Anläßlich des heutigen 15. Jahrestages der Inaugurationsmesse von Papst Benedikt XVI versucht A. Gagliarducci für Vatican Reporting zu erklären., wann und warum Benedikt XVI nicht verstanden wurde. Hier geht´s zum Original: klicken Lesen !
"WANN HABEN WIR BENEDIKT XVI NICHT VERSTANDEN? ZUM ERSTEN MAL VOR 15 JAHREN"
Wenn ich den Augenblick definieren müßte, in dem wir begonnen haben, Benedikt XVI nicht zu verstehen, würde ich sicher sagen bei der Inaugurationsmesse zum Petrinischen Amt.
Weil in der Predigt, die er gehalten hat, der ganze Benedikt XVI, seine Demut, sein Programm und sein Denken enthalten waren. Das war eine universale Vision der Welt, über die Details hinaus.
Aber wir haben alle die Details gesucht und wir haben die in einer Sprache gesucht, die nicht nur nicht die der Kirche war, sondern die noch viel weniger zu Benedikt XVI gehörte.
15 Jahre später lohnt es sich, diese Predigt noch einmal zu lesen. Das ist nicht nur eine Stil-Übung, Es ist mehr- es ist die Notwendigkeit sich etwas bewußt zu machen.
Ich habe oft darüber gesprochen, wie religiöse Informationen von politischen Kategorien und Sprachen beeinflusst werden, und ich habe auch betont, wie das konstruierte Narrativ dann noch wichtiger wird als die Realität. Und die Predigt vom 24. April 2005, die vorurteilslos gelesen und mit der Möglichkeit, heute eine Bestandsaufnahme des Pontifikats vorzunehmen, zeigt, wie Benedikt XVI für die Journalisten wirklich eine verpasste Gelegenheit war.
Die Predigt kann auf der Website des Vatikans vollständig gelesen werden. Ich beschränke mich darauf, einige Schlüsselpassagen zu identifizieren. Benedikt XVI beginnt mit einem liturgischen Datum, dem Singen der Heiligen-Litaneie und der Erinnerung an Johannes Paul II. Es ist ein Akt des Glaubens, aber auch ein Akt der Demut. Er erzählt von einem Papst, der sich nicht an der Spitze der Kirche fühlt, sondern wirklich als im Dienst der Kirche.So hat er auch - als er fühlte, daß ihm die Kräfte fehlten, entschieden, auf das Petrinische Amt zu verzichten.
Aber das liturgische Datum dient Benedikt XVI auch dazu, eine große Wahrheit zu bekräftigen, daß "wer glaubt, nie allein ist. Nicht im Leben und nicht im Tod." Da waren nicht nur die Kardinäle im Konklave, sondern wir waren von den Freunden Gottes umgeben und geleitet," Und Benedikt XVI ist nicht allein, er muß "das, was er nie allein tragen könnte, nicht allein tragen."
Und das ist eine grundlegende Eigenschaft des Pontifikates von Benedikt XVI. Sein ganzes Leben wird durch die Suche nach der Wahrheit gekennzeichnet. Und die erste Wahrheit für Benedikt XVI ist daß die Anwesenheit Gottes den Menschen in ihre Mängeln hilft und daß nur die Abwesenheit Gottes zu den Fehlern der Menschen führt. Nicht umsonst war das Thema der Abwesenheit Gottes und des Menschen, der Gott vergessen hat, während des Pontifikates Benedikts XVI essentiell.
Der Papa emeritus hat aber eine "lebendige und junge Kirche" gesehen- besonders beim gläubigen Volk, das sich auf dem Petersplatz versammelt hatte, um Johannes Paul II einen letzten Gruß zu geben und ihn während seiner Agonie zu begleiten. "Die Kirche lebt - sie lebt, weil Christus lebt, weil er wirklich auferstanden ist" so endete Benedikt XVI, der bereits seit langer Zeit daran dachte, seine Bücher über Jesus von Nazareth zu schreiben - und besonders jenes Kapitel über die Auferstehung im zweiten Band, an dem er so lange gearbeitet hat.
