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Dienstag, 9. März 2021

Der Papst, die Kurienreform & Personalentscheidungen

In seiner Kolumne für "Monday in the Vatican" befaßt sich A. Gagliarducci heute mit dem Stand der Reform im Spiegel der Personalentscheidungen für die Kurie.  
Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS - ZEIT DIE KARTEN NEU ZU MISCHEN" 

"Mit dem Rücktritt von Kardinal Robert Sarah hat eine Kettenreaktion neuer Postenbesetzungen in der römischen Kurie eingesetzt, die das Kräfteverhältnis imVatikan neu gestalten wird. Im Laufe des Jahres konnte Papst Franziskus sechs führende Köpfe von Kongregationen auswechseln und schließlich den Text der Kurienreform vervollständigen, wodurch der Vatikan endgültig nach seinem eigenen Bild neu gestaltet wird.

Was die nächsten Schritte von Papst Franziskus sein werden, ist schwer vorherzusagen. Mehrmals hat Papst Franziskus mitgeteilt, daß er sich für schlau hält, und hat mehrmals gezeigt, daß er es nicht mag, wenn die Leute wissen, woran er arbeitet.

Der Papst will nicht beeinflusst werden. Er trifft seine Entscheidungen selbst (viele der bereits bestehenden Kurienreformen wurden vor den Sitzungen des Kardinalsrates beschlossen, die der hätte thematisieren sollen).

Er hat sogar einen eigenen Zeitplan für Begegnungen, die weder von der Präfektur des päpstlichen Haushalts noch von seinem persönlichen Sekretariat geregelt werden. Die Entscheidung von Papst Franziskus, seine Sekretäre nicht länger als fünf Jahre im Amt zu behalten, erlaubt es ihm, keine Mitarbeiter zu haben, die auch seine "Torhüter“ sind. Er ist der einzige, der entscheidet, wen er trifft und wen nicht, selbst wenn er zu viele Dinge allein erledigen muss.

Es ist daher nicht verwunderlich, daß Papst Franziskus auch versucht, seine endgültigen Entscheidungen geheim zu halten. Es ist schwierig, vorherzusagen, wen er in wichtige Positionen berufen wird, oder sogar an welchem Tag er ein Konsistorium einberufen wird und wer die neuen Roten Hüte sein werden.

Umso schwieriger ist es zu verstehen, wie die "Kettenreaktion“ der Ernennungen im Vatikan gehandhabt wird. Es gibt natürlich Hinweise. Aber Hinweise sind nicht immer Beweise. Und die Hinweise bezeugen, daß Papst Franziskus drei Persönlichkeiten (zwei Bischöfe und einen Kardinal) sorgfältig auf drei Schlüsselpositionen hin untersucht.

Am 14. Januar empfing Papst Franziskus Bischof Francesco Vittorio Viola von Tortona in einer privaten Audienz. Am 10. Februar hat  Papst Franziskus Kardinal Blaise Cupich, Erzbischof von Chicago, empfangen,  am 1. März Bischof Robert Prevost von Chiclayo (Peru), einen in den USA geborenen Augustiner-Missionar.

Papst Franziskus soll jeden von ihnen nach seiner Bereitschaft gefragt haben, die Diözesanbüros zu verlassen, um in den Vatikan zu versetzt zu werden. Verfügbarkeit bedeutet natürlich nicht, daß der Papst diese Leute dann tatsächlich nach Rom beruft. Andererseits könnte ihre Berufung aus zwei Gründen wahrscheinlich sein.

Der erste ist, daß Papst Franziskus so eine Kurie nach seinem eigenen Bild und Gleichnis formen könnte. Der Papst würde nicht Leute wählen, die bereits in Rom geformt wurden, sondern Menschen von außen, die daher mit einer bestimmten Kurien-Mentalität brechen könnten - und es spielt keine Rolle, ob dies die richtige Mentalität ist oder nicht: es ist eine Mentalität, die für den Papst  geändert werden muss. 

