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Montag, 21. Juni 2021

Steht im Vatican ein Sturm bevor?

A. Gagliarducci analysiert in seiner heutigen Kolumne in "Monday in  the Vatican" den derzeitigen Zustand des aktuellen Pontifikates und (erneut) den Regierungsstil des Papstes. 
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"PAPST FRANZISKUS, WO STEHT DAS PONTIFIKAT?"

Was passiert mit Papst Franziskus´ Pontifikat?  Das fragen viele, besonders nachdem Alberto Melloni einen langen Artikel in "Repubblica" geschrieben hat, der mit der "unvergleichbaren christlichen Authentizität" beginnt und dann so weit geht, einen "Sturm" vorherzusagen, nachdem in diesem - als "ein schwarzer Juni" definierten Monat- eine Reihe widersprüchlicher Entscheidungen gegtroffen wurde.

Das ist aus mehreren Gründen ein bedenkenswerter Artikel, Erstens: Alberto Melloni ist nicht irgendein Autor. Er ist der führende Protagonist der "Schule von Bologna", die für das II. Vaticanische Konzil das Narrativ von der Ruptur in der Kirchengeschichte schuf. Der in progressiven Kreisen beliebte Melloni ist ein früher Unterstützer von Papst Franziskus, mehr noch -er ist ein maßgebender Unterstützer von Papst Franziskus. 

Der zweite Grund: der Artikel ist in der Repubblica erschienen, der von Luigi Scalfari gegründeten Zeitung des linken Spektrums. Scalfari nenntt sich selbst einen Vertrauten des Papstes; er hat mehrmals Interviews oder Auszüge von Unterhaltungen mit dem Papst veröffentlicht, obwohl er zugibt, daß er die Worte des Papstes nie wortgetreu wiedergegeben hat, sondern eher eine freie Interpretation. Repubblica war jedoch eines der Medien, das das Pontifkat von Papst Franziskus am meisten unterstützt hat, besonders wegen der Aufmerksamkeit für Arme und Migranten, die perfekt mit den politischen Notwendigkeiten des Pontifikates zusammenpaßte. 

Die Tatsache also, daß ein solcher Autor -von einer solchen Zeitug- öffentlich über einen möglichen Sturm im Pontifikat spricht, signalisiert, daß Papst Franziskus sich nicht länger nur dem Widerstand derer gegenüber sieht, die die Dinge anders sehen als er. Sogar unter denen, die als seine Freunde betrachtet werden, hat die Front einen Riss und jeder ist bereit, gegen die verschiedenen Entscheidungen des Papstes zu kämpfen, die ihnen nicht gefallen. 

Der vom Papst ausgesandte Botschaft wird nicht widersprochen. Die Idee von einer armen Kirche für die Armen, die an die Peripherien geht, wird nicht in Frage gestellt. Papst Franziskus hat eine pragmatische Vision von der Kirche. Die Institution und die Verteidigung der Institution sind für Papst Franziskus sekundär weil der Papst nicht den Eindruck erweecken will, daß die Kirche ein Hof ist. Gleichzeitig benutzt der Papst seinen Einfluss, um bestimmte politische Ansichten zu unterstützen oder nicht zu unterstützen. Obwohl er sehr entschlossen ist, wenn es um Abtreibung oder Themen des Lebens geht, sind diese nicht länger Teil des politischen Diskurses, der sich auf konkrete Situationen konzentriert- wie die,  den Armen, Marginalisierten oder Migranten zu helfen. 


Alles das ist unverändert geblieben und daß diese progressive Welt das immer unterstützt hat, ist kein Widerspruch. Das Problem der Leitung der Kirche aber bleibt. Papst Franziskus zeigt einen kühnen Egalitarismus; er behandelt Freunde und Feinde gleich- abhängig von Umständen und Gelegenheit. Der Papst kann Freunde plötzlich verlassen, die er immer verteidigt hat und sich Leuten nähern, zu denen er immer Abstand bewahrt hat.

Es genügt an Erzbischof Gustavo Zanchetta zu denken -den er auf einen ad-hoc-Posten als Assessor der APSA berufen hat, der dann (dazu gibt es keine offizielle Erklärung) ohne Ankündigung sein Amt verlor -nachdem er volle Unterstützung-auch für seine Prozesse in Argentinien- bekommen hatte. 

Oder man denke an das dem Gründer von Bose, Enzo Bianchi, der von Papst Franziskus auch in Ehren gehalten wurde, auferlegte Exil  Der Papst hatte Bianchi dazu berufen, an drei Synoden teilzunehmen; es wurde sogar von seiner Ernennung zum Laien-Kardinal gesprochen. In der Kontroverse des Gründers von Bose gegen seine Gemeinschaft, hat der Papst nicht gezögert, sich auf die Seite der Gemeinschaft zu stellen, die Entscheidung der Inspektoren, Bianchi ins Exil zu schicken, zu unterstützen und nie einen Schritt zurück zu machen. 

Natürlich hat der Papst dann einen rührenden Brief an Enzo Bianchi geschrieben und seine Erfahrung mit der von Christus am Kreuz verglichen. Die Briefe sind am Ende Teil der Art und Weise, wie Papst Franziskus regiert. Der Papst zeigt seine Unterstützung durch Briefe, aber in Wirklichkeit sind die nur ein Trostpreis für die, die loslassen müssen. 

