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Montag, 1. Februar 2021

Gagliarducci: EIn Versuch, das Denken von Papst Franziskus zu erklären

In seiner montägliche Kolumne befaßt sich A. Gagliarducci bei "Monday in the Vatican" heute mit dem Denken von Papst Franziskus- mit dem Ziel seine Entscheidungen und Handlunsweise besser verstehen zhu können.
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"PAPST FRANZISKUS, EINIGE HINWEISE AUF SEINE ART ZU DENKEN" 

Was Papst Franziskus denkt oder wie er argumentiert, kann kman vor allem verstehen, wenn der Papst aus dem Stegreif spricht und seine Augen vom Text löst. Manchmal fügt er Sätze in einen vorbereiteten Text ein, ein andermal löst er sich völlig und liefert eine wirklich unvorbereitete Rede ab. Am Ende seiner Rede vor den Richtern der Römischen Rota am 29. Januar zu Beginn des Juristischen Jahres  hat Papst Franziskus ein Beispiel für diese "improvisierte Lehre" gegeben, indem er die vorbereitete Rede mit formlosen Grüßen an Msgr, Pio Vito Pinto beendete, den Dekan der Römischen Rota, der kurz vor der Pensionierung steht. 

Papst Franziskus´ Stegreif-Rede ist aus zwei Gründen interessant: sie zeigt an, was der Papst mit Widerstand gegen die Reformen meint und es weist darauf hin, wie der Papst auf die Kirchengeschichte blickt. 

Was hat Papst Franziskus gesagt? Zuerst hat Papst Franziskus Msgr. Pinto für die "Kühnheit die er bei der Reform der Ehe-Prozesse zeigte, applaudiert." Es gab zwei Haptpunkte bei der Reform: die Überwindung der Urteile mit doppelter Zustimmung und die Instruktionen für die kurzen Prozesse wegen der Ehe-Annullierungen. 

Lassen Sie mich das für diejenigen, denen diese Sache unbekannt ist, kurz erklären. Damit eine Ehe-Annullierungserklärung als gültig betrachtet wird, mußte es zwei zustimmende Urteile geben. Das kirchliche Annullierungsurteil in erster Instanz mußte durch ein kirchliches Appelationsgericht bestätigt werden. Papst Franziskus wollte, daß schon das erste Urteil angewandt und die Ehe als null und nichtig erklärt wird. 

Die kurze Prozessdauer ist die natürliche Folge. Papst Franziskus will, daß die Bischöfe die ersten Richter sind und er versäumt es nicht, das zu betonen, wenn er feststellt, daß die Bischöfe selbst versuchen, die Fälle an die Gerichte zu überweisen. Der Bischof ist daher derjenige, der berufen ist, über die Annullierung der Ehe zu entscheiden. 

Diese beiden Reformen wurden kritisiert, vor allem auf Grund der Anwendung des Gesetzes. Die Bischöfe fühlten sich häufig im Kanonischen Recht nicht versiert genug und sie profitierten von der Tatsache, daß Kirchenrechtler für Annullierungsurteile die passenden juristischen Insgtrumente haben. Zu gleichen Zeit diente das doppelte Zustimmungsurteil dazu, zu verhindern, daß Annullierungserklärungen leicht gewährt wurden. Viele Diözesangerichte neigten schon eher als andere dazu, Annullierungserklärungen abzugeben und so wurde eine Ungleichheit geschaffen.

Natürlich gab es auch Widerspruch, der auf sspeziellen Interessen beruhte, weil die Menschheit auch aus Korruption gemacht ist. Aber Papst Franziskus betrachtet alle Klagen als eine Äußerung spezieller Interessen,. "Gegen diese Reform - sagte der Papst- und vor allem die kurzen Prozesse gibt es viel Widerstand. "Nach der Promulgierung habe ich Briefe bekommen, viele -fast alle- von Notaren, die ihre Klienten verloren haben. Da ist das Geld-Problem. In Spanien sagt man, daß "der Affe für Geld tanzt. Und ich habe mit Sorge in einigen Diöäzesen den Widerstand einiger Vikare gesehen, die durch diese Reform einige Macht verloren haben, weil sie erkannten; daß nicht sie die Richter waren sondern der Bischof. " 


Für Papst Franziskus steht deshalb über allem die Machtfrage. Der Gedanke, daß diejenigen die Kritik geäußert haben, ursprünglich wegen der Anwendbarkeit der Reform besorgt waren, wurde überhaupt nicht bedacht. Diejenigen, die einer Entscheideung des Papstes widersprechen, werden sofort als Widerständler bezeichnet.

