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Samstag, 19. November 2022

Die neuheidnische Naturreligion: Pan ist zurück

Sandro Magister berichtet bei Settimo Cielo  anhand eines Essays der französischen Philosophin Chantal Leslol darüber, wie der Verfall des Christentums und die Rückkehr des Heidentums in Form einer neuen Naturreligion wahrgenommen und auf philosophischer Ebene diskutiert wird. Hier geht´s zum Original: klicken

"DER GOTT PAN IST ZURÜCKGEKEHRT.  RITEN, MORAL UND LEHRE DER NEUEN NATURRELIGION"

Pan

Daß die Katholische Kirche die Rückkehr einer neuen Naturreligion , deren Symbol der Gott Pan ist, hinnimmt oder sogar unterstützt, ist keine bizarre Theorie. Das ist die von überzeugenden Argumenten unterstützte These der französischen Philosophin Chantal Delsol in ihrem jüngsten Essay "Das Ende des Christentums und die Rückkehr des Heidentums", das in Italien bei Cantagalli erschienen ist.

Delsol, Katholikin, die Politische Philosophie unterrichtet und sich selbst als liberal-konservativ definiert, hat 1993 das Hannah Arendt-Institut gegründet und ist Mitglied der Académie des Sciences morales et politiques am Institut de France. Entschieden widerspricht sie dem Gedanken, daß der Zusammenbruch des Christentums das Feld für einen "atheistischen" Westen öffnet. Nein, die Moderne wischt das Christentum nicht vom Tisch. Der Glaube an die Transzendenz bricht zusammen, aber das Gebäude verschwindet nicht, seine Ziegel werden auf neue Weise wiederverwendet. So wie die ersten Christen in heidnische Tempel einzogen, deren Bedeutung sie veränderten, so verändert sich auch die Religion durch überlagerte und unterschiedliche Schriften, wie auf einem Palimpsest.

Delsol hat keine Angst vor eines Islamisierung Europas. Europäische Muslime werden ebenfalls durch die aktuelle kulturelle Veränderung überrannt. "Sicher" - schrieb sie in Le Figaro, dessen Kolumnistin sie ist- "sind die Grundlagen des Juden-und Christentums zusammengebrochen. Zuerst ist der Glaube an die Existenz der Wahrheit, der uns von den Griechen überkommen ist. Dann ist da die Idee der linearen Zeit, die uns historisch den Fortschrittsgedanken beschert hat, so daß es eine Rückkehr zu einer zyklischen Zeit gibt- mit der Ankündigung apokalyptischer Katastrophen. Am Ende ist es Glaube in seiner substantiellen Würde des Menschen, der ausradiert wird, um Raum für eine -soziale Würde zu machen, die von außen zugesprochen wird und nicht substantiell ist wie es vor dem Christentum der Fall war. 

Die sich ausbreitende Religion ist eine neue Form von Heidentum, mit der sakralisierten Natur im Zentrum, In dem kurzen Ausschnitt aus ihrem Buch, das unten wiedergegeben wird, erklärt Delsol diese Mutation, die nicht länger die Kirche sondern den Staat als hat. Um das zu bewahren, was vom wahren Christentum bleibt, können das nur Minderheiten sein, hoffentlich kreativzusammengesetzt aus Zeugen, "Geheimagenten" Gottes.

Delsol ist nicht die Einzige, die ihre Stimme in Frankreich erhebt, um die kulturelle Mutation zu analysieren, die heute das Christentum betrifft und überwältigt. Überraschend in einem Land, wo die Taufen um die Hälfte zurück gegangen sind und die <Katholische Praxis abgestürzt ist, ein außerordentliches Interesse von Intellektuellen und Schriftstellern,einschließlich Ungläubiger an diesen Themen besteht.


Le Figaro hat Ende Oktober einen weitgreifenden Dialog in Paris organisiert- zwischen dem Katolischen Philosophen Pierre Manent und dem Schriftsteller Alain Finkielkraut, Mitglied der Académie Francaise, die im Ganzen auch in Italien in Il Foglio vom 2. November unter dem Titel: Ist dein Gott tot, Europa? Eine Zivilreligion hat den Gott Pascals überwunden" stimmen die beiden Gelehrten mit Delsol überein, die heutige Mutation des Christentums in eine einfache naturale, humanitäre Religion, begünstigt durch die Kapitulation der Kirche.

Nicht nur die Philosophie sondern auch die Fiktion isr in Frankreich stark durch diese kapitalen Fragen markiert.Vor allem zwei Namen. Der erste ist Emmanuel Carrère, dessen Roman "Das Königreich" Roberto Righetto in der Zeitung der italienischen Bischofskonferenz "Avvenire2 wie folgt präsentiert hat "Eines der wichtigsten "christlichen‘ Bücher der Neuzeit, wenn auch von einem Ungläubigen geschrieben: eine Untersuchung des Lukas-Evangeliums, die durch die Mischung von historischer Untersuchung und autobiografischer Darstellung zu einer stringenten Untersuchung der Substanz der christlichen Verkündigung wird, ein wahres mano a mano, bei dessen Lektüre die Gläubigen auch dazu getrieben werden, sich selbst mit der gleichen Ernsthaftigkeit zu prüfen.

“Und dann Michel Houellebecq, eine anderer sowohl preisgekrönter als auch umstrittener Schriftsteller, für den es keineswegs selbstverständlich ist, daß die gegenwärtige Entchristlichung endgültig und dauerhaft ist, denn auch ihr könnte ein Bruch, eine solche "metaphysische Mutation“ bevorstehen, die das plötzliche Ende früherer Zivilisationsstufen markierten. Und dazu muss man bereit sein, "das christliche Erbe intakt zu halten, um es in einer veränderten Welt wieder vorschlagen zu können“.

Auffallend an dem lebhaften Interesse an solchen Fragen in Frankreich ist, daß es nicht von kirchlichen Hierarchen gefördert oder geleitet wird, sondern von Kulturschaffenden, nicht nur von Christen, in völliger Autonomie zum Leben erweckt wird.

Genau wie in früheren Epochen der Kirchengeschichte, insbesondere in den drei religiösen Erweckungen des letzten halben Jahrtausends, alle drei mit Frankreich als Epizentrum: die des siebzehnten Jahrhunderts mit Pascal und Port Royal, die romantische des frühen neunzehnten Jahrhunderts mit Chateaubriand und „Le génie du Christianisme“ und die des frühen zwanzigsten Jahrhunderts mit dem „Renouveau catholique“ und den großen Konvertiten, von Péguy bis Maritain, von Claudel bis Bernanos."

Fortsetzung folgt....

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

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