und zwar vor einigen Tagen bei liturgicalnotes - etwas abseits der aktuellen Aufregung um die Auswirkungen von coivid-19 auf das Leben der Kirche- über Ovid und die klassischen Dichter (vielleicht typisch Oxford?) und das Weiterleben ihrer Kunst in vorkonziliaren Gebeten....
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"OVID ALS LITURGIKER?"
Ich habe mich schon früher einmal darüber gewundert, daß nicht eine einzige der alten römische Kollekten für die Sonntage nach Ostern die postkonziliaren "Redormen" zur Verwendung an einem Sonntag überlebt hat. Das ist in der tat bemerkenswert. (Zufällig wurde ein gleiches Schicksal auch den sonntäglichen Kollekten für die Fastenzeit und den Advent zuteil- und zwar allen). Die Konstitution Sacrosanctum Concilium (Abschnitt 23) des II. Vaticanischen Konzils hatte gefordert, Änderungen nur da vorzunehmen, wo es zum Wohl der Kirche wahrhaft und mit Sicherheit erforderlich ist. Weiterhin ist es bemerkenswert, daß die Kollekte für den zweiten Sonntag nach Ostern eine moderne Neuschöpfung ist. Was spricht denn gegen eine alte Kollekte für diesen Sonntag? Könnte es wirklich sein, daß in der ganzen westlichen Christenheit niemand wußte, wie ein Tagesgebet in der österlichen Zeit aussehen müßte?
Tatsächlich haben die "Reformer" das Tagesgebet für den zweiten Sonntag sogar beibehalten- sie haben es nur von der österlichen Zeit auf einen der "Grünen Sonntage" verschoben. Es kann also auch ihrer Ansicht nach nicht jenseits aller Erlösung gewesen sein. Ganz beibehalten haben sie es übrigens nicht- Sie ahnen schon, was jetzt kommt- sie haben Änderungen vorgenommen. Sie haben die Erwähnung des "ewigen Todes" gestrichen und durch "Sklaverei der Sünde " ersetzt zund deshlab mußte auch die Parallelstelle von der "ewigen Freude" zu "Heiliger Freude" abgeändert werden.
Wie um Himmels willen, erfordert das Wohl der Kirche "wahrhaft und mit Sicherheit" die Auslassung der wunderbaren Wahrheit, daß der himmlische Vater uns vor dem ewigen Tod gerettet hat? Oder daß die uns versprochene Freude ewig währen soll?
Hier der Text der Oration in der vorkonziliaren Fassung:
Deus qui in Filii tui humilitate iacentem mundum erexisti : fidelibus tuis perpetuam concede lasetitiam; ut quos perpetuae mortis eripuisti casibus, gaudiis facias perfrui sempiternis.
Gott, der Du im Niedergestrecktsein Deines Sohnes die gefallene Welt wieder aufgerichtet hast,
gewähre Deinen Gläubigen die ewige Freude, damit Du denen, die Du vor dem Sturz in den ewigen
Tod gerettet hast, die ewige Seligkeit gewähren mögest.
Dieses komplexe Zusammenspiel der Worte in den verschiedenen Satzteilen gefällt mit sehr gut. Humilitas kommt von humus, Boden, und so ruft es etymologisch (wie auch das griechische "tapeinos") die Vorstellung von "auf dem Boden liegend" hervor. Und so erblicken wir hier das formvollendete Paradoxon , daß das "Niedergestrecktsein" Christi die Welt, die darnieder liegt, wieder aufgerichtet hat. Als unverbesserlicher Liebhaber der klassischen Literatur denke ich dabei an ein ähnliches Wortspiel aus Ovids Metamorphosen (VIII, 526) wo die Einwohner von Kalydon den Tod Meleagers betrauern:
Alter iacet Calydon " Kalydon, das hohe, liegt darnieder." (so die deutsche Übersetzung von Erich Rösch). Wie der verstorbene und von uns sehr vermisste Adrian Hollis vom Keble-College dieser Universitär angemerkt hat, wird die Eleganz der dieser Verbindung von wörtlicher und metaphorischer Rede noch dadurch erhöht, daß das "hohe" ein traditionelles Beiwort ist- so etwa in der Ilias XIII 217, bei "aipeinei Kaludoni".
Hollis beschreibt den Geschmack dieser Szene zu Recht als "spielerisch, nachgerade kallimachäisch" war es doch Kallimachos von Cyrene, der größte unter allen hellenistischen Dichtern, der das Spiel mit Worten zur höchsten Form der Kunst erklärte. Die Vorstellung des "Niedergestrecktseins" wird in unserer Kollekte erneut aufgenommen, wenn der ewige Tod als Ergebnis von casibus. "Niederfällen" - unbereuten Sünden- dargestellt wird.
Dazu kommen die (begrifflichen) Gegensätze bei (lautlichen) Assonanzen. Sie erheben meinen Geist in der gleichen Weise wie das sprachliche Feuerwerk des großen Geschenks des byzantinischen Christentums an die ganze katholische Welt - der Hymnos Akathistos. Warum müssen diese Miesmacher und schwermütigen Finsterlinge darauf aus sein, die Liturgie der Lateinischen Kirche all ihres Glanzes und ihrer Freude zu berauben? Warum dürfen nach dem II. Vaticanischen Konzil nur noch die Byzantiner Freude am Glauben erleben?
Doch hinter der Freude an den klassischen Gebeten des alten Römischen Ritus liegt die rettende und glorreiche Wahrheit, daß der Herr, von Geißelhieben geschwächt und unter dem Kreuz niedergefallen -in den Schmutz und Dreck einer gefallenen Welt , diese Welt als einziger wieder erhebt und uns zu ewiger Freude führt. Der Lobpreis des Christentums überträgt den erlesenen Geschmack der Klassik un die Dimension der Heilsgeschichte."
Quelle: Liturgicalnotes, Fr. J. Hunwicke
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