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Mittwoch, 10. März 2021

Mehr zum Fall Bose

A. Gagliarducci analysiert und kommentiert in einem Leitartikel für La Nuova Bussola Quotidiana den Umgang des Hl. Stuhls mit dem Bose-Gründer Enzo Bianchi.
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"DER FALL BOSE ENTHÜLLT DIE ZWIESPÄLTIGKEIT ROMS"

Zwischen Enzo Bianchi einerseits und seinem Nachfolger in Bose und dem Papst andererseits hat ein grenzenloser Streit begonnen. Was jedoch verwirrend ist, ist, daß nichts über die Tatsachen bekannt ist, die den Ursprung des vatikanischen Dekrets haben. Wie schon bei vielen anderen Gelegenheiten während dieses Pontifikats.

Der harte Kampf, in dem sich der Gründer der Gemeinschaft von Bose, Enzo Bianchi und sein Nachfolger Luciano Manicardi  gegenüber stehen, demomstriert zum zigsten Mal den Unterschied, den es in diesem Pontifikat zwischen der Rhetorik der Transparenz und Gerefchtigkeit und der Realität von Undurchsichtigkeit und Voreingenommenheit gibt. So ist Enzo Bianchi die zigste Persönlichkeit, die in einem Augenblick von "den Sternen in die Ställe" absteigt- ohne daß je erklärt wird warum. 

Die Ereignisse sind bekannt: nach dem Rücktritt als Prior von Bose (Diözese Biella) und der Wahl seines Nachfolgers Luciano Mancardi im Janaur 2017, wurden sehr schnell Stimmen über die schwierigen Beziehungen zwischen dem alten und dem neuen Kurs der einzigartigen mönchischen Gemeinschaft hörbar, die ein ökumenisches Experiment darstellt und sich aus Männern und Frauen zusammensetzt. Der Konflikt wurde bei der vom Hl. Stuhl im Dezember 2019 -durch den Hl. Stihl veranlaßten apostolischen Visitation und dann durch das Dekret vom 13. Mai 2020 offenbar, mit dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin -mit Zustimmung des Papstes- Enzo Bianchi aufforderte, Bose endgültig zu verlassen. Anschließend wurde ein Haus in der Toscana im Besitz der Gemeinschaft von Bose als Aufenthaltsort Bianchis bestimmt, dennoch geriet die Situation ins Stocken und Enzo Bianchi hat die Einsiedelei auf dem Gelände der Gemeinschaft von Bose, in der er bereits lebte, nicht verlassen. 

Der Ton zwischen beiden Parteien ist sehr hart und stellt sicher einen hervorragenden Ausgangspunkt für die Reflexion über die Bedeutung der Brüderlichkeit dar (ein anderes Konzept, das in Worten gepredigt aber tatsächlich ignoriert wird), aber dies ist nicht der Hauptgrund, warum wir am "Krieg von Bose" interessiert sind. Es ist auch bekannt, daß wir diesem klösterlichen Experiment und insbesondere Enzo Bianchi, der mit seiner heterodoxen Predigt und seiner Medienmacht in der italienischen Kirche und darüber hinaus so viel Schaden angerichtet hat, immer sehr kritisch gegenüber gestanden haben. Es ist daher nicht die Sympathie für ihn oder für das Bose-Experiment, die uns interessieren.

Was uns jedoch verblüfft, ist das Tempo, mit dem er vom Favoriten des Papstes zum Getadelten wurde. Wir erinnern uns an die vielen Gelegenheiten, bei denen er von Papst Franziskus empfangen wurde, an die öffentlichen Gesten, mit denen er seine große Wertschätzung für Enzo Bianchi unterstrich. Schon 2014 wurde er zum Berater des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen ernannt, dann schließlich 2017 vor jedem bevorstehenden Konsistorium als möglicher neuer Kardinal gehandelt und 2018 vom Papst zum Generalauditor für die Vollversammlung der Bischofssynode für die Jugend ernannt. Dann kamen der unvorhergesehen Fall in Ungnade und die Entsendung der Apostolischen Visitation- mit allem ihr was folgte. 


Daß das alles auf  die Meinungsverschiedenheit über die Ausübung von Autorität in der Bose-Gemeinschaft zurückzuführen ist - wie die offiziellen Pressemitteilungen sagen -, ist offen gesagt nicht sehr glaubwürdig. Die Härte der Sanktionen gegen denjenigen, der der Gründer der Gemeinschaft ist, kann nur durch sehr schwerwiegende Anschuldigungen erklärt werden. Der Mangel an Transparenz legitimiert offensichtlich jede Art von Spekulation über die wahren Gründe, die der von ihr skandalisierten christlichen Gemeinschaft oder Enzo Bianchi, der nicht die Möglichkeit hat, sich zu verteidigen, nicht gerecht wird. Wenn ernsthafte Dinge begangen wurden, ist es richtig, daß ein kanonischer Prozess eröffnet wird, wie es schon oft mit Worten gesagt wurde

Der Vaticanist Sandro Magister hat zu Recht bemerkt, daß der Rückgriff auf das vom Papst in "spezieller Form" approbierte  "decretum singolare" beunruhigend ist, offensichtlich ein kanonisches Instrument, um eine endgülitge, unanfechtbare Strafe zu verhängen. Ein Instrument, das in diesem Pontifikat zur Gewohnheit wird- und Öffnung zu einer Form der willkürlichen Machtausübung. 

Am Ende sind die fulminanten Karrieren und der gleichermaßen rapide Fall in Ungnade typisch für Revolutionen und Regimes, auch ein Charakteristikum dieses Pontifikates. Die Fälle der Kardinäle Theodore McCarricks und Angelo Beccius sind die auffälligsten:  öffentlicht bestraft, ohne daß es je eine durch ein reguläres Gericht oder eine Kommission festgestellte Wahrheit gab. Auf diese Weise aber bleiben das System und die Komplizennetze im Dunkeln, die die Einzelnen zu Protagonisten des sexuellen Mißbrauchs oder von Episoden von Korruption gemacht haben. 

Ein derart persönlicher und willkürlicher Gebrauch von Recht lässt den Verdacht aufkommen, daß man eine Person opfern will - und damit auch den Beifall der Menschen garantiert, denen die Schuldigen übergeben werden -, um das System zu retten und wie gewohnt weiterzumachen. Wenn wir im Kampf gegen Missbrauch und Korruption wirklich glaubwürdig sein wollen, brauchen wir viel mehr Transparenz. Mit Bose zu beginnen, würde nicht schaden."

Quelle. A. Gagliarducci, LNBQ 

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