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Donnerstag, 27. Januar 2022

Die Katholische Kirche, Rom und der Große Steuermann

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo -wie gewohnt- kritisch die politisch- religiöse Entwicklung in China und Hong Kong auch in Beziehung zum Hl. Stuhl. 
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"DER GROSSE STEUERMANN BOMBARDIERT HONG KONG UND DIE KIRCHE IST AUCH UNTER FEUER"

Im Oktober endet das vorläufige und geheime Abkommen über die Ernennung von Bischöfen zwischen dem Hl. Stuhl und China, das am 22. September 2018 unterzeichnet und 2020 für zwei weitere Jahre verlängert wurde. Es isst zu früh, um zu sagen, ob es in einer stabileren Form bestätigt werden wird. Was natürlich nicht provisorisch ist, ist die übergroße Macht von Xi Jinping, der seit Dezember auch mit dem hochsymbolischen Titel "Großer Steuermann" bedacht wurde, wie vor ihm nur Mao Tse Tung vor ihm. 

Das bedeutet, daß der von Xi diktierte politische Richtung ist bedingungslos und langfristig, mit sehr engen wenn nicht nicht-existierenden Verhandlungs-Spielräumen für eine von Natur aus schwache Gegenseite wie den Vatican. Tatsächlich ist Chinas Dominanz bei de Auswahl neuer Bischöfe überwältigend und die Ausnahme, die die Diözese Hong Kong darstellt, das vom Abkommen von 2018 ausgenommen ist. ist auch in ernster Gefahr, Im vergangenen Jahr hat Rom den aktuellen Bischof ernannt, ohne bei der Wahl die chinesischen Autoritäten berücksichtigen zu müssen. Aber ein Monat bevor er geweiht wurde, unternahm China einen Schritt, der Chinas fast totale Herrschaft nicht nur über die Metropole Hong Kong, die bereits besteht, sondern auch über die in der früheren Britischen Kolonie präsente, lebendige Katholische Kirche vorhersehen ließ. 

Der neue Bischof von Hong Kong, Stephen Chow Sau-yan, 62, ein Jesuit, wurde am 4. Dezember geweiht. Am 31. Oktober jedoch hatte ein präzedenzloses Treffen in der Stadt stattgefunden, das zunächst geheim gehalten aber dann in einem Bericht der Agentur Reuters vom30. Dezember aufgedeckt wurde. 

Das Treffen wurde vom Verbindungsbüro der Pekinger Zentralregierung in Hong Kong gesponsert und von der Staatverwaltung für Religiöse Angelegenheiten vom Festland aus überwacht. 

Von Seiten Chinas haben 3 Bischöfe und 15 Ordensleute der offiziellen Chinesischen von Peking anerkannten Kirche teilgenommen und 2 Bischöfe und 13 Ordensleute für Hong Kong. 

Der Anführer der Hong Konger Delegation war Peter Choy Wai-man der gefügige Prälat, den die Chinesen gern an der Spitze der Diözese gesehen hätten. Chow, der neuernannte Bischof hat an dem Treffen nur am Anfang kurz teilgenommen, während des von Kardinal John Tong Hon, dem emeritierten  Bischof und zeitweiligen Administrator eröffnet und beendet wurde, weil die Abwesenheit des 90jährigen Kardinals Joseph Zen Ze-kiun sicher war, Symbol der Opposition gegen die Chinesische Regierung und ernsthafter Kritiker des Abkommens zwischen dem Vatican und Peking. 


Die Delegierten vom Festland bestanden darauf, daß Hong Kong auch völlig der sog.  "Sinisierung" der Religionen unterworfen werden müsse, mit einer größeren Unterordnung der Katholischen Kirche unter die Merkmale Chinas, die von der Kommunistischen Partei und dem Staat diktiert werden. 

Die "Sinisierung" der Religionen ist für Xi, dessen Agenda für die Praxis den Teilnehmern des Treffens wohlbekannt war. ein Eckstein der Politik. Während des ganzen Tages hat niemand den chinesischen Präsidenten erwähnt, aber "Xi war der Elefant im Raum" , ein Mitglied der Hong Konger Delegation berichtete Reuters "Einige von uns  betrachten die "Sinisierung" als Code für "Xi-nesierung". 

Das Treffen von Hong Kong war keineswegs eine isolierte Initiative, Anfang Dezember hat Xi in Peking als Teil der "Nationalkonferenz über mit religiösen Angelegenheiten verbundenen Arbeiten" eine Rede gehalten, in der er wiederholte, daß in China sich alle Religionen der Kommunistischen Partei unterordnen müssen, die befugt ist, "die Richtung der religiösen Aktivitäten zu bestimmen" zum Wogl der der vollständigen "Sinisierung." 

Aber vor allem muß man das fundamentale, am 11. November vom ZK der Chinesischen Kommunistischen Partei approbierte Dokument mit dem Titel "Resolution zu den großen Errungenschaften und zur historischen Erfahrung der Partei im letzten Jahrhundert" bedenken. 

