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Montag, 20. Juli 2020

Die kommenden Herausforderungen für Papst Franziskus

In seiner heutigen, montäglichen Kolumne in "Monday in the Vatican" analysiert und kommentiert A. Gagliarducci die Herausforderungen, vor denen Papst Franziskus jetzt -nicht nur bezüglich seiner Reformagenda- steht.
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"PAPST FRANZISKUS, KOMMENDE HERAUSFORDERUNGEN" 

"Im Juli pflegt Papst Franziskus Urlaub zu machen. Er nutzt diese Periode, um seinen Terminkalender für das kommende Jahr vorzubereiten und bereitet die Basis für das vor, was er ab September tun will.

Es gibt keine offiziellen Neuigkeiten. Aber einige Hinweise helfen uns dabei, die allgemeine Situation zu verstehen. 

Der erste Hinweis ist, daß Papst Franziskus in absehbarer Zeit höchst wahrscheinlich nicht reisen wird. Msgr. Mauricio Rueda Beltz, der für die päpstlichen Reisen zuständig ist. ist als Berater in die Nuntiatur nach Lissabon versetzt worden. Das ist ein vorletzter Schritt, bevor man zum Nuntius ernannt wird. Niemand hat ihn ersetzt, was bedeutet, daß eine Papstreise unwahrscheinlich ist. Papstreisen bedürfen einer langen Vorbereitung und sie sind teuer für die Regierungen vor Ort. Es ist unmöglich, sie jetzt zu befürworten. Auch wird der Papst nicht jünger und Reisen wird für ihn immer schwieriger. 

Der zweite Hinweis geht dahin, daß es eine Kurienreform geben wird, aber nicht so wie wir sie vielleicht erwartet haben. Die Kurienreform erweist sich als erheblich komplizierter als erwartet. Einige Mitglieder des Kardinalsrates weisen darauf hin, daß die neue "Apostolische Konstitution" "Praedicate Evangelium" fertig war und von Papst Franziskus am 29. Juni unterschrieben werden sollte. Das ist nicht passiert. 


Wenn man bedenkt, daß der Papst einige der Reformen bereits umgesetzt hat, ohne die Reform zu thematisieren, scheint alles wegen kleiner Details festgefahren zu sein. Die Reform wird für die erwartete Neuordnung der Kurie grundlegend sein. 

Der dritte Hinweis betrifft die Neuordnung der Kurie. Vielleicht wird die langsamer vor sich gehen als erwartet. Bis jetzt scheint das Umbesetzungsprogramm zum Stillstand gekommen zu sein, Kardinal Sarah, der 75 geworden ist, ist an der Spitze der Liturgiekongregation bestätigt worden, bis der Papst anders entscheidet. (donec aliter provideatur). Es gibt aber noch weitere fünf Kardinäle, die das Alter von 75 erreicht und das Pensionsalter überschritten haben. 

Die Ablösung von Kardinal Beniamino Stella an der Spitze der Kleruskongregation scheint unmittelbar bevor zu stehen. Bischof Daniele Libanori, Weihbischof von Rom, schien als neuer Präfekt ausgewählt worden zu sein.  Auch das ist nicht passiert. Es kommt oft vor, daß ausgesuchte Leute vom Radar verschwinden.

Zur Zeit sollen alle Leiter der vaticanischen Dicasterien im Amt bleiben, bis die Kurienreform beendet ist. Es wird keine weiteren Umbesetzungen geben und alles wird aufgeschoben. Dieses Szenario könnte sich aus heiterem Himmel ändern. 

In einem Jahr- wahrscheinlich ohne internationale Reisen- könnte sich Papst Franziskus seine ganzen Bemühungen auf den Vatican richten, um diese " Veränderung der Mentalität" durchzuführen, für die er seit seiner Wahl wirbt. 




