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Sonntag, 15. August 2021

Kardinal Sarah- Zur Glaubwürdigkeit der Kirche....

Der National Catholic Register hat einen von der französischen Zeitung Le Figaro veröffentlichten Essay von Kardinal Robert Sarah zum Thema Bewahrung der Tradition und Glaubwürdigkeit der Kirche wiedergegeben. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

            "ZUR GLAUBWÜRDIGKEIT DER KIRCHE"

Kommentar: durch zwei Jahrtausende hat die Kirche schon die Rolle des Hüters und Fährmanns der Zivilsation gespielt. Aber hat sie heute noch die Mittel und den Willen dazu? 

Anmerkung des Hersausgebers: Der Essay ist zuerst am 14. August in französischer Sparche in der Zeitung Le Figaro erschienen. Die englische Übersetzung wird mit der Erlaubnis von Kardinal Robert Sarah wiedergegeben.

"Zweifel hat das Westliche Denken erfasst. Intellektuelle und Politiker gleichermaßen beschreiben den selben Eindruck des Kollapses. Angesichts des Zusammenbruchs der Solidarität und der Desintegration der Identitäten wenden sich manche an die Katholische Kirche. Sie bitten sie, einen Grund zum Zusammenleben von Individuen zu geben, die vergessen haben, was sie als ein Volk eint. Sie bitten sie, ein bißchen mehr Seele anzubieten, um die kalte Härte der Konsumgesellschaft ertäglich zu machen. Wenn ein Priester ermordet wird, ist jeder berührt und viele fühlen sich ins Mark getroffen. 

Aber ist die Kirche fähig, auf diese Rufe zu antworten? Sicher, sie hat diese Rolle des Hüters und Vermittlers der Zivilisation schon gespielt. In der Dämmerung des Römischen Reiches wußte sie, wie sie die Flamme, die die Barbaren auszulöschen drohten, weitergeben konnte. Aber hat sie heute immer noch die Mittel und den Willen das zu tun? 

Am Fundament einer Zivilisation kann es nur eine Realität geben, die sie übertrifft: eine heilige Konstante. Malraux stellte dies mit Realismus fest: "Die Natur einer Zivilisation ist das, was sich um eine Religion versammelt. Unsere Zivilisation ist nicht in der Lage, einen Tempel oder ein Grab zu bauen. Sie wird entweder gezwungen sein, ihren fundamentalen Wert zu finden, oder sie wird verfallen"

Ohne ein heiliges Fundament werden schützende und unüberwindliche Grenzen abgeschafft. Eine völlig profane Welt wird zu einem riesigen Treibsand. Alles ist traurigerweise offen für den Wind der Willkür. Ohne die Stabilität eines Fundaments, das dem Menschen abgeht, werden Frieden und Freude – die Zeichen einer langlebigen Zivilisation – ständig von einem Gefühl der Unsicherheit verschlungen. Die Angst vor drohender Gefahr ist das Siegel barbarischer Zeiten. Ohne ein heiliges Fundament wird jede Bindung brüchig und wankelmütig.



Einige bitten die katholische Kirche, diese solide Grundfunktion zu übernehmen. Sie möchten, daß sie eine soziale Funktion übernimmt, nämlich ein kohärentes Wertesystem, eine kulturelle und ästhetische Matrix. Aber die Kirche hat keine andere heilige Realität zu bieten als ihren Glauben an Jesus, den menschgewordenen Gott. Ihr einziges Ziel ist es, den Menschen die Begegnung mit der Person Jesu zu ermöglichen. Moralische und dogmatische Lehre sowie mystisches und liturgisches Erbe sind Rahmen und Mittel dieser grundlegenden und heiligen Begegnung. Aus dieser Begegnung entsteht die christliche Zivilisation. Schönheit und Kultur sind ihre Früchte.

Um den Erwartungen der Welt zu entsprechen, muss die Kirche daher zu sich selbst zurückfinden und die Worte des heiligen Paulus aufgreifen: "Denn ich habe mir vorgenommen, während meiner Zeit bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus und dem gekreuzigten Jesus" Sie muss aufhören, sich selbst als Ersatz für Humanismus oder Ökologie zu sehen. Diese Realitäten, obwohl gut und gerecht, sind für sie nur Folgen ihres einzigartigen Schatzes: des Glaubens an Jesus Christus. 

