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Freitag, 21. Januar 2022

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Nico Spuntoni kommentiert in La Nuova Bussola Quotidiana die gestrige Vorstellung des Mißbrauchs-Dossiers der Münchener Anwaltskanzlei und die Reaktion des Papa emeritus auf schon zuvor daraus bekannt gewordene, teilweise geradezu absurde Vorwürfe (wie:  er muß davon gewußt haben weil er am gleichen Ort seinen Urlaub verbrachte) gegen ihn. 
Hier geht´s zum Original: klicken

DAS DOSSIER UND DER PAPA EMERITUS

MISSBRAUCH, RATZINGER IM GEGENANGRIFF: "PROPAGANDA GEGEN MICH"

Die Resultate der von der Rechtskanzlei Westpfahl, Spilker und Wastl in der Erzdiözese München-Freising durchgeführten Untersuchungen von Fällen sexuellen Mißbrauchs sind vorgestellt worden. Wie erwartet, wurden Papst Benedikt 5 Fälle zugeschrieben, bei denen das Vorgehen des damaligen Erzbischofs zu tadeln ist. Aber in zwei Fällen fehlt die Bestätigung seiner Beteiligung. Während der Papa emeritus über die anderen in einer Abhandlung "den bemerkenswerten Grad an Parteilichkeit“ der Arbeit angriff und den Experten "Propaganda und reine Spekulation“ vorwarf. Die Kanzlei ist die gleiche, die im Fall Woelki im Auge des Sturms gelandet ist.

Gestern sind die Ergebnisse der Untersuchungen der Rechtskanzlei  Westpfahl Spilker Wastl der Handhabung der Mißbrauchsfälle in der Erzdiözese München und Freising zwischen 1945 und 2019 präsentiert worden. Auf der Anklagebank - wie weithin vorhergesehen- endete der sperrigste Name: Joseph Ratzinger, der von 1977 bis 1982 Erzbischof war. Im Dossier liest man, daß es laut dem Juristenteam 5 Gelegenheiten gab, in denen das Handeln des damaligen Erzbischofs zu  mißbilligen sei. 

5 Fälle, von denen - erklären die Anwälte- "zwei Vergehen betreffen, die während der Amtszeit (...) und drei Fälle, die vor seiner Amtszeit und teilweise außerhalb des Territoriums der Erzdiözese passierten." Einer dieser Fälle jedoch soll sich auf einen Verdacht beziehen, für den die Juristen keine Bestätigung gefunden haben, bei einem weiteren Fall nur Teilbeweise. 

"BEMERKENSWERTE PARTEILICHKEIT" 
Es ist interessant, das Dossier bzgl, des nicht bestätigten Falles zu analysieren:  
ein vorläufiges Gutachten hatte den Verdacht geäußert, Ratzinger habe Kenntnis von dem Missbrauchsurteil eines Landgerichts gegen einen Priester in einer Zeit vor seiner Amtszeit als Erzbischof gehabt. Dieser Verdacht beruht nach Ansicht der Experten darauf, daß Ratzinger "zumindest einen Teil seiner Ferien (…) an der früheren Wirkungsstätte des Pfarrers“ verbracht habe.


Der Papa emeritus hat sich in einer  82-seitigen Erklärung vehement verteidigt, die dem Bericht beigefügt ist, in dem er die Arbeitsmethode angreift und bekräftigt, daß die vorläufige Bewertung  
von „einem erheblichen Maß an Parteilichkeit“ zeuge und den Experten vorwirft, "ihre Rolle der Neutralität und Objektivität“ aufgegeben zu haben und in "subjektive Bewertung, wenn nicht sogar Propaganda und reine Spekulation“ verfallen zu sein.

Im endgültigen Ergebnis mußte das Team zugeben, daß es keine verläßliche Basis gibt,  mit der kritischen Bewertung der Vorgehensweise des damaligen Kardinal-Erzbischofs Ratzinger in diesem Fall fortzufahren," Also hatte der Papa emeritus mehr als nur einen Grund verärgert auf die in der Expertise in diesem Fall vorgetragenen Verdächte zu antworten. 