Das wahre Problem ist, wie man diesen Mentalitätswechsel herbeiführt. Papst Franziskus geht schrittweise voran, überprüft immer wieder die Schritte, die gemacht werden müssen- ohne wirklich einen Plan zu haben. Für Papst Franziskus geht es beim Mentalitätswechsel darum, jeden Versuch zum Karrierismus zu blockieren. Niemand kann sich jetzt einer Karriere sicher sein, weil niemand weiß, wie lange er im Amt bleibt. Papst Franziskus hat klar gemacht, daß er die Leute maximal für zwei aufeinander folgende Perioden im Amt beläßt. 

Trotz vieler Umbesetzungen und einer tiefgreifend veränderten Kurie hat sich im Vatican nicht viel entwickelt. Es hat viele kleine Reformen gegeben. Es wäre unfair zu sagen, daß Papst Franziskus ein Papst reiner Gesten ist. Er hat durch Gesetzgebung regiert, das beweisen die Dokumente. Allerdings haben die Umbesetzungen im Vatican unter Papst Franziskus im allgemeinen eher eine Rückkehr zur Vergangenheit gezeigt als einen Blick in die Zukunft. Wird  Papst Franziskus von jetzt an etwas anderes tun? 

Die Arbeit an der Legislative ist eine weitere Herausforderung, Papst Franziskus wird wahrscheinlich neue Anordnungen und Regeln unterschreiben, beginnend mit der Kurien-Reform und der Reform der Finanzaufsicht, die bereits angefangen wurde. Im vergangenen Jahr hat Papst Franziskus auch eine neue Anordnung für die Ausschreibungen unterschrieben, das Rechtssystem des Vaticans up-gedatet und in den Finanzabteilungen einige administrative Veränderungen durchgeführt. 

Seit 2013 hat sich Papst Franziskus in ausführlichen gesetzgebenden Aktivitäten engagiert, die viele Themen betrafen (von der Liturgie bis zum Staat) und wird sicher nicht bei der Kurienreform haltmachen, Die Kurienreform wird wahrscheinlich der letzte Schritt sein. Papst Franziskus denkt nicht einmal, daß eine Formalisierung der Kurienreform nötig ist. Wir werden sehen, ob Papst Franziskus im kommenden Jahr seine gesetzgebenden Aktivitäten noch steigert.

Es wird schwierig sein, in naher Zeit Konsistorien abzuhalten. Die Kardinäle finden es schwierig nach Rom zu kommen und die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle überschreitet bereits die Grenze von 120, die von Paul VI festgelegt und nie widerrufen wurde. Der Kardinalsrat wird sich ebenfalls kaum treffen: während der covid-19-Krise ist der Rat gar nicht zusammen gekommen.

Tatsächlich wird Papst Franziskus´ Kirche nach Covid-19 weniger synodal sein. Papst Franziskus hat immer als Garant dafür agiert, eine Idee zu bewahren oder einen Prozess zu verteidigen, während erin seinen Äußerungen immer eine getane Arbeit unterstützt hat. Der Papst hat am Ende die großen Entscheidungen immer selbst getroffen.

Jetzt wird es die Zusammenkünfte noch seltener geben. Deshalb wird sich Papst Franziskus öfter mit den treuesten seiner Freunde treffen und sich noch mehr auf sie verlassen: sie werden "die Schlüssel zum Himmelreich" haben und in der Lage sein, einige Reformen zu stimulieren.

Eine andere Vorhersage besagt, daß Papst Franziskus gegen diesen Kreis, der ihn umgibt, kämpfen müsse. Es wird immer häufiger gesagt, daß es neben der Agenda von Papst Franziskus eine weitere verborgene Agenda gibt. Diese Agenda gibt es seit dem II. Vaticanischen Konzil. Das ist eine fast säkulare Agenda für eine Transformation der Kirche. Diese Agenda wird dem Papst noch stärker aufgedrängt werden. Die Anhänger dieser Agenda werden Papst Franziskus auffordern, einige Änderungen vorzunehmen und diese als "oberflächlich" tarnen. Als Fußnote. aber eine die trotzdem ein kräftiges, spezifisches Gewicht hat."

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci 

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