Benedikt XVI wußte, daß alle erwarteten, daß er in dieser Rede die Leitlinien seines Pontifikates bekannt gibt. Aber da gibt es einen Paukenschlag. "In diesem Augenblick" sagt er "muß ich kein Regierungsprogramm vorlegen" und fügt hinzu " mein wahres Programm ist das, nicht meinen Willen zu tun, nicht meine Ideen zu verfolgen sondern mit der gesamten Kirche dem Wort und dem Willen des Herrn zuzuhören. und mich von IHM leiten zu lassen, damit ER selbst die Kirche in dieser Stunde unserer Geschichte leitet."
Das ist eine klare Botschaft: die Kirche hört nicht auf die politische Logik, sie träumt nicht von Programmen, die zu erledigen sind. Das heißt zu verstehen, wie man den Willen Gottes tut.
Noch einmal: die Frage im Zentrum des Glaubens: man muß Glauben haben. man muß auf Gott schauen, man muß Gott in den Mittelpunkt zurück stellen. Eine Botschaft, die Benedikt XVI während seines gesamten Pontifikates vorangetragen hat. Das sollte besonders während seiner letzten Rückkehr nach Deutschland 2011 sichtbar werden.
Nicht nur wegen seiner Reden über die Entweltlichung angesichts einer in ihren Strukturen selbstzufriedenen Kirche in Deutschland, sondern auch einer mit immer weniger Gläubigen. Besonders als er in Erfurt, dem Ort wo Luther Augustinermönch gewesen war, den Lutheranern begegnete, hat er unterstrichen, daß er wisse, daß alle ein "ökumenisches Geschenk" erwarteten, soll heißen einen Widerruf der Exkommunikation Luthers . Aber er erklärte, daß das genau eine politische Argumentation sei, weil das wahre Geschenk, für den, der glaubt, der gemeinsame Weg zu Gott ist.
Aber was tut Benedikt XVI an dieser Stelle der Rede? Er kommentiert die "beiden Zeichen, mit denen der Beginn des Petrinischen Amtes dargestellt wird." Die Botschaft ist klar: die Kirche muß wieder von den Symbolen ausgehen, von den tiefen Bedeutungen der Dinge, an die wir glauben. Alles entsteht von da aus. Die Liturgie, der Ausdruck des Glaubens und muß einbezogen werden.
Und so beschreibt Benedikt XVI das Pallium, das "ein Bild des Jochs Christi ist", das "für uns nicht nur ein äußeres Gewicht ist, das uns bedrückt und uns die Freiheit nimmt." Sondern "um zu erkennen, was Gott will, erkennen, was der Weg des Lebens ist, das die Freude Israels war, sein großes Privileg."
Und es ist auch die Freude der Christen, weil - sagte Benedikt XVI - der Wille Gottes uns nicht entfremdet sondern uns reinigt- vielleicht auch auf schmerzhafte Weise- und uns so zu uns selbst führt." Man kann hier wie im Gegenlicht den Grundgedanken Ratzingers in der außerordentlichen Kreuzweg-Meditation von 2005 lesen. Ein Kreuzweg voller Hoffnung, der dann einzig auf die Verurteilung des Schmutzes in der Kirche reduziert wurde."
Benedikt XVI geht auch weiter in die Tiefe und unterstreicht, daß das Pallium -aus der Wolle des Lammes- auch die "verlorenen Schafe oder die kranken und schwachen Schafe symbolisiert, die der Hirte auf die Schulter nimmt und zum Wasser des Lebens bringt," und für die Kirchenväter und die Menschheit, die den Weg nicht mehr finden.
"Der Sohn Gottes" schließt Benedikt XVI- wird das nicht tolerieren, Er kann die Menschheit in einer ähnlich elenden Situation nicht allein lassen. Er springt auf die Füße, verläßt die Glorie des Himmels, um die Schafe wiederzufinden und in Sicherheit zu bringen- bis zum Kreuz"
Also sagt das Pallium, daß "wir von Christus getragen werden" in den vielen Formen der Wüste, die es gibt- ja- "der Armut, des Hungers, des Durstes, aber auch des Verlassenseins. der Einsamkeit, der zerstörten Liebe, der Gottesdunkelheit, der Leere des Seelen ohne Gewissen."
