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Donnerstag, 23. Juni 2022

Eine neue Reliquie des Hl. Johannes Pauls II in der Basilika San Bartolomeo al Isola

Vlodymyr Redzioch berichtet für La Nuova Bussola Quotidiana von der Übergabe einer neuen Reliquie des Hl. Johannes Pauls II an die San Bartolomeo-Basilika auf der Tiberinsel in Rom.
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"WOJTYLAS BRIEF ÜBER SEINEN VON DEN NAZIS ERMORDETEN SEMINARFREUND" 

Eine neue kostbare Reliquie wird seit einigen Tage in der römischen Basilika San Bartolomeo als Isola, dem Heiligtum der "Neuen Märtyrer" des zwanzigsten Jahrhunderts, ausgestellt: Es ist der handschriftliche Brief von Karol Wojtyła an die Familie von Szczęsny Zachuta, seinem Gefährten in den Jahren des geheimen Seminars in Krakau. Zachuta, der Juden geholfen hatte, wurde gefangen genommen und schließlich von den Nazis erschossen.

Am Mittwoch, dem 15. Juni, fand in der Basilika St. Bartholomäus auf der Tiber-Insel eine bewegende Zeremonie statt, bei der ein wertvolles Erinnerungsstück an den heiligen Johannes Paul II. überreicht wurde, das diese Basilika, das Heiligtum der "Neuen Märtyrer" des zwanzigsten Jahrhunderts, bereichert: Es ist ein Autograph aus dem Jahr 1958 das der damalige Weihbischof von Krakau an die Mutter und den Bruder von Szczęsny Zachuta richtete, jenes Kollegen  Karol Wojtyłas in den Jahren des geheimen Seminars, der 1944 von der Gestapo verhaftet und erschossen wurde. 

Die vom Rektor der Basilika, Pater Angelo Romano, organisierte Zeremonie wurde von Erzbischof Jan Romeo Pawłowski, Sekretär für die Päpstlichen Vertretungen, geleitet; Szczęsnys Familienangehörige und Vertreter der Gemeinschaft Sant'Egidio, darunter der Gründer Andrea Riccardi, nahmen daran teil. Für Sant'Egidio war es eine große Ehre, ein Andenken an das Leben des heiligen Johannes Paul II. zu erhalten: es war Papst Wojtyła, der 1993 der Gemeinschaft diese Basilika anvertraute und wollte, daß sie ein Ort des ökumenischen Gedächtnisses an die Märtyrer unserer Zeit werden sollte. 

Die Geschichte des Christentums ist eine lange Spur des Martyriums, die seit zwanzig Jahrhunderten andauert. In jedem Zeitalte werden Männer und Frauen in irgendeinem Winkel der Erde verfolgt und getötet, nur weil sie Nachfolger Christi sind und nach dem Evangelium leben wollen. Das zwanzigste Jahrhundert ist ein klarer Beweis dafür. Im Großen Jubiläum des Jahres 2000, am 7. Mai, sagte Johannes Paul II im Kolosseum: "Die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und der folgenden Jahre hat mich dazu gebracht, mit dankbarer Aufmerksamkeit das leuchtende Beispiel derer zu betrachten, die von den frühen Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts bis zu seinem Ende Verfolgung, Gewalt, Tod, für ihren Glauben und für ihr von der Wahrheit Christi inspiriertes Verhalten erlebt haben. Und davon gibt es viele! Ihr Gedächtnis darf nicht verloren gehen, im Gegenteil, es muss auf dokumentierte Weise wiederhergestellt werden".


Um diese Erinnerung wiederaufleben zu lassen, gründete der polnische Papst die Kommission "Neue Märtyrer", auf den ökumenischen Charakter dieser Suche hoffend, weil er von der Bedeutung der "Ökumene des Martyriums" überzeugt war. In den Jahren 1999-2000 hatte die Kommission im Auftrag von Johannes Paul II ihren Sitz in den Räumen neben der Basilika San Bartolomeo all'Isola im Herzen Roms. Um diese leuchtenden Glaubenszeugnisse nicht nur den Historikern zu überlassen, wollte der Papst, daß die römische Basilika - in der bereits die Reliquien des Apostels Bartholomäus und des Heiligen Adalberts von Prag, Märtyrer des zehnten Jahrhunderts, der in Polen unter dem Namen "Wojciech" verehrt werden - zum Heiligtum für diese neuen Märtyrer wird. Die Proklamation wurde am 12. Oktober 2002 in Anwesenheit der Kardinäle Ruini, Kasper und Georg sowie des Patriarchen der rumänisch-orthodoxen Kirche, Teoktist, feierlich begangen: bei dieser Gelegenheit wurde eine große Ikone, die den Zeugen des Glaubens des zwanzigsten Jahrhunderts gewidmet ist, auf den Hochaltar gestellt. In den Seitenkapellen, drei auf jeder Seite, wurden Erinnerungen und Kreuze der neuen Märtyrer platziert, entsprechend dem geografischen oder ideologischen "Schlüssel": In der ersten Kapelle auf der rechten Seite wird der Märtyrer Asiens, Ozeaniens und des Nahen Ostens gedacht; in der zweiten wird an die Märtyrer Amerikas erinnert; in der dritten, an die Opfer kommunistischer Regime. Während dessen sind die Kapellen des linken Seitenschiffs den Zeugen des Glaubens gewidmet, denen Afrikas in der ersten, in der zweiten Spaniens und Mexikos, und in der dritten den Opfern des Nazi-Regimes.

