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Donnerstag, 2. Februar 2023

In gutem Glauben. Das neue Buch von Kardinal Gerhard Müller

Marco Tosatti veröffentlicht bei Stilum Curiae einen Artikel, der im blog "La Testa del Serpente" erschienen ist, eine Besprechung des gerade erschienenen Buches "In gutem Glauben. Religion im XXI. Jahrhundert" von Kardinal Gerhard Müller. 
Hier geht´s zum Original: klicken

"MÜLLER, PAPST FRANZISKUS, DER MAGISCHE KREIS UND "DER KOPF DER SCHLANGE"

Liebe Freunde und Feinde von Stilum Curiae wir bieten Ihnen diesen bei "La Testa del Serpente" (Der Kopf der Schlange) erschienenen Artikel an. Wir danken für die Großzügigkeit. Gute Lektüre und gutes Teilen. 


In diesen Tagen wurde viel über das neue Buch des deutschen Kardinals Gerhard Müller gesprochen, das buchstäblich in der ersten Woche der Veröffentlichung an sich gerissen wurde. Das Buch Müllers, der zehn Jahre lang Bischof von Regensburg und von 2012 bis 2017 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, ist ein Interview-Buch, das mit der Journalistin von Il Messaggio Franca Giansoldati geschrieben und von Solferino veröffentlicht wurde.


Das Buch mit dem Titel "In gutem Glauben. Religion im XXI Jahrhundert" befasst sich mit verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Kirche und Glauben, gelesen mit den Augen eines der prominentesten Kardinäle der Gegenwart. Wie üblich, haben sich die Medien auf die Punkte konzentriert, in denen sich der Kardinal von Papst Franziskus distanziert und eindeutig Günstlingswirtschaft, die Wahl der Mitarbeiter und einige seiner besonderen Entscheidungen kritisiert, wie die Kardinal Becciu zu bestrafen, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen (noch bevor der Prozess begann), die Spektakelisierung der Prozesse, die den Anschein erwecken, "daß es im Vatikan nur korrupte Mitarbeiter gibt", die Übersetzung des Vaterunsers, die Vorwürfe gegen Trump und die Sympathie für Biden, das Abkommen mit China und die Behandlung, die dem chinesischen Kardinal Zen vorbehalten ist, die Reform der Kurie ("ohne kohärente ekklesiologische Vision") oder das Verbot der traditionellen Messe in lateinischer Sprache, eine von seinem Vorgänger im Jahr 2007 in außerordentlicher Weise getroffene Entscheidung für nichtig zu erklären. 

"Sinnlose interne Streitigkeiten - sagt er unter Bezugnahme auf die lateinischen Messen - sind das Ergebnis von Missmanagement der Macht, schlechter theologischer Vorbereitung und pastoraler Unvorsichtigkeit.


Seine Ablösung überraschte alle, es war in der Tat eine Verlängerung für weitere fünf Jahre absehbar, nicht nur, weil es sich um eine etablierte Praxis handelte, ohne größere Hindernisse, sondern auch wegen des theologischen Kalibers des betreffenden Kardinals, seines Curriculums und seiner engen Verbindung und Kontinuität mit denen, die diese Rolle während des Pontifikats von Johannes Paul II. ein Vierteljahrhundert lang als Hüter des Glaubens innehatten. Stattdessen war der Kardinal plötzlich ohne Aufgabe, oder besser gesagt, ohne Arbeit. Ein Schaden, nicht nur für Müller als Mensch, der de facto arbeitslos geblieben ist, sondern für die ganze Kirche.



Für viele schien es überraschend, daß Papst Franziskus beschloss, einen Kardinal wie Müller zu ignorieren. Viele werden sich jedoch daran erinnern, daß der Papst mehr als einmal sehr harte Worte an die akademische Welt und an die Theologieprofessoren gerichtet hat. Zumindest gegenüber denen, die als zu scholastisch und zu traditionsverwurzelt gelten (für sie prägten sie den Begriff "rückwärtsgewandt" und "Rückwärtsgewandte"). Es ist daher verständlich, daß Müller trotz seiner akademischen Verdienste (oder vielleicht gerade  wegen dieser) nicht viel Sympathie aus Santa Marta und der Umgebung genoss.

Die Vorstellung, daß der deutsche Kardinal unerwartet aus dem Vatikan entfernt wurde, ist nicht so abwegig. In einem im Februar 2020 veröffentlichten Artikel sprach Massimo Franco, Kolumnist des Corriere della Sera, von der "Bitterkeit und Isolation der letzten Jahre", denen Muller nach dem Ende seiner Amtszeit im Vatikan ausgesetzt sein werde.

