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Freitag, 15. April 2022

Gnade für Judas ?

Msgr Charles Pope hat anläßlich der Karwoche im National Catholic Register Überlegungen darüber angestellt, ob Judas rehabilitiert und gerettet werden konnte, wie heute nicht selten gedacht wird- auch im Vatican.  Hier geht´s zum Original:  klicken

              "GNADE UND DER SKANDAL VON JUDAS"

Versuche das Bild von Judas Ischariot zu rehabilitieren spiegelt die moderne Tendenz wieder, Barmherzigkeit unabhängig von Reue und Buße zu verkünden. 

Ein kürzlicher Text von Fr. Primo Mazzolari im Osservatore Romano legt dar, daß Judas von Unserem Herrn vergeben wurde. 

Ist das auch die Ansicht von Papst Franziskus? Das kann man nicht sagen.

Aber angesichts des Status und der Verbreitung des Osservatore Romano hat der Artikel eine heftige Debatte ausgelöst, die sehr gut einen allgemeinen modernen Irrtum wiedergibt- besonders die Verkündung der Gnade in losgelöster Weise- losgelöst von aufrechter Reue und einem klaren Streben nach der Barmherzigkeit Gottes. Es gibt die Annahme, daß Gott unabhängig, ob ein Mensch diese Gabe wünscht oder nicht, ganz unterschiedslos erteilt. 

Was sagen wir zu Judas? Für vielen moderne Leser ist Judas so etwas wie ein sympathischer Charakter. Einiges davon liegt an unserer (ziemlich falschen) moralischen Argumentation - eine Argumentation, die übertriebene Betonung auf subjektive Themen (wie Absichten und Gefühle) und fast keine Betonung auf die objektive Moral der Handlung selbst legt. Zugegeben, beide Elemente sind wichtig, aber unsere moderne Betonung erzeugt eine verzerrte Tendenz, sich der persönlichen Verantwortung zu entziehen und den objektiven Schaden der Sünde zu übersehen.

Aber um fair zu sein, der biblische Text selbst ruft auch eine gewisse Sympathie für Judas hervor, der als dargestellt wird, als zutiefst bedauernd, was er getan hatte, und der sogar so weit ging, das Geld zurückzugeben. Der Text sagt:

"Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß Jesus verurteilt worden war, wurde er von Reue erfasst und gab die dreißig Silberstücke den Hohenpriestern und den Ältesten zurück. "Ich habe gesündigt“, sagte er, "denn ich habe unschuldiges Blut verraten.“ "Was geht uns das an?“ antworteten sie. "Dafür bist du verantwortlich.“ Also warf Judas das Geld in den Tempel und ging. Dann ging er weg und erhängte sich“ (Matthäus 27:3-5).

Es ist klar, daß Judas über seine Sünde traurig ist, und dies ist sicherlich eine Komponente dessen, was wir Reue nennen. Er gibt sogar das Geld zurück, ein weiteres Zeichen seines Kummers, und möchte frei von jeglichem Gewinn aus seiner Sünde sein. Aber nicht alle Reue ist auf Gott gerichtet. Manchmal ist das, was wir Reue nennen, tatsächlich eine Teilmenge von Stolz oder Angst: "Wie konnte ich das nur tun? … Was wird jetzt mit mir passieren, nachdem ich das getan habe?“


Und so dürfen wir uns der Tatsache nicht entziehen, daß er hinging und sich erhängte – was zwar ein weiterer Hinweis auf seine Trauer ist, aber objektiv ein Akt der Verzweiflung bleibt. Anstatt sich dem Herrn zuzuwenden, wandte er sich sich selbst zu und versuchte, den Schmerz seiner Schuld zu beenden, anstatt sich dem Herrn zu stellen, seine Sünde zuzugeben und demütig den Herrn und seinen Leib, die Kirche, um Barmherzigkeit zu bitten.

Darin verhält sich Judas ganz anders als Petrus, der nach der Verleugnung des Herrn zunächst betrübt davonlief, sich aber nicht  zu sich selbst zurückkehrte. Vielmehr blieb Petrus trotz seiner Demütigung in der frühen Gemeinschaft der Kirche verwurzelt und fand in einem ehrlichen Gespräch am Seeufer Heilung mit dem Herrn (Johannes 21). All dies konnte Petrus nicht leicht fallen. Sicherlich wollte ein Teil von ihm davonlaufen und seine Schuld und Scham vor dem Herrn und anderen verbergen. Aber im Gegensatz zu Judas blieb er in Gemeinschaft mit der frühen Kirche und ließ den Herrn ihn finden.

Um diesen Unterschied zu verstehen, bedenken Sie, was der heilige Paulus über die zwei Arten der Trauer um die Sünde lehrt, während wir über Judas und sein Schicksal nachdenken:

 "Auch wenn ich dir durch meinen Brief Kummer bereitet habe, bereue ich es nicht ... weil dein Kummer dich zur Reue geführt hat. Denn du wurdest traurig, wie Gott es beabsichtigt hatte, und so wurdest du in keiner Weise von uns geschädigt. Göttliches Leid bringt Reue, die zur Erlösung führt und kein Bedauern hinterlässt, aber weltliches Leid bringt den Tod. Seht, was diese göttliche Traurigkeit in euch bewirkt hat: welchen Ernst, welchen Eifer, euch zu bessern, welche Empörung [über die Sünde], welche Beunruhigung, welche Sehnsucht, welche Besorgnis, welche Bereitschaft, für Gerechtigkeit zu sorgen“ (2. Korinther 7,8-11 ).

