Eijk:
"Die Lage ist verwirrend. In der zweiten Hälfte der 60-er Jahre hörte eine ganze Generation junger Menschen auf, in die Kirche zu gehen. Diese jungen Leute -jetzt Großeltern- haben ihren Kindern wenig oder gar keinen Glauben vermittelt. Jetzt haben wir es mit ihren Enkeln zu tun, die allgemein gesagt nichts über den Christlichen Glauben wissen und sehr oft nicht einmal getauft sind. 2002 erklärte weniger als die Hälfte der Niederländer, 43% , daß sie zu einer Kirche gehörten. Dieser Prozentsatz nahm dann innerhalb von 14 Jahren um weitere 12% ab: 2016 betrachteten sich nur noch 31% als Mitglieder eine Kirche. Diese Entwicklung gibt das Tempo der Säkularisierung der Niederlande wieder. Das hatte-natürlich - eine Auswirkung auf die Zahl der Niederländer, die als Katholiken registriert waren: 2000 waren es 5.106.000 -und die scheinen immer noch weniger zu werden. 2015 wurde eine Abnahme umn 24% gegenüber 2000 festgestellt: die Zahl nahm auf 3.882.000 Katholiken ab- bei einer Gesamtbevölkerung die in der selben Periode von 15.864.000 auf 16.500.000 anwuchs. Die Zahl der Katholiken, die jeden Sonntag in die Kirche gehen, ist von 385.675 im Jahr 2003 auf 186.700 2015 abgefallen; das ist eine Abnahme  von 52% in 12 Jahren. 

Hunderte von Kirchen sind bereits geschlossen worden und werden weiterhin geschlossen. Wie müssen da realistisch sein. Weil die Zahl der praktizierenden Katholiken un den Westeuropäischen Ländern abnimmt und die Zahl der Freiwilligen und als Resultat davon die finanziellen Ressourcen, ist es unvermeidlich,daß eine großte Zahl von Kirchen geschlossen wird, wie schmerzhaft das auch sein mag, " 


P.L..
Sehen Sie in diesem im Ganzen negativen Panorama Zeichen für eine Renaissance?

Kardinal Eijk
"Es ist noch früh, von einer Renaissance zu sprechen, aber es gibt Anzeichen von Hoffnung. Zuallererst, wenn wir die Eucharistie feiern, kommt der Herr in der Gestalt von Brot und Wein zu uns, und wenn wir Gemeinschaft empfangen, empfangen wir Ihn persönlich, ob viele oder wenige Menschen an der Feier teilnehmen. Dies ist die Quelle einer großen und tiefen inneren spirituellen Freude, die uns nichts und niemand, nicht einmal die Säkularisierung, nehmen kann. Und es ist keine selbstsüchtige Freude, sofern diejenigen, die sie empfangen, den festen Willen haben, den Glauben an Christus so weit wie möglich zu fördern.

Zweitens ist die heutige individualistische Kultur nicht ewig: Sie muss einer anderen Kultur weichen, die offener für den christlichen Glauben ist.

Schließlich gibt es einen besonderen Grund zur Hoffnung. Sicherlich nimmt die „Menge“ der Kirche ab, dh die Zahl der Katholiken. Es ist an sich schmerzhaft und beunruhigend, diese Tatsache anerkennen zu müssen. Können wir uns trösten, wenn wir über die „Qualität“ der verbleibenden Katholiken sprechen?"

P.L. 
"Gibt es in den Niederlanden kontemplative Gemeinschaften?"

Kardinal Eijk:
"Ja, aber ihre Zahl hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen. In der Erzdiözese Utrecht gibt es Religiöse Orden und Kongregationen von Schwestern und Mönchen, die dem Gebet gewidmet sind. Ihre Gegenwart im Gebet ist für die Kirche unschätzbar."

P.L.
"Wo ist der Platz für eine Verkündung einer klar formuliertgen Leher und Moral in dieser Renaissance? "

Kardinal Eijk:
"Laut dem Rektor des kleinen Seminars von Apeldoorn, Bischof Toon Ramselaar, ist eine wichtige Ursache für die Glaubenskrise in den Niederlanden, daß der Glaube der Katholiken „nichts weiter als ein System von Wahrheiten und Geboten“ war, das ihr tägliches Leben und ihre Arbeit nicht mehr beeinflusste. Der Glaube hatte daher für die meisten Katholiken seine Bedeutung im täglichen Leben verloren, so daß sie ihn innerhalb kurzer Zeit massenhaft aufgaben. Beachten Sie, daß er diese Beobachtung bereits 1947 machte, nachdem er mit Priestern und Laien über die Krise der Kirche gesprochen hatte, die sie kommen sahen.