Und Jesus der Gute Hirte bedeutet, daß es nicht die Macht ist, die erlöst sondern die Liebe": Benedikt XVI unterstreicht: "Wie oft wünschen wir, daß Gott sich stärker zeigen würde, daß Er hart zuschlagen, das Böse besiegen und eine bessere Welt schaffen möge. Alle Ideologien der Macht rechtfertigen sich so, rechtfertigen die Zerstörung dessen, was dem Fortschritt im Wege und der Befreiung der Menschheit im Wege stehen könnte. Wir leiden wegen der Geduld Gottes.
Und doch brauchen wir alle seine Geduld. Der Gott, der ein Lamm geworden ist, sagt uns, daß die Welt durch dem Gekreuzigten und nicht durch die Kreuziger gerettet wird. Die Welt wird durch die Geduld Gottes erlöst und durch die Ungeduld der Menschen zerstört."
Selbst in diesen Worten gibt es eine Hymne daran. sich dem Willen Gottes anzuvertrauen, aber es gibt auch die Sanftheit der Art und Weise, wie Benedikt XVI die Kirche geführt hat. Benedikt XVI hat wirklich zugehört, und Benedikt XVI hat wirklich nicht bestraft. Er traf Entscheidungen, hat aber immer über die Situationen hinaus.geschaut. Er hat einfach versucht, sich von einer größeren Logik leiten zu lassen, und gab damit ein Beispiel. Sein "Martyrium der Geduld" war eigentlich das Werk des Guten Hirten. Ein Werk, das nicht verstanden wurde, weil es mit den Augen der Ideologie und nicht des Glaubens gelesen wurde.
Und so bittet Benedikt XVI um Gebete Zu beten, "zu lernen, den Herrn immer mehr zu lieben" und daß "ich nicht aus Angst vor den Wölfen weglaufen werde". Aber nicht wegzulaufen erfordert besonderen Mut. Es ist nicht der Mut der Unerschrockenen, es ist der Mut der Ruhigen im Geiste. Ruhig- weil in Frieden mit Gott.
Dann erklärt Benedikt XVI das Zeichen des Fischerrings, das auch an die beiden wundersamen Fischzüge der Evangelien erinnert, insbesondere an das Wunder des zweiten, das nach der Auferstehung passiert . " Auch heute - sagt Benedikt XVI- sollten die Kirche und die Nachfolger der Apostel auf das Meer der Geschichte hinausfahren abheben und Netze auswerfen, um Menschen für das Evangelium zu fangen, für Gott, für Christus für das wahre Leben."
Wieder geht es um den Glauben."Wir Menschen-sagt Papst Benedikt - leben entfremdet im salzigen Wasser des Leidens und des Todes. in einem Meer der Dunkelheit ohne Licht. Das Netz des Evangeliums zieht uns aus dem Wasser des Todes und führt uns in die Pracht des Lichts Gottes, in das wirkliche Leben. “
Und die Mission des Menschenfischers ist es, " die Menschen aus dem salzigen Meer aller Entfremdungen in Richtung des Landes des Lebens, in Richtung des Lichts Gottes zu bringen" und "Gott den Menschen zu zeigen", denn nur dort, wo man Gott sieht, beginnt das Leben wirklich."
Benedikt XVI erinnert abschließend daran, daß das Bild des Hirten und des Fischers nun auch zur Einheit berufen ist. Und dies war ein grundlegendes Thema im Pontifikat von Benedikt XVI. Nur wenige erinnern sich an den Besuch der Kölner Moschee anlässlich der Reise zum Weltjugendtag. Nur wenige verstehen, daß die Freigabe des alten Ritus ein Mittel war, um auch die "verlorenen Schafe" der Traditionalisten zusammenzubringen, die das Konzil leugneten. Nur wenige verstehen die außergewöhnliche ökumenische Arbeit, deren Früchte auch Papst Franziskus erntet.
In dieser Predigt war das ganze Pontifikat schon da. Das Pontifikat von Benedikt XVI war ein konsequentes Pontifikat. ein ständiger Aufruf zum Glauben. das nur im Jahr des Glaubens enden konnte, das von ihm selbst ausgerufen wurde."
Quelle: A. Gagliarducci, Vatican Reporting
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