Das Heilige für die Kirche ist also die ununterbrochene Kette, die sie mit Sicherheit mit Jesus verbindet. Eine Glaubenskette ohne Bruch oder Widerspruch, eine Gebets- und Liturgiekette ohne Bruch oder Verleugnung. Welche Glaubwürdigkeit könnte die Kirche ohne diese radikale Kontinuität noch beanspruchen? Bei ihr gibt es kein Zurück, sondern eine organische und kontinuierliche Entwicklung, die wir gelebte Tradition nennen. Das Heilige kann nicht verordnet werden, es wird von Gott empfangen und weitergegeben.

Das ist zweifellos der Grund, weshalb Benedikt XVI mit Autorität behaupten konnte: 

" In der Geschichte der Liturgie gibt es Wachstum und Fortschritt aber keinen Bruch. Was frühere Generationenfür heilig hielten, bleibt auch für uns heilig und groß und es kann nichtauf einmal ganz verboten oder sogar als schädlich betrachtet werden. ES obliegt uns allen, die Reichtümer, die sich im Glauben und Gebet der Kirche entwickelt haben, zu bewahren und ihnen ihren gebührenden Platz zu geben.“

In einer Zeit, in der einige Theologen versuchen, die Liturgiekriege neu zu eröffnen, indem sie das vom Konzil von Trient revidierte Messbuch mit dem seit 1970 verwendeten vergleichen, ist es dringend erforderlich, daran zu erinnern. Wenn die Kirche nicht in der Lage ist, die friedliche Kontinuität ihrer Verbindung mit Christus zu bewahren, wird sie der Welt nicht das "Heilige, das die Seelen vereint“, anbieten können, wie es Goethe sagt.

Über den Streit um Riten hinaus steht die Glaubwürdigkeit der Kirche auf dem Spiel. Wenn sie die Kontinuität zwischen der sogenannten Messe des Hl. Pius V. und der Messe Pauls VI. bekräftigt, muß die Kirche in der Lage sein, ihr friedliches Zusammenleben und ihre gegenseitige Bereicherung zu organisieren. Würde man das eine radikal zugunsten des anderen ausschließen, würde man sie für unvereinbar erklären, würde man implizit einen Bruch und eine Orientierungsänderung erkennen. Aber dann könnte die Kirche der Welt diese heilige Kontinuität nicht mehr bieten, die allein ihr Frieden schenken kann. Indem sie einen liturgischen Krieg in sich selbst am Leben erhält, verliert die Kirche ihre Glaubwürdigkeit und wird für den Ruf der Menschen taub. Der liturgische Frieden ist das Zeichen des Friedens, den die Kirche der Welt bringen kann.

Was auf dem Spiel steht, ist daher viel ernster als eine einfache Disziplinfrage. Wenn sie eine Umkehr ihres Glaubens oder ihrer Liturgie fordern würde, in welchem ​​Namen würde die Kirche es wagen, sich an die Welt zu wenden? Ihre einzige Legitimität ist ihre Beständigkeit in ihrer Kontinuität.

Wenn die Bischöfe, die für das Zusammenleben und die gegenseitige Bereicherung der beiden liturgischen Formen zuständig sind, ihre Autorität nicht in diesem Sinne ausüben, laufen sie Gefahr, nicht mehr als Hirten, Hüter des empfangenen Glaubens und der ihnen anvertrauten Schafe, sondern als politische Führer: Kommissare der Ideologie des Augenblicks und nicht Hüter der ewigen Tradition wahrgenommen werden. Sie riskieren, das Vertrauen der Menschen guten Willens zu verlieren.

Ein Vater kann bei seinen treuen Kindern kein Misstrauen und keine Spaltung herbeiführen. Er kann einige nicht demütigen, indem er sie anderen gegenüberstellt. Er kann einige seiner Priester nicht ausgrenzen. Der Frieden und die Einheit, die die Kirche der Welt zu bieten behauptet, müssen zuerst in der Kirche gelebt werden.

In liturgischen Angelegenheiten haben weder pastorale Gewalt noch parteiische Ideologie jemals Früchte der Einheit hervorgebracht. Das Leiden der Gläubigen und die Erwartungen der Welt sind zu groß, um sich in diese Sackgassen zu begeben. In der Kirche Gottes ist immer Platz für alle!"

Kardinal Robert Sarah, Präfekt emeritus der Liturgikongregation 

Quelle: NCR, Kard. R.Sarah, Le Figaro 

1 Kommentar:

  1. Ein Vater, der sich zudem heilig nennt, kann aber offenbar doch bei seinen Kinden Mißtrauen und Spaltung herbeiführen, einige Kinder demütigen und sogar Priester ausgrenzen.

    Die Frage ist jedoch erlaubt, ob sich dieser Vater zu Recht heilig nennt.

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