In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci anläßlich eines Interviews kritisch den Umgang von Papst Franziskus mit Fragen und Kritik.
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"PAPST FRANZISKUS, SEIN NARRATIV UND WAS ER ZEIGT"
Das Interview, das Papst Franziskus am 25. Januar Associated Press gewährt hat, zeigt, was seine Denkweise zu sein scheint. Der Papst scheint "offen" auf die Fragen zu antworten, sogar bereit zu sein, sich auf schwieriges Terrain zu begeben, sich zu beklagen, daß er es vorziehen würde, nicht kritisiert zu werden und sogar an manchen Thesen desinteressiert zu sein. Das ist jedoch genau die Art, wie er über Probleme über die Probleme spricht, die suggeriert ob und wie der Papst interessiert ist, ob und wie der Papst von mancher Kritik getroffen wurde und wann und ob der Papst vorhat, zu antworten.
Manchmal nimmt man eine Diskrepanz zwischen der Darstellung der Realität durch Papst Franziskus und der Realität selbst wahr. Seine Art Dinge zu sehen, zeigt auch diese Lücke. Es besteht jedoch immer das Risiko Franziskus zu überinterpretieren. Das Interview jedoch berührt verdienstvollerweise viele dornigen Themen und den Papst dazu zu zwingen, die Deckung zu verlassen.
Zuerst ist da das Thema Benedikt XVI. Papst Franziskus sagt, er habe einen Bezugspunkt verloren, einen Menschen, den man immer um Rat fragen konnte, eine Person, zu der er ging, wann immer es nötig war. Die Geschichte zeigt, daß der Papst sich nicht um historische Fragen kümmert, wenn er über Dinge entscheidet, die ihn interessierten, so wie die traditionelle Liturgie. Die Geschichte zeigt auch, daß Papst Franziskus Benedikt XVI bei seiner Beerdigung nicht die Ehre erwiesen hat, vielleicht, weil er vielleicht befürchtete, den Eindruck zu erwecken, daß Benedikt bis zu seinem Tod der amtierende Papst war- obwohl andere sagen, daß es Benedikt XVI war, der gebeten hatte, während seines Begräbnisses nicht im Rampenlicht zu stehen. Die Worte über Benedikt XVI. klingen nach einer unaufgeforderten Wiedergutmachung.
Wird das ausreichen, um den Groll vieler über die Art zu überwinden, in der der Tod Benedikts XVI gehandhabt wurde? Es bleibt ein Zweifel. Aber die Frage von Benedikt XVI bringt Papst Franziskus dazu, über ein anderes Thema zu sprechen, speziell seinen eigenen möglichen Rücktritt. Und in diesem Fall, spielt der Papst fast auf eine "Bestrafung" gegen Benedikt XVI an, der durch seine Entscheidung als "ein Sklave" im Vatican blieb, wo hingegen Franziskus Bischof emeritus von Rom bleiben und vielleicht in dem Priesterhaus leben würde, wo er während des Konklaves residierte.
In einem anderen Interview sagte der Papst, daß er im Lateran leben würde, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt dagegen ist, daß der Papst das Papsttum nicht als eine Institution betrachtet und er nicht gewillt ist, irgendeine persönliche Freiheit aufzugeben. Stattdessen betrachtet es es als eine Funktion, von der man sich entfernt um möglicherweise ins frühere Leben zurück zu kehren.
Weil es aber eine Funktion ist, zählen institutionelle Symbole nicht mehr. Und deshalb ließ Papst Franziskus wissen, daß die Idee eine Hofes abgeschafft werden muß und aus diesem Grund ist er nicht nach Castel Gandolfo gegangen und hat es zu einem Museum gemacht, als pastorales Werk. Abgesehen von der Tatsache, daß Museen keine religiösen Werke sind, sondern eher eine Art Geld zu verdienen, zeigt der Papst damit seine allgemeine Vorstellung davon, was es bedeutet Papst zu sein.
Der Hof besteht aus nichts anderem als Mitarbeitern und um Grunde "trägt" sogar Papst Franziskus einen "Hof" mit sich, wenn er auf Reisen geht und sich auf bestimmte Leute bezieht, wenn er Entscheidungen treffen muß. Der Unterschied ist, daß der Hof, der ihm bei den päpstlichen Reisen folgt klar, transparent, strukturiert ist und eine präzise Aufgabe hat, auf die jeder sich beziehen kann. Im Gegensatz dazu, ist der Hof, der Papst Franziskus hilft, Entscheidungen zu treffen, informell, ohne klar umschriebene Rollen und deshalb nicht transparent.
Oft bedeutet Hof auch Klarheit im Regieren. Dieses Konzept entgeht Papst Franziskus, der es gewohnt ist, allein zu entscheiden. Hierbei nutzt der Papst alle Vorrechte eines absoluten Monarchen aus, während er sich darüber beklagt, daß er in einer absoluten Monarchie ist. Das wirft Fragen auf.