Der zweite ist, daß der Papst seine Getreuen nach Rom bringen würde. Die Drei verdanken Papst Franziskus ihre gesamte kirchliche Karriere, Sichtbarkeit, Verantwortung und im Fall von Cupich sogar das Kardinalat. Sie würden sich niemals gegen die Entscheidungen des Papstes stellen und niemals Widerstand leisten. Übrigens ist ein Großteil des sogenannten "Widerstands“ gegen die Reformen des Papstes begründete Kritik von Menschen, die Risiken und Probleme sehen. Es geht nicht unbedingt darum, den Papst zu kritisieren, sondern dem Heiligen Stuhl zu helfen und einige kritische Punkte hervorzuheben. 


Papst Franziskus scheint jedoch beschlossen zu haben, die Reformen voranzutreiben, und dies mit loyalen Menschen, die noch nie im Vatikan waren, die über das "Problem, das haben wir immer so immer so gemacht“ hinausgehen können - ein Problem über das der Papst seit Evangelii Gaudium gesprochen hat. 

Papst Franziskus hat eine besondere Vorliebe für diese Prälaten gezeigt. Er traf Bischof Viola in Assisi während seiner ersten Reise in die Stadt des Heiligen Franziskus im Jahr 2013, als Viola Präsident der Caritas war. Er ernannte ihn für Tortona, eine ganz besondere und herausfordernde Diözese in Italien, weil sie an drei verschiedene Regionen grenzt. Er hat ihn als Mitglied der Kongregation für den Gottesdienst und der Sakramentendisziplin eingesetzt.

Kardinal Blaise Cupich ist zum Bezugspunkt des Papstes in den Vereinigten Staaten geworden. Er repräsentiert eine Vision, die sich der Linie der "Kulturkrieger“ widersetzt. Er hat auch eindeutig einer Erklärung der US-Bischofskonferenz zum neuen Präsidenten Joe Biden, widersprochen, dem Namen nach ein Katholik,  der jedoch bei politischen Entscheidungen Demokrat ist und Förderer einer pro-choice-Politik und der Gender-Ideologie. Papst Franziskus hat Cupich als Mitglied der Bischofskongregation und der Kongregation für katholische Bildung eingesetzt

Bischof Robert Prevost, ein Augustiner-Missionar, ist seit 2015 Bischof der Diözese Chiclayo in Peru, stammt jedoch aus Chicago. Ungewöhnlich für einen Bischof- ist er Mitglied sowohl der Bischofskongregation als auch der Kleruskongregation. 

Welche Aufgaben würden den Drei zugewiesen werden? In Rom gibt es Gerüchte, daß ein Platz in der Liturgie-Kongregation für Bischof Viola bereit ist: als Präfekt oder möglicherweise als Sekretär, falls der derzeitige Sekretär Arthur Roche zum Präsidenten befördert würde. Kardinal Cupich ist immer als Teil des Prozesses der Übernahme der Verantwortung für die Bischofskongregation gesehen worden. Stattdessen könnte er aber die Klerus-Kongregation als Nachfolger von Kardinal Beniamino Stella übernehmen, der bis zu seinem 80. Geburtstag im kommenden August im Amt bleiben wird. Bischof Provost könnte stattdessen Präfekt der Bischofskongregation werden.

Wenn diese Ernennungen stattfinden würden, wären sie präzise Signale für einen Kurswechsel. Papst Franziskus zeigt damit, daß er einen langfristigen Plan hat und immer hatte. Seit Beginn seines Pontifikats hat er in der Kurie nur wenige Änderungen vorgenommen. Er hat darauf gewartet, daß alle Amtszeiten ablaufen, und in der Zwischenzeit eine Reform der Kurie vorangebracht. Und jetzt beginnt er, seine Männer in Schlüsselpositionen zu bringen. Außerdem hat er das Kardinalskollegium mit sieben Konsistorien in sieben Jahren massiv verändert - eine große Zahl, wenn man bedenkt, daß Johannes Paul II In 27 Jahren 9 einberufen hat.  Er könnte das auch weiter tun, und sogar die Zahl der Wähler vergrößern.  

Die Kirche nach Franziskus scheint also eine Kirche zu sein, die ganz dem Gesicht von Franziskus entspricht. Eine weniger institutionelle Kirche, was für Franziskus eine missionarischere Kirche bedeutet. Eine Kirche, die weniger mit Rom verbunden ist, was für Franziskus eine weniger höfische Kirche bedeutet. Aber sind wir sicher, daß die Institution und Rom nicht tatsächlich Hilfsmittel und keine Hindernisse für die Mission waren? "

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci

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