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Montag, 6. April 2020

Papst Franziskus, das Päpstliche Jahrbuch und die Zeichen der Zeit...

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican analysiert und Kommentiert A. Gagliarducci  den im Vatican gefaßten Entschluss, im Annuario Pontificio den Titel "Stellvertreter Christi" wegfallen zu lassen.
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"PAPST FRANZISKUS, DIE ZEICHEN DER ZEIT"
Die erste Seite der neuen Ausgabe des "Annuario Pontificio" könnte einen Hinweis auf die Reformen von Papst Franziskus geben. Das Jahrbuch, ein "vaticanisches Who´s Who", das die Namen aller Kurienmitglieder und Dicasterien auflistet. Die erste Seite ist immer dem Papst und seinen Titeln gewidmet.

Diese erste Seite gibt auch einen Hinweis darauf, wie der Papst sein Pontifikat gestalten will. so hat z.B. Benedikt XVI aus der Liste der päpstlichen Titel den des "Patriarchen des Westend" entfernt, ein klares Zeichen dafür, daß sein Bemühen um die Einheit der Christen während seines Pontifikates zentral sein würde.
Der erste, der die Neuigkeiten im diesjährigen Annuario bemerkte war Marco Tosatti. Auf der ersten Seite der Neuausgabe steht der Name des Papstes und gleich darunter seine Biographie. Er nach der Biographie von Papst Franziskus folgen die Titel des Papstes. Der erste dieser Titel ist "Stellvertreter Christi"  Das Annuario präsentiert aber die Titel als "historische Titel".

Tosatti merkt zu Recht an, daß die Reduzierung des Titels des Stellvertreters Christi auf „den ersten der historischen Titel, der aus der Antike stammt und heute keine oder nur eine geringe Bedeutung hat“ zu "Theorien passen würde, die sich vor einigen Jahren unter den Jesuiten verbreiteten- inspiriert von Karl Rahner.“ Diese Theorien werfen Zweifel an der Bedeutung einiger dieser antiken Attribute für die zeitgenössische Kirche auf.

Tosatti macht sich zu Recht Sorgen. In einer Erklärung für die Zeitung der Italienischen Bischöfe Avvenire betonte Matteo Bruni, Direktor des Pressebüros des Hl. Stuhls. daß "historische Titel"die Verbindung zur Geschichte des Papsttums bedeuten.  Diese Titel- fügte Bruni hinzu, "sind dazu bestimmt, historisch an den Titel "Bischof von Rom" gebunden werden, weil der einmal gewählte Papst, der Bischof von Rom diese Titel bekommt-"





Die Erklärung läßt Raum für Spekulationen. Papst Franziskus hat sich als anti-institutioneller Papst erwiesen. Er glaubt an die Päpstliche Autorität und ist ein Mann der allein an der Spitze steht. Papst Franziskus betrachtet nebenbei bemerkt Titel als etwas Relatives- weil er diese anti-institutionelle Perspektive hat.

Trotz Brunis Erklärung bleiben die Gründe für diese Änderung im Dunklen. Die Kirchenväter pflegten die Armen als die "Stellvertreter Christi zu bezeichnen, während der Papst erst später als "Vikar Christi" beschrieben wurde.  Papst Franziskus hat wahrscheinlich daran gedacht,  Er mag erwogen haben, daß der Titel Vikar sich auf die Armen bezieht. Papst Franziskus hat sein Pontifikat den Armen gewidmet. Er hat- als er gewählt war und Kardinal Claudio Hummes ihn aufforderte, an die Armen zu denken, den Namen Franziskus gewählt.

Andererseits hat die Betrachtung des Titels "Vikar Christi" als rein historisch viele Konsequenzen, Diese Konsequenzen würden die Natur des Priestertums und des Bischoftums betreffen. Wenn die Rolle des Stellvertreters Christi rein historisch ist, ist der Papst nicht mehr als der Erste unter Gleichen und die Bischöfe sind nur Verwalter ihrer Diözesen.

Folgt man dieser Rationale könnte der Papst lediglich der Vorsitzende einer "Vereinigung von Bischofskonferenzen"sein, die alle als gleichrangig betrachtet werden und alle mit ihren speziellen Problemen. Schon in seiner Exhortation "Evangelii Gaudium" hat Papst Franziskus vorgeschlagen, daß die Bischofskonferenzen auch Kompetenzen in doktrinalen Fragen haben könnten.

Während der Diskussionen bei der Pan-Amazonas-Synode und der Familien-Synode konnte man die Rationale von einer Föderation der Kirchen zwischen den Zeilen lesen. Die Bischofskonferenzen haben eine Menge Druck bei diesem Thema ausgeübt. Papst Franziskus selbst, als Erzbischof von Buenos Aires fand, daß Rom zu weit entfernt war, um seine örtlichen Probleme zu verstehen.

Den Titel Vicar Christi als "historischen Titel zu betrachten, reduziert ihn auf eine reine Funktion, die das Gegenteil dessen ist, was Papst Franziskus immer sagt.

Das Konzil von Florenz hat die Definition des "Vikar Christi" in der Bulle "Laetuntur Coeli" (6. Juli, 1439) geklärt. In der Bulle liest man, daß"der Römische Pontifex der Nachfolger des Hl. Petrus, Apostelfürst, wahrer Stellvertreter Christi und Oberhaupt aller Kirchen, Vater und Lehrer aller Christen ist."

