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Montag, 27. Juli 2020

Papst Franziskus: Warten auf die Revolution

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican kommentiert A.Gagliarducci  die vaticanische Instruktion zu Strukturreformen der Kirchengemeinden , die besonders bei einigen deutschen Bischöfen und Laien für Empörung gesorgt hat.
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"PAPST FRANZISKUS, DIE ERWARTETE REVOLUTION"

"Die Kleruskongregation hat in der vergangenen Woche die "Instruktion für die pastorale Umwandlung der Pfarrgemeinde im Dienst der Evangelisierungs-Mission der Kirche". Es ist keine revolutionäre Instruktion , auch wenn viele in diesem Dokument nach Hinweise auf eine Revolution gesucht haben. Sie waren enttäuscht, als sie keinen finden konnten. Das ist das Paradox des Pontifikates von Papst Franziskus. 

Das Konklave hat Papst Franziskus gewählt mit dem Auftrag Reformen auszuführen. Deshalb hatte Papst Franziskus immer mit dem Gedanken zu tun, daß der Papst berufen sei, die Kirche zu revolutionieren. Was bedeutet "revolutionieren"? Es bedeutet die Kirche mehr "konzilsgleich "zu machen (d.h. II.Vaticanisches Konzil) - näher an den Zeichen der Zeit, weniger verbunden mit den Zeichen ihrer Macht. Diese Terminologie ist eher vage. Am Ende ist es schwer zu verstehen, wie die Kirche sich verändern sollte. 

Die Kirche ist immer den Armen nahe gewesen und bei allen ihren Strukturen geht es darum, den Armen zu helfen. Wahr ist, daß es korrupte Menschen gegeben hat, die ihre eigene Macht behalten wollten. Das bedeutet nicht, daß die Kirche nicht für die Armen gearbeitet hat. Die vielen Wohltätigkeiten und Aktivitäten zur Hilfe für die Armen beweisen das.

Die Kirche stand immer im Dienst der Gläubigen-mit dem ersten Ziel, die Eucharistie überall in der Welt zugänglich zu machen, zu taufen und im Namen Jesu zu bekehren. Es ist wahr, daß es Momente gab, in denen die Kirche rigider und die Entfernung zwischen Priestern und Laien fast unüberwindlich war. Diese Entfernung hing von der Sensibilität des Priesters und den Umständen ab. Dennoch kann nur der Priester die Eucharistie konsekrieren und die Priester haben besondere Verantwortung. Das hat sich nie geändert. 

Schließlich war die Kirche immer missionarisch.
Missionare sind bis an die "Enden der Welt gegangen und tun das heute noch. Wahr- das Bestreben zu bekehren und die Verbindung mit starken und mächtigen Institutionen haben manchmal dazu geführt, daß Kirchenmänner sich schlecht benommen haben. Das bedeutet dennoch nicht. daß es keine evangelisierende Mission gegeben hat.

Warum dann der Ruf nach einer Revolution? Warum versuchen die Leute die Kirche dahin zu bringen, wo sie immer schon gewesen ist? 





Alles ist beim II.Vaticanischen Konzil entstanden- oder besser gesagt- durch die Art, in der das II.Vaticanische Konzil verstanden wurde.  Das ist ein zentrales Thema. Hat das II. Vaticanische Konzil die Kirche radikal verändert, oder hat es auf neue Weise auf die Kirche geschaut- immer in Kontinuität mit der Tradition?

Paul VI, Johannes Paul II und Benedikt XVI haben immer die Kontinuität mit der Apostolischen Tradition betont. Es gab eine neue Art die Zeichen der Zeit zu lesen. Dieses neue Lesen bedeutete nicht, daß die frühere Lehre der Kirche ungültig war. Alles muß mit den Augen der Tradition gelesen werden.

Es gibt jene, die die Notwendigkeit einer Ruptur mit der Tradition sehen. In ihrer Sicht, stehen die Dokumente des II. Vaticanischen Konzils außerhalb der Normen und Traditionen. Sie bauen dagegen eine andere Kirche. Am Ende eine Kirche, die evangelisiert ohne zu evangelisieren. Die hat Strukturen, um den Armen zu helfen, aber nicht die Institutionen. Sie spricht zur Welt aber ohne kräftige Stimme. 

Das ist am Ende eine paradoxe Kirche. Es ist nicht die Kirche von Papst Franziskus, das kann sie überhaupt nicht sein. 

Papst Franziskus ist anti-institutionell und pragmatisch. Er hat immer eine "Kirche für die Armen" propagiert und er mißtraut aggressiven Evangelisierungsmethoden. Papst Franziskus mag keinen Karrierismus und aus diesem Grund mag er die Institutionen nicht, in denen es Karrierismus geben kann. Alle seine Reformen innerhalb der Kirche zielen auf und sprechen diese drei Themen an.

