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Donnerstag, 20. Januar 2022

Über die Gefahren einer der Vernunft beraubten Katholischen Kirche...

Rorate Caeli veröffentlicht den Text der polnischen Philosophie-Dozentin Justyna Melonowska zum derzeitigen Zustand und die Gefahren, die sich möglicherweise aus ihm -insbesondere aus dem Verschwinden der Vernunft- für die Zukunft der Kirche ergeben. LESEN! 
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"POLNISCHE PHILOSOPHIE-PROFESSORIN "ES FINDET EINE GRUNDLEGENDE DE-RATIONALISIERUNG DES KATHOLIZISMUS STATT." 

Eine Mitarbeiterin der traditionalistischen katholischen Zeitschrift "Christianitas", Justyna Melonowska ist eine polnische Philosophie-Dozentin, die den folgenden Text im polnischen Bulletin "Filozofui!" veröffentlicht hat. Die Übersetzung stammt von der Autorin.

                                                     Filioque XXI

                                                      Justyna Melonowska

Es ist schwierig, Historikern -wie einem Donald Kagan- zu widersprechen, der betont, daß wir bis in moderne Zeiten kein einziges Beispiel einer areligiösen Zivilisation kennen. Zivilisation steht. zumindest ist das die geschichtliche Erfahrung- als ihrer primären Quelle von Vitalität, Stärke und Reservoir von Zielen - auf Religion.

Nicht eine sondern zwei Schlußfolgerungen können daraus gezogen werden. 

Die erste- eher eine Beobachtung- ist, daß der Westen, wenn er sich des Christentums entledigt hat, aufhören wird, zu bestehen. (Oder in einer milderen Variante, sein eigenes "Überleben in Agonie" einleiten, indem er sich einer anderen, transzendenten Religion unterwirft, die er auf sein Territorium bringen und annehmen wird.) 

Zweitens: unsere Zivilisation steht still, weil sie eine Art Religion hat. Welche ist das? In journalistischer Verkürzung schlage ich die These vor, daß Emanzipation die moderne Religion des Westens ist. Gleichzeitig ist Emanzipation eher ein Totem als eine Ideologie. Dieser Ansatz erlaubt uns, zu verstehen, warum die Übertretung des Ersten Gebotes jeder ernsthaften Religion "du sollst keinen anderen Gott haben, neben mir" als fundamentales Verbrechen verfolgt wird. Die neue, konstituierende Religion muß konkurrierende Kulte auslöschen. besonders diejenigen, die zuvor in der Gegend galten. Sie muß sie gründlich zertrampeln. Deshalb bewahrt sie- indem sie die Statuen anderer Völker (die als Goldene Kälber betrachtet werden) zerstören und ihre eigene ikonische Sphäre hütet. deren Verletzung kein Angriff sondern wörtlich Blasphemie ist. Daher die große Ernsthaftigkeit der Emanzipation bei der Verfolgung von Andersdenkenden und der gleichzeitigen Forderung nach Bewahrung der Rechtgläubigkeit, d.h. die Anbetung und Glorifizierung neuer Götter (oder es können auch Dämonen sein).

Wenn ich mich als Erforscherin der spirituellen Geschichte des Westens einem anderen Aspekt zuwende, sehe ich es als meine Pflicht an, die Frage zu beantworten: " Was wird sich aus der Perspektive kommender Jahrhunderte als das "Filioque" des 21. Jahrhunderts erweisen?"- was ist der Grund für das interne Schisma im Herzen des zeitgenössischen Katholizismus und der auf ihm beruhenden Zivilisation?  Und we ist es einer Seite des still vollendeten Katholischen Schismas möglich, sich diesem totemistischen, anti-katholischen Tanz der Emanzipation anzuschließen? 

Ich glaube, ich kenne die Antwort. "Filioque XXI" ist -unausgesprochen, leise aber mühsam- eine Frage der Historizität der Offenbarung. 


Nun, hat der traditionelle Katholizismus gelehrt (und tut das offizielle noch immer), daß die Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostels endete. Joseph Ratzinger wiederholt diese Meinung in seiner Studie zur Theologie der Geschichte beim Hl. Bonaventura. Ein aufmerksamer und ehrlicher Leser wird- nach einem Augenblick des Nachdenkens- wahrscheinlich zu der Schlußfolgerung kommen, daß er oder sie diese Feststellung über das Enden der Offenbarung mit dem Tod der Apostel  noch nie oder vor sehr langer Zeit gehört hat. Sie kann auch als Behauptung erscheinen, die sofort in Frage gestellt wird. 

Die Ansicht entwickelt und gewinnt Bedeutung, nach der die Offenbarung nicht endete und deshalb nur weiterer Differenzierung unterworfen werden kann (das war einmal eine Grundlehre des Katholischen Katechismus) sondern daß sie eher weitergeht. 

Seit 2018 - wir erinnern uns -Dank dem Jesuiten-Superior Fr. Arturo Sosa- nüchtern daran, daß es zu Jesu Zeiten keine Aufnahmegeräte gab; aber diese Anekdote zeigt nur die Operation an den Pfortenscharnieren des Glaubenszaunes. Die neue Ungewißheit darüber, was gesagt worden ist, erlaubt die Emanzipation vom Wort Jesu, verkündet oder nicht. (Interessanterweise isr es schwer, den von Sosa attackierten Konsens zu brechen, nach dem die Morallehre Jesu zu Familienfragen anspruchsvoll ist und die Normen verschärft. deren Lockerung "wegen der Verhärtung eurer Herzen" Mk 10, 1-12), Die Sache hat jedoch weitere Implikationen. 