Papst Franziskus hat- ebenfalls mit einem Brief- den Rücktritt von Kardinal Reinhard Marx als Erzbischof von München und Freising abgelehnt. Der Brief hält sich lange mit Mißbräuchen auf- die auch im Mittelpunkt von Kardinal Marx´ Rücktritts-Schreiben stehen-und spricht von der Notwendigkeit von Reformen. Aber am Ende kündigt der Papst nicht nur an, daß der Rücktritt abgelehnt wird, sondern fordert den Kardinal auch auf, als Bischof und Priester als Erzbischof seiner Diözese weiterzumachen. Wer auch immer den Papst dazu drängt, etwas zu tun, erleidet das selbe Schicksal:"im Gefängnis oder tot". -wie es die argetnisnische Web-site The Wanderer kommentierte, die die Aktionen des Papstes immer sorgfältig mit einem peronisitsichen Schlüssel interpretiert hat. 

Laut Melloni läuft Marx` Rücktritt auf eine Rücktrittsforderung an den Papst hinaus. Es mag Druck auf den Papst geben, zurückzutreten, besonders jetzt, wo -zu Recht- klar geworden ist, daß der Papst niemandem verpflichtet ist, nicht einmal seinen Freunden. Die Tatsache ist- daß nur dadurch, daß Melloni es sagt- die Möglichkeit entsteht. Am Ende stellt die progressive Front exakt diese Forderung an Papst Franziskus, die Erzbischof Carlo Maria Viganò in seinem ersten Zeugnis am Ende des Welt-Familientages stellte.  Es werden die selben Vorwürfe der Inkonsistenz gegen den Papst erhoben. 

Das alles, wähend der Papst ein System abbaut. Melloni bezieht sich auf den Beschluss zu den Bewegungen, die ab jetzt den selben Präsidenten nicht länger als 10 Jahre haben - auch nicht den Gründer. Aber er bezieht sich vor allem auf die Rechtshilfe -Ersuchen, die zu Durchsuchungen bei der Diözese von Ozieri führten, die wegen angenommer Unterschlagungen durch Kardinal Angelo Bezziu ermitteln sollten. Der Papst forderte ihn auf, zurückzutreten und auf Grund nie näher erklärter Beschuldigungen auf die Privilegien des Kardinalats zu verzichten. Aber die Diözese von Ozieri, die davon hätte profitieren sollen, hatte der Vaticanischen Gendarmerie nie ein Dokument vorenthalten. 

Es ist deshalb überraschend, daß diese durch ein internationales Rechtshilfeersuchen erworben werden mußten, daß diesesmal akzeptiert wurde und so auf alle Fälle einen jursitischen Präzedenzfall schuf, der nicht verfehlen wird, den Hl. Stuhl einem Risiko bzgl. der Immunität seiner Priester und Bischöfe auszusetzen. Wie Melloni feststellt, gibt es in der Tat für Internationale Rechtshilfe-Ersuchen das Reziprozitäts-Prinzip. 

Das Pontifikat von Papst Franziskus hat jetzt den Richtern unbegrenzte Macht gegeben. Sie sind Italiener mit Stellungen in Italien, die kein Interesse daran haben, die Institutionen des Hl. Stuhls zu schützen, sondern eher Eifer dafür zeigen, die guten Beziehungen zu Italien und zu italienischen Freunden zu bewahren. 

Für den Papst und für das Vatican.-System, das ihn umgibt, scheint es jetzt Priorität zu haben, Kritik zurückzuweisen und hinter einer Verteidigungsmauer Schutz zu suchen. Der Papst vertraut Menschen weniger und ist zunehmen empfindlich gegenüber jeder Kritik. Deshalb ist es seine Methode, Druck auszuüben. 

Daher der neue Modus operandi Inspektoren in die Dikasterien zu schicken, denen ein Wechsel in der Führung bevorsteht und das kurz vorher zu tun: das ist bei der Liturgie-Kongregation passiert; und bei der Klerus-Kongregation, deren neuer Präfekt während der von Bischof Egidio Miragoli  angeführten Inspektion, die noch fortdauert, ernannt wurde.

Und dann ist da die Ernennung von Fr. Luigi Maria Epicoco zum kirchlichen Assistenten in der  Kommunikations-Abteilung. Don Epicoco, ein Freund des Papstes, wurde für diesen Posten ernannt. nachdem der Papst zwei Privataudienzen mit Andrea Tornielli und Andrea Monda, Herausgeber und Direktor des Osservatore Romano hatte. Der Papst hat das Dicasterium öffentlich kritisiert und sich gefragt, wer seine Stimme hört. Könnte es also sein, daß der Papst auch dort mit Änderungen beginnen will? 

Im Vatican gibt es dieses Klima der Unsicherheit. Der Papst scheint isoliert zu sein. Aber er ist ein Papst,-stärker als je- der die verschiedenen Kurien-Leiter austauschen kann, ohne das wie ein "Beutesystem" erscheinen zu lassen.  Und das System, das am Ende schon den Weg für das Konklave bereitet, das seinen Nachfolger wählen wird."

Quelle: A, Gagliarducci, Monday in The Vatican

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