DER FALL X 
Bei der gestrigen Pressekonferenz haben sich Westpfahl Spilker Wastl vor allem auf den sogenannten Fall X bezogen.  Es handelt sich um den schon bekannten Fall von Pater Peter Hullermann, über den La Nuova Bussola bereits Klarheit zu erlangen versucht hat, nachdem die deutsche Tageszeitung "Die Zeit" in den vergangenen Wochen Indiskretionen veröffentlichte, laut denen im Bericht Versäumnisse Ratzingers während einer Amtszeit in München aufgetaucht seien. Der Inhalt des gestern veröffentlichten Berichts hat das Geflüster der ZEIT bestätigt: die Verantwortung für den Fall Hullermann ist eine, die dem Papa emeritus zugeschrieben wird. Dieser Umstand erinnert an den Vorwurf wegen "methodischer Mängel", der vom Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki  in Bezug auf eine ähnliche Arbeit erhoben wurde, die ursprünglich an dieselbe Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben und dann gestoppt wurde. Auch im Kölner Fall waren Gerüchte über einige der Inhalte des Berichtes, die aber unbekannt blieben, an die Zeitungen durchgesickert.

DER GEGENANGRIFF RATZINGERS
In der 82-seitigen Verteidigungsschrift widmet der Papa emeritus dem Fall von Pater Hullermann breiten Raum, um die auf ihn bezogenen Vorwürfe gegen Ratzinger zu bestreiten und zu leugnen. Ratzinger, der Zugang zu den von der Anwaltskanzlei konsultierten Akten hatte, hat einige Irrtümer nachgewiesen: er bestreitet den Teil, in dem behauptet wird, der Psychotherapeut der Diözese Essen. in der Hullermann einen Minderjährigen zu einer sexuellen Handlung gezwungen hatte,  habe das dem Bischof berichtet, es aber nicht angezeigt. Der Priester wurde in die Erzdiözese München und Freising versetzt. Ratzinger erklärt, daß der Psychotherapeut (...) um Unterstützung und (...) Ratschläge zu einer weiteren Behandlung durch einen in München praktizierenden Kollegen gebeten habe "aber weder ich noch die Mitglieder der Ordinariats-Versammlung hatten Kenntnis von den Gesprächen oder Aktivitäten des Psychotherapeuten, der Pater X in seiner Heimatdiözese evaluiert hat." (Beide wurden dem erzbischöflichen Ordinariat erst im März oder Junin 2010 bekannt gegeben).  

Zusammengefaßt: laut dem Papa emeritus wußten die Verantwortlichen der Erzdiözese, daß Hullermann-der geschrieben und um eine Unterkunft in München gebeten hatte- sich einer Psychotherapie unterziehen sollte, aber nicht warum. Das Juristenteam hat keine Beweise gefunden, um Benedikt XVI zu widerlegen, aber trotzdem behauptet- auch gestern in der Pressekonferenz- daß seine Verteidigung "nicht glaubwürdig ist". Der gestern präsentierte und veröffentlichte Bericht, betrifft nicht  nur die Amtszeit Ratzingers sondern auch die seiner Vorgänger und Nachfolger in der Erzdiözese München.und Freising. 

Am Abend kam eine Reaktion aus dem Kloster Mater Ecclesiae - aus dem Mund des Privatsekretärs des Papa emeritus, Msgr. Georg Gänswein, der erklärte, daß Benedikt XVI bis zum Nachmittag den Bericht noch nicht gelesen habe und den Text in den kommenden Tagen mit der gebotenen Aufmerksamkeit studieren werde." aber auf jeden Fall "Bewegung und Scham wegen des Mißbrauchs Minderjähriger durch Kleriker" ausgedrückt habe und "allen Opfern seine persönlich Nähe und sein Gebet, einigen von denen er bei seinen apostolischen Reisen begegnet sei, versichere." 

Quelle: N. Spuntoni, LNBQ 

 

 

 

 

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