1. Die Frage der Offenbarung , die weiter besteht, wird klarer hervortreten und die Rede von den "Inspirationen" fast parallel dazu mit ihr. Wir können diese Phase bereits beobachten: immer öfter wird gesagt, daß Papst Franziskus durch spezielle Aktionen des Hl. Geistes handelt ( es wird hier angenommen, daß es der Hl. Geist ist, obwohl im Licht der traditionellen Kirchenlehre eine solche Behauptung Wachsamkeit und Konsternierung bewirken sollte) Er soll auch ein Wundertäter sein. In der zweiten Phase wird die Gemeinschaft von der "alten" Offenbarung getrennt und es werden neue Wege in der Morallehre der Kirche eingerichtet. 

Die Katholische Lehre ist ein kompaktes System von Theoremen, deshalb wird es auch doktrinale Veränderungen geben. Weil es schwer sein wird, dem Prinzip des Nichtwiderspruchs zu widersprechen (etwas kann nicht zugleich Sünde und nicht Sünde sein), wird dieses Prinzip still umgangen werden, Die Gemeinschaft wird immer charismatischer und immer weniger intellektuell werden. Die neuen Gründe dafür werden nicht vermittelt werden. Man wird beginnen, die alten werden zum Schweigen zu bringen und auszulöschen. Die Tradition wird in ihrer Rolle als Werkzeug der Offenbarung verleugnet werden. Die Offenbarung wird öfter up-gedated werden als Windows von Microsoft. Damit die Tradition nicht stört oder die neuen "Inspirationen" verhindert oder zensiert, Die Tradition wird zuerst neutralisiert und dann liquidiert werden. 

Wir werden gerade Zeugen dieses gewaltsamen, paroxysmalen Prozesses in der Bemühung der Pontifex und seiner Akolythen den uralten Ritus der Hl. Messe, den sog. Tridentinischen Ritus und das gesamte sakramentale Leben zu liquidieren. 

In dem Grad, in dem diese Aktionen ausgeführt werden, wird es es zu einer tiefgreifenden De-Rationalisierung des Katholizismus kommen. Weil die "neuen Gesetze" von den aktuellen-weithin  verstandenen- "Inspirationen" des Pontifex und anderer"Autoritäten" (einschließlich von katholischen "Experten" die nach dem II. Vaticanum Macht gewannen) beeinflußt werden, werden sie in der Lage sein, sich zumindest mit dem, was der Katholizismus seit Jahrhunderten "die Welt" nannte zu synchronisieren. Das wird zu einem faszinierenden Phänomen führen, durch das Teile ein und derselben Gemeinschaft einen Zustand von "Post-Christentum" oder "Neuer Reformation" diagnostizieren wird, während der andere Teil die außerordentliche "Christianisierung " der Welt verkündet (die Meinung "der Westen war noch nie so christlich" kann man in meinem Heimatland Polen immer häufiger hören.)

Für diesen Teil der Kirche wird die Frage "stimmt das mit Gott überein oder mit der Welt?" verschwinden und das Ziel der Synchronisierung wird eine Folge der Kraft der Welt und ihrer Gesetze und Wahrheiten sein – dem Kirchenbereich und der oben erwähnten Interpretation des Katholizismus aufzuzwingen. Diese Durchsetzungskraft für emanzipatorische Postulate wird also eine Funktion des Niedergangs des Intellektualismus des Glaubens sein, der sich aber gleichzeitig als "aufgeklärter und fortschrittlicher“ Glaube, ja sogar als "neue Orthodoxie“ präsentieren wird.

Hier kommen wir zum Endergebnis. Ein ähnlicher Verlauf der Ereignisse kann letztendlich eine Leugnung des Logos, der Natur Gottes, bedeuten. Denn Gott wird als etwas in der Natur des Logos "Gefangenes" wahrgenommen, was der geordneten natürlichen Realität entspricht, die durch die Vernunft erkennbar ist. Wenn wir als Arbeitshypothese Ratzingers Unterscheidung in der Regensburger Vorlesung zwischen dem Gotteslogos des Christentums und der Gotteskraft des Islam akzeptieren, wird eine seltsame "Islamisierung“ des Katholizismus stattfinden. Von nun an wird Gott in der Lage sein, sich selbst zu widersprechen, widersprüchliche Forderungen zu stellen und rechtlos gemäß seinem launischen Willen Gesetze zu erlassen. In unserer eigenen Geschichte des Katholizismus würden wir von einer Rückkehr zum wohlbekannten ockhamistischen Voluntarismus sprechen

Um zu bemerken, daß dies geschieht, würde es dennoch eine echte intellektuelle Blüte erfordern, von der wir keinen Grund haben zu glauben, daß sie stattfinden wird, zumindest nicht außerhalb der Kreise der Traditionalisten, die sich mühsam selbst wieder aufbauen – gegen die jedoch "vom Geist geleitet", der Papst Ghettoisierungs- und Vernichtungspläne geschmiedet hat, wie das motu proprio Traditionis Custodes zeigt.

Vielleicht ist eine Erlösung für die Logos-Tradition die Frage, die schon viele tausend Male von suchenden, mutigen menschlichen Köpfen gestellt wurde, von Sokrates bis – ein gutes Beispiel für diese Art von Angst –zu Hannah Arendt: Befiehlt Gott A, weil A gut ist, oder ist A ist gut, weil Gott es befiehlt? Verbietet Gott B, weil B schlecht ist, oder ist B böse, weil Gott es verbietet?

In beiden Fällen bedeutet das Akzeptieren der zweiten Antwort, eine Odyssee auf den Wellen des Glaubens zu beginnen ... Aber während die treue Penelope geduldig am Webstuhl sitzt, wird Odysseus ... nun ja ... Odysseus seinen Tod auf hoher See finden."

Quelle: J. Melonowska, Rorate Caeli

 

 

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