In den Jahren 1939-1945 wurde Polen von deutschen Truppen besetzt, und die Seminare konnten nicht mehr arbeiten. Obwohl es in Krakau ein theologisches Seminar gab, war es "ausgestorben", weil die Besatzer die Zulassung neuer Kandidaten zum Priestertum nicht erlaubten. In dieser Situation traf Erzbischof Adam Stefan Sapieha, besorgt um die Zukunft der Kirche in seiner Erzdiözese, die mutige Entscheidung, die geheime Ausbildung neuer Seminaristen zu organisieren: 1942 wurden zehn Kandidaten für das erste Studienjahr angenommen, darunter Karol Wojtyła und Szczęsny Zachuta. Offensichtlich mussten die Seminaristen normale Kleidung tragen, sie lebten bei ihren Eltern oder in Pfarreien, sie verrichteten oft verschiedene Arbeiten, meist ein Handwerk. Wojtyła arbeitete in den Steinbrüchen der Solvay-Fabrik, Zachuta in einer kleinen Glashütte. Aber der Seminarist Szczęsny engagierte sich auch in einer polnischen Untergrundorganisation, die unter anderem ständig den Juden half. Leider wurde er am 13. April 1944 verhaftet und starb am 6. Juni 1944 durch ein Erschießungskommando. 

Johannes Paul II. erinnert sich in dem Buch Geschenk und Geheimnis an seinen Seminargefährten: "Der Ort meiner Weihe war die Privatkapelle der Erzbischöfe von Krakau. Ich erinnere mich, daß ich während der Besatzung oft morgens dorthin ging, um während der Heiligen Messe als Meßdiener des Metropolitanerzbischofs zu fungieren. Ich erinnere mich auch daran, daß eine Zeit lang ein anderer geheimer Seminarist, Szczęsny Zachuta, mit mir kam. Eines Tages tauchte er nicht mehr auf. Als ich nach der Messe an seinem Haus in Ludwinow (bei Debniki) vorbeikam, erfuhr ich, daß er in der Nacht von der Gestapo abgeholt worden war. Bald darauf erschien sein Nachname auf der Liste der Polen, die zum Tod durch Erschießen bestimmt waren. Als ich in derselben Kapelle ordiniert wurde, die uns so oft zusammen gesehen hatte, konnte ich nicht umhin, mich an diesen Bruder in der Priesterberufung zu erinnern, der sich auf andere Weise mit dem Geheimnis von Todes und Auferstehung vereint hatte.

Leider ist der Ort der Bestattung Szczęsnys nicht bekannt. Aus diesem Grund baten seine Neffen darum, daß der Brief in der Basilika St. Bartholomäus aufbewahrt wird, die "als ein besonderer Ort sein symbolisches Grab werden sollte, das sein Freund Johannes Paul II. dem Gedenken an die Märtyrer des zwanzigsten Jahrhunderts gewidmet hat". Hier ist die Übersetzung des Briefes von Mons. Karol Wojtyła, der seit dem 15. Juni auf einem der Altäre der Basilika steht:

"Liebe Signora und lieber Hochwürden! Ich bin aufrichtig bewegt von dem Brief der Mutter und des Bruders des verstorbenen Szczęsny, meinem engsten Freund während meines geheimen theologischen Studiums. Ich arbeitete damals als Arbeiter bei Solvay und traf mich oft mit Szczęsny, meistens in der Kirche und mit dem verstorbenen Jan Tyranowski, die beide spirituelle Führer wurden. Ich erinnere mich gut an sie und ihre Schwester: Ich habe dich mehr als einmal besucht. In jenen Jahren hat die schreckliche Grausamkeit der Besatzer uns allen Szczęsny genommen. Heute, da unser Herr mir erlaubt hat, die Fülle des Priestertums hier auf Erden zu erlangen, kann ich nicht umhin, an meinen geliebten Bruder zu denken, dessen Weg zum Priestertum von Anfang an unterbrochen wurde. Umso dankbarer bin ich für den Brief, den Sie mir geschrieben haben, und für die guten Wünsche, die darin enthalten sind. In ihnen finde ich das Zeichen der Fürsprache des verstorbenen Szczęsny. Gott segne Sie, + Karol Wojtyła, Bischof".








Es sei daran erinnert, daß sich im Heiligtum der neuen Märtyrer auf der Tiberinsel bereits andere Reliquien und Erinnerungen der Polen befinden:  des Hl. Maximilian Kolbe (Märtyrer in Auschwitz), der Seligen Karolina Kózkówna (Märtyrerin, genannt "die polnische Maria Goretti", Schutzpatronin der polnischen Jugendbewegungen und -vereinigungen), des Seligen Stanisław Starowieyski (Opfer des Nationalsozialismus im KZ Dachau), Seliger Pater Jerzy Popiełuszko (Kaplan der Solidarność und Märtyrer des Kommunismus), der Seligen Michał Tomaszek und Zbigniew Strzałkowski (zwei junge Missionsbrüder, die 1991 in Peru von maoistischen Guerillas getötet wurden) und der Seligen Mgr. Michal Kozal (Bischof), P. Wincenty Matuszewski und P. Józef Kurzawa, alle drei Märtyrer des Zweiten Weltkriegs."

Quelle:  V. Koziach, LNBQ 

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