Und so zieht uns göttliche Trauer zur Reue und zurück zu einer verwandelnden Beziehung mit dem Herrn. Und göttliches Leid hinterlässt kein Bedauern wegen der heilenden, barmherzigen und freudvollen Beziehung, zu der es uns zurückführt.

Auf diese Weise können wir sehen, wie dem Kummer des Judas zwei wichtige Früchte fehlten. Erstens führte es ihn nicht zurück zur Erlösung, also zurück zu Jesus. Zweitens beseitigte es das Bedauern nicht. Judas blieb am Boden zerstört und war nicht bereit, eine Rückkehr zu einer Beziehung mit Jesus anzustreben.

Warum war das so? Das ist schwer zu sagen. Vielleicht wäre er zu gedemütigt gewesen, um Jesus oder der Gemeinde gegenüberzutreten. Welches Bedauern er auch fühlte, er war nicht bereit, es demütig zu teilen. Und so wandte er sich, anstatt sich an den Herrn zu wenden, an sich selbst und versuchte, seinen Schmerz zu seinen eigenen Bedingungen zu beenden und nicht zu denen des Herrn oder seines Leibes, der Kirche.

Der Hl. Paulus sagt einfach und unverblümt über weltliches Leid: "Es bringt den Tod hervor.“ Es ist bekannt für seine Früchte: Trennung, Isolation, Inwärtsgewandheit und schließlich Tod – sowohl geistig als auch körperlich.

Also ja, Judas war traurig über das, was er getan hatte. Aber es war die falsche Art von Trauer, die schlimmste Art von Trauer.

Was wurde also aus Judas in Bezug auf die Errettung? Manche hoffen, daß er am Ende vielleicht hätte gerettet werden können. War er? Auch hier können wir nicht sicher sagen. Aber Jesus selbst gibt uns einen ziemlich traurigen Hinweis, wenn er über Judas sagt:

"Der Menschensohn wird gehen, wie es über ihn geschrieben steht. Aber wehe dem Mann, der den Menschensohn verrät! Es wäre besser für ihn, wenn er nicht geboren worden wäre“ (Markus 14:21).

Es fällt uns schwer, uns vorzustellen, daß Jesus dies über einen Mann sagt, der letztendlich gerettet wird und es in den Himmel schafft. Obwohl wir uns nicht sicher sind, sieht es für Judas sicherlich nicht gut aus. Jesus lehrt uns, dass wir für unsere Taten verantwortlich sind und dass selbst unsere Reue fehlerhaft sein und in Stolz verwurzelt sein kann und sich nicht Gott zuwendet.

Unsere Sympathie für Judas hat verständliche Wurzeln. Aber am Ende bestand sein fataler Fehler (und der Unterschied zwischen ihm und Petrus) darin, daß Judas für sich selbst bereute, nicht für den Herrn. Wenn du gehst, fällst du manchmal – aber wenn du fällst, pass auf, daß du auf Jesus fällst!

Einige argumentieren auch, daß Judas keine Wahl hatte. Ihm war eine Rolle zugeteilt worden und er musste sie erfüllen. Dies ist natürlich destruktiv für die menschliche Freiheit und Würde. Es ist wahr, daß Gott immer gewusst hatte, was Judas freiwillig tun würde. Gott weiß dies aus seiner Perspektive in der Ewigkeit. Aber das zwang Judas nicht. Etwas im Voraus zu wissen, erzwingt es nicht. Ich weiß vielleicht, daß Sie heute um 14 Uhr in der Arztpraxis sein werden, aber das zwingt Sie nicht, dort zu sein.

Judas handelte frei. Gott hatte gewusst, was er sündig tun würde, und entsprechend geplant. Aber Judas war weder eine Marionette noch ein Schauspieler, der gezwungen war, Zeilen zu lesen und eine Rolle zu spielen. Er war ein freier menschlicher Handelnder, der aus eigener Initiative handelte.

Ein letztes Nachwort zur traurigen Geschichte von Judas besteht darin, darüber nachzudenken, was hätte sein können. Können Sie sich die Herrlichkeit des Augenblicks vorstellen, als Judas in Trauer zu Jesus gekommen war und Barmherzigkeit und Vergebung empfangen hatte? Stellen Sie sich wunderschöne Kirchen auf der ganzen Welt vor, die "St. Judas" heißen. Stellen Sie sich die Novenen zu " Hl. Judas, Zuflucht der Verbrecher“ und "Hl.. Judas, Schutzpatron der verlorenen Seelen.“ Stellen Sie sich die Gebete zum "Hl.. Judas für eine würdige Beichte.“

Aber nichts davon sollte so kommen, "denn weltliches Leid bringt den Tod“. Bewahre uns, o Herr, vor solcher letzten und nach innen gericheteten Verzweiflung!"


  

 

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