Außerdem ist die Kirche für Papst Franziskus eine "heilige, hierarchische Mutter". Papst Franziskus´ Bemerkungen über die Rolle der Priester zeigen das. Für Papst Franziskus steht der Priester immer noch im Zentrum des Ortes oder der Gemeinschaft. Keiner sollte sich täuschen: wenn Papst Franziskus über eine wichtige Beteiligung der Laien- speziell der Frauen - innerhalb der Kirche spricht, spricht der Papst nur über die Teilnahme im Leben der Strukturen und im Dienst an der Gemeinde.  Es spricht nie davon, daß Laien Priester ersetzen.

Dafür gibt es nicht den kleinsten Hinweis. Es gibt außerordentliche Erwartungen an Papst Franziskus, als ob der "Papst, der von den Enden der Welt kam", berufen sei, die Grundfesten der Kirche zu verändern. Wenn Papst Franziskus spricht, nährt er diese Hoffnung. Wenn es um die Gestaltung geht, zeigt sich der wahre Papst Franziskus. 

Die Instruktion der Kleruskongregation ist keine Ausnahme. Der erste Teil der Instruktion besteht aus Bezugnahmen auf die "pastorale Umkehr" und die Notwendigkeit, die Gemeinde nicht mehr als territoriale Einheit zu betrachten. Die Instruktion fordert die Gemeinden sogar auf, sich zu verändern, das aber schrittweise zu tun, damit die Gläubigen nicht durch die Veränderungen beunruhigt werden.


Der zweite Teil der Instruktion handelt von der praktischen Umsetzung. Dieser Teil wiederholt hauptsächlich das, was die Kirche bereits tut. Es gab eine große Betonung der Tatsache, daß die Instruktion sagt, daß sogar Laien -in Ausnahmefällen- bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen assistieren können. Das ist nicht neu. Es hat immer die Möglichkeit gegeben, das zu tun. Am Ende ist die Kirche in Japan über Jahrhunderte verfolgt worden und hat ohne Priester überlebt, weil sie dennoch fähig war, den Glauben weiterzugeben.

Die Wirkung der Instruktion wurde mit der von Amoris Laetitia und Querida Amazonia verglichen. Diesen beiden postsynodalen Exhortationen waren angefüllt mit der Erwartung einer Revolution. Diese Revolution fand nie statt. Zumindest fand sie nicht auf die Weise statt, die wir erwartet haben.

In Amoris Laetitia findet sich die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion in einer Fußnote. Statt dessen betont Amoris Laetitia hauptsächlich Differenzierung und die ist ein sehr altes Thema der Kirche.

Querida Amazonia hat entgegen der Erwartungen verheiratete Priester nicht erwähn, weil die nicht im Mittelpunkt der Diskussionen bei der Synode standen. Ziel des Dokuments war eine spezifische Realität, die Pan-Amazonas-Region, zu sehen und ihr Würde zu verleihen und den Lateinamerikanischen Kontinent zu stärken und zu würdigen.

Diese Dokumente leben in ständiger Spannung zwischen einer inspirierten Theologie und der Anwendung der Normen. Diese Spannung ist schwer handzuhaben und hat ihren Ursprung in den Diskussionen der nachkonziliaren Zeit. Benedikt XVI hat z.B. in seinem Brief an die Katholiken Irlands festgestellt, daß dieses Mißverstehen dazu geführt hat, daß die Regeln beiseite gelassen wurden und das eine falsche Antwort auf den sexuellen  Mißbrauch durch Kleriker zur Folge hatte.

Papst Franziskus ist pragmatischer. Er lebt den Augenblick. Er schaut nicht auf den allgemeinen Rahmen. Er versucht, die pastorale Bekehrung, von der er spricht, praktisch voranzubringen. Sein ganzes Arbeiten dient diesem Ziel .

Papst Franziskus arbeitet jedoch in einer schwierigen Situation: er steht unter Druck. Der Druck kommt hauptsächlich von denen, die sagen, daß sie dieses Pontifikat unterstützen.
Diese Leute werden das Papsttum solange unterstützen, solange der Papst ihre Erwartungen erfüllt. 

Heutzutage ist wahr, daß nur wenige die Kirche als das sehen wollen, was sie ist-  In diesem Fall
sollten sie zugeben, daß Geschichte sich von der Art unterscheidet, wie sie erzählt wird. Es gäbe keine Notwendigkeit über Revolutionen zu sprechen, oder Unterschiede zwischen Pontifikaten, Kardinälen oder Kirchenmodellen zu machen. Es gäbe nur die Kirche. Und das wäre eine wirkliche Revolution."

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci 

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