Dann sprach Papst Franziskus das Thema China an, speziell die Frage von Kardinal Joseph Zen, den er nach der Beerdigung von Benedikt XVI zu empfangen, bereit war. Seine Beschreibung von Kardinal Zen scheint eine Persönlichkeit wie den Bischof emeritus von Hong Kong zu reduzieren.
Der Prozess, dem Zen unterworfen wurde, wurde vom Papst zu einer Verwaltungs-Sanktion herabgestuft, Zens Verhaftung wird fast zum Ausgangspunkt für einen schönen Gefängnisposten und der Kardinal selbst wir auf eine pittoreske Art als ein frommer Mann beschrieben, der sogar niederkniet, um vor dem Bild Unserer Lieben Frau von Sezchuan zu beten, die er im Arbeitszimmer des Papstes findet.
Praktisch tut Papst Franziskus alles, um klar zu machen, daß er Kardinal Zen empfangen hat, weil er jetzt alt und fast "schrullig" ist, sicher nicht, um Solidarität mit dem Kardinal zu demonstrieren oder ihn zur Lage der Kirche in China zu befragen, um von einem anderen Gesichtspunkt zu profitieren.
Wie der Papst mit dem Thema des Mißbrauchs in der Kirche umgeht, sollte ebenfalls gründlich analysiert werden. Papst Franziskus sagt, er habe seine Zugehensweise vor Beginn seiner Chile-Reise geändert, als er mit dem Widerstand der Menschen konfrontiert wurde und dann beschloss seine Strategie zu ändern. also dank der Beobachtungen einiger Journalisten (einschließlich jener von Associates Press).
Das sind Statements, die einen nachdenklich machen. Bedeutet das, daß das frühere Engagement des Papstes beim Thema Mißbrauch, mit der Schaffung der Päpstlichen Kommission zum Schutz Minderjähriger nur als Marketing-Aktion betrachtet werden sollte? Und wie kann man über Strukturen von Korruption in der Kirche sprechen, ohne zu fühlen, daß z.B. diese Strukturen der Sünde auch durch einige Entscheidungen des Papstes selbst in Chile unterhalten worden sind?
Mehr als ein fundamentaler Kurswechsel scheint das dagegen eine Rückkehr zu dem zu sein, was der Papst "Altar der Heuchelei" nannte, als er erklärte, warum er den Amtsverzicht des Erzbischofs von Paris, Michel Aupetit, im Zentrum eines Streits um angeblichen Mißbrauch akzeptierte.
Wie sollten also Papst Franziskus´ Entscheidungen dann interpretiert werden? Wann stellen seine Entscheidungen sein Denken dar und wann sind sie eine Reaktion auf die Öffentliche Meinung?
Auch die Frage des Jesuiten Marko Rupnik ist interessant. Der Papst sagt, daß er nie in den Prozess eingegriffen habe, der zur Verurteilung wg. Mißbrauchs durch die Glaubenskongregation führte. Aber Fr. Sosa, Ordensgeneral der SJ, hatte zugegeben, daß es eine Exkommunizierung gegeben habe, weil er einem "Komplizen, die Absolution erteilt habe."
Das sind Exkommunikationen latae sententiae,d.h. sie treten sofort ein, weil man ein Verbrechen begangen hat und sie müssen nur festgestellt werden. Deshalb kann der Apostolische Stuhl, d.h. der Papst diese Exkommunizierungen nur aufheben. Der Papst muß zumindest informiert werden.
Die Antwort des Papstes jedoch erlaubt uns nicht, zu verstehen, ob Rupnik exkommuniziert worden wäre, wenn Papst Franziskus nicht in den Vorgang eingegriffen hätte- wahrscheinlich nicht. Aber warum hatte dann Fr. Sosa auf Druck von Journalisten zugegeben, daß es eine Exkommunikation gab? Wer lügt?
Am Ende dieser Interviews bleiben mehr Fragen offen als beantwortet. Jede Antwort des Papstes würde zehn weitere Fragen mit sich bringen. Der Eindruck besteht, daß der Papst deutlich an Kritik leidet und eine günstige öffentliche Meinung erzeugen muß. Papst Franziskus selbst sagt, er würde es vorziehen, wenn es keine Kritik gäbe. In der Tat bezieht sich der Papst jedes Mal, wenn er auf Kritik reagieren muss, auf frühere Entscheidungen und liest sie gemäß seiner Art, die Realität zu verstehen, was seine Art ist, sich abzuschirmen.
Aber am Ende ist es der Papst, der entscheidet, ist es der Papspt, der die Dinge selbst in die Hand nimmt, und der Papst, der manchmal in Widersprüche verfällt. Niemand kann an seinem guten Glauben zweifeln. Einige Fragen sind jedoch zulässig, um zu verstehen, wohin die Kirche geht. Auch in diesem Moment, ohne Benedikt XVI., der das Zünglein an der Waage ist, würde der Papst nicht von Kritik verschont bleiben. Es ist der Moment der parrhesia, der Offenheit, für diejenigen außerhalb des "magischen Kreises" von Papst Franziskus. Sein Pontifikat wird auch im Licht dieser Kritik gelesen werden.
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