Die Geschichte der Säkularisierung unter den niederländischen Katholiken und die Diagnose von Karol Wojtyla [dem zukünftigen Johannes Paul II] unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg haben uns eines gelehrt: Die Verkündigung der Katechese und die Entfaltung der Liturgie müssen einen spirituellen Charakter spüren lassen, daß sie sich nicht auf die Übertragung abstrakter Wahrheiten und ethischer Aussagen beschränken sollten, sondern daß es wichtig ist, daß sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu einer wirklich persönlichen Beziehung zu Christus und zu einem wahren Gebetsleben führen."

P.L.
"Und wo ist er Platz der Liturgie in dieser Renaissance? Glauben Sie, daß die Rückkehr zu einem Gefühl für das Heilige, die Stille und die Anbetung wichtig sind für die Entwicklung einer Neuevangelisierung?"

Kardinal Eijk:
"Es ist essentiell. Heute sind die Gästeräume in den Klöstern überfüllt.  Denjenigen, die auf diese Weise in die Klöster kommen, fehlt etwas in ihrem täglichen Leben und sie suchen es in der Stille der religiösen Häuser. Dies kann ein erster Schritt zur Rückkehr zum Glauben sein. Leider ist der Besuch des Klosters einmalig: Einmal ins tägliche Leben zurückgekehrt beginnt die Überlastung der Aktivitäten für alle wieder wie zuvor.

In jedem Fall sind das heilige Schweigen der Kirche, die Anbetung und würdige Feierlichkeiten unverzichtbar, und darüber hinaus scheint all dies die Menschen anzulocken, die nach Gott suchen."

P.L..:
"Gibt es in den Niederlanden Gruppen, die der außerordentöiche Form des Römischen Ritus angehören?"

Kardinal Eijk:
"Ja. die gibt es, aber sie sind noch klein. In den Niederlanden besteht seit 1967 eine Vereinigung für die lateinische Liturgie. Ziel war es zunächst, das lateinische Zelebrieren nach dem Novus Ordo zu fördern. Aber seit dem Motu proprio Summorum Pontificum von Papst Benedikt XVI. ist diese Vereinigung nun der Lateinischen Messe gemäß der außerordentlichen Form der Römischen Liturgie verpflichtet. Bei diesen Feierlichkeiten nach der außerordentlichen Form der Römischen Liturgie fällt auf, daß die Gläubigen oft junge Menschen sind. Im Gegensatz zu Frankreich ist ihre Zahl in den Niederlanden jedoch noch nicht sehr hoch."

P.L.: 
"Haben diese Gruppen eine Rolle bei der Neuevangelisierung des Landes zu spielen?

Kardinal Eijk: 
"Ich würde sagen, daß sie bei der Re-Evangelisierung keine große Rolle spielen, aber sie zeigen eindeutig, daß die Zukunft sich  klar und authentisch für einen orthodoxen Glauben manifestiert gezeigt hat. Diese Zeremonien sind attraktiv und die Menschen kommen zu ihnen."

P.L:
"2017 hat die FSSPX die St. Willibrorde-Kirche in Utrecht gekauft. Hoffen Sie, daß sie sich der Bemühung um eine Neu-Evangelisierung anschließt?" 

Kardinal Eijk
"Ich bin glücklich, daß St. Willibrord für eine liturgische Nutzung bewahrt werden konnte. Aber ich bin nicht in der Lage, die Rolle der FSSPX bei der Neu-Evangelisierung der Niederlande zu beurteilen." 

P.L.
"Glauben Sie, daß die außerordentliche Form der Liturgie eine Zukunft und eine Rolle in der Zukunft der Kirche hat?" 

Kardinal Eijk:
" Ja, mir scheint, daß die außerordentliche Form des Römischen Ritus in der Zukunft der Kirche eine Rolle spielen wird. Das Ausmaß dieser Rolle ist schwer abzuschätzen und wir sich wahrscheinlich von einem Land zum anderen unterscheiden. Auf alle Fälle ist Latein unverzichtbar als liturgische Sprache- sogar in der ordentlichen Form der Liturgie." 

Quelle: LifeSiteNews, La Paaix Liturgique, Kardinal Willem J. Eijk
.L 

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