Nicht nur. Für Papst Franziskus gibt es keine andere Motivation  als Eigeninteressen. So scheint alles auf eine gewisse menschliche Kleinlichkeit reduziert. Das kann man an der Art sehen, wie Papst Franziskus mit den internen Untersuchungen umgeht, wenn es einen Verdachtr auf Korruption gibt: er greift massiv an, achtet nicht einmal auf Beweise und geht von der Annahme aus, daß er auch bei zivilen Rechtsfragen im Vatican der erste Richter ist. 

Viele Entscheidungen des Papstes müssen aus dieser Perspektive betrachtet werden: vom plötzlichen Rauswurf Kardinal Angelo Beccius bis zu dem des Kommandanten der Gendarmerie, Domenico Gianni, für die die umfassende Untersuchung vor eineinhalb Jahren begann (immer noch ohne Ergebnis) - mit dem Statement, daß er einer Person, die wegen Mißbrauchs verurteilt wurde nicht verzeihen werde und daß das endgültige Urteile sind. 

Die Worte des Papstes ermöglichen es auch, seine Weltsicht zu verstehen. Die Theologie hat damit wenig zu tun. Der Papst ist Pragmatiker. er will pragmatische Lösungen und tatsächlich ist auch die durch offizielle Reden ausgelöste Aufmerksamkeit sehr praktisch. 

Papst Franziskus konzentriert sich auf das Familienwohl,  speziell auf die Schwierigkeiten derjenigen, die unter der Annullierung leiden und hat die Richter um pastorale Aufmerksamkeit gebeten- und dabei das Beispiel von Kindern verwendet, die sehen, wie ihr Vater, der eine neue Beziehung eingegangen ist, nicht die Hl. Kommunion empfangen kann. 

Dennoch hat der Papst keine klare Antwort gegeben; er hat die Wichtigkeit einer persönlichen Differenzierung betont; er sagte, daß Amoris Laetitia ein nützliches pastorales Werkzeug sei. In der Realität zitierte er jedoch Paragraphen, die keine klaren Lösungen anbieten. 

Am Ende bekommt man den Eindruck, daß was für den Papst vor allem zählt, sein Gesichtspunkt ist, seine Art, Dinge zu sehen und daß alle Differenzierung aus diesem Gesichtspunkt geschehen muß. 

Insgesamt scheint Papst Franziskus das Papsttum als Beweis zu betrachten, daß Gott glaubt, daß sein Denken das richtige ist. Gleichzeitig gibt es keine Möglichkeit für eine Meinungsverschiedenheit, weil jeder andere Gesichtspunkt als Widerstand etikettiert wird. 

Die Stegreifrede enthüllt wahrscheinlich einiges vom verborgenen Papst Franziskus, das uns helfen wird, die nächsten Schritte des Pontifikates zu verstehen. Der Papst wird zunehmend dazu neigen, nur das zu tun, was ihn interessiert. Er hat die Rota trotz seines Ischias getroffen- und seine Rede im Sitzen gehalten. Er hat sich nicht mit dem diplomatischen Corps getroffen. obwohl er auch dort seine Rede im Sitzen hätte halten können. Die Audienz mit dem Diplomatischen Corps wurde auf später verschoben. aber es gibt Gerüchte, daß Papst Franziskus die Rede ohne protokollarisches Treffen veröffentlichen wird.  

Anscheinend ist der Hl. Stuhl an Ende für Papst Franziskus nicht nötig. Dennoch ist es der Vatican-Staat, der die außerordentlichen Prozesse ausführt. Die Transparenz-Operation läuft so Gefahr, eher auf die Zerstörung der Institution abzuzielen als auf Hilfe. Und er erhebt sich nach allem die Frage, ob das von Anfang an das Ziel war."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

 

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