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Mittwoch, 9. März 2022

Ökumene mit der Russischen Orthodoxie in Zeiten des Krieges

George Weigel analysiert im World Catholic Reporter die -seiner Meinung nach- naiven und irrigen Bemühungen des Hl. Stuhls um eine ökumenische Annährung an die Russisch Orthodoxe Kirche und zeichnet aus eigener Anschauung ein sehr kritisches Bild des Moskauer Patriarchen Kyrill.
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              "NÖTIG: EIN ÖKUMENISCHER RESET"

Seit den frühen 1960 ist der Vatican von der Idee eines bilateralen Bündnisses mit der Russischen Orthodoxie begeistert. Was auch die edlen Ziele gewesen sein mögen, es war  ein Irrweg,

In den frühen 1960-er Jahren bin ich Kyrill, den jetzigen Patriarchen von Moskau und Ganz Rus begegnet, als der auf den Namen Vladimir Mikhailovich Gundyayev getaufte Mann, der Haupt-Ökumenebeauftragte der Russisch Orthodoxen Kirche war. Gelegenheit war ein Dinner, vom großen James H. Billington in der Kongress-Bibliothek ausgerichtet, dessen Geschichte der Russischen Kultur "Die Ikonen und die Axt" der Klassiker zu diesem Thema bleibt. 

Metropolit Kyrill-wie er damals auftrat- erschien mir als kultivierter Kosmopolit, an die feineren Dinge des Lebens gewöhnt, an dem nichts von Dostojewskis Asketik oder Mystisches war. Und wenn er weniger als ein Kirchenmann als ein glatter und weltlicher Diplomat im kirchlichen Gewand erschien, musste man beeindruckt sein von der kühlen Gelassenheit, mit der er diese Rolle spielte. Ein Großteil der Tischgespräche und der anschließenden Gespräche nach dem Essen drehte sich um die Möglichkeit, daß Russland eine funktionierende Demokratie werden könnte – eine Aussicht, für die Kyrill, wenn die Erinnerung recht hat, erhebliche, wenn auch weltmännische Skepsis zeigte.

Als ich später seine Biografie untersuchte, rückten bestimmte Dinge über Kyrill in den Fokus. 1971-im zarten Alter von 25 , wurde der damalige Archimandrit Kyrill vom Moskauer Patriarchat als Repräsentant der Russischen Orthodoxie zum Weltkongress der Kirchen nach Genf geschickt. 10 Jahre zuvor hatte das Sowjet-Regime, das eine drakonische Verfolgung und die Schließung der Hälfte der Orthodoxen Kirchen des Landes praktizierte, der Russische Orthodoxen Kirche "erlaubt" sich dem Welt-Kongress anzuschließen. Die Motive des Regimes waren wohl kaum ökumenisch.  Die russisch-orthodoxen Vertreter im Weltrat wurden vom KGB, dem sowjetischen Geheimdienst, sorgfältig ausgewählt; Ihre Aufgabe war es, jede Anfechtung der Verletzungen der Religionsfreiheit durch die Sowjetunion zu verhindern und gleichzeitig den Weltrat zu einem ständigen Kritiker des Westens zu machen.


All dies wird in "The Sword and the Shield. The Mitrokhin Archive and the Secret History of the KGB" detailliert beschrieben. Und man kann aus dieser unschätzbaren Ressource unmöglich, nicht schließen, daß Kyrill zumindest ein KGB-Aktivposten war; er war möglicherweise ein KGB-Agent wie ein anderer Vladimir, Herr Putin. Während der Putin-Jahrzehnte gedieht Kyrills kirchliche Karriere und Berichten zufolge wurde er ein wohlhabender Mann – wenn nicht in der kolossalen Größenordnung von Putin selbst, dann doch bis zu dem Punkt, an dem er einmal zu seiner Verlegenheit fotografiert wurde als er eine 30.000-Dollar-Breguet-Uhr trug, von der er annahm, daß sie unter seinen Roben versteckt war. (Die Russische Kirche hat eine Propagandasalve abgefeuert, die darauf hindeutete, daß das Foto manipuliert worden sei, obwohl ein scheinbar nachträglich mit Airbrush bearbeitetes Foto, das zu Kyrills Verteidigung verbreitet wurde, ungeschickt die Reflexion der Uhr auf einer glänzenden Tischplatte zeigte.)
Unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen ist es unbestreitbar, daß Kyrill seit seiner Wahl zum Patriarchen im Jahr 2009 ein treuer Diener des russischen Staates ist. Und obwohl er von reaktionären russisch-orthodoxen Kreisen für sein Treffen mit Papst Franziskus in Havanna im Jahr 2016 getadelt wurde ,, muss er wissen, daß welcher internen Opposition von antirömischen Klerus und Kongregationen er auch ausgesetzt war, der Kreml und sein Herr, ohne dessen grünes Licht, das Treffen in Havanna nie stattgefunden hätte-in seinem Rücken waren.
Es sollte also keine Überraschung sein, daß Patriarch Kyrill versucht hat, Putin Deckung für unprovozierte und brutale Aggression gegen die Ukraine zu geben, von der er seit langem behauptet sie sei Teil des Russkiy mir, der "russischen Welt". Der Krieg in der Ukraine, sagte er am 4. Tag der russischen Invasion in seinem Nachbarland, sei durch "dunkle und feindliche Mächte", die "Mächte des Bösen" und die "Angriffe des Bösen" verursacht worden.
Als Instrument der Russischen Staatsmacht zu handeln, ist für Kyrill nichts Neues. Er tut das seit Jahrzehnten. Sein Statement vom 27. Februar stellt einen neuen Tiefpunkt dar, indem er vorsätzlich Christliche Symbolik benutzt, um zu verfälschen, was in der Ukraine passiert. Der terminus technicus für eine derartige absichtliche falsche Benutzung der Dinge Gottes ist Blasphemie. Kyrills profanes Agitprop schadet auch seiner eigenen Kirche in der Ukraine, deren Oberhaupt, der Metropolit Onufry. die russische Invasion verurteilt hat. 
Seit den frühen 1960er Jahren ist der Vatikan von der Idee einer bilateralen Entente mit der russischen Orthodoxie betört. Was auch immer ihre edlen Absichten sein mögen, das war ein dummer Weg, und es ist höchste Zeit für einen ökumenischen Neustart. Wenn zwei der käuflichsten, korruptesten Organisationen der Welt – das Internationale Olympische Komitee und die FIFA, der Weltfußball-Hegemon – die Beziehungen zu Russland wegen seiner tödlichen Aggression abbrechen können, kann auch der Vatikan Patriarch Kirill sicherlich darüber informieren, daß der Heilige Stuhl die ökumenische Kontakte, die er mit Russland unterhält, ausgesetzt, bis Kirill die Invasion der Ukraine verurteilt und sich damit als etwas anderes als Putins Marionette erweist.
Quelle: G. Weigel, WCR


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