Vielen Kommentatoren erscheint es unpassend, daß der Kardinal nun Jahre später erzählt, wie Papst Franziskus das Ende seines Mandats verkündete. Tatsächlich wird der Bericht von denen, die sich als Geschädigte und Opfer von Machtspielen und persönlichen Sympathien betrachten, als Anklage gegen den Papst gelesen. Viele Zeitungen haben über die Worte des Kardinals berichtet, die Härte seiner Geschichte hervorgehoben und sie als einen schweren Stein auf den Papst geworfen.

Doch schon die Frage des Interviewers zeigt, wie die Dinge gelaufen sind oder zumindest von außen gesehen wurden. Giansoldati schreibt: "Sie haben für die Kongregation für die Glaubenslehre gearbeitet und dann, wurden dann unerklärlicherweise, im Jahr 2017 fünf Jahre früher aus dem Amt entfernt (...)". Und dann wieder: "Was könnte es außer den Ratlosigkeiten, die Amoris Laetitia offenbart hat, am Ursprung seines plötzlichen und sogar traumatischen Abgangs geben, für den er nie eine erschöpfende Begründung erhalten hat?"  


Müller beantwortet diese Fragen, indem er erklärt, was seiner Meinung nach der Grund für seine Entlassung sein könnte. Er hat sich nicht zurückgehalten, wenn er das Gefühl hatte, einige Verzerrungen korrigieren zu müssen und "das Risiko von Lehrfehlern in diesem oder jenem Dokument", das vom Vatikan veröffentlicht wurde. Diese Rolle als "Hüter" des Glaubens, zusammen mit der Tatsache, daß er als zu strenger Deutscher galt, brachte ihm den Neid jenes "magischen Kreises" ein, dem Müller vorwirft, den Papst schlecht beraten zu haben. Unter ihnen der Freund von Franziskus, der argentinische Theologe Victor Manuel Fernandez und Kardinal von Tegucigalpa Oscar Maradiaga. 

Hier spricht Müller von einem "lateinamerikanischen Vorurteil" gegenüber Rom und europäischen Theologen. Ein antirömischer Komplex, der von einigen lateinamerikanischen Kardinälen gepflegt wird, zusammen mit Misstrauen gegenüber den konservativsten Theologen (oder rückständigen) wäre daher die Ursache für den Bruch zwischen Franziskus und seinem engsten Mitarbeiter.

In Bezug auf die "Tränen" über die lateinische Messe spricht Müller von einem unerwarteten Schlag ins Gesicht der sogenannten "Traditionalisten", die "Gräben gegraben und Schmerzen verursacht" hätten und die "negative Folgen und Auswirkungen" gehabt hätten. Eine Wahl, die Müller auf den schlechten Rat "einiger Professoren des Sant'Anselmo Athenaeums" zurückführt, die Franziskus "manipulierten": "Sie gingen zum Papst und konditionierten ihn, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen."

Dies sind schwerwiegende und mutige Aussagen, die sicherlich nicht dazu beitragen werden, die Spannungen zwischen Franziskus und Müller abzubauen, aber der deutsche Kardinal rechtfertigt seine Position als Gewissenspflicht gegenüber der Wahrheit und zugunsten der ganzen Kirche. 

"Es geht nicht darum, parteiisch zu handeln (...), aber wenn etwas nicht funktioniert, ist es notwendig, den Mut aufzubringen und gemeinsam, als Brüder, eine Synthese zu finden (...). Wenn es also etwas zu berichten gibt, um die Gesamtsituation zu verbessern, ist der einzige Weg, klar zu sprechen." So schreibt Kardinal Muller, der sich auch bewusst ist, daß "in diesem Stadium jeder, der konstruktive Kritik äußert, der Opposition beschuldigt wird, ein Feind von Franziskus zu sein".

Viele Themen werden in dem Buch behandelt, darunter die chinesische Frage und das Verhältnis zwischen dem Vatikan und China, die Frauenfrage, Missbräuche, die deutsche Synode (eher vom Abfall als vom Schisma bedroht), die Befreiungstheologie ("eine Strömung des Denkens, die wiederentdeckt werden muss"), der in Davos geförderte Große Reset, der Krieg in der Ukraine ("ohne Waffen, wie könnte sich der Angegriffene gegen den Aggressor verteidigen?") Marxismus, Kapitalismus, Transhumanismus (die größte Herausforderung) und die Zukunft der Kirche.

Ein Buch, das "in gutem Glauben" geschrieben wurde (wie der Titel versichert), das diskutiert wird und weiterhin diskutiert werden wird, aber das eine gewisse Klarheit in vielen Punkten und Themen bietet, zu denen in dieser Zeit der Verwirrung ein klares Wort gefehlt hat, das sich auf die Mission der Kirche jenseits der sterilen und nutzlosen Polemik des Palazzos und der Intrigen der Macht konzentriert. "Anders als die Spitzen!!!", schreibt der Kardinal."


Quelle: La Testa del Serpente, M.Tosatti, Stilum Curiae

 

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