Diese Formulierung ist ein Ausschnitt aus einem weiteren Kontext. Bevor diese Formulierung erreicht wurde, gab es viele Interpretationen der Definition. Diese Formulierung wurde sowohl vom I. als auch vom II. Vaticanischen Konzil aufgenommen.

Es ist bemerkenswert, daß das Konzil von Florenz ein Konzil der Vereinigung war "zur Rückkehr einiger Ostkirchen zur Katholischen Kirche. In Florenz wurden alte theologische Ausdrücke diskutiert. Der Ausdruck Vikar stand für "an der Stelle Christi zu sein"

Vorher wurde der Titel "Vikar Christi" dem Bischof zuerkannt. Also sagt das Konzil in Florenz, daß der "Papst der wahre Vikar Christi" ist.  Auf diese Weise unterstrich und betonte das Konzil die besondere und einzigartige Beziehung zwischen Petrus uns seinen Nachfolgern.

Das Konzil von Florenz betonte auch, daß der Vikar Christi das "Oberhaupt der gesamten Universalen Kirche" ist, was bedeutet, daß die Macht des Papstes nicht von der kirchlichen Gemeinschaft kommt, oder ihm von ihr verliehen wird. Statt dessen wird die Kirche durch seinen Vikar, den Bischof von Rom, regiert.

Am Ende  wird die Macht des Vikars Christi durch den Willen Christi bestimmt. und aus diesem Grund betonte das Konzil von Florenz, daß der Vikar Christi der Nachfolger Petri ist. In Übereinstimmung zu dieser Feststellung, sind alle theologischen oder kanonischen Theorien, die behaupten,. daß der Vikar Christi die "Macht über die ganze Welt, die Kirche und alle zeitliche Macht habe"  falsch sind.

Es ist auch bemerkenswert, daß das Konzil von Florenz und dann das I. und II. Vaticanische Konzil klargestellt, daß das Papstamt nicht den Dienst der Bischöfe  einschränkt. Die Bischöfe sind auch "natürliche " Hirten, also die Nachfolger der Apostel. Daher sind die Bischöfe weder die Stellvertreter des Papstes noch seine Abgeordneten. Sie haben eine eigene Würde. Die Definition der Bischofswürde ist auf dem Weg zur Ökumene entscheidend, weil eines der größten Hindernisse für eine Einigung von Katholiken, Orthodoxen und Protestanten in der Ausübung des petrinischen Primats liegt. 

Das Konzil von Florenz beschreibt den Papst auch als "Lehrer aller Christen." Das bedeutet, daß Petrus und seine Nachfolgern mit der Aufgabe betraut waren, den wahren Glauben zu bewahren und zu verteidigen.

Das ist der Hintergrund der Formulierung "Vikar Christi" . Auch der Hl. Johannes Paul II hat diesen Ausdruck kommentiert. Das hat er in seinem Interview-Buch mit Vittorio Messori "DIe Schwelle der Hoffnung überschreiten" getan, das 1994 veröffentlicht wurde.

Johannes Paul II unterstrich, daß die Formel "Vikar Christi eher ein Dienst als eine Würde ist. Sie ist dazu bestimmt, die Aufgabe des Papstes in der Kirche, sein Petrinisches Amt. zum Wohl der Kirche und der Gläubigen auszuüben. Der Hl. Gregor der Große hat das sehr gut verstanden. Unter allen Titeln des Bischofs von Rom zog er den des Dieners der Diener Gottes vor."

Der Hintergrund hinter der Formulierung "Vikar Christi" wird in Frage gestellt, wenn sie trivial als "historischer Titel" angesehen wird. Was auch immer der Grund für die Entscheidung von Papst Franziskus war, diese Entscheidung bringt das Risiko mit sich, das Priestertum neu zu gestalten. Und was war nie seine Absicht. 

Wieder und wieder hat Papst Franziskus die Priester davor gewarnt, "Kleriker des Staates " zu werden und sich auf das Risiko konzentriert, das Priestertum auf funktionelle Weise zu betrachten.
Der Papst - ist am Ende nicht nur eine Funktion. Er ist nicht ein Bischof unter anderen. Benedikt XVI hat das betont. Als Benedikt XVI auf das Papstamt verzichtete, nahm er den Titel eines "Papa emeritus" an, nicht den des emeritierten Bischofs von Rom. Auf diese Weise hat Benedikt XVI  über das Pontifikat als eine weitere Weihe -nicht als zusätzliche Funktion zu seiner Bischofsweihe gedacht.

Am Ende sind die Entscheidungen von Papst Franziskus Teil des Ergebnisses der großen Diskussion, die mit dem II. Vaticanischen Konzil begann. Die Erneuerung der Kirche beinhalten eine politische Wahrnehmung der Kirche. Papst Franziskus hat anscheinend (und vielleicht ungewollt) die Hermeneutik der Ruptur siegen lassen. Dennoch ist nichts in der Kirche von ihrer Tradition getrennt. Die Kirchengeschichte fängt nie völlig neue Dinge. Christus hat alles vollendet."

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci


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