Eine derartige Resolution ist die dritte in der Geschichte des kommunistischen Chinas. Die erste war die von Mao Tse-Tung 1945, die zweite von Deng Xiaoping 1981 und diese dritte- im Auftrag von Xi Jinping , bezieht sich auf die anderen wie eine Art Hegelsche Synthese, mit dem Ehrgeiz, das Beste von dem, was Mao tat- These- und der Korrektur durch Deng- Antithese zu vereinen. 

Im fünften Abschnitt kritisiert die Resolution das Westliche Demokratische System, das aus Konstitutionalismus, Regierungswechseln und Mächtetrennung besteht, ein System, daß, wenn es übernommen würde, "China möglicherweise ruinieren könnte." 

Vor allem aber lehnt er „Religionsfreiheit nach westlichem Vorbild“ ab. In China "müssen Religionen chinesisch ausgerichtet sein“ und ständig der "aktiven Führung“ der Kommunistischen Partei "für die Anpassung der Religionen an die sozialistische Gesellschaft“ unterworfen sein.

Im Vatikan sind sie mit dieser Politik ziemlich vertraut und versuchen, sie als "Ergänzung“ zur katholischen Vision der "Inkulturation“ zu domestizieren. Im Mai 2019 sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Interview mit der Zeitung "Global Times“, einer englischsprachigen Ausgabe der "Kommunistische Partei Chinas", daß "Inkulturation“ und „Sinisierung“ zusammen "Wege für den Dialog öffnen können“. unter Berücksichtigung der "wiederholten Absicht“ der chinesischen Behörden, "das Wesen und die Lehre jeder Religion nicht zu untergraben“.

 Aber die tiefgreifendste Entschuldigung für die „Sinisierung“, die aus dem Vatikan kommt, bleibt der im März 2020 in der Zeitschrift „La Civiltà Cattolica“ veröffentlichte Artikel – wie immer mit vorheriger Zustimmung des Staatssekretariats und Papst Franziskus – von des jesuitischne Sinologen Benoit Vermander.

Der Autor vergleicht diejenigen, die sich heute der "Sinisierung“ widersetzen – namentlich nennt er Kardinal Zen und den damaligen Direktor von "Asia News“ Bernardo Cervellera – mit den montanistischen und donatistischen Häretikern der ersten Jahrhunderte, die unnachgiebig die Christen verurteilten, die den Forderungen des Römischen Reiches nachgegeben hatten .

Vermander verteidigt uneingeschränkt sowohl das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und China vom September 2018 als auch die begleitende Botschaft von Papst Franziskus an die chinesischen Katholiken mit der anschließenden vatikanischen Anweisung zur Registrierung bei der offiziellen Kirche.

Vor allem aber hebt er hervor, was er für die guten Seiten der "Sinisierung“ hält: die Tatsache, daß „Artikel 36 der chinesischen Verfassung weiterhin die Religionsfreiheit formell garantiert“; die wohlwollendere Behandlung der Katholiken durch die chinesischen Behörden im Vergleich zu Anhängern anderer Religionen; die Anpassungsfähigkeit der jüngeren Generationen; die Geduld, die den chinesischen Katholiken aus Liebe zu ihrem Land eingeflößt wurde, "ohne um jeden Preis das Martyrium zu suchen“.

Als Beweis dafür lobt Vermander die Vitalität einer ihm bekannten Shanghaier Gemeinde, in der alles zum Besten zu laufen scheint, obwohl " die Priester regelmäßig an `Schulungen' teilnehmen müssen, die vom Amt für religiöse Angelegenheiten organisiert werden .“

Seltsamerweise erwähnt der Jesuit jedoch nicht die Tatsache, daß der Bischof von Shanghai, Thaddeus Ma Daqin, seit dem Tag seiner Ordination im Jahr 2012 unter Hausarrest steht, nur weil er die Chinesische Patriotische Katholische Vereinigung, das Hauptorganisation, verlassen hat. Das Regime kontrolliert die Kirche. Nicht einmal mit dem Akt der öffentlichen Unterwerfung, bei dem er sich 2015 unter dem – ebenfalls vergeblichen – Applaus von "La Civiltà Cattolica“ verneigte,  die seine Geste als beispielhaftes Modell der "Versöhnung zwischen der Kirche in China und der chinesische Regierung“  bezeichnete, konnte er Gnade erringen.

Ganz zu schweigen vom völligen, langen Schweigen von Papst Franziskus zu dieser und zu den vielen anderen Wunden, die das Xi-Regime den Katholiken in China und Hongkong zugefügt hat, wobei letztere bereits stark verfolgt wurden und nun sehr nahe daran sind, vollständig unter die Herrschaft des neuen "Großen Steuermanns“ zu geraten. "

Quelle: S.Magister, Settimo Cielo

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